Dienstwagen, Fahrten zur Arbeitsstätte, Zuschlag: 1. Sucht ein Außendienstmitarbeiter mindestens einmal wöchentlich den Betriebssitz seines Arbeitgebers auf, so ist der Betriebssitz eine (regelmäßige) Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG. - 2. Der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 %-Regelung) kommt nur zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt. Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch für diese Fahrten überlassen, so besteht ein Anscheinsbeweis für eine entsprechende Nutzung. Die Entkräftung des Anscheinsbeweises ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen dem Arbeitnehmer die Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte arbeitsrechtlich untersagt ist. - 3. Wird der Dienstwagen einmal wöchentlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, so hängt der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG von der Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten ab. Zur Ermittlung des Zuschlags ist eine Einzelbewertung der Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer vorzunehmen. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 23.10.2008, IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl 2008 I S. 961 = SIS 08 38 93) - Urt.; BFH 4.4.2008, VI R 85/04; SIS 08 24 19
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) wurden in den Streitjahren (1996 bis 1999) als
Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger
bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für
die im Rahmen seiner Tätigkeit durchzuführenden
Kundenbesuche stellte ihm sein Arbeitgeber einen Dienstwagen zur
Verfügung, den der Kläger auch für private Fahrten
und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen
durfte. Der Kläger suchte in den Streitjahren an mindestens
einem Arbeitstag in der Woche den 50 km von seiner Wohnung
entfernten Sitz der Geschäftsführung seines Arbeitgebers
in Z auf.
In den Steuererklärungen für die
Streitjahre setzten die Kläger den vom Arbeitgeber des
Klägers bescheinigten Arbeitslohn an, bei dessen Ermittlung
der Arbeitgeber den nach § 8 Abs. 2 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) berechneten geldwerten Vorteil aus
der Nutzung des Dienstwagens für private Fahrten
berücksichtigt hatte.
Im Anschluss an eine beim Arbeitgeber des
Klägers durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung
sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die
Fahrten des Klägers zum Sitz der Geschäftsführung
des Arbeitgebers als Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG an,
für die ein weiterer geldwerter Vorteil in Höhe von 0,03
% des Listenpreises je Monat und Entfernungskilometer anzusetzen
sei. Das FA änderte mit Bescheiden vom 17.10.2000 die
Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1996 bis 1998 und
erhöhte den jeweiligen Bruttoarbeitslohn des Klägers
entsprechend der vom Lohnsteuer-Außenprüfer berechneten
Differenzbeträge. Zusammen mit dem Sachbezug für
Privatfahrten ergaben sich damit für die Streitjahre geldwerte
Vorteile aus der Nutzung des Dienstwagens in Höhe von je
10.440 DM (1996 und 1997), 13.865 DM (1998) und 12.125 DM (1999).
Ferner berücksichtigte das FA für das Streitjahr 1997
erstmalig 50 Fahrten nach Z im Rahmen der Werbungskosten und
erhöhte die Anzahl der für das Streitjahr 1998 bei den
Werbungskosten berücksichtigten Fahrten um weitere zwei auf
ebenfalls 50 Fahrten. Bei der zeitgleich durchgeführten
erstmaligen Veranlagung der Kläger für das Streitjahr
1999 erhöhte das FA in gleicher Weise den Bruttoarbeitslohn
und berücksichtigte 36 Fahrten nach Z im Rahmen der
Werbungskosten.
Im Einspruchsverfahren trugen die
Kläger vor, der Kläger habe den Dienstwagen
tatsächlich nicht für Fahrten zwischen der Wohnung und
dem Sitz der Geschäftsführung des Arbeitgebers genutzt.
Er sei damit nicht bereichert, so dass es keine Grundlage für
den Ansatz eines geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG gebe.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit den in EFG
2005, 775 = SIS 05 14 97 veröffentlichten Gründen ab. Der
Kläger habe am Sitz der Geschäftsführung seines
Arbeitgebers eine Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz
3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung (a.F.)
unterhalten. Er habe daher für die Fahrten zum Betriebssitz
einen geldwerten Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu
versteuern. Hierfür sei es nicht entscheidend, ob der
Kläger den Dienstwagen auch tatsächlich für die
Fahrten zum Betriebssitz verwendet habe. Die Höhe des
geldwerten Vorteils werde auch nicht dadurch beeinflusst, dass der
Kläger allenfalls einmal pro Woche zum Betriebssitz seines
Arbeitgebers gefahren sei. Der Arbeitnehmer habe die
Möglichkeit, durch Führung eines zeitnahen Fahrtenbuchs
etwaigen Nachteilen der pauschalen Einnahmeermittlung zu
entgehen.
Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
Die Kläger beantragen, das Urteil des
FG sowie die Einspruchsentscheidung vom 10.5.2001 und die
Änderungsbescheide für die Streitjahre 1996 bis 1998 vom
17.10.2000 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1999
vom 17.10.2000 dahingehend zu ändern, dass die infolge der
Lohnsteuer-Außenprüfung vorgenommene Hinzurechnung der
geldwerten Vorteile aus der Überlassung des Dienstwagens
für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
rückgängig gemacht wird.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die
Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des
vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Entgegen
der Auffassung der Vorinstanz kommt es für die Ermittlung des
Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG darauf an, ob und in
welchem Umfang der Kläger das Dienstfahrzeug tatsächlich
für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
genutzt hat.
1. Zum Arbeitslohn gehören nach § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle geldwerten
Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen
oder privaten Dienst gewährt werden. Auch die unentgeltliche
bzw. verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den
Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung
führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum
Lohnzufluss (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
6.11.2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002, 370 = SIS 02 06 51; vom 7.11.2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269 =
SIS 07 03 22).
Hinsichtlich der Bewertung dieses geldwerten
Vorteils gilt gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG ab dem
Veranlagungszeitraum 1996 die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
getroffene Regelung entsprechend; die Privatnutzung ist daher
für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen
Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der
Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der
Umsatzsteuer anzusetzen (1 %-Regelung). Der Wert nach § 8 Abs.
2 Satz 2 EStG erhöht sich gemäß § 8 Abs. 2
Satz 3 EStG für jeden Kalendermonat um 0,03 % des genannten
Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte (Zuschlag), wenn das Fahrzeug
für solche Fahrten genutzt werden kann.
a) Das FG hat zu Recht angenommen, dass der
Betriebssitz des Arbeitgebers des Klägers als
Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusehen
ist.
Für die Beurteilung, ob eine Fahrt
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2
Satz 3 EStG vorliegt, gelten die Grundsätze, die nach § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. auf den Werbungskostenabzug für
die Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger)
Arbeitsstätte anzuwenden sind (BFH-Beschluss vom 12.1.2006 VI
B 61/05, BFH/NV 2006, 739 = SIS 06 15 19; Thomas, DB 2006 Beilage
6, 58, 59; Wagner in Heuermann/Wagner, Das gesamte Lohnsteuerrecht,
Teil D Rz 276).
Regelmäßige Arbeitsstätte i.S.
des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. ist nach der neueren
Rechtsprechung des Senats jede ortsfeste dauerhafte betriebliche
Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist
und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen
Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder
aufsucht (Senatsurteile vom 5.8.2004 VI R 40/03, BFHE 207, 225,
BStBl II 2004, 1074 = SIS 04 37 81; vom 11.5.2005 VI R 25/04, BFHE
209, 523, BStBl II 2005, 791 = SIS 05 36 01, und VI R 16/04, BFHE
209, 518, BStBl II 2005, 789 = SIS 05 36 00). Die Beurteilung des
Betriebssitzes des Arbeitgebers als regelmäßige
Arbeitsstätte ist damit nicht von der Intensität und der
Dauer der dort ausgeübten beruflichen Tätigkeit
abhängig (BFH-Urteile vom 2.2.1994 VI R 109/89, BFHE 173, 179,
BStBl II 1994, 422 = SIS 94 07 38; in BFHE 209, 523, BStBl II 2005,
791 = SIS 05 36 01; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -
BMF - vom 26.10.2005, BStBl I 2005, 960 = SIS 05 45 86).
Entscheidend ist vielmehr, ob der Betriebssitz durch das
wiederholte Anfahren des Arbeitnehmers eine hinreichend zentrale
Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten erlangt
(BFH-Urteile vom 11.5.2005 VI R 15/04, BFHE 209, 515, BStBl II
2005, 788 = SIS 05 35 99; in BFHE 209, 523, BStBl II 2005, 791 =
SIS 05 36 01). Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt
hierbei nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz
des Arbeitgebers täglich aufsucht, um dort Aufträge
entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten (vgl. hierzu
BFH-Urteil in BFHE 209, 515, BStBl II 2005, 788 = SIS 05 35 99,
m.w.N.). Sie kann auch in den Fällen anzunehmen sein, in denen
der Arbeitnehmer die Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers
regelmäßig an einem Tag in der Woche durchführt
(vgl. BFH-Urteil vom 30.8.1988 VI R 40/85, BFH/NV 1989, 221 = SIS 89 08 46; FG Düsseldorf, Urteil vom 31.1.1996 14 K 5867/92 E,
EFG 1996, 535, unter 1. a der Gründe; R 9.4 Abs. 3 Satz 4 der
Lohnsteuer-Richtlinien 2008; anderer Ansicht Gödtel, DStR
2007, 843, 846).
Im Streitfall begab sich der Kläger nach
den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat
mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen
gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), an mindestens einem Tag in
der Woche zum Betriebssitz seines Arbeitgebers. Durch das
fortdauernde und wiederholte Aufsuchen erhielt der Betriebssitz
gegenüber den Tätigkeitsstätten des Klägers bei
den an den übrigen Wochentagen durchzuführenden
Kundenbesuchen eine hinreichend zentrale Bedeutung, um ihn
typisierend als regelmäßige Arbeitsstätte ansehen
zu können (vgl. BFH-Urteile in BFHE 207, 225, BStBl II 2004,
1074 = SIS 04 37 81; vom 16.11.2005 VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl
II 2006, 267 = SIS 06 11 10).
b) Entgegen der Auffassung des FG ist der
Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG jedoch nur dann
vorzunehmen, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen auch
tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte genutzt hat.
Der Senat schließt sich damit für
den Streitfall nicht der in der Rechtsprechung der Finanzgerichte,
im Schrifttum und von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung
an, dass der Umfang der tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens
für die Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG unerheblich
sei, da es nach dem Wortlaut der Vorschrift allein darauf ankomme,
ob der Arbeitnehmer die objektive Möglichkeit habe, den
Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte zu nutzen (FG Münster, Urteil vom 28.4.2004
1 K 3214/01 E, EFG 2005, 775 = SIS 05 14 97; FG München,
Urteil vom 15.4.2005 8 K 2890/03, EFG 2006, 958 = SIS 06 18 45;
Hessisches FG, Urteil vom 26.3.2007 11 K 1844/05, EFG 2007, 1327 =
SIS 07 26 83; Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz 114, m.w.N.;
Gröpl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 8 Rz C
25; H 8.1 Abs. 9-10 des Amtlichen Lohnsteuer-Handbuchs 2008
„Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger
Arbeitsstätte bei pauschaler
Nutzungswertermittlung“).
Nach dem Normzweck des § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG ist der Zuschlag ein Korrekturposten zum - pauschalen -
Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F.,
der auch bei - unentgeltlicher - Überlassung des Dienstwagens
für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
gewährt wird. Für die Ermittlung des Zuschlags ist daher
in gleicher Weise wie für den pauschalen Werbungskostenabzug
auf die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens für die
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abzustellen. Zur
Begründung im Einzelnen wird auf das zur Veröffentlichung
bestimmte Senatsurteil vom 4.4.2008 VI R 68/05 = SIS 08 24 18
verwiesen.
2. Die Vorentscheidung ist von anderen
rechtlichen Grundsätzen ausgegangen und deshalb aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif.
a) Das FG hat - aus seiner Sicht zu Recht -
keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger für
seine wöchentlichen Fahrten zwischen Wohnung und Betriebssitz
des Arbeitgebers den Dienstwagen tatsächlich genutzt hat. Im
zweiten Rechtsgang wird das FG diese Feststellungen nachzuholen
haben. Es wird hierbei zu beachten haben, dass der Anscheinsbeweis,
der im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG für die
Privatnutzung des Dienstwagens besteht (vgl. hierzu BFH-Urteile vom
7.11.2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41; vom 15.3.2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302 = SIS 07 20 04), in
gleicher Weise auch dafür spricht, dass der Dienstwagen
tatsächlich für die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte genutzt worden ist (vgl.
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 1.12.2006 1 K 81/04 = SIS 07 18 73, nicht veröffentlicht - n.v. - ; FG
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2007 11 K 2182/04 = SIS 08 15 47, n.v.; Seifert in Korn, § 4 EStG Rz 1038). Der
Anscheinsbeweis kann jedoch dadurch entkräftet werden, dass
substantiierte Einwände vorgebracht werden, aus denen sich die
ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs
ergibt (BFH-Urteil in BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116 = SIS 06 47 41, m.w.N.). Die Entkräftung des Anscheinsbeweises ist hierbei
nicht auf die Fälle beschränkt, in denen dem Kläger
die Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte arbeitsrechtlich untersagt war (vgl. FG
Münster, Urteil vom 29.11.2006 12 K 3156/04 L, EFG 2007, 748 =
SIS 07 14 57). Das FG wird daher insbesondere zu prüfen haben,
ob der Anscheinsbeweis bereits durch die von den Klägern im
Klageverfahren eingereichten Fahrtenbücher für die
Streitjahre entkräftet ist.
b) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem
Ergebnis kommen, dass der Kläger den Dienstwagen einmal
wöchentlich für die Fahrten zum Betriebssitz des
Arbeitgebers genutzt hat, ist anstelle des in § 8 Abs. 2 Satz
3 EStG vorgesehenen pauschalen monatlichen Zuschlags eine
Einzelbewertung der Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer
vorzunehmen.
Dem in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als
Zuschlag vorgesehenen Ansatz von 0,03 % des Listenpreises i.S. des
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der
Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte liegt die
typisierende Annahme zugrunde, dass der Dienstwagen monatlich an 15
Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
genutzt wird (BTDrucks 13/1686, S. 8; Schmidt/Drenseck, EStG, 26.
Aufl., § 8 Rz 46). Die Nutzung des Dienstwagens für die
einzelnen Fahrten ist nach dieser Grundannahme je
Entfernungskilometer mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des §
6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewerten (Thomas, DStR 1995, 1859,
1861; Wacker, Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 3, S. 10119,
10121). Dies entspricht der Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 5
EStG zur Bewertung der Nutzung des Dienstwagens zu
Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten
Haushaltsführung.
Im Gegensatz zur Regelung für
Familienheimfahrten in § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG führt
§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG dazu, dass der Zuschlag für die
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unabhängig von
der Anzahl der tatsächlich mit dem Dienstwagen
durchgeführten Fahrten zu ermitteln ist. Die auf der
Einnahmenseite vorgenommene Typisierung steht damit im Widerspruch
zur Grundannahme der für die Ausgabenseite geltenden
Pauschalierung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F., die eine
fahrtbezogene Ermittlung des Werbungskostenabzugs vorsieht (Wacker,
NWB Fach 3, S. 10119, 10126). § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG wird
seinem Zweck als Korrekturposten zum pauschalen Werbungskostenabzug
jedoch nur dann gerecht, wenn die dem Werbungskostenabzug nach
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. zugrundeliegende Typisierung
auch bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3
EStG folgerichtig umgesetzt wird. Dies gilt jedenfalls in den
Fällen, in denen die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte - wie im Streitfall - regelmäßig nur
einmal in der Woche durchgeführt werden und die
tatsächliche Nutzung des Dienstwagens damit zu Lasten des
Arbeitnehmers von der Grundannahme des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG
abweicht, dass der Dienstwagen monatlich an 15 Tagen für
derartige Fahrten genutzt wird. Die in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG
vorgesehene Erhöhung des geldwerten Vorteils aus § 8 Abs.
2 Satz 2 EStG ist daher in diesem Fall - in teleologischer
Reduktion der Vorschrift - dergestalt vorzunehmen, dass eine
Einzelbewertung der mit dem Dienstwagen durchgeführten Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in entsprechender Anwendung
des § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG erfolgt. Eine solche
Einzelbewertung, die auch von der Finanzverwaltung im Rahmen von
Billigkeitsregelungen vorgenommen wird (vgl. hierzu BMF-Schreiben
vom 28.5.1996, BStBl I 1996, 654 = SIS 96 13 33, Tz. 3 b),
lässt die typisierte Ermittlung des Erhöhungsbetrags auf
der Grundlage des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz
2 EStG unberührt. Gleichzeitig knüpft sie an die Angaben
des Arbeitnehmers zur Anzahl der mit dem Dienstwagen
durchgeführten Fahrten im Rahmen des pauschalen
Werbungskostenabzugs nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F.
an, so dass der Vereinfachungszweck des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG
erhalten bleibt (Wacker, a.a.O.).