1 %-Regelung, Vorteil auch bei Nutzungsentgelt: Bei der 1 v.H.-Regelung zur Ermittlung der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs handelt es sich um eine zwingende Bewertungsregelung, die nicht durch die Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden kann, selbst wenn dieses als angemessen anzusehen ist. Die vereinbarungsgemäß gezahlten Nutzungsvergütungen sind von den nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG ermittelten Werten in Abzug zu bringen. - Urt.; BFH 7.11.2006, VI R 95/04; SIS 07 03 22
I. Streitig ist, ob für die Nutzung
eines Dienstwagens zu privaten Zwecken sowie zu Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte ein pauschal ermittelter geldwerter
Vorteil auch dann anzusetzen ist, wenn der Arbeitgeber dem
Steuerpflichtigen für diese Nutzung ein entfernungsbezogenes
Entgelt in Rechnung stellt.
Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind seit 1995 verheiratet und werden seither zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt. Dem Kläger wurde in den
Streitjahren (1994 bis 1997) von seinem Arbeitgeber ein
Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt, das er neben
dienstlichen Fahrten auch für die Wege zwischen seiner Wohnung
und seiner Arbeitsstätte nutzen durfte. Nach den über die
Fahrzeuggestellung getroffenen Vereinbarungen hatte der Kläger
an seinen Arbeitgeber für die Fahrten zum Dienstsitz eine sog.
Kilometerpauschale von 0,80 DM je gefahrenem Kilometer zu
entrichten. Die gleiche Regelung sollte für etwaige
Privatfahrten gelten, die dem Kläger gesondert genehmigt
werden mussten. Zudem hatte der Kläger ein sog. Pflichtenheft
zu führen, ohne darin allerdings die einzelnen Fahrten
aufzeichnen zu müssen. Der Arbeitgeber des Klägers hatte
diese Vertragsgestaltung im Jahr 1994 der für seine
Besteuerung zuständigen Finanzbehörde mitgeteilt und von
dort die Auskunft erhalten, dass bei den Arbeitnehmern ein
geldwerter Vorteil für eine Privatnutzung nicht zu versteuern
sei. Daher unterblieb insoweit eine Erfassung von Arbeitslohn
sowohl beim Lohnsteuerabzug als auch im Zuge der
Einkommensteuerveranlagungen des Klägers.
Im Jahr 2000 erlangte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) infolge einer
Lohnsteuer-Außenprüfung von der Dienstwagengestellung
Kenntnis. Er schloss sich der Auffassung der Prüferin an,
aufgrund der Verfügungsmöglichkeit des Klägers
über das Fahrzeug sei eine private Nutzung nicht
tatsächlich ausgeschlossen gewesen. Es sei daher insoweit noch
ein pauschaler Nutzungswert von 1 v.H. des Fahrzeuglistenpreises je
Kalendermonat zu versteuern. Zudem sei in den Jahren 1996 und 1997
der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
pauschalierte geldwerte Vorteil aus der Verwendung des Dienstwagens
für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
höher gewesen als die hierfür in diesen Jahren jeweils an
den Arbeitgeber aufgrund der Kilometerpauschale gezahlten
Beträge. Die Differenz müsse ebenfalls nachversteuert
werden. Das FA erließ daher geänderte
Einkommensteuerbescheide, in denen es die ermittelten Beträge
als zusätzliche Einkünfte des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit erfasste.
Die gegen die Änderungsbescheide
erhobene Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist
in EFG 2005, 431 = SIS 05 10 97 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung von § 8 Abs. 2 EStG.
Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger treten der Revision mit den
Gründen des angefochtenen Urteils entgegen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter,
Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und
Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen
oder privaten Dienst gewährt werden. § 8 Abs. 2 Satz 1
EStG benennt die geldwerten Güter und Vorteile und bringt zum
Ausdruck, dass der Arbeitnehmer durch die Zuwendung objektiv
bereichert sein muss, weil die Zuwendung für ihn einen
wirtschaftlichen Wert hat. § 8 Abs. 2 bestimmt daneben auch
den Maßstab für die Bewertung des Vorteils (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.5.2006 VI R 28/05, BStBl II 2006,
781 = SIS 06 35 38).
Ein Vorteil wird „für“
eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das
individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst
ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt
wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses
Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das
Dienstverhältnis eingegangen wird und wenn sich die Leistung
des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das
Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des
Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteil vom 26.6.2003 VI R 112/98, BFHE 203, 53, BStBl II 2003,
886 = SIS 03 44 97). Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn die
Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehung oder wegen sonstiger, nicht
auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehung zwischen
Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteile vom
7.6.2002 VI R 145/99, BFHE 199, 322, BStBl II 2002, 829 = SIS 02 92 98; vom 16.9.2004 VI R 25/02, BFHE 207, 457, BStBl II 2006, 10 =
SIS 05 04 74). Ob ein Leistungsaustausch aufgrund einer
Sonderrechtsbeziehung vorliegt, ist aufgrund einer Würdigung
der den Einzelfall prägenden Umstände zu entscheiden
(BFH-Beschluss vom 30.12.2004 VI B 67/03, BFH/NV 2005, 702 = SIS 05 18 34).
Im Streitfall bestand nach den Feststellungen
des FG eine solche Sonderrechtsbeziehung nicht. Die
Überlassung des Firmenfahrzeugs auch für private Zwecke
gründete allein auf dem Dienstverhältnis.
2. Die unentgeltliche bzw. verbilligte
Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den
Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer
Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Lohnzufluss
(BFH-Urteil vom 6.11.2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002,
370 = SIS 02 06 51).
a) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2
EStG gilt ab dem Veranlagungszeitraum 1996 für die Nutzung
eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten die in
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung entsprechend;
diese Nutzung ist daher für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des
inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung
zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen
einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Es handelt sich
um eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und
pauschalierende Bewertungsregelung (BFH-Urteil vom 13.2.2003 X R
23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472 = SIS 03 23 21; Birk in
Herrmann/ Heuer/Raupach, § 8 EStG Anm. 75, 83). Der Wert nach
§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG erhöht sich gemäß
§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03
v.H. des genannten Listenpreises für jeden Kilometer der
Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das
Fahrzeug für solche Fahrten genutzt werden kann. Der Wert nach
§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG kann auch mit dem auf die
private Nutzung entfallenden Teil der gesamten
Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das
Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und
das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch
ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden
(§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG). Diese vom Gesetz vorgegebenen
Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der
privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und
abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen
Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen
hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden.
Sowohl die 1 v.H.-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6
Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) als auch die
Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen
unterschiedliche Methoden zur Bewertung dieses Vorteils dar. Als
Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie,
soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort
geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen
(BFH-Urteil vom 14.9.2005 VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006,
72 = SIS 05 47 53).
b) Die Berechnung des geldwerten Vorteils
wegen der Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs für private
Zwecke richtet sich, wie der Wortlaut der Vorschrift verdeutlicht,
ausschließlich nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 ff. EStG,
sofern der Arbeitnehmer nicht von der Möglichkeit, ein
Fahrtenbuch zu führen, Gebrauch macht (Schmidt/Drenseck, EStG,
25. Aufl., § 19 Rz 50 Stichwort Kraftfahrzeuggestellung). Die
danach zwingend vorgeschriebene Anwendung der Vorschrift kann auch
nicht durch Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden, selbst
wenn sich dieses an Durchschnittssätzen orientiert. Vom
Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß gezahlte
Nutzungsvergütungen sind ggf. von den nach § 8 Abs. 2
Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2
Satz 3 EStG ermittelten Werten in Abzug zu bringen. Denn insoweit
fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers (Schmidt/Drenseck,
a.a.O., § 8 Rz 41; Pust in Littmann/Bitz/ Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 8 Rn 389; Blümich/
Glenk, § 8 EStG Rz. 109; Thomas, DB 2006, Beilage Nr. 6/2006
zu Heft Nr. 39, 58, 63; R 31 Abs. 9 Nr. 4 der
Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - ; a.A. Kirchhof in Kirchhof, EStG,
6. Aufl., § 8 Rn 51; Steiner in Lademann, EStG, § 8 Anm.
106). Da § 8 Abs. 2 Sätze 2 ff. EStG der Ermittlung des
geldwerten Vorteils dient, kommt die Regelung nur dann nicht zur
Anwendung, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (BFH-Beschluss vom
13.4.2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300 = SIS 05 32 05).
c) In den Streitjahren 1994 und 1995 war der
geldwerte Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den
üblichen Endpreisen am Abgabeort zu bewerten. Der
Bundesminister der Finanzen (BMF) hatte in dem Schreiben vom
8.11.1982 IV B 6 - S 2353 - 76/82 (BStBl I 1982, 814 = SIS 82 22 27) unter Nr. 7 sowie in Abschn. 31 Abs. 7 Satz 3 LStR 1993 drei
verschiedene Methoden der Ermittlung des in der privaten
Kraftfahrzeugnutzung liegenden geldwerten Vorteils zugelassen. Die
dort u.a. auch vorgesehene Berechnung des geldwerten Vorteils nach
der - ab 1996 in das Gesetz übernommenen - sog. 1 v.H.-Methode
fand die Billigung der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197,
142, BStBl II 2002, 370 = SIS 02 06 51; Beschluss vom 14.5.1999 VI
B 258/98, BFH/NV 1999, 1330 = SIS 99 51 34).
3. Nach diesen Maßstäben hat das FA
den Nutzungsvorteil für Fahrten des Klägers zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte in den Streitjahren 1996 und 1997 zu
Recht gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG unter Abzug des
vom Kläger gezahlten Nutzungsentgelts ermittelt. Denn dem
Kläger war die Nutzung des Firmenwagens für diese Fahrten
ausdrücklich erlaubt.
Hinsichtlich der zwischen den Beteiligten
strittigen Frage, ob eine private Nutzung des Fahrzeugs zu
verneinen ist, ist die Sache nicht spruchreif. Das FG hat insoweit,
aus seiner Sicht zu Recht, keine Feststellungen getroffen. Diese
sind nunmehr nachzuholen. Sollte sich dabei herausstellen, dass
eine Privatnutzung des Fahrzeugs nicht ausscheidet, ist der
Nutzungsvorteil, wie vom FA vorgenommen, nach § 8 Abs. 2 Satz
2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bzw. für die
Streitjahre 1994 und 1995 nach den genannten Verwaltungsanweisungen
zu bewerten und der Besteuerung zu unterwerfen.