Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den
Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 21.9.2015 5 V 2152/15
U = SIS 15 27 51 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu
tragen.
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I. Die Antragstellerin und
Beschwerdegegnerin (Antragstellerin), eine GmbH, liefert und
verlegt u.a. Estrich, Parkett, Laminat und Teppichboden.
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Die in den Streitjahren (2011 bis 2012)
sowie 2013 an andere Unternehmer erbrachten Leistungen rechnete die
Antragstellerin jeweils ohne Umsatzsteuer ab. Die betreffenden
Rechnungen der Antragstellerin enthielten den Hinweis darauf, dass
nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der bis zum
30.9.2014 geltenden Fassung (a.F.) der Auftraggeber die
Umsatzsteuer in Höhe von 19 % schulde.
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Die Umsatzsteuererklärungen für
die Streitjahre gab die Antragstellerin am 5.9.2012 (2011), am
29.5.2013 (2012) und am 5.12.2014 (2013) ab. Sie erklärte
Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR (2011), ... EUR (2012) und
... EUR (2013). Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das
Finanzamt - FA - ) stimmte den Erklärungen für 2012 und
2013, die jeweils zu einer Steuervergütung führten,
zu.
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Nachdem der V. Senat des Bundesfinanzhofs
(BFH) mit Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II
2014, 128 = SIS 13 31 06) zur Steuerschuldnerschaft bei sog.
„Bauleistungen“ entschieden hatte, dass die Anwendung
des UStG § 13b a.F. auf solche bauwerksbezogene Leistungen zu
beschränken sei, die der Leistungsempfänger seinerseits
zur Erbringung eigener bauwerksbezogener Leistungen verwendet habe
(1. Leitsatz) - so dass der ein eigenes Grundstück bebauende
Bauträger keine bauwerksbezogene Leistung erbringe, die zur
Anwendung des § 13b UStG a.F. führe (Rz 51, 52) - machten
die Bauträger, an die die Antragstellerin Leistungen erbracht
hatte, Steuererstattungsansprüche geltend. Sie sind der
Ansicht, keine Steuerschuldner i.S. des § 13b UStG a.F. zu
sein.
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Das FA setzte mit
Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom 3.6.2015 und vom
22.5.2015 die Umsatzsteuer auf ... EUR (2011), ... EUR (2012) und
... EUR (2013) fest. Im Anschluss an zwei bei der Antragstellerin
durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen war es der
Auffassung, dass die bisherigen Umsätze gemäß §
13b UStG a.F. nach Maßgabe der von den jeweiligen
Bauträgern geltend gemachten Erstattungen gemindert und
dementsprechend die Umsätze der Antragstellerin zu
erhöhen seien.
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Hiergegen legte die Antragstellerin jeweils
Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der
Vollziehung (AdV) der angefochtenen
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide.
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Über die Einsprüche hat das FA
noch nicht entschieden. Die Einspruchsverfahren ruhen.
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Mit Verfügung vom 25.6.2015 lehnte das
FA die beantragte AdV ab. Hiergegen legte die Antragstellerin am
26.6.2015 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 9.7.2015 teilte das FA
der Antragstellerin mit, dass der Einspruch gegen die Ablehnung der
AdV als unbegründet zurückzuweisen sei und stellte
„zur Vermeidung von Vollstreckungshandlungen“ einen
Antrag an das Finanzgericht (FG) anheim.
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Die Antragstellerin beantragte hierauf am
9.7.2015 AdV beim FG.
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Ihr Antrag, die
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011 und 2012 jeweils
vom 3.6.2015 insgesamt und den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid
für 2013 vom 22.5.2015 in Höhe von ... EUR von der
Vollziehung auszusetzen, hatte teilweise Erfolg. Das FG setzte die
angefochtenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011
und 2012 von der Vollziehung aus und lehnte im Übrigen - den
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2013 betreffend - den
AdV-Antrag ab. Die Vorentscheidung ist in EFG 2015, 2129 = SIS 15 27 51 veröffentlicht.
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Nach Ansicht des FG bestünden an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011 und 2012
ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Es sei zweifelhaft, ob die
den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 der Abgabenordnung
(AO), dessen Voraussetzungen nach summarischer Prüfung im
Streitfall insoweit vorlägen, suspendierende Vorschrift des
§ 27 Abs. 19 UStG verfassungsrechtlichen Grundsätzen
genüge. Zweifelhaft sei, ob die rückwirkende
Änderung der Steuerfestsetzung beim leistenden Unternehmer
unter Suspendierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3
des Grundgesetzes - GG - ) abgeleiteten Vertrauensschutzes gegen
das Verbot der Rückwirkung von Gesetzen verstoße.
Vorliegend greife § 27 Abs. 19 UStG in die im Zeitpunkt seiner
Verkündung bereits entstandene Steuerschuld für 2011 und
2012 nachträglich ein, so dass eine unzulässige echte
Rückwirkung jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheine.
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Dagegen bestünden bei summarischer
Prüfung hinsichtlich des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids
für 2013 vom 22.5.2015 keine ernstlichen Zweifel an dessen
Rechtmäßigkeit. Das BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II
2014, 128 = SIS 13 31 06 sei am 14.2.2014 im Bundessteuerblatt
veröffentlicht worden. Die bisherige Regelung in Abschn. 13b.3
des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses sei mit Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 18.1.2014 an die Rechtsprechung
des BFH angepasst worden. Die als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt
der Nachprüfung geltende Umsatzsteuerjahreserklärung
für 2013 der Antragstellerin sei erst am 5.12.2014, also nach
den vorgenannten Zeitpunkten, beim FA eingegangen.
Vorauszahlungsbescheide des Jahres 2013 könnten keinen
Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO begründen. Denn die
Vorauszahlungsbescheide würden durch einen Jahresbescheid
nicht aufgehoben oder geändert. Zwar betreffe die nach
Maßgabe des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 =
SIS 13 31 06 erfolgte Änderung der Verwaltungsauffassung
abgeschlossene Werkleistungsvorgänge. Ein schützenswertes
Vertrauen des Steuerpflichtigen habe der Gesetzgeber aber nur unter
den Voraussetzungen des § 176 AO geregelt, die für das
Streitjahr 2013 nicht vorlägen.
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Hiergegen wendet sich (nur) das FA mit der
vom FG gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2
Nr. 1 FGO zugelassenen Beschwerde.
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Es trägt vor, der Inanspruchnahme der
Antragstellerin hinsichtlich der Umsatzsteuer für 2011 und
2012 stehe § 176 Abs. 2 AO nicht entgegen. Diese Regelung
werde durch § 27 Abs. 19 UStG, der verfassungsgemäß
sei, ausgeschlossen. Das FA weist zur Begründung seiner
Auffassung u.a. auf den Beschluss des FG Köln vom 1.9.2015 9 V
1376/15 (EFG 2015, 2005 = SIS 15 27 54) hin.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben, soweit das FG dem AdV-Antrag der Antragstellerin
stattgegeben hat, und die AdV der angefochtenen
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011 und 2012
abzulehnen.
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Die Antragstellerin beantragt, die
Beschwerde des FA zurückzuweisen.
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Sie hält die Vorentscheidung für
zutreffend und führt ergänzend aus, ihr, der
Antragstellerin, könne nicht entgegengehalten werden, dass sie
die vom Gesetzgeber in § 27 Abs. 19 UStG angebotene
Abtretungslösung, die voraussetze, dass die Abtretung wirksam
bliebe, in Anspruch zu nehmen habe. Die Abtretungslösung sei
für den Bauleistenden nicht rechtssicher.
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Die Entscheidung des Bauträgers, sich
nicht auf die ursprüngliche Verwaltungsauffassung zu berufen,
sondern von der Verwaltung zu verlangen, die Rechtsgrundsätze
des BFH-Urteils in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06
anzuwenden, mache den leistenden Bauhandwerker nachträglich
zum Steuerschuldner. Durch § 27 Abs. 19 UStG werde die
Übertragung der Steuerschuld zur Disposition des
Bauträgers gestellt. Jedenfalls könne sich der leistende
Bauhandwerker auf den unionsrechtlichen Grundsatz des
Vertrauensschutzes berufen.
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Dem Bauleistenden sei nicht zumutbar, auf
eine bloße Billigkeitsregelung verwiesen zu werden, falls er
die Umsatzsteuer wegen Fehlschlagens der Abtretung noch einmal
leisten müsse.
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II. Die gemäß § 128 Abs. 3 FGO
zulässige Beschwerde des FA ist unbegründet; sie ist
daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO).
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1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69
Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines
angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen,
wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses
Verwaltungsaktes bestehen.
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Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2
Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des
angefochtenen Bescheids neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige
Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit
in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der
Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z.B.
BFH-Beschlüsse vom 26.9.2014 XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158 =
SIS 14 34 36, Rz 33; vom 20.1.2015 XI B 112/14, BFH/NV 2015, 537 =
SIS 15 05 66, Rz 15; jeweils m.w.N.). Die Entscheidung
hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen
summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus
dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. z.B.
BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2015, 158 = SIS 14 34 36, Rz 33; in
BFH/NV 2015, 537 = SIS 15 05 66, Rz 15; jeweils m.w.N.). Zur
Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für
die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer
Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige
Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3.4.2013 V B
125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973 = SIS 13 11 92, Rz 12;
vom 11.7.2013 XI B 41/13, BFH/NV 2013, 1647 = SIS 13 25 67, Rz 16;
in BFH/NV 2015, 537 = SIS 15 05 66, Rz 15; jeweils m.w.N.).
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2. Nach diesen Maßstäben bestehen im
Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für 2011
und 2012.
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a) Die Übergangsregelung des § 27
Abs. 19 UStG durch Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes zur Anpassung des
nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur
Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014
(BGBl I 2014, 1266) mit Wirkung vom 31.7.2014 stellt eine Reaktion
des Gesetzgebers auf das Urteil des V. Senats des BFH in BFHE 243,
20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06 dar. Sie dient der Regelung
der Fälle, in denen sich Bauträger auf das vorgenannte
BFH-Urteil berufen und die Erstattung der entrichteten Umsatzsteuer
beantragen.
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b) § 27 Abs. 19 UStG lautet:
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“Sind Unternehmer und
Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der
Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b auf eine vor dem
15.2.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und stellt
sich diese Annahme als unrichtig heraus, ist die gegen den
leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern,
soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer
fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu
sein. § 176 der Abgabenordnung steht der Änderung nach
Satz 1 nicht entgegen. Das für den leistenden Unternehmer
zuständige Finanzamt kann auf Antrag zulassen, dass der
leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den
Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der
gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der
Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine
Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der
Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Die Abtretung
wirkt an Zahlungs statt, wenn
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1.
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der leistende Unternehmer dem
Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte
Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt,
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2.
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die Abtretung an das Finanzamt wirksam
bleibt,
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3.
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dem Leistungsempfänger diese Abtretung
unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass eine Zahlung
an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr
hat, und
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4.
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der leistende Unternehmer seiner
Mitwirkungspflicht nachkommt.“
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c) Ob § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG den
verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben genügt,
soweit er den Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO
ausschließt, ist höchstrichterlich noch nicht
geklärt und umstritten.
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aa) Nach Auffassung des FG Münster
(Beschlüsse vom 12.8.2015 15 V 2153/15 U, EFG 2015, 1863 = SIS 15 24 97, Rz 23; in EFG 2015, 2129 = SIS 15 27 51, Rz 30), des FG
Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 3.6.2015 5 V 5026/15, EFG 2015,
1490 = SIS 15 17 56, Rz 11) und des Niedersächsischen FG
(Beschlüsse vom 3.7.2015 16 V 95/15, Mehrwertsteuerrecht 2015,
655, Rz 15; vom 20.7.2015 16 V 132/15, nicht veröffentlicht -
n.v. - = SIS 15 29 60, Rz 18; 16 V 135/15, n.v. = SIS 15 29 61, Rz
18) ist ernstlich zweifelhaft, ob die rückwirkende
Änderung der Steuerfestsetzung beim leistenden Unternehmer
unter Suspendierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3
GG) abgeleiteten Vertrauensschutzes gegen das Verbot der
Rückwirkung von Gesetzen verstößt.
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bb) Dagegen haben das FG Nürnberg (Beschluss vom 26.8.2015 2 V 1107/15, EFG
2015, 2135 = SIS 15 24 84, Rz 14), das FG Düsseldorf
(Beschluss vom 31.8.2015 1 V 1486/15 A(U), EFG 2015, 2131 = SIS 15 25 06, Rz 50 f.), das Hessische FG (Beschluss vom 13.10.2015 1 V
1483/15, n.v. = SIS 15 27 37, Rz 23) und das Sächsische FG
(Beschluss vom 22.9.2015 4 V 1014/15, n.v. = SIS 15 27 12)
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit verneint.
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cc) Das FG Köln hat es in einem § 27
Abs. 19 UStG betreffenden AdV-Beschluss offengelassen, ob es sich
den geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die
Einführung dieser Regelung insbesondere wegen Verstoßes
gegen das Rückwirkungsverbot anschließt (Beschluss in EFG
2015, 2005 = SIS 15 27 54, Rz 45).
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d) Angesichts dieser ungeklärten - auch
in der Literatur umstrittenen - Rechtslage war die beantragte AdV
zu gewähren.
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Denn ist - wie hier - die Rechtslage nicht
eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen
grundsätzlich nicht im summarischen Beschlussverfahren zu
entscheiden; die Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren
vorbehalten bleiben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14.10.2002 V B
60/02, BFH/NV 2003, 87 = SIS 03 07 09, unter II.3., Rz 17; vom
25.11.2005 V B 75/05, BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484 = SIS 06 04 04, unter II.3.b, Rz 26; vom 13.3.2012 I B 111/11, BFHE 236, 501,
BStBl II 2012, 611 = SIS 12 12 74, Rz 22; vom 12.12.2013 XI B
88/13, BFH/NV 2014, 550 = SIS 14 07 34, Rz 26; vom 2.7.2014 XI S
8/14, BFH/NV 2014, 1601 = SIS 14 24 82, Rz 31; jeweils m.w.N.).
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Die Entscheidung, ob - was der erkennende
Senat im Rahmen des summarischen Verfahrens nicht ausschließt
- das Vertrauensschutzkonzept des § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG im
konkreten Einzelfall den verfassungsrechtlichen und
europarechtlichen Vorgaben genügt, den Vertrauensschutz nach
§ 176 Abs. 2 AO zu suspendieren, wenn dem Bauleistenden kein
Vermögensschaden droht, d.h. wenn er dem
Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nachberechnen und dem
Finanzamt den zivilrechtlichen Anspruch abtreten kann, ist mithin
dem Hauptsacheverfahren einer noch zu erhebenden Klage vorbehalten
(so zutreffend FG Münster in EFG 2015, 1863 = SIS 15 24 97, Rz
26).
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3. Die zu gewährende AdV war auch nicht
von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
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a) Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die
Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht
werden. Die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheids ist
regelmäßig ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, wenn
seine Rechtmäßigkeit ernstlich zweifelhaft ist und keine
konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei einem
Unterliegen der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren die
Durchsetzung des Steueranspruchs gefährdet wäre (vgl.
dazu BFH-Beschlüsse vom 12.9.2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012,
229 = SIS 12 00 47, Rz 21; vom 21.11.2013 II B 46/13, BFHE 243,
162, BStBl II 2014, 263 = SIS 13 32 64, Rz 28; vom 18.12.2013 I B
85/13, BFHE 244, 320, BStBl II 2014, 947 = SIS 14 10 54, Rz 37;
jeweils m.w.N.).
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b) Eine Gefährdung der umstrittenen
Umsatzsteueransprüche für die Streitjahre 2011 und 2012
ist weder vom FA vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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