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Verzicht auf mündliche Verhandlung durch beigetretenes BMF entbehrlich, Glaubwürdigkeit einer Unterhaltsbescheinigung

Verzicht auf mündliche Verhandlung durch beigetretenes BMF entbehrlich, Glaubwürdigkeit einer Unterhaltsbescheinigung: 1. Der BFH kann mit Einverständnis der originär Beteiligten auch dann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn das dem Verfahren beigetretene BMF auf eine solche nicht verzichtet hat. - 2. Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern als außergewöhnliche Belastung entfällt trotz entsprechender amtlicher Unterhaltsbescheinigung, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit der Eltern nicht glaubhaft ist. - 3. Reichen die vom Steuerpflichtigen, der angibt, einziger Unterhaltszahler zu sein, gezahlten Beträge nicht aus, um den gesamten Lebensbedarf der Eltern zu decken, müssen diese noch über andere Einnahmen verfügen, die sie verschwiegen haben. Damit entfällt die Glaubwürdigkeit der Unterhaltsbescheinigungen. - 4. Zahlungen, die zum Jahresende geleistet worden sind, dürfen zwar wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung den Gesamtbetrag der Einkünfte dieses Jahres nur anteilig mindern (Anschluss an BFH-Urteil vom 5.5.2010, VI R 40/09, BFHE 230 S. 123 = SIS 10 26 89). Sie stehen jedoch im Folgejahr zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung. - Urt.; BFH 11.11.2010, VI R 16/09; SIS 11 01 53

Kapitel:
Rechtsbehelfe > Klageverfahren
Fundstellen
  1. BFH 11.11.2010, VI R 16/09
    BStBl 2011 II S. 966
    NJW 2011 S. 2464
    LEXinform 0179855

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 21.11.2011
    ge in DStRE 4/2011 S. 221
    AK in DStZ 4/2011 S. 101
    St.Sch. in BFH/PR 4/2011 S. 133
    St.G. in HFR 3/2011 S. 295
Normen
[EStG] § 33 a Abs. 1
[GG] Art. 103 Abs. 1
[FGO] § 57, § 90, § 121 Satz 1, § 122
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Nürnberg, 23.10.2007, SIS 09 16 98, Außergewöhnliche Belastung, Möbel, Gegenwert, Attest, Unterhalt, Ausland, Nachweis
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 12.1.2024, SIS 24 01 67, Zu den Anforderungen an ein elektronisches Fahrtenbuch: Ein Fahrtenbuch muss in geschlossener Form geführ...
  • BFH 28.9.2022, SIS 22 21 40, Steuerliche Behandlung eines punktuell satzungsdurchbrechenden inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbesc...
  • FG Münster 29.4.2022, SIS 22 12 20, Hinzuschätzung von Sachentnahmen bei sog. Non-Food-Artikel aufgrund fehlender Aufzeichnungen bei einem Su...
  • BMF 6.4.2022, SIS 22 05 18, Berücksichtigung von Aufwendungen für den Unterhalt von Personen im Ausland als außergewöhnliche Belastun...
  • BMF 6.4.2022, SIS 22 05 19, Allgemeine Hinweise zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen nach § 33 a Abs. 1 EStG als außergewö...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.11.2021, SIS 22 00 06, Nachweisanforderung bei außergewöhnlichen Belastungen nach dem StVereinfG 2011: 1. Weder die in § 33 Abs....
  • FG Rheinland-Pfalz 26.8.2021, SIS 21 15 72, Geringes Vermögen im Rahmen des § 33 a EStG auch im Jahr 2019 nur bis 15.500 EUR: Die erforderliche Bedür...
  • Hessisches FG 24.6.2021, SIS 21 18 35, Psychotherapeutische Behandlung als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen zur Heilung oder Linderun...
  • BFH 20.11.2019, SIS 20 03 41, Zum Betriebsausgabenabzug der an einen Pensionsfonds entrichteten Leistungen beim sog. Kombinationsmodell...
  • BFH 20.11.2019, SIS 20 03 42, Zum Betriebsausgabenabzug der an einen Pensionsfonds entrichteten Leistungen beim sog. Kombinationsmodell...
  • BFH 20.3.2019, SIS 19 06 29, Keine widerstreitenden Steuerfestsetzungen bei mehrfacher Berücksichtigungsmöglichkeit: Ein Widerstreit z...
  • BFH 20.3.2019, SIS 19 05 70, Keine widerstreitenden Steuerfestsetzungen bei mehrfacher Berücksichtigungsmöglichkeit: Ein Widerstreit z...
  • FG Köln 30.1.2019, SIS 19 12 54, Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs: Aufwendungen für den Besuch eines Fitnes...
  • BFH 11.12.2018, SIS 19 02 18, Aufteilung von Finanzierungskosten auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen und auf sonstige Einkünfte: Die ...
  • FG Rheinland-Pfalz 4.7.2018, SIS 18 21 30, Zu den Anforderungen an ein nach § 64 Abs. 1 Satz 2 EStDV erforderliches amtsärztliches Gutachten zum Nac...
  • BFH 25.4.2018, SIS 18 10 27, Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung: 1. Unterhaltsleistungen können nur insow...
  • BFH 21.2.2018, SIS 18 06 21, Krankheits- und Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Bel...
  • FG Köln 1.12.2017, SIS 18 03 18, Biberschaden im Garten ist keine außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen zur Beseitigung von Biberschäde...
  • BFH 25.4.2017, SIS 17 12 81, Aufwendungen für ein im Rahmen mehrerer Einkunftsarten genutztes häusliches Arbeitszimmer: Der gemäß § 4 ...
  • FG Nürnberg 13.7.2016, SIS 16 18 20, Anerkennung von Unterhaltszahlungen in voller Höhe oder nur zeitanteilig für den nach der Zahlung verblie...
  • FG München 22.4.2016, SIS 17 05 70, Lohnsteuerhaftung, keine Arbeitgeberstellung der inländischen Tochtergesellschaft bei Entsendung eines im...
  • BFH 16.12.2015, SIS 16 01 12, Kein Recht des BMF zur Stellung eines Antrags auf mündliche Verhandlung gegen einen Gerichtsbescheid: Das...
  • FG Münster 23.7.2015, SIS 15 25 01, Künstliche Befruchtung, gleichgeschlechtliche Beziehung: Aufwendungen einer in gleichgeschlechtlicher Par...
  • FG Baden-Württemberg 21.7.2015, SIS 17 17 28, Abzug von Unterhaltszahlungen an in Italien lebende Angehörige als außergewöhnliche Belastungen: 1. Unter...
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  • BFH 6.2.2014, SIS 14 10 30, Nachweis der Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für einen Treppenlift: 1. Gebrauchsgeg...
  • Niedersächsisches FG 27.11.2013, SIS 14 26 14, Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten, Aufwendungen für Unterbringung eines Kindes in einer vollstationär...
  • BFH 14.11.2013, SIS 14 10 74, Anwendungsvoraussetzung der 1-%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises bei einem familienangehörigen ...
  • BFH 5.9.2013, SIS 13 29 90, Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen: Der Betreiber einer Spielhalle ka...
  • BFH 28.5.2013, SIS 14 04 58, Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Zurverfügungstellung eines Grundstücks zu ökologischen Ausglei...
  • FG Baden-Württemberg 24.4.2013, SIS 13 16 00, Doppelbett mit motorisch verstellbarem Einlegerahmen keine außergewöhnliche Belastung: 1. Ein Bett mit mo...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 17.4.2013, SIS 13 16 20, Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen als außergewöhnliche Belastungen: Die Heileurythmie ist ke...
  • BFH 21.3.2013, SIS 13 18 30, Anwendungsvoraussetzung der 1%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises beim Alleingeschäftsführer eine...
  • BFH 21.3.2013, SIS 13 18 31, Anwendungsvoraussetzung der 1%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises beim angestellten Gesellschafte...
  • FinMin Schleswig-Holstein 12.3.2013, SIS 13 11 52, Nachweis der Zwangsläufigkeit, medizinische Indikation einer Heilbehandlung: Eine Kurzinformation des Fin...
  • FG Münster 18.9.2012, SIS 12 32 28, Kosten für den Einbau eines Treppenlifts: Ein Treppenlift ist ein medizinisches Hilfsmittel im weiteren S...
  • BFH 19.4.2012, SIS 12 16 86, Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall, Neuregelung im StVereinfG 2011: 1. Dem ...
  • BFH 29.3.2012, SIS 12 15 34, Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen zur Beseiti...
  • BFH 29.3.2012, SIS 12 15 35, Aufwendungen für die Asbestsanierung des Daches eines Wohnhauses als außergewöhnliche Belastung: 1. Die t...
  • BFH 29.3.2012, SIS 12 15 36, Aufwendungen für die Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes als außergewöhnliche Bela...
  • FG Köln 8.3.2012, SIS 12 12 24, Abschirmungskosten an Eigentumswohnung gegen hochfrequente Strahlung als außergewöhnliche Belastungen: Di...
  • FG Rheinland-Pfalz 12.1.2012, SIS 12 17 97, Steuerfreiheit bei Umsätzen aus ästhetisch-plastischer Chirurgie: 1. Die Beurteilung der medizinischen In...
  • BFH 10.11.2011, SIS 12 10 78, Vorsteueraufteilung bei Berufung auf Steuerfreiheit nach Unionsrecht: 1. Über die Frage der Vorsteuerauft...
  • BFH 30.6.2011, SIS 11 29 94, Arbeitslohn im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen: 1. Vorteile werden "für" eine Beschäft...
  • Niedersächsisches FG 17.2.2011, SIS 11 21 21, Sanierung eines Fertighauses als außergewöhnliche Belastung: 1. Zum Begriff der agB nach § 33 Abs. 1 EStG...
  • Niedersächsisches FG 11.2.2011, SIS 11 40 40, Behindertengerechter Umbau eines Hauses als außergewöhnliche Belastung: 1. Zum Begriff der Zwangsläufigke...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe Unterhaltszahlungen an die in der Türkei lebenden Eltern des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus ist streitig, ob die Anschaffungskosten für ein Ehebett und eine Couchgarnitur als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 2 EStG abzugsfähig sind.

 

 

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 2003 und 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Einkommensteuererklärung 2003 machten sie Kosten wegen einer Asthmaerkrankung ihres Sohnes in Höhe von 4.976 EUR, von denen 4.800 EUR auf die Anschaffung von Schlafzimmermöbeln für das Schlafzimmer der Kläger und einer Couchgarnitur entfallen und deshalb streitig sind, als außergewöhnliche Belastung geltend. Weiter begehrten sie die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen für die in der Türkei lebenden Eltern des Klägers in Höhe von 5.200 EUR.

 

 

3

Hinsichtlich der Unterhaltszahlungen für die 1935 bzw. 1951 geborenen, in der Türkei lebenden Eltern des Klägers legten sie je eine amtliche Unterhaltsbescheinigung vom 9.6.2004 vor, wonach beide weder berufstätig sind noch sonst über Einkommen oder Vermögen oder Unterhaltsleistungen von anderen Angehörigen verfügen. Nach den vorgelegten Überweisungsbelegen der Bank H wurden auf das Konto des Vaters des Klägers folgende Zahlungen geleistet:

 

 

 

4

Betrag

Datum

 

 200 EUR

5.3.2004

 

3.000 EUR

12.11.2003

 

2.000 EUR

30.12.2003

 

5

Zu den beiden letztgenannten Beträgen liegt jeweils auch eine Auszahlungsbestätigung der Bank vor.

 

 

6

In der Einkommensteuererklärung 2004 machten die Kläger Unterhaltsaufwendungen an die Eltern des Klägers in Höhe von 5.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend. Ausweislich der vorgelegten Überweisungsbelege sind folgende Zahlungen auf Konten des Vaters des Klägers geleistet worden:

 

 

 

7

Betrag

Datum

 

 400 EUR

27.1.2004

 

200 EUR

5.3.2004

 

 

(in 2003 geltend gemacht)

 

 

 

 

 300 EUR

26.4.2004

 

1.500 EUR

13.8.2004

 

2.500 EUR

29.12.2004

 

8

Auch für das Streitjahr 2004 wurde für jeden Elternteil eine amtliche Unterhaltsbescheinigung vorgelegt.

 

 

9

Darüber hinaus wurde am 16.9.2004 ein Betrag in Höhe von 300 EUR auf das Konto einer A, wohnhaft in B, überwiesen.

 

 

10

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) hat bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2003 von den geltend gemachten Krankheitskosten lediglich einen Betrag in Höhe von 176 EUR als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, der sich wegen der zumutbaren Eigenbelastung allerdings steuerlich nicht auswirkte. Unterhaltsleistungen an die Eltern in die Türkei sind in keinem der beiden Streitjahre berücksichtigt worden.

 

 

11

Die nach erfolglosen Vorverfahren erhobene Klage blieb ohne Erfolg.

 

 

12

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

13

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nürnberg vom 23.10.2007 VI 120/2006 und die Einspruchsentscheidung vom 23.3.2006 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 20.8.2004 in der Weise zu ändern, dass für die Anschaffung der Möbel weitere 4.800 EUR und weitere Unterhaltszahlungen in Höhe von 5.200 EUR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden sowie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 vom 13.2.2006 dahingehend zu ändern, dass weitere Unterhaltszahlungen in Höhe von 5.000 EUR als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

 

 

14

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

15

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

16

1. Der Senat erkennt gemäß § 90 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung. Denn Kläger und Beklagter haben wirksam auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

 

17

Ein entsprechender Verzicht des dem Revisionsverfahren beigetretenen Bundesministeriums der Finanzen (BMF) liegt zwar nicht vor; er ist aber auch nicht erforderlich. Denn das BMF erlangt durch den Beitritt zum Verfahren zwar die verfahrensrechtliche Stellung eines Beteiligten (§ 122 Abs. 2 Satz 4 FGO i.V.m. § 57 Nr. 4 FGO); über das Verfahren zu disponieren, vermag es deshalb jedoch nicht. Dies können nur Kläger und Beklagter als die ursprünglichen Verfahrensbeteiligten. Der Anspruch auf verfahrensrechtliche Gleichbehandlung des beigetretenen BMF erschöpft sich darin, innerhalb der von den originär Beteiligten einvernehmlich vorgegebenen Rahmenbedingungen wie Revisionskläger und Revisionsbeklagter behandelt zu werden. Damit könnte das BMF nicht auf der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestehen, wenn die Hauptbeteiligten - wie im Streitfall - auf eine solche verzichtet haben (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.10.2005 V R 64/00, BFHE 212, 132, BStBl II 2006, 212 = SIS 06 02 15; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90 FGO Rz 7; vgl. auch Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 122 FGO Rz 34). Denn es wäre mit Sinn und Zweck des § 122 Abs. 2 Satz 4 FGO nicht vereinbar, wenn das BMF die Möglichkeit hätte, ein Verfahren gegen den Willen der Hauptbeteiligten fortzusetzen oder zu verlängern (Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 122 FGO Rz 38, 39, m.w.N.). Diese Beschränkung der Verfahrensrechte des Beigetretenen verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), da das BMF im schriftlichen Verfahren im nämlichen Umfang wie die Hauptbeteiligten gehört wird. Im Übrigen hat das nach § 122 Abs. 2 FGO beigetretene BMF, im Gegensatz zu einem Beteiligten i.S. des § 57 Nr. 3 FGO, die Möglichkeit, sich mit der originär beteiligten Finanzbehörde abzustimmen und dadurch Einfluss auf den Gang des Verfahrens zu nehmen.

 

 

18

2. Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.188 EUR (im VZ 2003) bzw. 7.680 EUR (im VZ 2004) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der jeweils für das Streitjahr geltenden Fassung). Eine zumutbare Belastung i.S. des § 33 Abs. 3 EStG wird nicht angerechnet (Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 33a Rz 2). Denn § 33a EStG stellt gegenüber der allgemeinen Regelung des § 33 EStG eine Sondervorschrift dar (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 33a EStG Rz 10).

 

 

19

a) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat im Streitjahr 2003 berücksichtigungsfähige Unterhaltsaufwendungen lediglich deshalb nicht zum Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte zugelassen, weil es auf diese eine zumutbare Belastung angerechnet hat. Damit kann die angefochtene Entscheidung insoweit keinen Bestand haben.

 

 

20

b) Aber auch im Hinblick auf das Streitjahr 2004 ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und an das FG zurückzuverweisen. Denn der Schluss des FG, dass die Eltern des Klägers in diesem Jahr noch über andere Einnahmen verfügt haben müssten, die sie verschwiegen hätten, so dass die vorgelegte Unterhaltsbescheinigung nicht glaubwürdig sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

 

 

21

Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (BFH-Beschluss vom 13.3.1997 I B 78/96, BFH/NV 1997, 772). Die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann (BFH-Urteile vom 25.5.1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944 = SIS 88 21 53; vom 13.1.1987 VII R 10/84, BFH/NV 1987, 728; vom 23.8.1994 VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572; vom 15.2.1995 II R 53/92, BFH/NV 1996, 18).

 

 

22

3. Ein solcher Rechtsanwendungsfehler ist vorliegend für das Streitjahr 2004 zu beklagen. Denn der Schluss des FG, dass die Eltern des Klägers von den Unterhaltsleistungen aus Deutschland im Streitjahr 2004 nicht haben leben können, wird nicht von entsprechenden Feststellungen getragen. Zum einen hat das FG bei seiner Berechnung die Unterhaltsrate in Höhe von 2.000 EUR, die am 30.12.2003 geleistet wurde, zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der im Jahre 2004 verfügbaren Zuwendungen berücksichtigt. Dies ist zwar insoweit zutreffend, als diese Zahlung wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung den Gesamtbetrag der Einkünfte im Streitjahr 2004 nicht nach § 33a Abs. 1 EStG mindern darf. Gleichwohl steht dieser Betrag den Unterstützungsempfängern im Jahr 2004 tatsächlich zur Deckung ihres Lebensbedarfs zur Verfügung. Hiervon ist auch das FG in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen, wenn es ausführt, dass diese Zuwendung jedenfalls den Dezemberbedarf des Jahres 2003 nicht (mehr) zu decken vermochte. Damit hatten die Eltern des Klägers nicht nur einen Betrag in Höhe von 2.400 EUR, sondern 4.400 EUR (= 2.200 EUR je Elternteil) aus Deutschland zur Verfügung. Dies entspricht in etwa 2/3 des türkischen Pro-Kopf-Einkommens, das im Jahr 2004 etwa 4.085 $ (3.284 EUR) betrug (www.bundesregierung.de <Ist die Türkei reif für einen EU-Beitritt? Fragen und Antworten zum EU-Beitritt der Türkei>) bzw. 3/4 des gesetzlichen Mindestlohns (www.eds-destatis.de, Bevölkerung, Arbeit und Soziales, Statistik kurz gefasst, Mindestlöhne EU-Mitgliedstaaten, Kandidatenländer, USA 2004) eines Jahres (12 x 240 EUR = 2.880 EUR). Der Schluss, dass Unterhaltszahlungen in dieser Größenordnung für ein möglicherweise nur einfaches Leben der Unterhaltsempfänger nicht ausreichen sollen, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar und vom FG auch nicht durch belastbare Zahlen oder entsprechende Tatsachenfeststellungen belegt. Vielmehr lässt beispielsweise der Umstand, dass der monatliche Mindestlohn in der Türkei im Jahr 2004 bei 240 EUR gelegen hat, darauf schließen, dass die Unterhaltsempfänger keine weiteren Einnahmen benötigt haben, um in der Türkei „über die Runden zu kommen“. Damit beruht auch der weitere Schluss, die Eltern des Klägers hätten weitere Einnahmen erzielt, diese aber nicht angegeben, so dass der vorgelegten Unterhaltsbescheinigung kein Glauben geschenkt werden könne, nicht auf nachvollziehbaren Folgerungen des FG.

 

 

23

4. Das FG wird im zweiten Rechtsgang erneut zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltszahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG, insbesondere die Bedürftigkeit der Unterhaltsempfänger, vorliegen. Dabei hat es weiterhin eine zeitanteilige Kürzung des Unterhaltshöchstbetrags in Betracht zu ziehen (vgl. Senatsentscheidung vom 5.5.2010 VI R 40/09, BFHE 230, 123 = SIS 10 26 89). Denn Unterhaltsleistungen können nach der Rechtsprechung des BFH nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 230, 123 = SIS 10 26 89, m.w.N.). Das FG hat in diesem Zusammenhang weiter zu würdigen, ob die Kläger einen Anspruch darauf haben, dass in den Streitjahren ihnen gegenüber die im damaligen BMF-Schreiben vom 15.9.1997 (BStBl I 1997, 826 = SIS 97 20 06) Tz. 8.3 normierte Regel zur Anwendung kommt. Danach können aus Vereinfachungsgründen vierteljährliche Unterhaltszahlungen auch in Vormonaten Berücksichtigung finden.

 

 

24

Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, können im Allgemeinen zwar weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht allerdings als Ausfluss von Art. 3 Abs. 1 GG ausnahmsweise in dem Bereich der der Verwaltung vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit und der Typisierung oder Pauschalierung (BFH-Urteile vom 26.4.1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754 = SIS 95 17 45; vom 7.12.2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097 = SIS 06 21 23; vom 4.2.2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244 = SIS 10 18 10).

 

 

25

Soweit die Kläger im zweiten Rechtsgang weiterhin die Anschaffungskosten für die Schlafzimmermöbel und die Couchgarnitur als außergewöhnliche Belastung abgezogen wissen wollen, steht der Umstand, dass sie bislang weder ein zeitlich vor den Aufwendungen erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten noch ein Attest eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers zur medizinischen Indikation der streitigen Anschaffungskosten vorgelegt haben, dem Abzug der Aufwendungen nach § 33 EStG nicht entgegen. Denn der Senat hält an diesem qualifizierten Nachweisverlangen nicht länger fest (BFH-Urteil vom 11.11.2010 VI R 17/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, www.bundesfinanzhof.de). Gleichwohl bleiben die Kläger verpflichtet, die medizinische Indikation der streitigen Anschaffungen nachzuweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein von einem Beteiligten vorgelegtes Sachverständigengutachten im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich als Privatgutachten zu behandeln und damit als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen ist. Es kann daher nicht als Nachweis für die Richtigkeit des klägerischen Vortrags gewertet werden (BFH-Beschluss vom 23.2.2010 X B 139/09, BFH/NV 2010, 1284 = SIS 10 15 37, m.w.N.). Da weder das FA noch das FG die Sachkunde besitzen, um die medizinische Indikation der den Aufwendungen zugrunde liegenden Maßnahme zu beurteilen, ist das FG aufgrund seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 76 FGO) gehalten, gegebenenfalls von Amts wegen ein entsprechendes Gutachten einzuholen (BFH-Urteil vom 11.11.2010 VI R 17/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, www.bundesfinanzhof.de).

 

 

26

Gelingt den Klägern im Streitfall der Nachweis der medizinischen Indikation, wird der Abzug der Anschaffungskosten für die Möbel auch nicht durch einen Gegenwert gehindert. Tauscht der Steuerpflichtige gesundheitsgefährdende Gegenstände des existenznotwendigen Bedarfs aus, so steht die Gegenwertlehre dem Abzug der Aufwendungen nicht entgegen. Der sich aus der Erneuerung ergebende Vorteil ist jedoch anzurechnen („Neu für Alt“). Dabei obliegt die Ermittlung des Vorteilsausgleichs dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Beschluss vom 8.2.2007 III B 11/06, BFH/NV 2007, 1108 = SIS 07 15 53, m.w.N.). Deshalb kann der Senat auch im Streitfall dahingestellt sein lassen, ob er der im Schrifttum geäußerten Fundamentalkritik an der sog. Gegenwertlehre folgen könnte (vgl. HHR/Kanzler, § 33 EStG Rz 37, m.w.N.; s. auch Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz B 34 ff.).

 

 

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Der BFH weist noch darauf hin, dass für den Fall, dass den Klägern der Nachweis der medizinischen Indikation gelingt, der Abzug der Anschaffungskosten für die Möbel nicht durch einen Gegenwert gehindert wird. Beim Austausch gesundheitsgefährdender Gegenstände des existenznotwendigen Bedarfs steht die Gegenwertlehre dem Abzug nicht entgegen. Der sich aus der Erneuerung ergebende Vorteil ist jedoch gegenzurechnen („Neu für Alt“). Der BFH hat deshalb ausdrücklich offen gelassen, ob er der im Schrifttum vertretenen Kritik an der Gegenwertlehre folgen könnte.Schließlich hat der BFH noch eine verfahrensrechtliche Problematik geklärt. Er legt § 122 Abs. 2 FGO in dem Sinne eng aus, dass bei einem Verzicht der originär am Verfahren Beteiligten (Kläger und Finanzbehörde) auf mündliche Verhandlung eine solche nicht erforderlich ist, wenn der dem Verfahren beigetretene BMF seinerseits nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet hat.