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Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht formell verfassungswidrig

Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht formell verfassungswidrig: Die mit dem Jahressteuergesetz 1996 nach Anrufung des Vermittlungsausschusses auf Grundlage der Beschlussempfehlungen dieses Gremiums zu Stande gekommenen einkommensteuerrechtlichen Regelungen über die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs überschreiten nicht die von Verfassungs wegen zu beachtenden Grenzen für die Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 1.4.2011, IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl 2011 I S. 301 = SIS 11 09 53)- Urt.; BFH 22.9.2010, VI R 55/09; SIS 10 40 55

Kapitel:
Unternehmensbereich > Lohnsteuer > Sachbezüge
Fundstellen
  1. BFH 22.09.2010, VI R 55/09
    BStBl 2011 II S. 358
    NJW 2011 S. 559
    LEXinform 0927620

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 4.4.2011
    -/- in NWB 52/2010 S. 4251
    M.S. in StuB 1/2011 S. 29
    St.Sch. in HFR 2/2011 S. 155
    St.Sch. in NWB 2/2011 S. 112
    St.Sch. in BFH/PR 3/2011 S. 81
    jh in StuB 1/2011 S. 35
    D.G. in BB 8/2011 S. 485
    R.W. in StB 3/2011 S. 90
    KAM in Stbg 5/2011 S. M 15
Normen
[EStG] § 8 Abs. 2 Satz 3
[GG] Art. 77 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 11.05.2009, Zuschlag, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Tatsächliche Verhältnisse, Einzelbewertung, Auslegung, Berechnungsmethode
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 3.3.2022, SIS 22 02 68, Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer: Das Bundes...
  • FG München 5.2.2020, SIS 20 06 04, Besteuerung von aus Wertpapier-Sondervermögen ausgeschütteten Gewinnen aus der Veräußerung von ausländisc...
  • BMF 4.4.2018, SIS 18 04 64, Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer: Das Bundes...
  • OFD Magdeburg 23.4.2012, SIS 12 16 44, Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbei...
  • FG Köln 29.2.2012, SIS 13 09 70, Preisnachlass bei Aktienverkauf an Ehefrau des Vorstandsmitglieds als Arbeitslohn: Gewährt eine AG im Rah...
  • FG Baden-Württemberg 27.10.2011, SIS 12 05 60, Nutzung des Dienstfahrzeugs eines hauptamtlichen Bürgermeisters für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitss...
  • OFD Niedersachsen 11.7.2011, SIS 11 35 91, Überlassung eines betrieblichen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Gewinnermittlung: Das...
  • BMF 28.6.2011, SIS 11 34 31, Nutzung eines betrieblichen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Unternehmer: Das BMF-Schr...
  • BMF 1.4.2011, SIS 11 09 53, Überlassung eines betrieblichen Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: Die BFH-...
  • BFH 24.2.2011, SIS 11 15 73, Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Korrekturposten, Rücknahme der Revision nach Verzicht au...
  • BFH 31.1.2011, SIS 11 12 51, 0,03%-Regelung, grundsätzliche Bedeutung: Nachdem der Senat mit Urteilen vom 22.9.2010 (VI R 54/09, BFH/N...
Fachaufsätze
  • LIT 02 12 28 St. Schneider, NWB 2/2011 S. 112: 0,03-%-Regelung ist Korrekturvorschrift und nicht verfassungswidrig - Drei BFH-Entscheidungen zur Dienstw...
  • LIT 02 14 59 D. Gierlich, BB 2011 S. 485: BFH äußert Zweifel an der lohnsteuerrechtlichen Besteuerung der arbeitgeberseitigen Fahrgestellung als ge...

 

1

I. Streitig ist die zutreffende Anwendung der 0,03 %-Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

 

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute in den Streitjahren (2004, 2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war als angestellter Bauleiter nichtselbständig tätig. Sein Arbeitgeber hatte ihm einen Kraftwagen zur auch privaten Nutzung überlassen. Der Kläger hatte den geldwerten Vorteil daraus mittels Fahrtenbücher ermittelt. Auf dieser Grundlage wurden der Lohnsteuerabzug vorgenommen und die Kläger erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt.

 

 

3

Im Anschluss an eine beim Arbeitgeber des Klägers durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Ansicht, dass die vom Kläger geführten Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß seien, weil Angaben zu den Zwecken der dienstlichen Fahrten und aufgesuchten Personen/Firmen überwiegend fehlten. Das FA änderte daher die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung mit den hier streitigen Änderungsbescheiden. Die geldwerten Vorteile aus der Kraftfahrzeugnutzung für private Zwecke sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ermittelte das FA nun auf Grundlage der 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG und nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 %-Regelung). Dadurch erhöhten sich die Lohneinkünfte des Klägers um 6.222 EUR (1. Mai bis 31.12.2004) sowie um 9.170 EUR (2005).

 

 

4

Die von den Klägern nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gelangte zwar zu der Auffassung, dass das vom Kläger geführte Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß sei, so dass das FA den geldwerten Vorteil aus der Nutzung des dem Kläger von seinem Arbeitgeber überlassenen Kraftfahrzeugs zu privaten Zwecken zu Recht nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG bemessen habe. Entgegen der Auffassung des FA sei aber auf Grundlage der Entscheidung des VI. Senats (vgl. Senatsurteil vom 4.4.2008 VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887 = SIS 08 24 19) der Vorteil aus der Kraftfahrzeugnutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht pauschal nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG, sondern nach der konkreten Anzahl der Fahrten zu ermitteln.

 

 

5

Mit der dagegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil des Niedersächsischen FG vom 11.5.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

7

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

8

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht im Rahmen der Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 5 EStG im Streitjahr 2004 nur 68 Fahrten und im Streitjahr 2005 nur 61 Fahrten zu Grunde gelegt und das zu versteuernde Einkommen und die festzusetzende Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt.

 

 

10

1. Der Senat hält auch nach erneuter Überprüfung an seiner Rechtsprechung fest, dass die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt und sie deshalb nur insoweit zur Anwendung kommt, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat (Entscheidungen in BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887 = SIS 08 24 19; vom 4.4.2008 VI R 68/05, BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890 = SIS 08 24 18). Die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG hat insbesondere nicht die Funktion, eine irgendwie geartete zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Sie bezweckt vielmehr lediglich einen Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht entstandene Erwerbsaufwendungen. Denn die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) gestattet einen Werbungskostenabzug unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich Kosten entstanden waren. Angesichts dieser Korrekturfunktion ist der Zuschlag nur insoweit gerechtfertigt, als tatsächlich Werbungskosten überhöht zum Ansatz kommen konnten. Bei der Ermittlung des Zuschlags ist deshalb darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang der Dienstwagen tatsächlich für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden ist; der Senat verweist zur weiteren Begründung auf sein zur amtlichen Veröffentlichung bestimmtes Urteil vom 22.9.2010 VI R 57/09.

 

 

11

2. Der Senat geht auch weiterhin davon aus, dass die streitige Regelung formell verfassungsgemäß zu Stande gekommen ist, insbesondere der Vermittlungsausschuss die ihm von Verfassungs wegen gezogenen Grenzen nicht überschritten hat. Das beigetretene BMF hat zwar u.a. vorgebracht, dass die Regelung im Jahr 1996 erst durch den Vermittlungsausschuss in das Gesetz aufgenommen worden sei und eine detaillierte Dokumentation des historischen gesetzgeberischen Willens zur 0,03 %-Zuschlagsregelung daher fehle. Aber auch das BMF selbst leitet daraus nicht ab, dass die streitige Regelung deshalb formell verfassungswidrig sei.

 

 

12

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darf der Vermittlungsausschuss eine Änderung, Ergänzung oder Streichung der vom Bundestag beschlossenen Vorschriften nur vorschlagen, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zu Grunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens verbleibt. Dabei ist die Stellungnahme des Bundesrates auch dann in den Vermittlungsvorschlag einzubeziehen, wenn diese vom Bundestag in seinem Gesetzesbeschluss nicht berücksichtigt worden ist (BVerfG-Urteil vom 7.12.1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, 307 = SIS 99 24 15).

 

 

13

b) Daran gemessen überschreiten die mit dem Jahressteuergesetz 1996 nach Anrufung des Vermittlungsausschusses auf Grundlage der Beschlussempfehlungen dieses Gremiums zu Stande gekommenen einkommensteuerrechtlichen Regelungen über die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs nicht die von Verfassungs wegen geltenden Grenzen für die Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses. Zwar war die Frage der einkommensteuerrechtlichen Erfassung des Vorteils aus der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zum Jahressteuergesetz 1996 (BTDrucks 13/901) und im Gesetzentwurf der Bundesregierung dazu (BTDrucks 13/1173), die vom Bundestag am 2.6.1995 in zweiter und dritter Lesung beraten worden waren, noch nicht enthalten. Zuvor war jedoch schon von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit Antrag vom 28.3.1995 (BTDrucks 13/936) - insoweit noch ohne gesetzestechnisch ausformulierten Text - die Einschränkung der Absetzbarkeit betrieblich genutzter PKW und die Änderung der bis dahin pauschal unterstellten Annahme, dass Geschäftsfahrzeuge regelmäßig zu 65 % bis 70 % geschäftlich genutzt würden, gefordert worden. Weiter hatte auch ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD (BTDrucks 13/1590) in Verbindung mit der vorgeschlagenen Entfernungspauschale bereits in gesetzestechnisch ausformulierter Weise die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge in Höhe von 0,04 % des Listenpreises des Kraftfahrzeugs je Entfernungskilometer und Monat zum Gegenstand. Überdies nahm der Bundesrat, der ebenfalls am 2.6.1995 das Jahressteuergesetz 1996 beraten hatte, in seiner Stellungnahme u.a. auf die Empfehlungen des Finanzausschusses vom 23.5.1995 Bezug (BRDrucks 171/95 - Beschluss - mit Anlage BRDrucks 171/2/95, S. 14 ff.). Dieser hatte u.a. ebenfalls schon in gesetzestechnisch ausformulierter Weise die Regelungen zu § 8 Abs. 2 Sätze 3, 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG vorgeschlagen, wie sie im Wesentlichen dann auch nach zweimaliger Anrufung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 13/1779, BTDrucks 13/2016) Gesetz geworden waren. Angesichts dessen hatten sich die Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses vom 7.7.1995 (BTDrucks 13/1960) sowie vom 2.8.1995 (BTDrucks 13/2100) im Rahmen der Kontroversen zwischen Bundestag und Bundesrat und der parlamentarischen Debatte bewegt und mit den §§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, 8 Abs. 2 Sätze 3, 4 EStG keinen Regelungsvorschlag zum Gegenstand, der außerhalb dieser bisherigen Auffassungsunterschiede und Gegenläufigkeiten zwischen Bundestag und Bundesrat im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG liegt (vgl. Urteil in BVerfGE 101, 297, 308 = SIS 99 24 15; Beschluss vom 15.1.2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56 <75 f.> = SIS 08 16 84).