Arbeitszimmer, Abzugsverbot, Verfassungsmäßigkeit: Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das ab Veranlagungszeitraum 2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG betreffend Aufwendungen (eines Lehrers, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht) für ein häusliches Arbeitszimmer, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 6.10.2009, IV A 3 - S 0623/09/10001, BStBl 2009 I S. 1148 = SIS 09 30 11) - Urt.; BFH 25.8.2009, VI B 69/09; SIS 09 28 98
I. Streitig ist, ob Aufwendungen für
ein häusliches Arbeitszimmer trotz des in § 9 Abs. 5 Satz
1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes
(EStG) i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 vom 19.7.2006
(BStBl I 2006, 432, BGBl I 2006, 1652) - n.F. - geregelten
Abzugsverbots im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren zu
berücksichtigen sind.
Die Antragsteller und Beschwerdegegner
(Antragsteller) sind miteinander verheiratet, er ist Schulleiter
einer Realschule, sie ist Lehrerin an einer Grundschule. Beide
Antragsteller erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit und nutzen in ihrem eigenen Einfamilienhaus jeweils ein
häusliches Arbeitszimmer. In den Vorjahren (bis
einschließlich Veranlagungszeitraum 2006)
berücksichtigte der Antragsgegner und Beschwerdeführer
(das Finanzamt - FA - ) die von den Antragstellern insoweit geltend
gemachten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften
aus nichtselbständiger Arbeit. Neben anderen unstreitigen, den
Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigenden Werbungskosten macht
der Antragsteller bezüglich seines Arbeitszimmers für das
Streitjahr 535 EUR an (voraussichtlichen) Kosten geltend, die
Antragstellerin 950 EUR. Die Antragsteller tragen (unwidersprochen)
vor, dass ihnen für die Vor- und Nachbereitung des
Schulunterrichts keine geeigneten Arbeitsplätze in der Schule
zur Verfügung stehen. Zwar stünde dem Antragsteller
zeitweise ein Büro für seine Schulleitertätigkeit
zur Verfügung. Dieses Büro könne er aber nur
während der vormittäglichen Unterrichtszeit nutzen, weil
zum Unterrichtsende hin nach Weisung der vorgesetzten Behörde
die Raumtemperatur erheblich gesenkt werde. Gegen den insoweit
ablehnenden Bescheid über die Lohnsteuer-Ermäßigung
2009 legten die Antragsteller erfolglos Einspruch ein. Ihren
Antrag, wegen der Aufwendungen für ihre Arbeitszimmer
höhere Freibeträge im Wege vorläufigen
Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung - AdV - ) auf den
Lohnsteuerkarten für 2009 einzutragen, lehnte das FA ab. Nach
§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
n.F. seien ab dem Veranlagungszeitraum 2007 Aufwendungen für
ein häusliches Arbeitszimmer nur noch zu berücksichtigen,
wenn es - anders als im Streitfall - den Mittelpunkt der gesamten
beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bilde. Die
Antragsteller haben daraufhin beim Finanzgericht (FG) einen Antrag
auf AdV gestellt.
Das FG gab dem Antrag auf AdV statt und
ließ die Beschwerde zu. Es bestünden ernstliche Zweifel,
ob § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
n.F. insoweit verfassungsgemäß sei, als durch die
Vorschrift - mit Ausnahme der sog. Mittelpunktsfälle -
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer vom
Werbungskostenabzug ausgeschlossen werden. Nach der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei der vorläufige
Rechtsschutz zwar ausnahmsweise dann einzuschränken, wenn die
Gemeinwohlbelange des Staates (etwa durch drohende staatliche
Haushaltsnotlage) berührt seien. Anhaltspunkte hierfür
seien im Streitfall jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Der
Aussetzungsbeschluss des FG ist in DStRE 2009, 985
veröffentlicht.
Mit seiner Beschwerde bringt das FA vor,
die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids sei nicht
ernstlich zweifelhaft, da die Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 1
i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F. nicht gegen das
Grundgesetz (GG) verstoße. Auch bei Vorliegen ernstlicher
Zweifel käme die AdV nicht in Betracht, weil dann das
öffentliche Interesse an einer geordneten
Haushaltsführung höher zu bewerten wäre als das
Interesse der Antragsteller an der Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und den Antrag auf AdV abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen, die
Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet; sie
war daher - ohne Präjudiz für die Hauptsache -
zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Das FG hat zu Recht im Wege der AdV das FA verpflichtet, den
beantragten Freibetrag auf den Lohnsteuerkarten der Antragsteller
einzutragen.
1. Zu den Beträgen, die im
Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren als Freibetrag auf der
Lohnsteuerkarte eingetragen werden können, gehören
gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 1 EStG Werbungskosten, die
bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
anfallen, soweit sie den Arbeitnehmer-Pauschbetrag
übersteigen. Da nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der ab 2007 geltenden Fassung - im
Gegensatz zu der bis dahin bestehenden Gesetzeslage - die
Aufwendungen des Arbeitnehmers für das häusliche
Arbeitszimmer grundsätzlich keine Werbungskosten mehr sind,
liegen die einfach-gesetzlichen Voraussetzungen für die
Eintragung der geltend gemachten Arbeitszimmerkosten auf den
Lohnsteuerkarten der Antragsteller nicht vor.
2. Lehnt das FA die Eintragung eines
Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte ganz oder teilweise ab, so
handelt es sich dabei um einen vollziehbaren Verwaltungsakt, gegen
den vorläufiger Rechtsschutz durch AdV in Betracht kommt (z.B.
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.8.2007 VI B 42/07,
BFHE 218, 558, BStBl II 2007, 799 = SIS 07 31 55, m.w.N.). Auf
Antrag soll die AdV erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts
bestehen (§ 361 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung, § 69
Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 FGO). Das ist nach ständiger
Rechtsprechung des BFH dann der Fall, wenn bei einer summarischen
Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit des
Verwaltungsakts sprechenden Umständen gewichtige gegen die
Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die
(abgesehen von unklaren Tatfragen) Unsicherheit in der Beurteilung
der entscheidungserheblichen Rechtsfrage bewirken. Die AdV setzt
nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden
Gründe überwiegen; es genügt, dass der Erfolg des
Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein
Misserfolg (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 89, m.w.N.). Ist die
Rechtslage nicht eindeutig, so ist im Regelfall die Vollziehung
auszusetzen. Das gilt auch dann, wenn ernstliche Zweifel daran
bestehen, ob die maßgebliche gesetzliche Regelung
verfassungsgemäß ist (BFH-Beschlüsse in BFHE 218,
558, BStBl II 2007, 799 = SIS 07 31 55, und vom 3.2.2005 I B
208/04, BFHE 209, 204, BStBl II 2005, 351 = SIS 05 15 22, m.w.N.).
An die Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit
sind keine strengeren Anforderungen zu stellen als beim Einwand
fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschlüsse in BFHE 218, 558,
BStBl II 2007, 799 = SIS 07 31 55, und vom 10.2.1984 III B 40/83,
BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454 = SIS 84 04 01).
3. Im Streitfall ist das FG zutreffend von
ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des
§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
n.F. ausgegangen, der die Grundlage des angefochtenen Bescheids
bildet. Diese Zweifel sind augenscheinlich, da die Frage in der
Literatur, wie vom FG in seinem Beschluss wiedergegeben, kontrovers
diskutiert wird und in der Rechtsprechung zu unterschiedlichen
Entscheidungen geführt hat.
a) Im Schrifttum wird überwiegend die
Meinung vertreten, dass die Neuregelung - ganz oder jedenfalls
soweit ein beschränkter Abzug bei fehlender Verfügbarkeit
eines anderen Arbeitsplatzes (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2
Halbsatz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes - JStG - 1996 vom
11.10.1995, BStBl I 1995, 438, BGBl I 1995, 1250) ausgeschlossen
wird - aufgrund eines Verstoßes gegen das Gebot der
Folgerichtigkeit verfassungswidrig sei (Pohl in Bordewin/Brandt,
§ 4 EStG Rz 2387 f.; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 837;
Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 567f; Söhn, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz Lb 22;
Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 19 Rz 60
„Arbeitszimmer“, Tz. 2; Lang, Steuer und
Wirtschaft - StuW - 2007, 3, 14; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2007,
416, 424; Paus, Der Ertragsteuerberater 2008, 252, 255; Decker,
Juristische Arbeitsblätter 2008, 458, 465; wohl auch Kreft,
Gestaltende Steuerberatung 2009, 45, 46; Leisner-Egensperger, FR
2006, 1018, 1028). Teilweise wird auch davon ausgegangen, dass die
Begründung des Gesetzgebers, soweit sie auf den
Bundesrechnungshof Bezug nimmt, fehl geht (Pohl in Bordewin/Brandt,
a.a.O., Rz 2388; Greite, DB 2006, Beilage 6, 24; Schmidt/Drenseck,
a.a.O.). Nur vereinzelt wird die Verfassungsmäßigkeit
der Neuregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG angenommen.
Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Aufwendungen für ein
häusliches Arbeitszimmer gemischt veranlasste Aufwendungen
seien und der Gesetzgeber eine Grundentscheidung treffen
dürfe, mit der er diese Aufwendungen dem abziehbaren oder dem
steuerlich nicht beachtlichen Bereich zuordne (Wernsmann, Beihefter
zum Deutschen Steuerrecht 2008, Heft 17, 37, 45; wohl auch
Frotscher in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 4
Rz 801). Teilweise wird die Regelung als
verfassungsgemäß angesehen, da missbräuchliche
Inanspruchnahmen nicht überprüfbar seien (Meurer in
Lademann, EStG, § 4 EStG Rz 721a). Andere halten die
Neuregelung insoweit für verfassungsmäßig, als die
Abschaffung des beschränkten Abzugs bei mehr als 50%iger
beruflicher oder betrieblicher Nutzung des Arbeitszimmers (§ 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 Halbsatz 1 EStG i.d.F. des JStG 1996)
erfolgte (Schmidt/ Drenseck, a.a.O.; wohl auch
Blümich/Thürmer, a.a.O.).
b) Die finanzgerichtliche Rechtsprechung
stellt sich ebenfalls nicht einheitlich dar. Das FG Münster
(Beschluss vom 8.5.2009 1 K 2872/08 E) hat in einem mit dem
Streitfall vergleichbaren Klageverfahren § 9 Abs. 5 Satz 1
i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F. als
verfassungswidrig angesehen und nach Art. 100 Abs. 1 GG die Frage
dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt (Az. des BVerfG 2 BvL 13/09).
Dagegen haben - ebenfalls in Verfahren der
Lohnsteuer-Ermäßigung - das FG Berlin-Brandenburg
(Beschluss vom 6.11.2007 13 V 13146/07) und das FG Rheinland-Pfalz
(Urteil vom 17.2.2009 3 K 1132/07) das weitgehende Abzugsverbot von
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer durch das
Steueränderungsgesetz 2007 als (noch) mit dem Grundgesetz
vereinbar beurteilt. Letzteres Verfahren hat zu einer Revision (VI
R 13/09) geführt, die bei dem beschließenden Senat
anhängig ist.
Da im Schrifttum beachtliche Bedenken gegen
die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung erhoben werden,
einander widersprechende Entscheidungen der FG vorliegen und die
Streitfrage höchstrichterlicher Klärung bedarf, ist
bereits deshalb das Vorliegen von verfassungsrechtlichen Zweifeln
als Voraussetzung der AdV zu bejahen.
4. Im Streitfall tritt der Anspruch der
Antragsteller auf effektiven Rechtsschutz nicht hinter das
öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen
Haushaltswirtschaft zurück.
a) Im Falle von ernstlichen Zweifeln
hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der dem
angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift
ist nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des
Geltungsanspruchs jedes verfassungsmäßig zustande
gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes
Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes als erforderlich angesehen worden. Danach ist eine
Interessenabwägung zwischen der einer AdV entgegenstehenden
konkreten Gefährdung der öffentlichen
Haushaltsführung und den für eine AdV sprechenden
individuellen Interessen des Steuerpflichtigen geboten (z.B.
BFH-Beschlüsse vom 20.7.1990 III B 144/89, BFHE 162, 542,
BStBl II 1991, 104 = SIS 91 01 03; vom 6.11.2001 II B 85/01, BFH/NV
2002, 508 = SIS 02 58 43; vom 11.6.2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53,
BStBl II 2003, 663 = SIS 03 29 59, m.w.N.). Diese vom BVerfG
bestätigte (Beschluss vom 3.4.1992 2 BvR 283/92, HFR 1992,
726) und im Schrifttum überwiegend kritisierte (s.
BFH-Beschluss in BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663 = SIS 03 29 59)
Rechtsprechung ist allerdings in jüngerer Zeit dahingehend
modifiziert worden, dass die staatlichen Haushaltsinteressen in der
Abwägung weniger stark berücksichtigt werden (vgl. Seer
in Tipke/Kruse, a.a.O., § 69 FGO Rz 96; Klein/Brockmeyer, AO,
9. Aufl., § 361 Rz 14; Gräber/Koch,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 69 Rz 113).
b) Der Senat lässt offen, ob er sich der
vorgenannten Rechtsprechung anschließen könnte, die ein
besonderes Interesse an der AdV als erforderlich ansieht. Denn
jedenfalls steht im Streitfall dem Aussetzungsinteresse der
Antragsteller - entgegen der Auffassung des FA - ein
überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere das
Interesse an einer geordneten Haushaltsführung, nicht
entgegen. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer,
um deren (vorläufige) steuerliche Anerkennung gestritten wird,
sind jedenfalls nach bisherigem Verständnis für die
Antragsteller gewillkürte Erwerbsaufwendungen, die zwar wegen
ihrer Nähe zu den Kosten der allgemeinen Lebensführung
nicht in vollem Umfang, aber aus Gründen steuerlicher
Lastengleichheit zumindest in Höhe eines realitätsgerecht
typisierten Betrages einkünftemindernd zu berücksichtigen
sind (BVerfG-Urteil vom 7.12.1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 =
SIS 99 24 15). Das insofern nahe liegende Aussetzungsinteresse der
Antragsteller wird dadurch verstärkt, dass das BVerfG, falls
es im Sinne des oben genannten Vorlagebeschlusses entscheiden
sollte, nach seiner bisherigen Praxis möglicherweise nicht die
Nichtigkeit des § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz
1 Nr. 6b EStG n.F. feststellen, sondern die Vorschrift lediglich
als grundgesetzwidrig ansehen und dem Gesetzgeber mit
geräumiger Frist eine Änderung für die Zukunft
aufgeben könnte (BFH-Beschluss in BFHE 218, 558, BStBl II
2007, 799 = SIS 07 31 55). Anhaltspunkte für eine
gemeinwohlbegründete Einschränkung des vorläufigen
Rechtsschutzes sind nicht ersichtlich. Zu Recht ist das FG im
Streitfall davon ausgegangen, dass die Größenordnung des
vorläufigen Steuerausfalls der mit der Neuregelung verbundenen
Steuermehreinnahmen - jedenfalls im Streitfall - nicht geeignet
ist, das öffentliche Interesse als vorrangig zu beurteilen.
Das FA hat jedenfalls nicht schlüssig dargelegt, warum ein -
unter Umständen lediglich vorübergehender - Steuerausfall
in der Größenordnung von 300 Mio. EUR (vgl. BTDrucks
16/1545 S. 9) im Hinblick auf das gesamte Haushaltsvolumen die
öffentliche Haushaltsführung gefährden könnte.
Im Übrigen würde der Haushaltsvorbehalt jeden
(legislativen) Verfassungsverstoß mit genügender
finanzieller Breitenwirkung sanktionieren. Diese mitunter als
„rechtsstaatlich unerträgliches Ergebnis“
bezeichnete Folge (so Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 69 FGO Rz
97; s. auch Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz 113) würde
mit zunehmender Breitenwirkung den in Art. 19 Abs. 4 GG
verbürgten individuellen vorläufigen Rechtsschutz immer
weiter zurückdrängen. Letztlich werden durch die
Gewährung der AdV Risiken für die öffentliche
Haushaltswirtschaft, die mit der Verplanung bzw. Verausgabung
möglicherweise verfassungswidriger Steuern verbunden sind,
geradezu vermieden (Seer, StuW 2001, 3, 17 f., m.w.N.;
Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz 113).