1
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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob die Vollziehung von Bescheiden wegen verfassungsrechtlicher
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der sog. Zinsschranke
auszusetzen oder aufzuheben ist.
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Die Antragstellerin und
Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine AG, die im Jahre
2008 durch Formwechsel einer GmbH entstanden ist. Ihr
Unternehmensgegenstand war in den Streitjahren 2008 bis 2010 der
Erwerb, die Nutzung und die Verwaltung von Liegenschaften auf
eigene Rechnung, nicht aber in gewerbsmäßiger Art und
Weise, sowie die Vornahme aller Handlungen, die dem Unternehmen
förderlich und zweckdienlich sind. Aktionäre der
Antragstellerin waren mit jeweils 50 % der Anteile X und die
Y-GmbH. An der Y-GmbH war Z zu 25 % unmittelbar und mittelbar
beteiligt. Die Antragstellerin war kein verbundenes Unternehmen
i.S. des § 271 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs. Sie wurde
insbesondere nicht in den Konzernabschluss der Y-GmbH nach den
Vorschriften über die Vollkonsolidierung einbezogen.
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3
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Die Antragstellerin war in den Streitjahren
Eigentümerin von fünf Immobilienobjekten, deren Erwerb
sie zum überwiegenden Teil fremdfinanzierte. Die Finanzierung
erfolgte im Wesentlichen durch Bankkredite. Es handelt sich um
größtenteils langfristige und objektbezogene
Finanzierungen, die erst nach der Fertigstellung der Objekte und
ihrer planmäßigen Nutzung langfristig aus den
Mietüberschüssen zurückgeführt werden
sollen.
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4
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Aus dem für das größte
Objekt (A-Straße in B) vorgelegten Kreditvertrag (nebst
Nachträgen) ergibt sich, dass die Antragstellerin verpflichtet
ist, sämtliche Mieteinnahmen auf ein Mieteingangskonto
einzahlen zu lassen, das an die Bank verpfändet ist. Die
Mittel auf dem Mieteingangskonto sind vorrangig für die
Begleichung der Betriebskosten, der Zahlungen an die Bank (Zinsen
und Tilgungen) und für etwaige weitere Bau- und Baunebenkosten
zu verwenden. Erst ab dem 1.1.2012 stehen die Mittel auf den Konten
der Antragstellerin zur Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt ist sie
verpflichtet, das Darlehen in Höhe von 3 % aus ... Mio. EUR
pro Jahr zu tilgen.
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5
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Um die hohe Fremdfinanzierung zu erreichen,
stellte die Y-GmbH nachrangige Gesellschafterdarlehen in Höhe
von 8,948 Mio. EUR zum 31.12.2008 zur Verfügung, die sich auf
10,6 Mio. EUR zum 31.12.2009 und auf 10,758 Mio. EUR zum 31.12.2010
erhöhten. Die Y-GmbH trat mit ihren Rückzahlungs- und
Zinsansprüchen im Rang hinter die Ansprüche der
übrigen Gläubiger zurück. Ferner verbürgten
sich der unmittelbare Gesellschafter X und der mittelbare
Gesellschafter Z anteilig für die Verbindlichkeiten der
Antragstellerin. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die
Banken aufgrund der Bürgschaften auf X und Z in Höhe von
mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden
Zinsaufwendungen Rückgriff nehmen können.
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6
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Ende 2010 wurden vier GmbH & Co. KG
gegründet, an denen die Antragstellerin als alleinige
Kommanditistin vermögensmäßig zu 100 % beteiligt
ist. In jede Gesellschaft brachte die Antragstellerin zum 1.1.2011
ein Objekt unentgeltlich ein; die Zinsen und Tilgungen aus den
Darlehensverträgen trägt weiterhin die Antragstellerin.
Sie selbst behielt nur das größte Objekt A-Straße,
in dem stille Reserven von rund ... Mio. EUR enthalten sind. Allein
die auf dieses Objekt entfallenden Zinsaufwendungen betragen
unstreitig mehr als 3 Mio. EUR p.a.
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Zum 31.12.2007 stellte der Antragsgegner
und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) einen
vortragsfähigen Verlust in Höhe von 1.686.796 EUR
fest.
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Für 2008 wies die Antragstellerin
bilanziell einen Jahresfehlbetrag von 3.289.305 EUR (Ergebnis vor
Steuern: ./. 3.279.657,22 EUR) aus. Die Zinserträge betrugen
38.617 EUR, während sich die Zinsaufwendungen auf 5.436.312,48
EUR beliefen. Diese entfielen in Höhe von 5.048.609,44 EUR auf
Zinsen für Bankdarlehen und in Höhe von 387.703,04 EUR
auf Zinsen für Gesellschafterdarlehen. Das FA ließ von
den Zinsaufwendungen nur einen Betrag von 1.400.381 EUR zum Abzug
zu. Den Differenzbetrag stellte es als Zinsvortrag fest. Nach Abzug
verrechenbarer Verluste setzte das FA für 2008 eine
Steuerschuld in Höhe von 9.146 EUR fest.
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9
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2009 verbuchte die Antragstellerin einen
Zinsaufwand von 5.966.572,75 EUR, der in Höhe von 5.523.432,75
EUR auf Zinsen für Bankdarlehen und in Höhe von 443.090
EUR auf Zinsen für Gesellschafterdarlehen entfiel. Die
Zinserträge lagen bei 23.944,36 EUR. Die Antragstellerin
erwirtschaftete einen Jahresüberschuss in Höhe von
178.475,63 EUR (Ergebnis vor Steuern: 725.756,84 EUR). Den
Zinsaufwand ließ das FA anteilig in Höhe von 2.730.240
EUR zum Abzug zu. Nach Abzug des verbleibenden Verlustvortrags
(595.330 EUR) setzte das FA Körperschaftsteuer in Höhe
von 518.751 EUR fest (Zahllast nach Abzug der Zinsabschlagsteuer:
516.203 EUR).
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Mit Vorauszahlungsbescheid vom 9.2.2011
setzte das FA zudem eine Körperschaftsteuervorauszahlung
für 2010 in Höhe von 516.203 EUR fest.
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Über die gegen diese Bescheide
eingelegten Einsprüche ist bislang nicht entschieden worden.
Nachdem das FA eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) abgelehnt
hatte, lehnte auch das Finanzgericht (FG) München einen
entsprechenden Antrag ab (Beschluss vom 1.6.2011 7 V 822/11, EFG
2011, 1830 = SIS 11 35 50).
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Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde
wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung der AdV.
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Während des anhängigen
Beschwerdeverfahrens hat das FA Vorsteuerguthaben der
Antragstellerin mit der streitgegenständlichen
Körperschaftsteuer 2008 und 2009 verrechnet. Die geschuldete
Körperschaftsteuervorauszahlung für das vierte Quartal
2010 ist in Höhe von 126.275 EUR mit
Vorsteuervergütungsansprüchen der Antragstellerin
verrechnet worden.
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Mit dem im hier anhängigen
AdV-Verfahren ergangenen Bescheid für 2010 über
Körperschaftsteuer vom 31.1.2012 hat das FA eine Steuerschuld
in Höhe von 586.681 EUR festgesetzt, auf die
Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.366 EUR angerechnet wurde.
Hierbei ging es von einem Verlust in Höhe von 135.335 EUR aus.
Von den Zinsaufwendungen in Höhe von 6.386.694 EUR seien
24.467 EUR aufgrund der erwirtschafteten Zinserträge und
darüber hinaus nur weitere 2.941.447 EUR als Betriebsausgaben
abziehbar.
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Die Antragstellerin hat zunächst
beantragt, den Beschluss des FG München vom 1.6.2011 7 V
822/11 aufzuheben und die Vollziehung der Bescheide über
Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für 2008
vom 24.1.2011 in Höhe von 9.555 EUR und für 2009 vom
28.1.2011 in Höhe von 544.594,39 EUR sowie des
Vorauszahlungsbescheides über Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag für 2010 vom 9.2.2011 in Höhe
von 544.594,16 EUR jeweils zuzüglich der jeweiligen
Säumniszuschläge und ohne Sicherheitsleistung
auszusetzen, hilfsweise (soweit diese bereits durch Zahlung oder
Aufrechnung vollzogen wurden) aufzuheben.
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Nach Ersetzung des Vorauszahlungsbescheides
für 2010 durch den Jahressteuerbescheid beantragt die
Antragstellerin insoweit nunmehr, die Vollziehung des Bescheides
für 2010 über Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag vom 31.1.2012 auszusetzen bzw.
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Beschwerde als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde des FA führt
aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses, soweit das FG die AdV des
Vorauszahlungsbescheides für 2010 über
Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag abgelehnt
hat. An dessen Stelle ist während des Beschwerdeverfahrens
analog § 68 FGO der Bescheid für 2010 über
Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 31.1.2012
getreten (zur analogen Anwendbarkeit des § 68 FGO s.
Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31.3.2006 V B
13/04, BFH/NV 2006, 1492 = SIS 06 30 72; vom 15.11.2007 V B 63/06,
BFH/NV 2008, 825 = SIS 08 17 84). Damit liegt dem Beschluss des FG
ein nicht mehr existierender Bescheid mit der Folge zugrunde, dass
seine ablehnende Entscheidung insoweit ebenfalls gegenstandslos
geworden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12.9.2011 VIII B 70/09, BFH/NV
2012, 229 = SIS 12 00 47).
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19
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Eine Zurückverweisung der Sache an das FG
zur erneuten Entscheidung ist insoweit zwar zulässig (vgl.
BFH-Beschluss vom 26.3.1991 VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II
1991, 463 = SIS 91 13 80), aber nicht zweckmäßig. Die
Sache ist spruchreif. Die Feststellungen des FG und die
vorliegenden Akten reichen auch im Hinblick auf den nunmehr
erlassenen Bescheid für 2010 über Körperschaftsteuer
und Solidaritätszuschlag aus, um über den
Aussetzungsantrag abschließend entscheiden zu können
(vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 229 = SIS 12 00 47).
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20
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III. Die Beschwerde ist teilweise
begründet. Sie führt unter Aufhebung des Beschlusses des
FG zur Stattgabe des Antrags der Antragstellerin auf Aufhebung der
Vollziehung hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide 2008
und 2009. Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides
2010 ist teilweise auszusetzen. Im Übrigen ist die Beschwerde
unbegründet und zurückzuweisen.
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1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das
Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen
Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll
erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Satz 2 FGO).
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22
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Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2
Satz 2 FGO liegen u.a. dann vor, wenn bei summarischer Prüfung
des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige
Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit
in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss
vom 10.2.1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182 = SIS 67 01 06, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt
nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit
sprechenden Gründe überwiegen. Ist die Rechtslage nicht
eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht
abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die
Vollziehung auszusetzen (Senatsbeschlüsse vom 19.5.2010 I B
191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156 = SIS 10 17 73; vom
26.8.2010 I B 85/10, BFH/NV 2011, 220 = SIS 11 00 62). Dies gilt
auch für ernstliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen
Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde
liegenden Norm. An die Zweifel hinsichtlich der
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind,
wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird,
keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Fall der
Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (Senatsbeschlüsse
vom 26.8.2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826 = SIS 10 33 11; vom 30.3.2011 I B 136/10, BFHE 232, 395 = SIS 11 13 57).
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23
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Unter den gleichen Voraussetzungen ist
gemäß § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO die Vollziehung
aufzuheben, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung
bereits vollzogen ist (Senatsbeschluss vom 10.12.1986 I B 121/86,
BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389 = SIS 87 09 51). Insbesondere
können bereits verwirkte Säumniszuschläge (§
240 der Abgabenordnung) ab dem Zeitpunkt, ab dem ernstliche Zweifel
an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestanden haben,
rückwirkend durch Aufhebung der Vollziehung beseitigt werden
(Senatsbeschluss vom 23.9.2008 I B 92/08, BFHE 223, 73, BStBl II
2009, 524 = SIS 08 39 11).
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24
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2. Bei der im Verfahren auf AdV gebotenen
summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ernstlich
zweifelhaft, ob es rechtmäßig ist, dass das FA die von
der Antragstellerin gezahlten Schuldzinsen unter Hinweis auf die
sog. Zinsschranke nur teilweise als Betriebsausgaben der jeweiligen
Streitjahre zum Abzug zuließ.
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a) Die Schuldzinsen können nach dem
Wortlaut der sog. Zinsschranke nur teilweise als Betriebsausgaben
abgezogen werden.
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aa) Zinsaufwendungen eines Betriebs sind
hiernach nur in Höhe des verrechenbaren EBITDA, d.h. 30 % des
um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten
Einkommens, abziehbar (vgl. § 8 Abs. 1, § 8a Abs. 1 Satz
1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 2002 i.d.F. des
Unternehmensteuerreformgesetzes - UntStRefG - 2008 vom 14.8.2007,
BGBl I 2007, 1912 - KStG 2002 n.F. - i.V.m. § 4h Abs. 1 Satz 1
des Einkommensteuergesetzes - EStG - 2002 i.d.F. des UntStRefG 2008
- EStG 2002 n.F. - /§ 4h Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG 2009
i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums -
Wachstumsbeschleunigungsgesetz - vom 22.12.2009, BGBl I 2009, 3950
- EStG 2009 n.F. - ). Danach verbleibende nicht abziehbare
Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen
(§ 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG 2002
n.F./§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG 2009 n.F.). Dass das FA diese
Vorgaben in den Bescheiden zutreffend umgesetzt hat, ist zwischen
den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weiteren
Vertiefung.
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27
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bb) Nach der sog. Stand-alone-Klausel des
§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG 2002 n.F./2009 n.F. (i.V.m.
§ 8 Abs. 1 KStG 2002) ist die sog. Zinsschranke nicht
anzuwenden, wenn der Betrieb - wie im Streitfall - nicht oder nur
anteilmäßig zu einem Konzern gehört. § 4h Abs.
2 Satz 1 Buchst. b EStG 2002 n.F./2009 n.F. ist nach § 8a Abs.
2 KStG 2002 n.F. seinerseits wiederum nur anzuwenden, wenn die
Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem
Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital
beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahestehende Person oder
einen Dritten, der auf einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar
oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten
Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person
zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 % der die
Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der
Körperschaft i.S. des § 4h Abs. 3 EStG 2002 n.F./2009
n.F. betragen und die Körperschaft dies nachweist. Im
Streitfall betragen die Zinsen auf Gesellschafterdarlehen allein
zwar nicht mehr als 10 % der den Zinsertrag übersteigenden
Zinsaufwendungen. Zwischen den Beteiligten ist jedoch unstreitig,
dass die kreditgewährenden Banken aufgrund der
Bürgschaften auf X und Z in Höhe von mehr als 10 % der
die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen
Rückgriff nehmen können. Die Voraussetzungen des §
8a Abs. 2 KStG 2002 n.F. in dessen 3. Alternative sind damit
erfüllt.
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b) Der Senat hat im Hinblick auf den
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
(GG) verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einschränkung
der sog. Stand-alone-Klausel durch § 8a Abs. 2 KStG 2002 n.F.
in dieser 3. Regelungsalternative.
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aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 15.1.2008 1 BvL 2/04,
BVerfGE 120, 1, BFH/NV 2008, Beilage 3, 247 = SIS 08 25 65;
BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2
BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009, 338 = SIS 08 43 42). Aus
dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach
Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche
Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen
Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl.
BVerfG-Beschlüsse vom 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164,
BFH/NV 2006, Beilage 4, 481 = SIS 06 33 60; vom 7.11.2006 1 BvL
10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192 = SIS 07 06 26; vom
4.2.2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1, BFH/NV 2009, 1068 = SIS 09 16 45).
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30
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Im Bereich des Steuerrechts hat der
Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der
Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden
Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 117,
1, BStBl II 2007, 192 = SIS 07 06 26; in BVerfGE 120, 1, BFH/NV
2008, Beilage 3, 247 = SIS 08 25 65; in BVerfGE 123, 1, BFH/NV
2009, 1068 = SIS 09 16 45). Die grundsätzliche Freiheit des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das
Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als
rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng
miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der
Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen
Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit
(vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 116, 164, BFH/NV 2006,
Beilage 4, 481 = SIS 06 33 60; in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007,
192 = SIS 07 06 26; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009,
338 = SIS 08 43 42). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich
gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden,
Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich
hoch zu besteuern (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 116, 164,
BFH/NV 2006, Beilage 4, 481 = SIS 06 33 60; BVerfG-Urteil in
BVerfGE 122, 210, BFH/NV 2009, 338 = SIS 08 43 42). Bei der
Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die
einmal getroffene Belastungsentscheidung zudem folgerichtig im
Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden (BVerfG-Beschluss
vom 12.10.2010 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181 =
SIS 10 36 57). Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung
bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl.
BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 123, 1, BFH/NV 2009, 1068 = SIS 09 16 45; vom 21.7.2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126,
400, BFH/NV 2010, 1985 = SIS 10 22 40).
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bb) Mit den Regelungen zur sog. Zinsschranke
(§ 8a KStG 2002 n.F. i.V.m. § 4h EStG 2002 n.F./2009
n.F.) ist der Gesetzgeber von seiner Grundentscheidung abgewichen,
dass Betriebsausgaben in dem Jahr abziehbar sein sollen, in dem sie
angefallen sind und den Steuerpflichtigen belasten. Hierdurch will
er die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen in
Abhängigkeit vom Gewinn zur Sicherung inländischen
Steuersubstrats sowie zur Vermeidung von missbräuchlichen
Steuergestaltungen beschränken (BTDrucks 16/4841, S. 35).
Aufgrund der weiten Auslegung der unionsrechtlichen Marktfreiheiten
durch den Europäischen Gerichtshof (jetzt Gerichtshof der
Europäischen Union) werden speziell grenzüberschreitend
verbundene Unternehmen in die Lage versetzt, mittels
Gesellschafterfremdfinanzierungen inländische Gewinne in das
abkommensbegünstigte Ausland zu verlagern und andererseits
ohnehin entstehenden Aufwand wie Zinsen gezielt im Inland anfallen
zu lassen (Seiler in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 4h Rz 1; s.
auch BTDrucks 16/4841, S. 31). Der Zweck der Zinsschranke zur
Vermeidung konzerninterner Gestaltungen zur Gewinnverlagerung kommt
insbesondere durch die sog. Stand-alone-Klausel des § 4h Abs.
2 Satz 1 Buchst. b EStG 2002 n.F./2009 n.F. zum Ausdruck, nach der
Betriebe, die nicht oder nur anteilmäßig zu einem
Konzern gehören, insoweit folgerichtig nicht von der
Zinsschranke erfasst werden (Rödder, DStR 2007, Beihefter zu
Nr. 40, 1, 9).
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32
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cc) Ob die Zinsschranke - wie unter Hinweis
auf das sog. objektive Nettoprinzip im Schrifttum überwiegend
und auch von der Antragstellerin vertreten wird (s. z.B. FG
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.10.2011 12 V 12089/11, EFG
2012, 358 = SIS 11 40 90; Baumgärtel in Ballwieser/Grewe
[Hrsg.], Wirtschaftspsrüfung im Wandel, 2008, 575, 591; Beiser
in Brähler/ Lösel [Hrsg.], Deutsches und internationales
Steuerrecht, Gegenwart und Zukunft, Festschrift für Christiana
Djanani, 2008, 3, 27; G. Förster in
Breithecker/Förster/Förster/Klapdor,
Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2007, § 4h EStG Rz 62;
Hey, BB 2007, 1303, 1305 f.; dieselbe in Festschrift Djanani,
a.a.O., 109, 122 ff.; Eilers in Spindler/ Tipke/Rödder
[Hrsg.], Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für
Harald Schaumburg, 2009, 275, 285; Goebel/ Eilinghoff, DStZ 2010,
550, 554; Gosch, DStR 2007, 1553, 1559; Gosch KStG, 2. Aufl.,
Exkurs § 4h EStG Rz 35 f.; Herzig/Bohn, DB 2007, 1, 2; Hick in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 4h EStG Rz 6; Kessler/ Dietrich, DB
2010, 240; Korn in Korn, § 4h EStG Rz 21; Lenz/ Dörfler,
DB 2010, 18, 19; Seer, Jahrbuch der Fachanwälte für
Steuerrecht 2007/2008, 9, 12; Schmidt/Loschelder, EStG, 30. Aufl.,
§ 4h Rz 3; Seiler in Kirchhof, a.a.O., § 4h Rz 3 f.;
Shou, Die Zinsschranke im Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2010,
48) - bereits grundsätzlich verfassungsrechtlichen Bedenken
begegnet, kann im Streitfall dahinstehen. Selbst wenn dies zu
verneinen wäre und die in § 8a Abs. 2 KStG 2002 n.F.
angeordnete (Rück-)Ausnahme damit lediglich eine (noch)
verfassungskonforme Regelungslage (nach § 4h Abs. 1 EStG 2002
n.F./2009 n.F.) wiederherstellen würde, erscheint es bei
summarischer Prüfung jedenfalls fraglich, ob ausgehend vom
Gesetzeszweck die Rückausnahme des § 8a Abs. 2
Alternative 3 KStG 2002 n.F. sachlich gerechtfertigt werden kann.
Durch die weite Formulierung dieser Vorschrift könnten die
verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Typisierung
überschritten worden sein.
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33
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aaa) Eine gesetzliche Typisierung darf keinen
atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich
realitätsgerecht am typischen Fall orientieren
(BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181 = SIS 10 36 57; vom 6.4.2011 1 BvR 1765/09, BFH/NV 2011, 1277 = SIS 11 16 50). Zudem muss sich die Typisierung am allgemeinen Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit messen lassen (BVerfG-Beschluss
vom 4.4.2001 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310; Huster in
Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum GG, Art. 3 Rz 130 f.).
Die ungleichen Rechtsfolgen dürfen nur eine
verhältnismäßig geringe Zahl von Personen treffen,
und die Nachteile dürfen nicht zu schwer wiegen
(BVerfG-Beschlüsse vom 30.5.1990 1 BvL 2/83, BVerfGE 82, 126;
vom 8.10.1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 = SIS 91 24 36; Heun in
Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art. 3 Rz 33).
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34
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bbb) Auf dieser Grundlage hat der Senat
Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit des
typisierenden § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. Es ist
fraglich, ob die Vorschrift zur Vermeidung von
Finanzierungsgestaltungen zwischen einer Körperschaft und
ihrem Anteilseigner (BTDrucks 16/4841, S. 74 f.) erforderlich ist;
aufgrund ihres weit gefassten Wortlauts hat sie einen deutlich
überschießenden Anwendungsbereich.
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35
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Der Sinn der Ausdehnung des Tatbestandes
besteht nur in der Verhinderung von Umgehungen (Frotscher in
Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Freiburg 2011, § 8a KStG
Rz 117), die darin bestehen können, dass nicht unmittelbar der
Anteilseigner oder eine ihm nahestehende Person, sondern ein
Dritter (z.B. eine Bank) der Körperschaft ein Darlehen
gewährt und der zu mehr als einem Viertel beteiligte
Anteilseigner (oder eine diesem nahestehende Person) seinerseits
gegen den Dritten oder eine sonstige Person (z.B. gegenüber
einer anderen Bank) eine verzinsliche Forderung hat, auf die der
Dritte zugreifen kann (sog. Back-to-back-Finanzierung; s. BTDrucks
16/5377, S. 17 f.). Auf den Fall der sog.
Back-to-back-Finanzierung, der im Streitfall nicht vorliegt, ist
§ 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. indes nicht
beschränkt; eine vom Bundesrat beantragte Einschränkung
des Gesetzeswortlauts ist - unter pauschalem Hinweis auf eine
anderenfalls eintretende Gestaltungsanfälligkeit - nicht
Gesetz geworden (BTDrucks 16/5377, S. 17 f. und S. 27; eine
einschränkende Auslegung verlangen gleichwohl G. Förster
in Breithecker/Förster/Förster/Klapdor, a.a.O., § 8a
KStG Rz 47; Gosch, a.a.O., § 8a Rz 53; Streck/ Schwedhelm,
KStG, 7. Aufl., § 8a Rz 43; kritisch auch Mössner/
Seeger/Wienbergen/Kolbe, Körperschaftsteuergesetz, § 8a
Rz 147). § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. erfasst
infolgedessen auch die Fälle, in denen eine Bank ein Darlehen
gewährt, hierfür aber eine Bürgschaft oder eine
anderweitige Sicherheit eines Gesellschafters oder einer
nahestehenden Person verlangt, obwohl es sich hierbei
grundsätzlich nicht um eine auf Gewinnverlagerung gerichtete
Finanzierungsgestaltung zwischen der Körperschaft und ihrem
Anteilseigner handelt. Die Bürgschaft oder Sicherheit ist in
der Regel allein erforderlich, damit die Gesellschaft das Darlehen
erhält.
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36
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Damit hat § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG
2002 n.F. aber nicht nur einen überschießenden
Anwendungsbereich, sondern führt gerade im Bereich
üblicher Fremdfinanzierungen zu
unverhältnismäßigen Belastungswirkungen, durch die
sich insbesondere die Situation insolvenzbedrohter Unternehmen
weiter verschlechtert. Jenseits missbräuchlicher Gestaltungen
belastet § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F. gerade
finanz- und ertragsschwache Unternehmen in besonderem Maße,
die auf Fremdkapital angewiesen sind, um ihren
Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, dieses aber nur erhalten,
wenn sie durch ihre Gesellschafter Sicherheiten stellen können
(Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259, 2261).
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37
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3. Entgegen der Auffassung des FG kann die
Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung im Streitfall nicht
mit dem Argument verweigert werden, es fehle an einem besonderen
Aussetzungs- oder Aufhebungsinteresse der Antragstellerin.
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38
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a) Bei der AdV von Steuerbescheiden wegen
verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die ihnen zugrundeliegenden
Vorschriften folgt im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes
formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes
nach der bisher ständigen Rechtsprechung des BFH, dass der
Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes geltend machen muss. Geboten ist
eine Interessenabwägung zwischen der einer AdV
entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen
Haushaltsführung und den für eine AdV sprechenden
individuellen Interessen des Steuerpflichtigen (BFH-Beschlüsse
vom 20.7.1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104 = SIS 91 01 03; vom 11.6.2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003,
663 = SIS 03 29 59; vom 7.7.2004 XI B 231/02, BFH/NV 2005, 178 =
SIS 05 07 52; vom 1.4.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II
2010, 558 = SIS 10 08 14). Bei der Abwägung kommt es
maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des
durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides
eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf
die Auswirkungen einer AdV hinsichtlich des Gesetzesvollzuges und
des öffentlichen Interesses an einer geordneten
Haushaltsführung an (BFH-Beschlüsse in BFHE 162, 542,
BStBl II 1991, 104 = SIS 91 01 03; vom 19.8.1994 X B 318, 319/93,
BFH/NV 1995, 143; vom 27.8.2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II
2003, 18 = SIS 03 01 70; vom 9.3.2012 VII B 171/11, DStR 2012, 605
= SIS 12 07 39, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Das
Gewicht der ernstlichen Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Vorschrift ist bei
dieser Abwägung nicht von ausschlaggebender Bedeutung
(BFH-Beschlüsse vom 9.11.1992 X B 137/92, BFH/NV 1994, 324; in
BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558 = SIS 10 08 14).
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39
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b) Ob an diesem Erfordernis
uneingeschränkt festzuhalten ist (kritisch insoweit z.B.
Niedersächsisches FG, Beschluss vom 6.1.2011 7 V 66/10, EFG
2011, 827 = SIS 11 11 14; Gosch in Beermann/ Gosch, FGO, § 69
Rz 179 ff.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl.,
§ 69 Rz 113; Schallmoser, DStR 2010, 297 ff.; Seer in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO
Rz 97; Specker, DStZ 2010, 800, 802 f.; einschränkend auch FG
Berlin-Brandenburg, Beschluss in EFG 2012, 358 = SIS 11 40 90)
bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn im Streitfall liegt
ein gegenüber einem öffentlichen budgetären
Interesse überwiegendes besonderes Aussetzungsinteresse der
Antragstellerin vor. Denn während die Zinsschranke bei
summarischer Prüfung für die Antragstellerin zu einem
steuerlichen Eingriff mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen
führt, ist die öffentliche Haushaltsführung in einem
nur vergleichsweise geringen Maß betroffen.
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40
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aa) Zwar mag anhand der dem Senat vorliegenden
Akten nicht feststellbar sein, dass die Antragstellerin durch die
Anwendung der Zinsschranke bereits existenzgefährdend
betroffen wird und aufgrund der Anwendbarkeit der Zinsschranke die
Insolvenz droht. So hat die Antragstellerin in ihrem
Jahresabschluss zum 31.12.2010 selbst ausgeführt, trotz der
Zinsschranke in den Jahren 2011 und 2012 positive Ergebnisse zu
erwarten. Auch die bereits eingetretene bilanzielle
Überschuldung stelle wegen der im Anlagevermögen
enthaltenen stillen Reserven und der von einem Anteilseigner
abgegebenen Rangrücktrittserklärung kein Problem dar.
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41
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Gleichwohl stellt die steuerliche Belastung
für sie eine erhebliche finanzielle Belastung in Höhe von
immerhin 1.114.578 EUR (ohne Solidaritätszuschlag) dar. Ohne
die Zinsschranke wäre es aufgrund der zum 31.12.2007
festgestellten hohen Verlustvorträge und des im Jahre 2008
erwirtschafteten Jahresfehlbetrages, der den Verlustvortrag noch
weiter erhöht hätte, im Ergebnis zu Nullfestsetzungen in
allen drei Streitjahren gekommen. Gemessen an den Ergebnissen der
Jahre 2008 und 2010 führt die Zinsschranke darüber hinaus
zu einer Substanzbesteuerung, weil die festgesetzte
Körperschaftsteuer das Ergebnis vor Steuern jeweils deutlich
übersteigt. Auch im Jahre 2009 hat das FA aufgrund der
Anwendbarkeit der Zinsschranke Körperschaftsteuer in einer
Höhe von 71,48 % des Ergebnisses vor Steuern festgesetzt.
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42
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Erschwerend kommt hinzu, dass die
Antragstellerin bei summarischer Prüfung nicht über die
ausreichende Liquidität verfügt, um die Steuern zahlen zu
können, zumal sie - ausgehend von dem vorgelegten
Darlehensvertrag - nicht frei über ihre Mieteinnahmen und
Vorsteuererstattungen verfügen kann. Da es der Antragstellerin
als vermögensverwaltender Gesellschaft kaum zumutbar ist, ihr
Aktivvermögen zum Zwecke der Steuerzahlung zu verwerten, muss
sie zusätzliches Fremdkapital aufnehmen. Wenn die
Antragstellerin auch vorgetragen hat, voraussichtlich weitere 1,8
Mio. EUR von den Banken erhalten und hiermit die Steuerschulden
zahlen zu können, hätte dies aber wahrscheinlich zur
Folge, dass sich die Wirkungen der Zinsschranke in den Folgejahren
gegenüber dem derzeitigen Zustand nur aus dem Grund
verschärfen würden, weil die Antragstellerin sich die
Mittel für eine Steuerzahlung durch eine Darlehensaufnahme
verschaffen musste. Zudem würde es für die
Antragstellerin Probleme aufwerfen, die Zinsaufwendungen für
das neu aufgenommene Darlehen zahlen zu können. Da der
Darlehensbetrag nicht für ein Ertrag bringendes Projekt,
sondern im Wesentlichen für die Steuerzahlung eingesetzt
werden würde, müsste die Antragstellerin mit den
Einnahmen auch die zusätzlichen Zinsen zahlen. Die
Mieteinnahmen und die Vorsteuererstattungen sind indes anderweit
gebunden und stehen damit für diese Zinszahlungen nicht zur
Verfügung.
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43
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bb) Der Senat erkennt demgegenüber nicht,
dass es bei Stattgabe des Antrags - wie es das FA und das FG meinen
- zu erheblichen haushaltsmäßigen Verwerfungen kommen
würde. Durch die Zinsschranke in der für die
Streitzeiträume geltenden Fassung wurden Mehreinnahmen in
Höhe von 697,5 Mio. EUR p.a. erwartet (vgl. Bach/Buslei,
Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 17/2009, 283 ff.), die im
Vergleich zu dem Gesamtsteueraufkommen von geschätzten 229,2
Mrd. EUR im Jahre 2011 bzw. 247,4 Mrd. EUR im Jahre 2012 (vgl.
Unterrichtung durch die Bundesregierung, Finanzplan des Bundes 2011
bis 2015; abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de)
vergleichsweise gering sind (0,30 % des gesamten Steueraufkommens
2011 bzw. 0,28 % des gesamten Steueraufkommens 2012). Die Stattgabe
des Antrags führt darüber hinaus auch nicht zu einem
(vorübergehenden) Ausfall des Gesamtbetrags, sondern nur zum
Ausfall eines Bruchteils. Zum einen stützt der Senat seine
Entscheidung auf verfassungsrechtliche Zweifel an der
Rückausnahme des § 8a Abs. 2 Alternative 3 KStG 2002 n.F.
und stellt hierdurch nur einen Teil der Zinsschranke in Frage, der
nur einen engen Kreis der von der Zinsschranke belasteten
Steuerpflichtigen betreffen wird. Zum anderen führt die
Entscheidung des Senats - anders als eine Entscheidung des BVerfG -
nicht zu einer automatischen Anwendungssperre des Gesetzes in allen
von ihm betroffenen Fällen; die Entscheidung führt
unmittelbar nur zu einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung
im konkreten Streitfall (vgl. Seer, DStR 2012, 325, 328). Sie hat
allenfalls insoweit mittelbar Breitenwirkung, als in einem
vergleichbaren Fall im Rahmen einer Abwägung anhand der
Umstände des Einzelfalls das Aussetzungsinteresse das
Interesse an einer geordneten Haushaltsführung
überwiegt.
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44
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cc) Gegen eine Gewährung der Aussetzung
bzw. der Aufhebung der Vollziehung spricht im Rahmen der
Abwägung schließlich nicht, dass nach Auffassung des II.
Senats des BFH im AdV-Verfahren regelmäßig keine weiter
gehende Entscheidung getroffen werden kann, als vom BVerfG zu
erwarten ist (BFH-Beschlüsse vom 17.7.2003 II B 20/03, BFHE
202, 380, BStBl II 2003, 807 = SIS 03 38 19; vom 5.4.2011 II B
153/10, BFHE 232, 380, BStBl II 2011, 942 = SIS 11 13 27; vom
4.5.2011 II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395 = SIS 11 23 79). Sei zu
erwarten, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines
Gesetzes mit dem GG ausspreche und dem Gesetzgeber nur eine
Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgebe, könne
keine AdV gewährt werden (BFH-Beschluss in BFHE 202, 380,
BStBl II 2003, 807 = SIS 03 38 19).
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45
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Auch ob dieser Spruchpraxis zu folgen ist,
kann im Streitfall dahinstehen (grundsätzlich ablehnend Gosch
in Beermann/Gosch, § 69 FGO Rz 180.1; Gräber/Koch,
a.a.O., § 69 Rz 113; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 69
FGO Rz 96; derselbe, DStR 2012, 325, 328 f.). Es ist nicht zu
erwarten, dass das BVerfG dem Gesetzgeber nur einen
Regelungsauftrag für die Zukunft erteilen wird, überdies
soll eine pro-futuro-Wirkung nur die Ausnahme darstellen; auch
dürfen bei der Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit Art. 3 Abs.
1 GG Gerichte und Verwaltungsbehörden die Norm
grundsätzlich nicht mehr anwenden (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom
6.3.2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618 = SIS 02 04 93).
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46
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4. Die Vollziehung des
Körperschaftsteuerbescheides 2010 kann aus prozessrechtlichen
Gründen nur in Höhe von 69.112 EUR, nicht aber in
Höhe der gesamten Steuerfestsetzung, ausgesetzt werden.
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47
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Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 4
i.V.m. Abs. 2 Satz 8 FGO ist die Aussetzung und Aufhebung der
Vollziehung bei Steuerbescheiden auf die festgesetzte Steuer,
vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die
anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten
Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die
Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
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48
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a) Hiernach sind nur 69.112 EUR der für
2010 festgesetzten Körperschaftsteuer von der Vollziehung
auszusetzen, weil das FA Körperschaftsteuer in Höhe von
586.681 EUR festgesetzt hat und hierauf zum einen die
Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.366 EUR anzurechnen und zum
anderen die festgesetzten Vorauszahlungen in Höhe von 516.203
EUR abzuziehen sind.
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49
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b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin
ist die für 2010 festgesetzte Körperschaftsteuer nicht
ausnahmsweise in vollem Umfang von der Vollziehung auszusetzen,
weil dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint.
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50
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aa) Der Begriff der wesentlichen Nachteile
i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO ist im Sinne der
Rechtsprechung zu § 114 FGO zu verstehen (Senatsbeschluss vom
2.11.1999 I B 49/99, BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57 = SIS 00 03 10, m.w.N.). Diese Beschränkung ist mit dem GG vereinbar und
nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung zu korrigieren
(BFH-Beschluss vom 24.1.2000 X B 99/99, BFHE 192, 197, BStBl II
2000, 559 = SIS 01 02 23). Wesentliche Nachteile i.S. von § 69
Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO sind dann gegeben, wenn durch die
Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide die wirtschaftliche
oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen unmittelbar
und ausschließlich bedroht sein würde (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 22.11.2001 V B 100/01, BFH/NV 2002, 519 =
SIS 02 58 58; vom 22.12.2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II
2004, 367 = SIS 04 05 91). Darüber hinaus gewährleistet
§ 69 Abs. 2 Satz 8 FGO aufgrund des Gebots eines effektiven
Rechtsschutzes, dass wegen wesentlicher Nachteile zugunsten des
Bürgers von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen werden
kann, wenn ein unabweisbares Interesse dies gebietet
(Senatsbeschluss in BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57 = SIS 00 03 10;
s. auch BVerfG-Beschluss vom 7.12.1977 2 BvF 1/77, 2 BvF 2/77, 2
BvF 4/77, 2 BvF 5/77, BVerfGE 46, 337), um eine erhebliche,
über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten zu
vermeiden, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr
beseitigt werden kann (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15.8.2002 1
BvR 1790/00, NJW 2002, 3691; vom 16.5.1995 1 BvR 1087/91, BVerfGE
93, 1; vom 25.10.1988 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69). Allein bei
einem Überwiegen der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in
der Hauptsache erscheint eine Aufhebung der Vollziehung zur
Vermeidung wesentlicher Nachteile hingegen nicht nötig
(Senatsbeschluss in BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57 = SIS 00 03 10;
BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 519 = SIS 02 58 58). Dies gilt auch
im Falle von (schwerwiegenden) Zweifeln an der
Verfassungsmäßigkeit der angewandten
Steuerrechtsvorschriften (BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II
2004, 367 = SIS 04 05 91). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache
können jedoch zur Bejahung wesentlicher Nachteile führen,
wenn die Rechtslage klar und eindeutig für die begehrte
Regelung spricht und eine abweichende Beurteilung in einem etwa
durchzuführenden Hauptsacheverfahren zweifelsfrei
auszuschließen ist (BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II
2004, 367 = SIS 04 05 91) oder wenn bei Überzeugung von der
Verfassungswidrigkeit einer Norm die Dringlichkeit, ihren Vollzug
einstweilen auszusetzen, besonders deutlich wird (vgl.
BVerfG-Entscheidung vom 13.11.1957 1 BvR 78/56, BVerfGE 7, 175;
BVerfG-Beschluss vom 17.11.1966 1 BvR 52/66, BVerfGE 20, 363, 364).
In einem derartigen Fall sind die Erfolgsaussichten in der
Hauptsache für das Vorliegen wesentlicher Nachteile in weitem
Umfang vorgreiflich (BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II 2004,
367 = SIS 04 05 91).
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51
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bb) Ausgehend von diesen
Rechtsgrundsätzen führt die Vollziehung im Streitfall
nicht zu wesentlichen Nachteilen, die eine AdV in vollem Umfang
gebieten würden.
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52
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Die wirtschaftliche und persönliche
Existenz der Antragstellerin ist durch die Vollziehung des
Körperschaftsteuerbescheides 2010 nicht unmittelbar und
ausschließlich gefährdet. Wie die Antragstellerin
vorgetragen hat, erhält sie voraussichtlich einen weiteren
Kredit in Höhe von 1,8 Mio. EUR, der auch zur Zahlung noch
offener Steuerschulden verwandt werden könne. Allein der
Umstand, dass Steuerpflichtige nicht über die von ihnen
verlangten Mittel verfügen und Zahlungen im Wege der
Kreditaufnahme finanzieren müssen, ist kein wesentlicher
Nachteil i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO (vgl.
BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 519 = SIS 02 58 58).
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53
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Es besteht aber auch im Übrigen kein
unabweisbares Interesse der Antragstellerin, das eine AdV in
Höhe der gesamten Steuerfestsetzung verlangt. Nicht
ausreichend hierfür ist, dass der Senat Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit des § 8a Abs. 2 Alternative 3
KStG 2002 n.F. hat; eine von dem Senat abweichende Beurteilung
durch das BVerfG ist nicht zweifelsfrei auszuschließen.
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54
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Weitere Umstände, die die Dringlichkeit,
den Vollzug des Steuerbescheides auszusetzen, besonders deutlich
werden lassen, sind schließlich weder von der Antragstellerin
substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht worden noch anhand
der dem Senat vorliegenden Unterlagen erkennbar.
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5. Die AdV ist im Streitfall ohne Auferlegung
einer Sicherheitsleistung zu gewähren.
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56
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Die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach
§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO ist im Grundsatz
dann geboten, wenn die spätere Vollstreckung der
Steuerforderung infolge der AdV gefährdet oder erschwert
erscheint. Es ist hierbei zunächst einmal Sache des FA, die
für die Gefährdung der Forderung sprechenden konkreten
Anhaltspunkte vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. etwa
BFH-Beschlüsse vom 20.3.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 =
SIS 02 67 62; vom 10.10.2002 VII S 28/01, BFH/NV 2003, 12 = SIS 03 06 31).
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57
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Im Streitfall ist nicht vorgetragen worden und
für den Senat anhand der vorliegenden Akten auch nicht
erkennbar, dass die spätere Durchsetzung der Steuerforderungen
gefährdet oder erschwert werden könnte. Die
Antragstellerin ist vielmehr Eigentümerin eines
Grundstücks, in dem stille Reserven in Höhe von …
Mio. EUR enthalten sind. Allein durch die Möglichkeit, dieses
Grundstück verwerten zu können, erscheint die
Steuerzahlung in ausreichendem Maße gesichert.
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58
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6. Soweit die Antragstellerin mit ihrer
Beschwerde auch die AdV der Bescheide über die
Solidaritätszuschläge begehrt, ist die Beschwerde
unbegründet. Das FG hat den Antrag insoweit im Ergebnis zu
Recht abgelehnt, weil der Antrag insoweit unzulässig ist. An
einer AdV dieser Bescheide besteht kein schutzwürdiges
Interesse.
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59
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In ständiger Rechtsprechung verneint der
BFH das schutzwürdige Interesse an einer AdV, wenn die
Aussetzung eines Folgebescheides begehrt wird, obwohl ein
Grundlagenbescheid bereits ergangen ist und deshalb mit
Rücksicht auf die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO
vorzunehmende Folgeaussetzung nur die Aussetzung des
Grundlagenbescheides beantragt werden kann (BFH-Beschlüsse vom
21.12.1993 VIII B 107/93, BFHE 173, 158, BStBl II 1994, 300 = SIS 94 14 99; vom 14.7.1998 VIII B 38/98, BFHE 186, 379 = SIS 98 19 31). Die AdV des Grundlagenbescheides begründet eine
Verpflichtung der für den Erlass des Folgebescheides
zuständigen Behörde, die Vollziehung dieses Bescheides
auszusetzen (BFH-Beschluss vom 25.4.1977 IV S 3/77, BFHE 122, 18,
BStBl II 1977, 612 = SIS 77 03 37).
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60
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Hiervon ausgehend besteht im Streitfall kein
berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen AdV der betreffenden
Bescheide, weil sie Folgebescheide der
Körperschaftsteuerbescheide sind (vgl. Senatsurteil vom
20.4.2011 I R 2/10, BFHE 233, 251, BStBl II 2011, 761 = SIS 11 19 85; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss in EFG 2012, 358 = SIS 11 40 90). Indem die Antragstellerin vorträgt, die Zinsschranke sei
verfassungswidrig, wendet sie sich gegen die Höhe der
festgesetzten Körperschaftsteuer, die die Bemessungsgrundlage
für den Solidaritätszuschlag darstellt (§ 3 Abs. 1
Nr. 1, § 4 Satz 1 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995).
Spezifische Einwendungen gegen die Festsetzung des
Solidaritätszuschlags hat die Antragstellerin nicht
vorgetragen.
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