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Anwendungsvoraussetzung der 1 %-Regelung, beschränkte Reichweite des Anscheinsbeweises

Anwendungsvoraussetzung der 1 %-Regelung, beschränkte Reichweite des Anscheinsbeweises: 1. Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. - 2. Der Anscheinsbeweis streitet dafür, dass der Arbeitnehmer einen ihm vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen auch tatsächlich privat nutzt, nicht aber dafür, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. - Urt.; BFH 21.4.2010, VI R 46/08; SIS 10 22 06

Kapitel:
Unternehmensbereich > Lohnsteuer > Sachbezüge
Fundstellen
  1. BFH 21.04.2010, VI R 46/08
    BStBl 2010 II S. 848
    NJW 2010 S. 2751
    LEXinform 0179536

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 27.9.2010
    St.Sch. in NWB 32/2010 S. 2513
    -/- in NWB 32/2010 S. 2514
    jh in StuB 16/2010 S. 639
    St.Sch. in BFH/PR 10/2010 S. 366
    St.Sch. in NWB 39/2010 S. 310
    U.D. in BB 41/2010 S. 2485
    St.Sch. in HFR 10/2010 S. 1056
    C.Sch. in BB 48/2010 S. 2941
    G.E. in DStR 51-52/2013 S. 2740
Normen
[EStG] § 8 Abs. 1, § 8 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 42 d Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 23.04.2007, Anscheinsbeweis, Privatnutzung, Firmenwagen, Geldwerter Vorteil
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 28.4.2023, SIS 23 15 60, Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines von einer GmbH einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer übe...
  • FG Köln 8.12.2022, SIS 23 08 00, Anscheinsbeweis für private Kfz-Nutzung: Für Zwecke einer vGA besteht auf Gesellschaftsebene der Anschein...
  • BFH 28.4.2020, SIS 20 11 34, Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, Zufluss von Tantiemen bei verspäteter Feststellung des Jah...
  • BFH 28.4.2020, SIS 20 12 97, Zufluss von Tantiemen bei verspäteter Feststellung des Jahresabschlusses: Eine verspätete Feststellung de...
  • Niedersächsisches FG 20.3.2019, SIS 19 08 10, Keine Erschütterung des Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines Betriebs-Kfz bei Nutzung eines glei...
  • FG Berlin-Brandenburg 28.11.2018, SIS 18 21 78, Aufteilung von Hotelumsätzen nach Steuersätzen, Bewertung des Frühstücks: 1. Frühstücksleistungen sind vo...
  • FG München 16.1.2018, SIS 18 21 54, Privatnutzung dienstlicher oder betrieblicher Kfz, Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs: 1. Nach allgemei...
  • FG Münster 11.5.2017, SIS 17 13 40, Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz: Der Anscheinsbeweis für die Privatnutzung ...
  • BFH 18.8.2016, SIS 16 25 28, Zufluss von Arbeitslohn bei Schuldübernahme einer Pensionsverpflichtung durch einen Dritten: 1. Arbeitslo...
  • BFH 18.8.2016, SIS 16 25 57, Zufluss von Arbeitslohn bei Schuldübernahme einer Pensionsverpflichtung durch einen Dritten: 1. Die Ablös...
  • FG Baden-Württemberg 25.4.2016, SIS 16 13 58, Keine Geringfügigkeitsgrenze bei der Besteuerung der Privatnutzung von Geschäftsfahrzeugen: 1. Privatfahr...
  • BFH 30.9.2015, SIS 16 02 68, Anscheinsbeweis für Privatnutzung eines Dienstwagens: Auf die Beantwortung der als rechtsgrundsätzlich be...
  • BFH 5.6.2014, SIS 14 29 96, Doppelte Haushaltsführung, Mehrgenerationenhaushalt: 1. Ein eigener Hausstand wird auch dann unterhalten,...
  • OFD Niedersachsen 27.5.2014, SIS 14 35 43, Steuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer: H 8.1 (9-10) "...
  • FG Berlin-Brandenburg 17.12.2013, SIS 14 06 23, Dienstwagen, fehlende Regelung zur Privatnutzung, Anscheinsbeweis: 1. Die Anwendung der 1-%-Regelung setz...
  • BFH 14.11.2013, SIS 14 10 74, Anwendungsvoraussetzung der 1-%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises bei einem familienangehörigen ...
  • FG Berlin-Brandenburg 3.9.2013, SIS 13 29 24, Anscheinsbeweis für private Nutzung des betrieblichen Pkw durch beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsfü...
  • BFH 6.8.2013, SIS 14 00 17, Überlassung einer PKW-Nutzung als Mietentgelt für Anmietung von Betriebsräumen: 1. Ein Mietvertrag zwisch...
  • BFH 18.4.2013, SIS 13 18 28, Anwendungsvoraussetzung der 1%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises beim Geschäftsführer eines Fami...
  • FG Düsseldorf 11.4.2013, SIS 13 28 89, Überlassung eines Firmenfahrzeugs, Privatnutzungsverbot: Die Erfassung eines geldwerten Vorteils bei Über...
  • BFH 21.3.2013, SIS 13 18 29, Anwendungsvoraussetzung der 1%-Regelung, Entkräftung des Anscheinsbeweises: Übernahme von Beiträgen für d...
  • BFH 21.3.2013, SIS 13 18 30, Anwendungsvoraussetzung der 1%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises beim Alleingeschäftsführer eine...
  • BFH 21.3.2013, SIS 13 18 31, Anwendungsvoraussetzung der 1%-Regelung, Reichweite des Anscheinsbeweises beim angestellten Gesellschafte...
  • BFH 21.3.2013, SIS 13 21 90, Anwendungsvoraussetzung der 1 %-Regelung, Entkräftung des Anscheinsbeweises: 1. Die unentgeltliche oder v...
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  • Niedersächsisches FG 3.5.2012, SIS 12 23 13, Anwendung der 1%-Regelung, Tatsächliche Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung an Arbeitnehm...
  • Niedersächsisches FG 8.2.2012, SIS 12 26 71, Geldwerter Vorteil bei Kfz-Nutzung durch GmbH-Geschäftsführer: 1. Zu den Anforderungen an ein ordnungsgem...
  • FG Münster 17.1.2012, SIS 12 25 91, Lohnsteuerpflicht der Überlassung eines Dienstwagens trotz Verbots der Privatnutzung und bei streitiger Ü...
  • FG Baden-Württemberg 27.10.2011, SIS 12 05 60, Nutzung des Dienstfahrzeugs eines hauptamtlichen Bürgermeisters für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitss...
  • BFH 6.10.2011, SIS 12 03 58, Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: 1. Die Anwe...
  • BFH 6.10.2011, SIS 12 03 59, Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: 1. Die Anwe...
  • BFH 6.10.2011, SIS 12 03 60, Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: 1. Die Anwe...
  • BFH 6.10.2011, SIS 12 03 61, Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: 1. Die Anwe...
  • BFH 6.10.2011, SIS 12 03 62, Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: 1. Die Anwe...
  • BFH 6.10.2011, SIS 11 40 03, Keine Anwendung der 1 %-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte: 1. Die Anwe...
  • BFH 9.6.2011, SIS 11 27 14, Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten: 1. Ein Arbeitnehmer kann nicht mehr als eine re...
  • FG Berlin-Brandenburg 13.4.2011, SIS 12 17 45, Erschütterung des Anscheinsbeweises für die private Nutzung eines Firmenwagens: 1. Steht bei einem Gesell...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.3.2011, SIS 12 02 08, Mit einem Computerprogramm erzeugte Datei ohne Schutz vor nachträglichen Veränderungen kein ordnungsgemäß...
  • Niedersächsisches FG 17.12.2010, SIS 11 24 44, Lohnsteuer-Haftung, Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als steuerpflichtiger Arbeitslohn...
  • BFH 13.10.2010, SIS 11 02 29, Private Nutzung von betrieblichen Kraftfahrzeugen: 1. Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ...
Fachaufsätze
  • LIT 02 04 92 St. Schneider, NWB 39/2010 S. 3105: 1-%-Regelung und Anscheinsbeweis bei privater Dienstwagennutzung - BFH (Urteil vom 21.4.2010, VI R 46/08 ...
  • LIT 02 07 60 C. Schwerdtfeger, BB 48/2010 S. 2941: Der BFH hat die verfahrensrechtliche Position des Arbeitgebers erheblich gestärkt - BB-Kommentar zum BFH-...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Im Verfahren um die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheids ist streitig, ob ein geldwerter Vorteil für die Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Zwecken anzusetzen ist.

 

 

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Apotheke mit angegliederter Arzneimittelherstellung. Er beschäftigt etwa 80 Mitarbeiter, darunter auch seinen Sohn S. S erhält das höchste Gehalt aller Mitarbeiter. Im Betriebsvermögen befanden sich bis zu sechs Kraftfahrzeuge, die für betriebliche Fahrten zur Verfügung standen. Fahrtenbücher wurden nicht geführt.

 

 

3

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) davon aus, dass das teuerste der sechs betrieblichen Kraftfahrzeuge, ein Audi A8 Diesel, von S auch privat genutzt wurde. Das FA beurteilte dies als einkommensteuerpflichtigen Sachbezug, den es nach der sogenannten 1 %-Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bewertete. Es nahm den Kläger für die insoweit nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer nach § 42d Abs. 1 EStG in Haftung.

 

 

4

Der Kläger machte dagegen mit Einspruch und Klage geltend, dass S die betrieblichen Kraftfahrzeuge nicht privat genutzt habe. Die Fahrzeuge würden vom ihm und anderen Mitarbeitern nur betrieblich genutzt. Arbeitsvertraglich sei es verboten, die betrieblichen Fahrzeuge privat zu nutzen; dies werde auch kontrolliert. Die Fahrzeugschlüssel würden im Betrieb in einem Schlüsselkasten verwahrt, eine Kraftfahrzeugnutzung sei dem Kläger vor Beginn der Nutzung mitzuteilen, stichprobenweise würden die einzelnen Kraftfahrzeuge nach Kilometerleistung und Kraftstoffverbrauch kontrolliert. Im Übrigen verfüge S über zwei eigene private Kraftfahrzeuge, darunter auch einen Audi S8.

 

 

5

Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Zu den lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteilen gehöre auch die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs. Dafür seien für jeden Kalendermonat 1 % des Listenpreises anzusetzen, wenn die private Nutzung nicht auf Grundlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs nachgewiesen werde. Dies gelte nicht, wenn eine Privatnutzung ausscheide. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung spreche der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens. Unstreitig habe S das Fahrzeug dienstlich genutzt. Eine Privatnutzung des Audi A8 durch S könne daher nicht ausgeschlossen werden.

 

 

6

Es sei auch keine ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs dargelegt worden. Das Nutzungsverbot des Arbeitgebers könne zwar ausreichen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Werde das Nutzungsverbot allerdings gegenüber einem Arbeitnehmer in herausgehobener Position ausgesprochen, bestehe besonderer Anlass, die Einhaltung des Nutzungsverbots zu überwachen. Hieran fehle es im Streitfall. Mit S als Sohn des Betriebsinhabers mit dem höchsten Arbeitslohn im Betrieb liege es nahe, dass S als naher Angehöriger und wichtigster Mitarbeiter des Betriebsinhabers das Nutzungsverbot missachten könnte. Daher sei es nicht zu beanstanden, dass das FA eine Privatnutzung durch andere Arbeitnehmer ausgeschlossen und den Nutzungswert nur S zugerechnet habe.

 

 

7

Der Anscheinsbeweis sei nicht erschüttert. Das Nutzungsverbot könnte auch nur zum Schein ausgesprochen sein. Art und Umfang der Kontrolle des Nutzungsverbots durch den Kläger ließen auch keinen sicheren Schluss auf die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung zu. Aufzeichnungen über die Fahrzeugnutzung seien nicht vorhanden. Weiter habe der Kläger das Nutzungsverbot nur unzureichend überwacht. Da der Audi A8 von verschiedenen Personen genutzt worden sei, könnten etwaige Mehrkilometer keinem bestimmten Fahrer zugerechnet werden. Auch dass S über eigene Kraftfahrzeuge verfüge, schließe Privatfahrten mit dem betrieblichen Audi A8 ebenso wenig aus wie die Nutzung des Audis A8 als Poolfahrzeug.

 

 

8

Der Kläger wendet sich gegen die finanzgerichtliche Entscheidung mit der Revision.

 

 

9

Er beantragt, 1. das Urteil des Niedersächsischen FG vom 23.4.2007 sowie den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 31.5.2006 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 4.7.2006 aufzuheben, 2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

 

 

10

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

11

Zu Recht sei das FG vom Beweis des ersten Anscheins ausgegangen, wonach eine private Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeugs vorliege.

 

 

12

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vorentscheidung wird aufgehoben und der Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die bisherigen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Entscheidung, dass der Kläger seinem Sohn S einen Dienstwagen auch zu dessen privater Nutzung überlassen und ihm dadurch einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil zugewandt hatte, ohne dafür Lohnsteuer einzubehalten.

 

 

13

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Eine solche Lohnzahlung - sei es in Form von Barlohn, sei es in Form von Gebrauchs- und Nutzungsvorteilen - ist indessen Grundvoraussetzung jeder Lohnsteuerhaftung. Lässt sich eine solche Lohnzahlung nicht feststellen, kommt insoweit auch keine Haftung des Arbeitgebers in Betracht. So liegt nach den bisherigen Feststellungen des FG der Fall hier.

 

 

14

2. a) Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, begründet das nach der ständigen Rechtsprechung des Senats einen als Lohnzufluss zu erfassenden Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.11.2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002, 370 = SIS 02 06 51; vom 7.11.2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41; VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269 = SIS 07 03 22; vom 4.4.2008 VI R 68/05, BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890 = SIS 08 24 18). Der Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder mit der 1 %-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Nach der 1 %-Regelung ist als Vorteil für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Die Fahrtenbuchmethode bemisst den Vorteil mit dem auf die private Nutzung entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

 

 

15

b) Wird kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt und steht daher der tatsächliche Umfang der privaten Nutzung des durch den Arbeitgeber überlassenen Dienstwagens durch dessen Arbeitnehmer nicht fest, spricht nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) für eine auch private Nutzung des überlassenen Dienstwagens. Die Privatnutzung ist in diesem Fall mit der 1 %-Regelung anzusetzen. Allerdings kann der Anscheinsbeweis durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden; dazu bedarf es nicht des vollen Beweises des Gegenteils. Der Anscheinsbeweis ist vielmehr schon dann entkräftet oder erschüttert, wenn ein Sachverhalt substantiiert dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt. Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, genügt allerdings nicht, um die Anwendung der 1 %-Regelung auszuschließen (Senatsbeschlüsse vom 17.11.2009 VI B 11/09, BFH/NV 2010, 650 = SIS 10 08 75; vom 27.5.2009 VI B 123/08, BFH/NV 2009, 1434 = SIS 09 26 64; jeweils m.w.N.).

 

 

16

c) Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt indessen voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hatte. Denn § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG begründet ebenso wenig wie § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG originär einen steuerbaren Tatbestand, sondern bewertet lediglich der Höhe nach einen Vorteil, der dem Grunde nach feststehen muss. Dementsprechend bezeichnet die ständige Rechtsprechung des BFH die 1 %-Regelung auch als eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung, die nicht zur Anwendung kommt, wenn eine Privatnutzung ausscheidet (BFH-Urteile vom 13.2.2003 X R 23/01, BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472 = SIS 03 23 21; in BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41, m.w.N.).

 

 

17

Der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich deshalb nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen. Die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen PKW hat dagegen keinen Lohncharakter. Denn ein Vorteil, den der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers erlangt, wird nicht „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG (vgl. Senatsurteil vom 11.2.2010 VI R 43/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2010, 1016 = SIS 10 06 54). Und wenn § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG voraussetzt, dass der Dienstwagen „auch“ genutzt werden „kann“, erfasst der Tatbestand damit offenbar nicht schon die tatsächliche, sondern erst die befugte Nutzung. Denn tatsächlich könnte das Kraftfahrzeug stets „auch“ für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden.

 

 

18

Weiter ist zu berücksichtigen, dass die für Arbeitnehmer anwendbare 1 %-Regelung und der für ihre Anwendung streitende Anscheinsbeweis nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG auf der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gründet und damit offenbar auf der Annahme beruht, dass der Arbeitnehmer in ähnlicher Weise über ein Fahrzeug verfügen kann, wie der Betriebsinhaber selbst über eines seiner eigenen dem Betriebsvermögen zugeordneten Fahrzeuge, derer er sich auch für private Zwecke bedient. Dem entspricht es, auch beim Arbeitnehmer nur die von Rechts wegen befugte, nämlich vom Arbeitgeber gestattete private Dienstwagennutzung der 1 %-Regelung zu unterwerfen.

 

 

19

d) Steht nicht fest, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat, kann auch der Beweis des ersten Anscheins diese fehlende Feststellung nicht ersetzen. Denn der Anscheinsbeweis streitet nur dafür, dass ein vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassener Dienstwagen auch tatsächlich privat genutzt wird. Der Anscheinsbeweis streitet aber weder dafür, dass dem Arbeitnehmer überhaupt ein Dienstwagen aus dem vom Arbeitgeber vorgehaltenen Fuhrpark zur Verfügung steht, noch dafür, dass er einen solchen unbefugt auch privat nutzt. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist zwar typischerweise davon auszugehen, dass ein dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassener Dienstwagen von ihm tatsächlich auch privat genutzt wird. Weiter reicht dieser allgemeine Erfahrungssatz aber nicht. Es gibt insbesondere keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass Fahrzeuge aus dem Fuhrpark des Arbeitgebers stets einem oder mehreren Arbeitnehmern zur privaten Nutzung zur Verfügung stehen und auch privat genutzt werden.

 

 

20

Die Rechtsprechung des BFH legt auch im betrieblichen Bereich bei unmittelbarer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eine beschränkte Reichweite des allgemeinen Erfahrungssatzes zu Grunde, wenn sie zwar davon ausgeht, dass bestimmte Arten von eigenen Kraftfahrzeugen, insbesondere PKW und Krafträder, typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden, diesen allgemeinen Erfahrungssatz aber nicht auf LKW, Zugmaschinen oder Werkstattwagen des Betriebsinhabers erstreckt (BFH-Urteile in BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472 = SIS 03 23 21; vom 18.12.2008 VI R 34/07, BFHE 224, 108, BStBl II 2009, 381 = SIS 09 05 14).

 

 

21

3. Nach den bisher getroffenen Feststellungen steht im Streitfall lediglich fest, dass die Kraftfahrzeuge zu dem für Betriebszwecke vom Kläger als Arbeitgeber vorgehaltenen Fuhrpark gehörten und in diesem Rahmen naturgemäß von einigen der 80 Arbeitnehmer und unter anderem auch von S genutzt wurden. Es steht indessen nicht fest, dass eines dieser Fahrzeuge dem Sohn des Klägers als Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen war.

 

 

22

a) Für eine solche Überlassung eines Dienstwagens genügt es insbesondere nicht, dass nur feststeht, dass Arbeitnehmer Kraftfahrzeuge aus dem Fuhrpark des Arbeitgebers für betriebliche Zwecke nutzen. Stehen Kraftfahrzeuge lediglich als Poolfahrzeuge zur Verfügung und sind diese - anders als in dem durch Senatsurteil vom 15.5.2002 VI R 132/00 (BFHE 199, 230, BStBl II 2003, 311 = SIS 02 09 84) entschiedenen Fall - auch nicht einem oder mehreren Arbeitnehmern konkret zugeordnet und ihnen (anteilig) auch zur privaten Nutzung überlassen, so kann nach den vorgenannten Rechtsgrundsätzen ein geldwerter Vorteil nicht auf § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gestützt werden.

 

 

23

b) Das FG wird nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze den dem Lohnsteuerhaftungsbescheid zu Grunde liegenden Sachverhalt insbesondere dahingehend weiter aufzuklären haben, ob und welches Fahrzeug dem Sohn des Klägers auch zur privaten Nutzung arbeitsvertraglich oder doch mindestens auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung tatsächlich überlassen war. Sollte eine solche Überlassung festzustellen sein, wäre zu beachten, dass der allgemeine Erfahrungssatz, ein Dienstfahrzeug werde auch privat genutzt, zwar grundsätzlich auch bei einem zur Verfügung stehenden Privatfahrzeug gilt, dass aber der für die Privatnutzung sprechende Anscheinsbeweis umso leichter zu erschüttern ist, je geringer die Unterschiede zwischen dem Privat- und dem Dienstfahrzeug ausfallen (vgl. BFH-Urteil vom 19.5.2009 VIII R 60/06, BFH/NV 2009, 1974 = SIS 09 36 20). Sollte indessen die 1 %-Regelung mangels festzustellender Überlassung eines Dienstfahrzeugs ausscheiden, wäre konkret festzustellen, welche PKW im Einzelnen privat genutzt werden (BFH-Urteil in BFHE 224, 108, BStBl II 2009, 381 = SIS 09 05 14).

 

 

24

4. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, war als unzulässig zu verwerfen, weil dieser Antrag im Revisionsverfahren nicht statthaft ist. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist daher das FG als Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. BFH-Urteil vom 14.5.2009 IV R 47/07, BFHE 225, 116, BStBl II 2009, 900 = SIS 09 22 53, m.w.N.).

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Der BFH stellt klar, dass es sich bei § 8 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG um Bewertungsregelungen handelt, die nur zur Anwendung kommen können, wenn eine (gestattete) Privatnutzung tatsächlich vorliegt. Die Gestattung ist häufig ausdrücklich im Dienstvertrag vereinbart, kann jedoch auch konkludent getroffen sein. Vor dem FG wurde vorgetragen, S sei die Privatnutzung arbeitsvertraglich verboten. Hier weist das FG zutreffend darauf hin, dass ein solches Verbot gelegentlich auch nur zum Schein vereinbart wird und daher einer gestatteten Privatnutzung nicht entgegensteht. Wird eine gestattete Nutzungsmöglichkeit nachgewiesen, kommt der Anscheinsbeweis zum Tragen, dass der Arbeitnehmer davon entsprechend Gebrauch macht. Der Anscheinsbeweis wird allerdings durch die bloße Behauptung, das Kfz nicht genutzt zu haben, nicht erschüttert. Erforderlich dafür ist der Vortrag der Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, z.B. dass für eine gewisse Zeit keine Fahrerlaubnis bestand. Die Entscheidung verdeutlicht ferner, dass bei einer Privatnutzung entgegen einem Nutzungsverbot, d.h. bei unbefugter Privatnutzung kein Arbeitslohn vorliegt, da es sich insoweit nicht um eine Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft handelt. Dem Arbeitgeber stehen dann entsprechende Schadensersatzansprüche zu. Macht er diese nicht geltend, spricht dies einerseits für ein nicht ernstlich vereinbartes Nutzungsverbot, d.h. für eine konkludent gestattete Privatnutzung, andererseits kann in der Nichtgeltendmachung wiederum die Zuwendung eines Vorteils liegen.