Kfz-Überlassung an Arbeitnehmer, Zuzahlung: Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten eines dem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagens sind auch dann als Werbungskosten bei den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn der Nutzungsvorteil nach der 1 %-Regelung besteuert wird. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 6.2.2009, IV C 5 - S 2334/08/10003, BStBl 2009 I S. 421 = SIS 09 05 74) - Urt.; BFH 18.10.2007, VI R 59/06; SIS 08 04 30
I. Streitig ist bei der Anwendung der sog.
1 %-Regelung die einkommensteuerrechtliche Behandlung von
Zuzahlungen für Anschaffungskosten, die ein Arbeitnehmer
für ein ihm vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung
überlassenes Fahrzeug geleistet hat. Weiter streiten die
Beteiligten um die Berücksichtigung von Aufwendungen im
Zusammenhang mit einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis.
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war in den Streitjahren (1995 bis 1997) bei einem
Pharmaunternehmen mit erfolgsabhängigen Bezügen
nichtselbständig beschäftigt. 1995 erhielt er von seinem
Arbeitgeber ein Leasingfahrzeug der Marke Porsche. Auf die
Anschaffungskosten des Fahrzeugs leistete der Kläger an seinen
Arbeitgeber eine Zuzahlung in Höhe von 75.193 DM
einschließlich Umsatzsteuer. Der Arbeitgeber unterwarf mit
dem Arbeitlohn auch den geldwerten Vorteil für die
Überlassung des Firmenwagens unter Anwendung der sog. 1
%-Regelung der Besteuerung.
Der Kläger und seine mit ihm zur
Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehefrau, die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), hatten mit
privatschriftlichem Vertrag vereinbart, dass die Klägerin
für einen Monatslohn von 350 DM acht Stunden in der Woche
für den Kläger tätig sein solle. Die Tätigkeit
umfasste „Schreibarbeiten, Kundenfahrten,
Musterfahrten“. Der Telefondienst der Klägerin begann
morgens um 7.00 Uhr, die tägliche Arbeitszeit war montags bis
freitags von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und
bestand in einer Art Bereitschaftsdienst im Wesentlichen darin,
aufgrund der Außendiensttätigkeit des Klägers das
Telefon- und Faxgerät zu überwachen, den Anrufbeantworter
abzuhören und Kunden zurückzurufen sowie
Auslieferungsfahrten zu Ärzten, Krankenhäusern und
Apotheken durchzuführen.
Mit den Einkommensteuererklärungen
für die Streitjahre machte der Kläger Absetzungen
für Abnutzung (AfA) für die auf die Anschaffungskosten
des PKW geleistete Zuzahlung in Höhe von jeweils 25.064 DM
geltend; dies entsprach einer Nutzungsdauer von drei Jahren. Weiter
machte er die Aufwendungen aus dem Ehegatten-Arbeitsverhältnis
sowie an die Klägerin geleistete Fahrtkostenerstattungen
geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte in den streitigen
Einkommensteuerbescheiden die geltend gemachten Aufwendungen
nicht.
Mit der Klage machten die Kläger einen
niedrigeren Privatanteil in Bezug auf die Fahrzeugnutzung unter
Vorlage von als Fahrtenbücher bezeichneten Aufzeichnungen
geltend und verfolgten auch im Übrigen ihr Begehren
weiter.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus
den in EFG 2007, 753 = SIS 07 08 46 veröffentlichten
Gründen ab.
Die Kläger verfolgen mit der Revision
ihr Klagebegehren weiter. Die Zuzahlung zu den Anschaffungskosten
sei auf die Jahre 1995 bis 1997 zu verteilen. Das
Ehegatten-Arbeitsverhältnis sei einkommensteuerrechtlich
anzuerkennen und die im Zusammenhang damit angefallenen
Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Die vom Kläger zu den Anschaffungskosten
geleisteten Zuzahlungen sind dem Grunde nach
berücksichtigungsfähig. Hierzu sind ebenso wie zum
Ehegatten-Arbeitsverhältnis indessen noch weitere
Feststellungen zu treffen.
1. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig
ist, führt die unentgeltliche oder verbilligte
Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den
Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu Einkünften nach
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes
(EStG).
a) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2
EStG in der für die Streitjahre 1996 und 1997 anwendbaren
Fassung gilt für die private Nutzung eines betrieblichen
Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten die in § 6 Abs. 1 Nr. 4
Satz 2 EStG getroffene Regelung entsprechend. Sie führt die in
Abschn. 31 Abs. 7 der Lohnsteuer-Richtlinien 1993 enthaltene 1
%-Methode, die für das Streitjahr 1995 noch zur Anwendung
kommt, als gesetzliche Regelung fort (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.11.2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142,
BStBl II 2002, 370 = SIS 02 06 51). Der Wert dieser Nutzung ist
danach für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des
inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung
zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen
einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen und erhöht
sich noch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für
jeden Kalendermonat um 0,03 v.H. des vorgenannten Listenpreises
für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug für solche Fahrten
genutzt werden kann. Die sog. 1 %-Regelung ist grundsätzlich
zwingend, sofern nicht nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG der Wert
der Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt wird (vgl.
BFH-Urteil vom 7.11.2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007,
269 = SIS 07 03 22, m.w.N.).
b) Entstehen einem Steuerpflichtigen für
ein fremdes Wirtschaftsgut, das er zur Einkünfteerzielung
nutzt, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, kann er diesen
Aufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs.
1 EStG wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts behandeln und
AfA für das Nutzungsrecht „wie ein materielles
Wirtschaftsgut“ (BFH-Beschlüsse vom 23.8.1999 GrS
1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778 = SIS 99 20 54, und vom
30.1.1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 = SIS 95 07 16) vornehmen. Die AfA ist auf der Grundlage der voraussichtlichen
Gesamtdauer des Nutzungsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu
schätzen (vgl. BFH-Beschluss vom 29.3.2005 IX B 174/03, BFHE
212, 561, BStBl II 2006, 368 = SIS 06 16 34, m.w.N.). Ein
derartiger Fall liegt auch bei Zuzahlungen zu den
Anschaffungskosten eines Dienstwagens vor, weil der
Steuerpflichtige seinen Aufwand zur Erzielung von als Arbeitslohn
zu bewertenden geldwerten Vorteilen und gegebenenfalls zu beruflich
veranlassten Reisen tätigt.
c) Der Zusammenhang mit den
Erwerbsaufwendungen entfällt nicht deshalb, weil das Fahrzeug
zu privaten Fahrten oder zu Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte genutzt wird, bei denen ein Werbungskostenabzug
nach § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen bzw. nur in den Grenzen
des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zulässig ist. Denn die
Zuzahlungen dienen ausschließlich der Erzielung von als
Arbeitslohn zu erfassenden geldwerten Vorteilen. Es trägt auch
nicht der Einwand, die Aufwendungen seien mindestens deswegen auch
privat veranlasst, weil sie für ein wesentlich komfortableres
Auto geleistet worden seien. Denn diese Mitveranlassung wird
bereits dadurch berücksichtigt, dass in Anwendung der 1
%-Regelung der private Nutzungsvorteil auf Grundlage des vollen,
also nicht um die Zuzahlung gekürzten Listenpreises nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als Einnahme dem Kläger
zugerechnet wird.
d) Dem auf die Nutzungsjahre zu verteilenden
Abzug der Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten steht nicht
entgegen, dass der Nutzungsvorteil nach der 1 %-Regelung pauschal
ermittelt worden ist. Die gesetzliche Regelung verfolgt neben dem
Vereinfachungszweck das Ziel, individuelle Fahrzeugkosten und ihre
Zuordnung zu den einzelnen Nutzungsarten nur dann zu
berücksichtigen, wenn die durch das Fahrzeug insgesamt
entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der
Nutzungsarten untereinander durch ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Dieser Gesetzeszweck wird nicht
beeinträchtigt, wenn die Verwendung der hier zu beurteilenden
Aufwendungen für das konkrete Kraftfahrzeug feststeht und eine
individuelle Zurechnung zu den einzelnen Nutzungsarten sich
erübrigt, weil die Aufwendungen insgesamt zu
berücksichtigen sind. Derartige Aufwendungen sind
wirtschaftlich pauschalen Nutzungsentgelten ähnlich, die
für die gesamte Nutzung des Kraftfahrzeugs vom Arbeitnehmer an
den Arbeitgeber entrichtet werden (Senatsurteil in BFHE 215, 252,
BStBl II 2007, 269 = SIS 07 03 22).
e) Danach sind die vom Kläger geltend
gemachten Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten dem Grunde nach zu
berücksichtigen. Das FG wird noch Feststellungen zu treffen
haben, für welchen Nutzungszeitraum die Zuzahlungen erfolgt
sind.
2. Die Entscheidung des FG, die Aufwendungen
des Klägers für das Ehegatten-Arbeitsverhältnis
einschließlich der Aufwendungen für die Fahrten der
Klägerin nicht zu berücksichtigen, hält auf
Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG einer
revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Sache ist
allerdings auch in diesem Streitpunkt nicht entscheidungsreif. Das
FG wird im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, die zur
Entscheidung erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
a) Lohnzahlungen an einen bei einem
Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen sind als
Werbungskosten oder Betriebsausgaben nach § 9 Abs. 1 Satz 1,
§ 4 Abs. 4 EStG abziehbar, wenn dieser aufgrund eines
Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete
Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle
Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung,
erfüllt und der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch
nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht,
was zwischen Fremden üblich ist. Bei diesem Vergleich ist
jedoch zu beachten, dass geringfügige Abweichungen einzelner
Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen sowohl bezüglich des
Vertragsinhalts als auch bezüglich der
Vertragsdurchführung für sich allein nicht stets zur
steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses
führen müssen (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.1995 2 BvR 802/90, BStBl II
1996, 34 = SIS 96 01 13; BFH-Urteile vom 21.1.1999 IV R 15/98,
BFH/NV 1999, 919 = SIS 98 58 43; vom 17.9.1997 IV R 54/96, BFH/NV
1998, 164 = SIS 98 02 21; vom 7.5.1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377,
BStBl II 1997, 196 = SIS 96 17 09). Denn gerade bei
geringfügiger Beschäftigung Angehöriger sind
Unklarheiten bei der Wochenarbeitszeit für die steuerliche
Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht schädlich,
wenn die Arbeitszeit von den betrieblichen oder beruflichen
Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängt und deshalb
letztlich unbestimmt und nur in Schätzwerten anzugeben ist. In
einem solchen Fall ist die Unklarheit auf die Eigenart des
Arbeitsverhältnisses zurückzuführen und nicht auf
eine unübliche Gestaltung (vgl. Urteil in BFH/NV 1999, 919 =
SIS 98 58 43, m.w.N.).
b) Die Vorentscheidung beruht auf einer
anderen Rechtsauffassung.
aa) Zu Unrecht hat das FG die unübliche
Gestaltung des zwischen dem Kläger und der Klägerin
abgeschlossenen Arbeitsvertrags damit begründet, dass die im
Vertrag als „Schreibarbeiten, Kundenfahrten,
Musterfahrten“ beschriebene Tätigkeit von den
tatsächlich durchgeführten Arbeiten deshalb erheblich
abweiche, weil die Klägerin auch das Telefon- und
Faxgerät überwacht habe. Es ist aber weder
ungewöhnlich noch weicht solches von dem zwischen fremden
Dritten Vereinbarten ab, wenn eine mit
„Schreibarbeiten“ beschriebene und danach auch
Bürotätigkeiten umfassende Arbeitsleistung die
Überwachung von Telekommunikationseinrichtungen mit umfasst,
die in einem Büro regelmäßig vorhanden sind, auch
wenn diese Tätigkeit im Arbeitsvertrag nicht im Einzelnen
schriftlich fixiert ist (vgl. Urteil in BFH/NV 1999, 919 = SIS 98 58 43, unter 1. b der Gründe).
bb) Die Begründung, das
Vertragsverhältnis entspreche nicht dem zwischen Fremden
Üblichen, weil weder feste Arbeitszeiten festgelegt noch der
zeitliche Umfang der Arbeitsleistung auf Stundenzetteln
dokumentiert worden seien, entspricht ebenfalls nicht den
vorstehenden Rechtsmaßstäben. Denn die Kläger haben
hinreichend deutlich gemacht, dass die Arbeitszeit von den
beruflichen Erfordernissen des im Außendienst tätigen
Klägers abhänge, der in den Zeiten seiner Abwesenheit
eine Mithilfe benötige, und der Umfang der Mithilfe bei den
Auslieferungsfahrten durch die Aufzeichnungen belegt sei, so dass
entsprechend den vorstehenden Rechtsgrundsätzen die Unklarheit
auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und nicht auf eine
unübliche Gestaltung zurückzuführen ist.
cc) Wenn schließlich die
Unüblichkeit und Unangemessenheit der Gestaltung zuletzt damit
begründet wird, dass die Überwachung von Telefon und
Faxgeräten, das Abhören des Anrufbeantworters oder das
Zurückrufen von Kunden üblicherweise von einer
Sekretärin durchgeführte Tätigkeiten seien, die
diese Arbeiten nicht in der Wohnung erledige, wird dies den
Besonderheiten des Streitfalls nicht gerecht. Denn der Kläger
hat durch seine konkrete Außendiensttätigkeit, die
häufige Abwesenheiten beinhaltet, eben an dem Ort die Mithilfe
nötig, an dem sich die für seine berufliche
Tätigkeit erforderlichen Telekommunikationseinrichtungen
befinden, das ist seine Wohnung.
c) Mangels Spruchreife geht die Sache an das
FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das FG
erhält hierdurch Gelegenheit zu prüfen, ob die
Klägerin tatsächlich die Büro- und
Fahrtätigkeiten ausgeführt hatte und ob die ihr gezahlte
Vergütung in angemessenem Verhältnis zu der geleisteten
Arbeit stand. Sollte es an der tatsächlichen Durchführung
des vereinbarten Vertragsinhalts fehlen, so wird das FG weiter zu
prüfen haben, ob dieser Abweichung nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse ein solches Gewicht zukommt, dass es
gerechtfertigt ist, das Arbeitsverhältnis nicht anzuerkennen
und die im Zusammenhang damit geltend gemachten Aufwendungen nicht
als Werbungskosten zu berücksichtigen.