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Aufwendungen für die Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für die Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes als außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen zur Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes können im Einzelfall ein unabwendbares Ereignis sein, wenn der Befall unentdeckt bleibt, die konkrete Gefahr der Unbewohnbarkeit eines Gebäudes droht und daraus eine aufwendige Sanierung folgt. - Urt.; BFH 29.3.2012, VI R 70/10; SIS 12 15 36

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 29.03.2012, VI R 70/10
    BStBl 2012 II S. 572
    LEXinform 0928131

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 19.7.2012
    -/- in NWB 28/2012 S. 2294
    AK in DStZ 14/2012 S. 496
    W.Be. in DB 28/2012 S. M 11
    St.Sch. in BFH/PR 8/2012 S. 274
    S.B. in HFR 7/2012 S. 739
    N.B. in AktStR 3/2012 S. 433
    G.B. in StC 11/2012 S. 18
    KAM in Stbg 10/2012 S. M 17
    H.J.K. in FR 23/2012 S. 1133
Normen
[EStG] § 33 Abs. 1, § 33 Abs. 2 Satz 1
[FGO] § 118 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 17.08.2010, SIS 10 37 78, Außergewöhnliche Belastung, Sanierung, Wohnung, Zwangsläufigkeit, Vorteilsausgleich, Gegenwert
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Nürnberg 6.9.2023, SIS 23 18 70, Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung wegen eines krankheitsbedingten Umbau des Wohnhauses: 1. Ziel de...
  • BFH 26.10.2022, SIS 23 03 04, Behindertengerechter Gartenumbau keine außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen für einen behindertengere...
  • FG Berlin-Brandenburg 18.3.2021, SIS 21 09 47, Durch Baumängel und Verstöße gegen Brandschutzbestimmungen verursachte Aufwendungen für die Sanierung ein...
  • BFH 22.10.2019, SIS 20 00 57, Aufwendungen für die Sanierung einer Grabstätte keine außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen für die Sa...
  • BFH 28.3.2018, SIS 18 06 85, Kein Abzug von Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln als außergewöhnliche Belastung: 1. Durch die R...
  • FG Köln 1.12.2017, SIS 18 03 18, Biberschaden im Garten ist keine außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen zur Beseitigung von Biberschäde...
  • BFH 4.8.2016, SIS 16 21 09, Treuhändervergütung im Verbraucherinsolvenzverfahren weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastung...
  • BFH 2.6.2015, SIS 15 15 48, Behinderungsbedingte Umbaukosten einer Motoryacht sind keine außergewöhnlichen Belastungen: Aufwendungen ...
  • Niedersächsisches FG 29.10.2014, SIS 15 01 94, Vergebliche Bau-, Abriss- und Prozesskosten bei einem mangelhaften, gemischt genutzten Gebäude: 1. Aufwen...
  • FG Baden-Württemberg 10.9.2012, SIS 13 20 84, Außergewöhnliche Belastung, Kosten für ein Zivil- und Strafverfahren und Kosten für Kleidung, Verpflegung...
Fachaufsätze
  • LIT 02 50 66 G. Bruschke, StC 11/2012 S. 18: Kosten einer Gebäudesanierung als außergewöhnliche Belastung - BFH-Urteile vom 29.3.2012, VI R 47/10 = SI...
  • LIT 02 47 19 N. Bolz, AktStR 3/2012 S. 433: Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes als außergewöhnliche Belastung - Anmerkungen zu den BFH-Urt...
  • LIT 02 42 09 W. Bergkemper, DB 28/2012 S. M 11: Aufwendungen für die Sanierung von Gebäuden - BFH-Urteile zu § 33 EStG vom 29.3.2012, VI R 21/11 = SIS 12...
  • LIT 02 42 59 S. Bleschick, NWB 28/2012 S. 2294: Die Berücksichtigung von Sanierungsaufwendungen für selbstgenutzte Gebäude nach § 33 EStG - Außergewöhnli...

 

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen zur Beseitigung Echten Hausschwamms außergewöhnliche Belastungen sind.

 

 

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bewohnt eine von ihr im Jahr 2002 erworbene Eigentumswohnung. Diese befindet sich in einem in dem Jahr 1900 erbauten Haus.

 

 

3

Die Eigentumswohnung der Klägerin ist - wie eine andere Eigentumswohnung in dem Gebäude auch - mit Echtem Hausschwamm befallen. Der Echte Hausschwamm wuchs bereits mehrere Jahre im Fußbodenaufbau dieser Wohnung. Da die Deckenbalkenköpfe des Gebäudes wegen des Befalls bereits abgesackt waren, empfahl ein von der Wohnungseigentümerversammlung eingesetzter Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz eine umfassende Sanierung des Gebäudes zur Bekämpfung des Echten Hausschwamms. Der auf die Klägerin entfallende Anteil der Sanierungsaufwendungen betrug für das Streitjahr 2007 10.490,22 EUR. Versicherungsleistungen oder Schadensersatzleistungen erhielt die Klägerin nicht.

 

 

4

Die Klägerin machte diese Aufwendungen in ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 erfolglos als außergewöhnliche Belastungen geltend. In der Einspruchsentscheidung berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Aufwendungen als haushaltsnahe Dienstleistungen durch Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer um 452 EUR.

 

 

5

Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2011, 134 = SIS 10 37 78 veröffentlichten Gründen überwiegend statt.

 

 

6

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

7

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil des FG vom 17.8.2010 12 K 10270/09 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2007 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Einkommensteuer 2007 11.389 EUR beträgt.

 

 

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht die auf die Klägerin entfallenden Aufwendungen zur Beseitigung des Echten Hausschwamms als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

 

 

10

1. Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.11.2010 VI R 17/09, BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969 = SIS 11 01 54, m.w.N.).

 

 

11

a) Nach der Rechtsprechung des BFH können auch Kosten zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit eines selbstgenutzten Gebäudes, das durch ein von dem Steuerpflichtigen nicht beeinflussbares außergewöhnliches Ereignis beschädigt wurde, Aufwendungen i.S. von § 33 EStG sein (BFH-Urteil vom 6.5.1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104 = SIS 95 01 02, Wasserschaden durch Rückstau in einer Drainage). Voraussetzung hierfür ist, dass der Vermögensgegenstand für den Steuerpflichtigen eine existentiell wichtige Bedeutung hat, keine Anhaltspunkte für ein Verschulden des Steuerpflichtigen erkennbar, realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte nicht gegeben sind und die zerstörten oder beschädigten Vermögensgegenstände in Größe und Ausstattung nicht erheblich über das Notwendige und Übliche hinausgehen (BFH-Urteil vom 26.6.2003 III R 36/01, BFHE 203, 295, BStBl II 2004, 47 = SIS 03 50 31, m.w.N.). Ein Verschulden des Steuerpflichtigen an dem eingetretenen Vermögensschaden ist jedenfalls nach bisheriger Rechtsprechung des BFH auch bei dem Unterlassen des Abschlusses einer allgemein zugänglichen und üblichen Versicherung anzunehmen (BFH-Urteile vom 21.4.2010 VI R 62/08, BFHE 230, 1, BStBl II 2010, 965 = SIS 10 22 54; vom 3.3.2005 III R 12/04, BFH/NV 2005, 1287 = SIS 05 31 94, m.w.N).

 

 

12

b) Indessen kann es an der Außergewöhnlichkeit fehlen, wenn die Sanierungsaufwendungen infolge von Baumängeln notwendig werden, denn Schadensbeseitigungskosten, die durch Baumängel verursacht worden sind, sind nicht unüblich, da es sich hierbei erfahrungsgemäß nicht um ein ungewöhnliches Ereignis handelt, das etwa mit einem Hochwasserschaden vergleichbar ist (BFH-Urteil vom 9.8.2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240 = SIS 02 02 17; BFH-Beschlüsse vom 19.6.2006 III B 37/05, BFH/NV 2006, 2057 = SIS 06 41 48; vom 11.2.2009 VI B 140/08, BFH/NV 2009, 762 = SIS 09 12 62).

 

 

13

c) Tauscht der Steuerpflichtige gesundheitsgefährdende Gegenstände des existenznotwendigen Bedarfs aus, so steht die Gegenwertlehre dem Abzug der Aufwendungen nicht entgegen. Der sich aus der Erneuerung ergebende Vorteil ist jedoch anzurechnen („Neu für Alt“). Dabei obliegt die Ermittlung des Vorteilsausgleichs dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil vom 11.11.2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966 = SIS 11 01 53, m.w.N.).

 

 

14

2. Nach diesen Grundsätzen ist die vorinstanzliche Entscheidung zutreffend.

 

 

15

a) Nach den tatsächlichen und das Revisionsgericht bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG ist der Befall mit Echtem Hausschwamm unentdeckt geblieben, hat die Statik des Gebäudes gefährdet und eine aufwendige Sanierung zur Folge gehabt. Die daraus folgende Würdigung des FG, nicht der Befall des Gebäudes mit Echtem Hausschwamm als solcher, sondern die aus der konkreten und unmittelbar bevorstehenden Unbewohnbarkeit des Gebäudes folgende aufwendige Sanierung sei ein unabwendbares Ereignis, verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze, so dass sie für das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend ist.

 

 

16

Von einem die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen ausschließenden Baumangel ist nicht auszugehen. Denn der Befall mit Echtem Hausschwamm war nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher auch insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG nicht davon abhängig, ob das jeweilige Bauwerk entsprechend den allgemein anerkannten Regeln des Bauhandwerks errichtet worden ist.

 

 

17

b) Soweit das FG im Übrigen davon ausgegangen ist, dass der Wohnung der Klägerin eine existentiell wichtige Bedeutung beizumessen ist, dass keine Anhaltspunkte für ein Verschulden der Klägerin erkennbar sind, realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte nicht gegeben sind, insbesondere dass eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht bestanden hat und dass der schadhafte Vermögensgegenstand in Größe und Ausstattung nicht erheblich über das Notwendige und Übliche hinausgeht, ist dies zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Gleiches gilt für die dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Ermittlung des Vorteilsausgleichs.

 

 

18

c) Der erkennende Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen ab. Namentlich kann er dahinstehen lassen, ob für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Gegenstände des existenznotwendigen Grundbedarfs an dem Erfordernis einer allgemein zugänglichen und üblichen Versicherungsmöglichkeit stets festzuhalten ist.