Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts München vom 22.4.2013 7 K 2640/11
aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Die Beteiligten streiten, ob die
Inanspruchnahme von Sonderkonditionen im Rahmen des sogenannten
Behördenleasings zu Arbeitslohn führt und ob die
Änderungsvoraussetzungen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
der Abgabenordnung (AO) vorliegen.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) bezog in den Streitjahren
(2005 bis 2008) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
als Bürgermeisterin der Gemeinde X. Als Werbungskosten machte
sie u.a. die tatsächlichen Kosten für berufliche Fahrten
geltend. Hierzu legte sie ein Fahrtenbuch vor. Zum Nachweis der
angefallenen Kosten reichte sie beim Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) Belege über die
gezahlten Leasingraten, Kfz-Steuern, -Versicherungen und
-Betriebskosten für ein Leasingfahrzeug ein. Der
Leasingvertrag über dieses Fahrzeug war zwischen der Gemeinde
und der Firma Y als Leasinggeber zu Sonderkonditionen für die
öffentliche Hand (sogenanntes Behördenleasing)
abgeschlossen worden. Wäre die Klägerin Vertragspartnerin
des Automobilherstellers gewesen, hätte sie höhere
monatliche Leasingraten leisten müssen. Die Rechnungen
über die Leasingraten lauteten auf die Gemeinde.
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Im Rahmen einer abgekürzten
Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Gemeinde zum Sachverhalt
„Geldwerter Vorteil verbilligtes Behördenleasing“
gelangte der Prüfer zu der Auffassung, der Klägerin sei
steuerpflichtiger Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils aus
der Rabattgewährung von dritter Seite gewährt worden, der
vom Arbeitgeber nicht versteuert worden sei. Der Vorteil resultiere
aus dem Dienstverhältnis, da vom Leasinggeber die
Sonderkonditionen (verbilligte Leasingraten, kurze Vertragslaufzeit
von zwölf Monaten, keine Sonderzahlungen zu Beginn des
jeweiligen Leasingvertrags) einer Privatperson nicht angeboten
worden seien. Den zugeflossenen Vorteil berechnete er aus der
Differenz der für Dritte üblichen zu den tatsächlich
geleisteten Leasinggebühren.
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Das FA änderte daraufhin die
Einkommensteuerbescheide der Streitjahre nach § 173 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 AO und erhöhte die Einkünfte der
Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für das Jahr
2005 um 2.989,42 EUR, für das Jahr 2006 um 5.954,75 EUR,
für das Jahr 2007 um 6.561,96 EUR und für das Jahr 2008
um 6.375,03 EUR. Auf den von der Klägerin
fristgemäß eingelegten Einspruch ergingen
Teilabhilfebescheide, in denen das FA die bisher angesetzten
geldwerten Vorteile um jeweils 20 % ermäßigte. Im
Übrigen war der Einspruch erfolglos.
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Die daraufhin erhobene Klage hat das
Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2014, 175 = SIS 14 02 37
veröffentlichten Gründen abgewiesen.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung formellen und materiellen
Rechts.
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Sie beantragt, die Änderungsbescheide
zu den Einkommensteuerbescheiden für 2005 bis 2008 vom
29.11.2010 und vom 19.7.2011, die hierzu ergangene
Einspruchsentscheidung des FA vom 12.8.2011 sowie das Urteil des FG
vom 22.4.2013 7 K 2640/11 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die
bisher getroffenen Feststellungen des FG tragen nicht dessen
Schluss, dass die private Nutzung des von der Gemeinde geleasten
PKW zu einem geldwerten Vorteil der Klägerin führt, der
nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit
der Differenz zwischen den marktüblichen und den vom
Arbeitgeber tatsächlich geleisteten Leasinggebühren und
nicht nach der üblichen Bewertungsmethode, nämlich §
8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG (1 %-Regelung oder
Fahrtenbuchmethode) zu bewerten ist.
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1. Es entspricht mittlerweile ständiger
Senatsrechtsprechung, dass die Überlassung eines betrieblichen
PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen
Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu
Lohnzufluss (§ 19 EStG) führt (vgl. zuletzt Senatsurteile
vom 20.3.2014 VI R 35/12, BFHE 245, 192, BStBl II 2014, 643 = SIS 14 16 83; vom 13.12.2012 VI R 51/11, BFHE 240, 69, BStBl II 2013,
385 = SIS 13 06 44; vom 21.3.2013 VI R 31/10, BFHE 241, 167, BStBl
II 2013, 700 = SIS 13 18 29; VI R 42/12, BFHE 241, 180, BStBl II
2013, 918 = SIS 13 18 30; vom 6.10.2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383,
BStBl II 2012, 362 = SIS 11 40 03; jeweils m.w.N.). Steht der
Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2
Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
zwingend entweder mit der 1 %-Regelung oder mit der
Fahrtenbuchmethode zu bewerten (Senatsurteil in BFHE 241, 167,
BStBl II 2013, 700 = SIS 13 18 29, m.w.N.).
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2. Die zwingend vorgeschriebene Anwendung der
Bewertungsvorschrift kann nicht durch Zahlung eines
Nutzungsentgelts vermieden werden. Vom Arbeitnehmer
vereinbarungsgemäß gezahlte Nutzungsvergütungen
sind gegebenenfalls von den nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG
ermittelten Werten in Abzug zu bringen. Denn insoweit fehlt es an
einer Bereicherung des Arbeitnehmers (Senatsurteil vom 7.11.2006 VI
R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269 = SIS 07 03 22).
Entsprechendes gilt für Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den
Anschaffungskosten eines betrieblichen PKW. Entstehen einem
Steuerpflichtigen für ein fremdes Wirtschaftsgut, das er zur
Einkünfteerzielung nutzt, Anschaffungs- oder
Herstellungskosten, kann er diesen Aufwand nach § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG wie
Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts behandeln und Absetzung
für Abnutzung (AfA) für das Nutzungsrecht „wie
ein materielles Wirtschaftsgut“ vornehmen
(Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.8.1999 GrS
1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778 = SIS 99 20 54, und vom
30.1.1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 = SIS 95 07 16). Die AfA ist auf der Grundlage der voraussichtlichen
Gesamtdauer des Nutzungsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu
schätzen (vgl. BFH-Beschluss vom 29.3.2005 IX B 174/03, BFHE
212, 561, BStBl II 2006, 368 = SIS 06 16 34, m.w.N.). Ein
derartiger Fall liegt auch bei Zuzahlungen zu den
Anschaffungskosten eines Dienstwagens vor, weil der
Steuerpflichtige seinen Aufwand zur Erzielung von als Arbeitslohn
zu bewertenden geldwerten Vorteilen und gegebenenfalls zu beruflich
veranlassten Reisen tätigt (Senatsurteil vom 18.10.2007 VI R
59/06, BFHE 219, 208, BStBl II 2009, 200 = SIS 08 04 30).
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3. Eine solche Überlassung eines
betrieblichen Kfz i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG
i.V.m. § 6 EStG liegt allerdings nicht vor, wenn das Fahrzeug
nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist.
Dies ist zuvörderst der Fall, wenn der Arbeitnehmer
Eigentümer des Fahrzeugs ist. Das Fahrzeug ist aber auch dann
dem Arbeitnehmer zuzurechnen, wenn er über dieses Fahrzeug wie
ein wirtschaftlicher Eigentümer oder als Leasingnehmer
verfügen kann. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob
der Voreigentümer oder der Leasinggeber ein fremder Dritter
oder der Arbeitgeber ist. Dem Arbeitnehmer ist das Fahrzeug dann
zuzurechnen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug aufgrund einer
vom Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung, etwa
einem Leasingvertrag, überlässt. Entsprechendes gilt,
wenn der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und das Fahrzeug
seinem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines
Unterleasingverhältnisses übergibt (zum umgekehrten Fall
vgl. Senatsurteil vom 6.11.2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II
2002, 370 = SIS 02 06 51). Eine solche vom Arbeitsvertrag
unabhängige Sonderrechtsbeziehung, auf der die
Fahrzeugübertragung gründet, kann auch dann vorliegen,
wenn die Beteiligten diese nicht schriftlich vereinbart haben.
Entscheidend ist, dass nach den tatsächlichen Umständen
der Arbeitnehmer im Innenverhältnis gegenüber seinem
Arbeitgeber die wesentlichen Rechte und Pflichten eines
Leasingnehmers hat, er also ein in Raten zu zahlendes Entgelt zu
entrichten hat und ihn allein die Gefahr und Haftung für
Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung
der Sache treffen (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs vom
26.11.2014 XII ZR 120/13, MDR 2015, 144, Rz 26; vom 4.2.2004 XII ZR
301/01, BGHZ 158, 19, m.w.N.). In einem solchen Fall sind
mögliche, aus dem Arbeitsverhältnis resultierende
Vorteile nicht nach der speziellen Bewertungsnorm des § 8 Abs.
2 Satz 2 EStG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen, wie
sie entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung etwa
für die Erfassung von Rabatten gelten, zu bewerten
(Senatsurteile vom 26.7.2012 VI R 27/11, BFHE 238, 376, BStBl II
2013, 402 = SIS 12 29 28, und VI R 30/09, BFHE 238, 371, BStBl II
2013, 400 = SIS 12 29 29).
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4. Die tatsächlichen Feststellungen des
FG tragen nicht dessen Würdigung, dass es sich bei dem von der
Gemeinde bei der Firma Y geleasten PKW um kein betriebliches
Fahrzeug der Gebietskörperschaft (Arbeitgeber) handelt,
sondern der PKW der Klägerin zuzurechnen und der Vorteil aus
der Fahrzeuggestellung nicht nach der üblichen
Bewertungsmethode, nämlich § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5
EStG (1 %-Regelung oder Fahrtenbuchmethode), zu bewerten ist.
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Das FG hat das von der Gemeinde geleaste
Fahrzeug allein deshalb der Klägerin zugerechnet, weil ihr der
PKW uneingeschränkt zur Verfügung gestanden und sie
sämtliche damit zusammenhängenden Kosten und
wirtschaftlichen Risiken getragen habe. Diese Schlussfolgerung kann
schon deshalb revisionsrechtlich keinen Bestand haben, weil nicht
ersichtlich ist, aufgrund welcher Feststellungen das FG diese
Erkenntnis schöpft. Es ist beispielsweise weder festgestellt,
wer Halter des von der Gemeinde geleasten Fahrzeugs noch wer
Versicherungsnehmer der gesetzlichen Haftpflichtversicherung
für diesen PKW ist. Auch ist nicht ersichtlich, ob und in
welcher Weise die Klägerin gegenüber der Gemeinde die
Gefahr aus dem Gebrauch bzw. Betrieb des Fahrzeugs übernommen
und in welchem Umfang sie die Gemeinde von den vertraglichen
Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag mit der Firma Y freigestellt
hat. Darüber hinaus fehlt es an belastbaren Feststellungen,
nach denen die Klägerin das Nutzungsrecht an dem PKW nach
seinem wirtschaftlichen Gehalt (auch gegenüber der Gemeinde)
so erlangt hat, als wenn sie selbst den Leasingvertrag mit dem
Leasinggeber geschlossen hätte.
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5. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem FG
die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler
unterlaufen sind, da die Revision schon aus anderen Gründen
zur Aufhebung der Vorentscheidung führt.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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