Dienstwagen, Fahrten zur Arbeitsstätte, Zuschlag, Bahnkarte: 1. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG bei Überlassung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte an einen Arbeitnehmer anzusetzende Zuschlag bildet einen Korrekturposten zur Entfernungspauschale. Für die Ermittlung des Zuschlags kommt es ebenso wie bei der Entfernungspauschale auf die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse an. Wird der Dienstwagen auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur auf einer Teilstrecke eingesetzt, beschränkt sich der Zuschlag auf diese Teilstrecke. - 2. Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte überlassen, besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass er den Dienstwagen für die Gesamtstrecke nutzt. Der Anscheinsbeweis ist bereits dann entkräftet, wenn für eine Teilstrecke eine auf den Arbeitnehmer ausgestellte Jahres-Bahnfahrkarte vorgelegt wird. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 23.10.2008, IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl 2008 I S. 961 = SIS 08 38 93) - Urt.; BFH 4.4.2008, VI R 68/05; SIS 08 24 18
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger), ein Verband e.V., stellte seinem
Hauptgeschäftsführer (H) im streitigen Zeitraum von
Dezember 1997 bis Dezember 2001 einen Dienstwagen zur
Verfügung, den H auch für Privatfahrten sowie für
Fahrten zwischen seiner Wohnung in X und der Arbeitsstätte in
Y nutzen durfte. Die einfache Entfernung von der Wohnung des H bis
zur Arbeitsstätte betrug 118 km. Der Kläger unterwarf den
geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung sowie den Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte dem Lohnsteuerabzug. Für die
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte legte er hierbei
nur die Entfernung zwischen der Wohnung des H und dem Bahnhof in X
zugrunde, weil er davon ausging, dass H den Dienstwagen nur
für diese 3,5 km lange Strecke genutzt hatte und von dort aus
114,5 km mit der Bahn nach Y gefahren war. Die Kosten der Bahnfahrt
übernahm der Kläger.
Im Anschluss an eine
Lohnsteuer-Außenprüfung für den streitigen Zeitraum
erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA
- ) einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid gemäß § 42d
Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) über Lohnsteuer
nebst Annexsteuern in Höhe von 9.533 EUR. Auf den geldwerten
Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfiel hierbei eine
Haftungsschuld in Höhe von 9.128 EUR. Die Berechnung der
Haftungsschuld beruhte darauf, dass bei der Ermittlung des
geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG die gesamte
Entfernung zwischen der Wohnung des H und der Arbeitsstätte in
Y angesetzt worden war. Soweit im streitigen Zeitraum 1998 bis 2001
die für die geldwerten Vorteile nach § 8 Abs. 2
Sätze 2
und 3 EStG errechneten Beträge jeweils
ungefähr doppelt so hoch waren wie die tatsächlichen
Kosten des Dienstwagens, ging das FA von den tatsächlichen
Kosten aus (1998: 8.771 EUR, 1999: 8.087 EUR, 2000: 7.687 EUR,
2001: 9.563 EUR) und zog hiervon die bereits vom Kläger
versteuerten Beträge ab. Etwaige Werbungskosten des H wurden
nicht berücksichtigt.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach
erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in EFG 2006, 958 =
SIS 06 18 45 veröffentlichten Gründen ab. Zur
Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, nach §
8 Abs. 2 Satz 3 EStG sei bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils
aus der Überlassung eines Dienstwagens für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eindeutig nur auf die
Entfernungskilometer und nicht auf die tatsächlich gefahrenen
Kilometer abzustellen. Diese Regelung sei nicht zu beanstanden, da
§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG eine typisierende Art der
Wertermittlung darstelle, bei der die individuellen
Nutzungsverhältnisse unberücksichtigt blieben. Der
pauschale Ansatz des geldwerten Vorteils könne durch die
Führung eines Fahrtenbuchs vermieden werden.
Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG aufzuheben und den Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom 4.11.2002 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.6.2003 dahingehend zu
ändern, dass die Haftungsschuld um die auf die Fahrzeugnutzung
des H entfallenden Steuerbeträge in Höhe von 9.128 EUR
vermindert wird.
Hilfsweise beantragt er, die Haftungsschuld
unter Berücksichtigung von Werbungskosten für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für die volle
Entfernung zwischen der Wohnung des H und der Arbeitsstätte zu
mindern.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Entgegen der Auffassung der
Vorinstanz haftet der Kläger dann nicht für den
streitigen Steuerbetrag, wenn H den ihm vom Kläger
überlassenen Dienstwagen tatsächlich nur für eine
Teilstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt
hat.
1. Gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1
EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er
einzubehalten und abzuführen hat. Die Lohnsteuer wird bei
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erhoben, soweit
der Arbeitslohn von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt
wird (§ 38 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Zum Arbeitslohn gehören nach § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle geldwerten
Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen
oder privaten Dienst gewährt werden. Auch die unentgeltliche
bzw. verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den
Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung
führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum
Lohnzufluss (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.11.2001 VI
R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002, 370 = SIS 02 06 51; vom
7.11.2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41; VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269 = SIS 07 03 22).
Hinsichtlich der Bewertung dieses geldwerten
Vorteils gilt gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG ab dem
Veranlagungszeitraum 1996 die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
getroffene Regelung entsprechend; die Nutzung (eines betrieblichen
Kr
aftfahrzeugs zu privaten Fahrten) ist daher
für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen
Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der
Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der
Umsatzsteuer anzusetzen (1 %-Regelung). Dieser Wert erhöht
sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden
Kalendermonat um 0,03 % des genannten Listenpreises für jeden
Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
(Zuschlag), wenn das Fahrzeug für solche Fahrten genutzt
werden kann.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist im
Streitfall für die Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs.
2 Satz 3 EStG nicht die gesamte Entfernung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte, sondern nur die tatsächlich mit dem
Dienstwagen zurückgelegte Teilstrecke zugrunde zu legen.
a) Der Senat schließt sich damit
für den Streitfall nicht der in der Rechtsprechung der
Finanzgerichte, im Schrifttum und der von der Finanzverwaltung
vertretenen Auffassung an, dass der Umfang der tatsächlichen
Nutzung des Dienstwagens für die Anwendung des § 8 Abs. 2
Satz 3 EStG unerheblich sei, da es nach dem Wortlaut der Vorschrift
allein darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer die objektive
Möglichkeit habe, den Dienstwagen auch für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu nutzen (FG Münster,
Urteil vom 28.4.2004 1 K 3214/01 E, EFG 2005, 775 = SIS 05 14 97;
FG München, Urteil vom 15.4.2005 8 K 2890/03, EFG 2006, 958 =
SIS 06 18 45; Hessisches FG, Urteil vom 26.3.2007 11 K 1844/05, EFG
2007, 1327 = SIS 07 26 83; Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz
114, m.w.N.; Gröpl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,
§ 8 Rz C 25; H 8.1 Abs. 9-10 des Amtlichen
Lohnsteuer-Handbuchs 2008 „Fahrten zwischen Wohnung und
regelmäßiger Arbeitsstätte bei pauschaler
Nutzungswertermittlung“).
b) Diese im
Übrigen nicht näher begründete Auffassung
wäre allenfalls zutreffend, wenn der Zuschlag der Abgeltung
einer weiteren privaten Nutzung diente und der Vorschrift daher ein
der 1 %-Regelung vergleichbarer Zweck zugrunde läge. Die
Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG hat aber nicht
die Funktion, eine irgendwie geartete zusätzliche (private)
Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Der Zuschlag für die
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bezweckt vielmehr
einen Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht
entstandene Erwerbsaufwendungen. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG stellt
damit einen Korrekturposten für den - pauschalen -
Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der
im streitigen Zeitraum jeweils geltenden Fassung (a.F.) dar. Dies
ergibt sich aus Folgendem:
aa) Während § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG
eine Bewertungsregelung für die geldwerten Vorteile aus der
privaten Nutzung des Dienstwagens enthält, normiert § 8
Abs. 2 Satz 3 EStG einen weiteren „geldwerten
Vorteil“ für die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte. Mit der pauschalen Wertermittlung nach § 8
Abs. 2 Satz 2 EStG wird aber schon der gesamte geldwerte Vorteil
für die Privatnutzung des Dienstwagens erfasst (BFH-Urteile
vom 14.9.2005 VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72 = SIS 05 47 53; in BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41; in BFHE
215, 252, BStBl II 2007, 269 = SIS 07 03 22; Schmidt/Drenseck,
EStG, 26. Aufl., § 8 Rz 41). Aus der Abgeltungswirkung der 1
%-Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt, dass ein -
weiterer - geldwerter Vorteil, der durch den Zuschlag nach § 8
Abs. 2 Satz 3 EStG erfasst werden könnte, nicht besteht. Eine
private Nutzung unterschiedlicher Intensität ist nicht
vorstellbar.
Dem auf der Einnahmenseite anzusetzenden
Zuschlag steht auf der Ausgabenseite der pauschale
Werbungskostenabzug des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F.
für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
gegenüber (vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 8 Rz 46;
BTDrucks 13/1686, S. 8). Der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG dient dazu, den - überschießenden -
Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. zu
kompensieren. Denn der Werbungskostenabzug ist dem Arbeitnehmer
gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. auch dann
zu gewähren, wenn er für diese Fahrten einen - vom
Arbeitgeber unentgeltlich überlassenen - Dienstwagen nutzt
(Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz 116). In diesem Fall
erhält der Arbeitnehmer den Werbungskostenabzug, ohne dass bei
ihm entsprechende Aufwendungen anfallen.
bb) Die mit dem Zuschlag nach § 8 Abs. 2
Satz 3 EStG bezweckte Kompensation des Werbungskostenabzugs nach
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. lässt sich auch aus der
Entstehungsgeschichte beider Vorschriften herleiten.
(1) Der pauschale Werbungskostenabzug für
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte war
gemäß § 9 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des
Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16.12.1954 (BGBl I 1954,
373, BStBl I 1954, 575) zunächst nur bei Benutzung eines
eigenen Kraftfahrzeugs vorzunehmen. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 4 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes
(StÄndG) 1966
vom 23.12.1966 (BGBl I 1966, 702, BStBl I 1967, 2) erstreckte den
pauschalen Werbungskostenabzug mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum
1967 auch auf die Fälle, in denen der Arbeitgeber dem
Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stellte.
Hierbei verblieb es auch bei den bis zum streitigen Zeitraum
vorgenommenen weiteren Änderungen der Vorschrift (vgl. hierzu
von Bornhaupt, in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 9
Rz A 179 ff.).
(2) Der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
wurde zusammen mit der 1 %-Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG
zur Bewertung der privaten Nutzung des Dienstwagens durch das
Jahressteuergesetz 1996 (JStG 1996) vom 11.10.1995 (BGBl I 1995,
1250, BStBl I 1995, 438) eingefügt.
Er trat damit an die Stelle der zuvor
verwaltungsseitig vorgegebenen festen Kilometersätze für
die mit dem Dienstwagen durchgeführten Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte (vgl. hierzu Abschn. 31 Abs. 7 Satz
3 Nr. 4 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1993). Die
Finanzverwaltung setzte einen geldwerten Vorteil für eine
solche Nutzung des Dienstwagens erstmals im Anschluss an die
Ausdehnung des pauschalen Werbungskostenabzugs auf vom Arbeitgeber
überlassene Dienstwagen durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1966 an (vgl. Abschn. 25 Abs. 5
LStR 1968 i.d.F. vom 11.4.1968, BStBl I 1968, 587). Dabei
berücksichtigte sie allerdings bis 1990 die einander
ausschließenden Tatbestände „geldwerter
Vorteil“ und „pauschaler
Werbungskostenabzug“, indem sie die auf der
Einnahmenseite anzusetzenden Beträge mit dem pauschalen
Werbungskostenabzug saldierte (vgl. Abschn. 24 Abs. 7 Sätze 1
und 2 LStR 1987 i.d.F. vom 9.12.1986, BStBl I 1986, Sondernummer
4/1986, S. 67). Erst ab 1990 ordnete die Finanzverwaltung den
Einsatz des Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte der privaten Nutzung zu und sah dafür
unterschiedliche Bewertungsmethoden vor (vgl. Abschn. 31 Abs. 7
Sätze 2 und 3 LStR 1990).
(3) Das JStG 1996 beschränkte in § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG für Steuerpflichtige, die
Gewinneinkünfte erzielen, den Betriebsausgabenabzug für
Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Danach unterlag
der positive Unterschiedsbetrag zwischen dem 0,03-%igen Zuschlag
(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Halb-satz 1 EStG i.d.F. des JStG
1996) und der Steuerermäßigung für die
Fahrten zur Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG)
einem Abzugsverbot. Die für die Gewinneinkünfte in §
4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des JStG 1996 vorgesehene
Bewertung der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für
Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sollte nach dem
Willen des Gesetzgebers für die Überschusseinkünfte
entsprechend geregelt werden. Für § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG
folgt daraus, dass der Zuschlag für die Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte in gleicher Weise wie bei der im
Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des JStG 1996
vorzunehmenden Saldierung an den Werbungskostenabzug nach § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. anknüpft (BTDrucks 13/1686, S.
8; vgl. auch Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 798; Wacker, Neue
Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 3, S. 10119, 10120).
c) Aus der Korrekturfunktion des § 8 Abs.
2 Satz 3 EStG für den Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. folgt daher, dass der Zuschlag nur insoweit
gerechtfertigt ist, als tatsächlich Werbungskosten
überhöht zum Ansatz kommen konnten. Bei der Ermittlung
des Zuschlags ist deshalb darauf abzustellen, ob und in welchem
Umfang der Dienstwagen tatsächlich für die Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 4 EStG in der im streitigen Zeitraum 1997 bis 2000 geltenden
Fassung des Missbrauchsbekämpfungs- und
Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) vom 21.12.1993 (BGBl I 1993,
2310, BStBl I 1994, 50) sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers bei
Fahrten mit dem Dienstwagen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte mit einem Pauschbetrag von 0,70 DM anzusetzen.
Der Ansatz des Pauschbetrags ist hierbei nur insoweit vorzunehmen,
als die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
tatsächlich mit dem Dienstwagen zurückgelegt worden ist
(vgl. Hessisches FG, Urteil vom 12.3.1997 12 K 3155/95, EFG 1997,
1106 = SIS 97 21 67; Schmidt/Drenseck, a.a.O., 17. Aufl., § 9
Rz 132).
Nach der im streitigen Zeitraum 2001 geltenden
Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG durch das
Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom
21.12.2000 (BGBl I 2000, 1918, BStBl I 2001, 36) ist für jeden
Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte
aufsucht, für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte eine Entfernungspauschale
anzusetzen. Die einzelfahrtbezogene Ermittlung der Werbungskosten
steht damit im Widerspruch zu dem pauschalen monatsweisen Ansatz
des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG.
Die mit der Neufassung des § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG ab dem Jahre 2001 eingeführte
Entfernungspauschale ist nicht mehr auf Fahrten mit einem
Kraftfahrzeug beschränkt. Der pauschale Werbungskostenabzug
ist nach der Neufassung auf einen Höchstbetrag begrenzt, der
jedoch insoweit keine Anwendung findet, als der Arbeitnehmer
für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen
eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.
Damit kommt es auch für den Werbungskostenabzug nach § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur
Einführung einer Entfernungspauschale weiterhin auf die
tatsächliche Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an (vgl. Schmidt/Drenseck,
a.a.O., 26. Aufl., § 9 Rz 111; Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 11.12.2001, BStBl I 2001, 994 =
SIS 02 02 80, Tz. 1.6).
d) Der mit der Bewertung des geldwerten
Vorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG verbundene
Vereinfachungszweck steht der Bemessung des Zuschlags nach der
tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht entgegen.
Die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG)
enthält eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende
und pauschalierende Bewertungsvorschrift (BFH-Urteile vom 13.2.2003
X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472 = SIS 03 23 21; in
BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269 = SIS 07 03 22). Sie dient dazu,
die Bewertung der privaten Nutzung von Dienstwagen zu vereinfachen
(BTDrucks 13/1686, S. 8). Dem Vereinfachungszweck der Vorschrift
entsprechend ist die Bewertung der Privatnutzung unabhängig
vom Umfang der tatsächlichen Nutzung vorzunehmen. Im Gegensatz
zur übrigen privaten Nutzung des Dienstwagens lässt sich
der tatsächliche Nutzungsumfang bei Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte jedoch ohne größeren Aufwand
feststellen. Die Anzahl der Fahrten und die Länge der mit dem
Dienstwagen zurückgelegten Teilstrecke müssen vom
Steuerpflichtigen etwa im Rahmen der - durch den amtlich
vorgeschriebenen Vordruck (vgl. § 150 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung) konkretisierten - Erklärungspflicht zur
Ermittlung des pauschalen Werbungskostenabzugs nach § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des StMBG angegeben werden (Wacker,
NWB Fach 3, S. 10119, 10126). Dies gilt in gleicher Weise für
die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des
Gesetzes zur Einführung einer Entfernungspauschale
anzusetzende Entfernungspauschale, für deren Anwendung diese
Angaben - wie dargestellt - weiterhin erforderlich sind.
e) Schließlich steht auch die gesetzlich
vorgesehene Möglichkeit der Führung eines Fahrtenbuchs
(§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) der Auffassung des Senats nicht
entgegen. Denn die Führung eines Fahrtenbuchs allein für
die Wege zur Arbeitsstätte zu fordern, entspricht weder dem
Gesetzeszweck noch dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit.
Das Wahlrecht zur Führung des
Fahrtenbuchs kann nur einheitlich für die Nutzung des
Dienstwagens zu privaten Fahrten und für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte ausgeübt werden
(Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz 123; Küttner/Thomas,
Personalbuch 2007, Stichwort Dienstwagen, Rz 30). Dies ergibt sich
zum einen daraus, dass nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG der Zuschlag den - nach der 1 %-Regelung ermittelten -
„Wert in Satz 2“ erhöht (Thomas, DStR 1995,
1859, 1861). Auch der Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG
spricht für diese Auslegung. Danach ersetzt der Einzelnachweis
den „Wert nach den Sätzen 2 und 3“.
Für den Nachweis der Nutzungsverhältnisse durch das
Fahrtenbuch werden zudem die „privaten Fahrten und [die]
... Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte“ den
übrigen Fahrten gegenübergestellt.
Bei der privaten Nutzung des Dienstwagens kann
dem Arbeitnehmer zur Vermeidung der pauschalen Ermittlung des
geldwerten Vorteils nach der 1 %-Regelung die Führung eines
Fahrtenbuchs zugemutet werden, da das Fahrtenbuch hier die einzige
Möglichkeit darstellt, die tatsächlichen
Nutzungsverhältnisse nachzuweisen (vgl. BFH-Urteil vom
24.2.2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273 = SIS 00 06 73, unter II. 4. c der Gründe). Im Gegensatz dazu ergibt
sich die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens für
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - wie dargestellt -
regelmäßig aus den für den pauschalen
Werbungskostenabzug erforderlichen Angaben des Steuerpflichtigen.
Ein Fahrtenbuch zum Nachweis der tatsächlichen Nutzung sieht
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. nicht vor. Die Notwendigkeit
eines Fahrtenbuchs allein zur Vermeidung einer
übermäßigen Besteuerung durch den Zuschlag nach
§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG stellt damit - entgegen der Auffassung
des FG - eine unzumutbare Härte dar (vgl. Söhn, in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz L 53).
3. Die geschilderte steuerrechtliche
Behandlung beim Arbeitnehmer hat
auch Konsequenzen für den Lohnsteuerabzug durch den
Arbeitgeber. Dieser hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der
Dienstwagen nur für eine Teilstrecke zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte genutzt wird. Denn der Umfang der
tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens betrifft die Höhe
des dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslohns, da er sich -
wie dargestellt - unmittelbar auf die Bemessung des auf der
Einnahmenseite anzusetzenden Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG auswirkt. Im Gegensatz dazu können die der Ausgabenseite
zuzuordnenden eigenen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die
Nutzung des Dienstwagens als Werbungskosten regelmäßig
erst im Rahmen der Veranlagung des Arbeitnehmers geltend gemacht
werden (vgl. zur Zuzahlung zu den Anschaffungskosten des
Dienstwagens BFH-Urteil vom 18.10.2007 VI R 59/06, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2008, 284 = SIS 08 04 30).
4. Die Vorentscheidung ist von anderen
rechtlichen Grundsätzen ausgegangen und deshalb aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - aus seiner Sicht zu
Recht - keine Feststellungen dazu getroffen, ob H bei seinen
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den Dienstwagen
für die gesamte Entfernung oder - wie vom Kläger
vorgetragen - nur für eine Teilstrecke genutzt hat. Im zweiten
Rechtsgang wird das FG diese Feststellungen nachzuholen haben. Es
wird hierbei zu beachten haben, dass der Anscheinsbeweis, der im
Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG für die Privatnutzung
des Dienstwagens besteht (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 215, 256,
BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41; vom 15.3.2007 VI R 94/04, BFH/NV
2007, 1302 = SIS 07 20 04), in gleicher Weise auch dafür
spricht, dass der Dienstwagen für die gesamte Entfernung
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden ist (vgl.
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 1.12.2006 1 K 81/04 = SIS 07 18 73, nicht veröffentlicht - n.v. - ; FG
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2007 11 K 2182/04 = SIS 08 15 47, n.v.; Seifert in Korn, § 4 EStG Rz 1038). Der
Anscheinsbeweis kann jedoch dadurch entkräftet werden, dass
substantiierte Einwände vorgebracht werden, aus denen sich die
ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs
ergibt (BFH-Urteil in BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41, m.w.N.). Im Hinblick auf die Fahrten des H zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte ist der Anscheinsbeweis im Streitfall bereits
bei Vorlage einer auf H ausgestellten Jahres-Fahrkarte für die
Bahnverbindung von X nach Y entkräftet. Auf ein vom
Kläger für diese Teilstrecke ausgesprochenes
Nutzungsverbot kommt es insoweit nicht an.
5. Bei dieser Sach- und Rechtslage braucht der
Senat nicht zu entscheiden, ob die streitige Haftungsschuld - wie
vom Kläger hilfsweise beantragt - dadurch zu mindern ist, dass
Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. für
die volle Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
bereits im Haftungsverfahren zu berücksichtigen sind.