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Außergewöhnliche Belastungen im Falle wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden

Außergewöhnliche Belastungen im Falle wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden: 1. Wissenschaftlich nicht anerkannt i.S. des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist eine Behandlungsmethode dann, wenn Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. - 2. Die Feststellung, ob eine Behandlungsmethode wissenschaftlich nicht anerkannt ist, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. - Urt.; BFH 26.6.2014, VI R 51/13; SIS 14 27 71

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 26.06.2014, VI R 51/13
    BStBl 2015 II S. 9

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 27.11.2014
    KAM in Stbg 3/2015 S. M 14
    St.Sch. in BFH/PR 1/2015 S. 13
    E.H. in HFR 12/2014 S. 1075
Normen
[EStG] § 33 Abs. 1
[EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011] § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Baden-Württemberg, 04.02.2013, SIS 14 12 03, Außergewöhnliche Belastung, Nachweis
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Nürnberg 6.9.2023, SIS 23 18 70, Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung wegen eines krankheitsbedingten Umbau des Wohnhauses: 1. Ziel de...
  • BFH 23.3.2023, SIS 23 10 48, Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine Liposuktion: Aufwendungen für eine Liposuktion zur...
  • BFH 26.10.2022, SIS 23 03 04, Behindertengerechter Gartenumbau keine außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen für einen behindertengere...
  • FG Rheinland-Pfalz 17.8.2021, SIS 21 15 71, Die Aufwendungen für eine Liposuktion sind nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfä...
  • BFH 14.4.2021, SIS 21 14 48, Einspruchsgegenstand, Grenzen der Überprüfungsmöglichkeit im Einspruchsverfahren, einheitliche Erstausbil...
  • Thüringer FG 7.7.2020, SIS 20 18 44, Aufwendungen für im Jahr 2016 durchgeführte Liposuktion (Fettabsaugung) ohne vorab eingeholtes amtsärztli...
  • Niedersächsisches FG 16.6.2020, SIS 20 13 85, Aufwendungen für eine Tomatis-Therapie zur Behandlung einer Hyperakusis keine außergewöhnlichen Belastung...
  • BFH 19.2.2020, SIS 20 07 76, Kindergeld, Anforderungen an die nachvollziehbare Gesamtwürdigung der Umstände bei Abgrenzung zwischen ei...
  • FG Nürnberg 1.8.2019, SIS 19 17 64, Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung: Prozesskosten im Zusammenhang mit einer Vermögensausei...
  • FG Köln 30.1.2019, SIS 19 12 54, Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs: Aufwendungen für den Besuch eines Fitnes...
  • FG Rheinland-Pfalz 4.7.2018, SIS 18 21 30, Zu den Anforderungen an ein nach § 64 Abs. 1 Satz 2 EStDV erforderliches amtsärztliches Gutachten zum Nac...
  • FG Köln 21.3.2018, SIS 18 17 98, Aufwendungen für eine Bioresonanztherapie als außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen für eine Bioreso...
  • BFH 21.2.2018, SIS 18 06 21, Krankheits- und Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Bel...
  • FG Baden-Württemberg 27.9.2017, SIS 17 21 14, Aufwendungen für die Liposuktion im Jahr 2007 keine außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG: 1. Bei A...
  • BFH 17.5.2017, SIS 17 14 51, Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach der ICSI-Methode als außergewöhnliche Belastungen: 1. A...
  • Hessisches FG 4.4.2017, SIS 18 03 24, Aufwendungen zur Sanierung einer Grabstätte als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen des Erben zur...
  • BFH 19.1.2017, SIS 17 07 97, Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges, psychisch erkranktes Kind, keine Bindungswirkung des Revisi...
  • BFH 14.12.2016, SIS 17 10 32, Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen: 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil de...
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  • BFH 18.6.2015, SIS 15 18 89, Außergewöhnliche Belastungen im Fall wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden: 1. Maßgeblic...
  • BFH 2.6.2015, SIS 15 15 48, Behinderungsbedingte Umbaukosten einer Motoryacht sind keine außergewöhnlichen Belastungen: Aufwendungen ...
  • BFH 14.4.2015, SIS 15 15 84, Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen für Arz...
  • FG Rheinland-Pfalz 16.10.2014, SIS 14 31 28, Abzugsfähigkeit von Ehescheidungskosten: Prozesskosten für eine Ehescheidung sind nach der ab VZ 2013 gel...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 1.10.2014, SIS 15 04 80, Liposuktion (Fettabsaugung) ist keine außergewöhnliche Belastung gem. § 64 Abs. 1 Nr. 2 f. EStDV: Liposuk...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 8.7.2014, SIS 14 31 70, Liposuktion (Fettabsaugung) ist keine außergewöhnliche Belastung gem. § 64 Abs. 1 Nr. 2 f. EStDV: Liposuk...

 

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für die operative Behandlung eines Lipödems (Liposuktion) als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) absetzbar sind.

 

 

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 2007 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie Aufwendungen in Höhe von insgesamt 12.228 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend. Ein Betrag in Höhe von 11.520 EUR entfällt auf die im Streitjahr geleistete Vorauszahlung von Operationskosten und sonstigen Kosten an die Firma X GmbH im Therapiezentrum A sowie Arztrechnungen des dort tätigen Dr. Y für eine am 27.11.2007, am 15.1.2008 (Beine) und am 7.4.2008 (Arme) durchgeführte Liposuktion. Daneben waren in den als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen Beträge für Rezeptgebühren (2 x 30,34 EUR sowie 18,64 EUR), eine Kompressionsstrumpfhose (10 EUR), ein amtsärztliches Zeugnis (71,30 EUR), Fahrtkosten zum Therapiezentrum (337,20 EUR), einen „Schnuppertag medizinische Leistung“ (99 EUR) enthalten.

 

 

3

Nach einem privatärztlichen Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. B, C und D vom 26.7.2007 sei im Sommer 2006 ein Lipödem diagnostiziert, zwischenzeitlich eine Gewichtsreduktion um 15 Kilo erreicht und die Patientin mit Kompressionsstrümpfen versorgt worden. Bei der klinischen Untersuchung finde sich das deutliche Lipödem nicht nur an den Beinen, sondern nun auch an den Oberarmen. Als Empfehlung wurde eine Fortführung der bisherigen entstauenden Maßnahmen vorgeschlagen, eventuell Liposuktion.

 

 

4

Die Krankenkasse der Klägerin lehnte die Kostenübernahme für eine Liposuktion durch Bescheid vom 8.11.2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, laut Aussage des medizinischen Dienstes der Krankenkasse handele es sich bei der beantragten Liposuktion um eine unkonventionelle Behandlungsmethode. Diese sei so lange von der vertraglichen Kassenleistung ausgeschlossen, bis der gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Empfehlung abgegeben habe. Eine solche Empfehlung liege über diese Methode bisher nicht vor. Es stünden aus schulmedizinischer Sicht Behandlungsmöglichkeiten, nämlich die konservative Behandlung mittels komplexer physikalischer Entstauungstherapie (manuelle Lymphdrainage, Kompression, Krankengymnastik), zur Verfügung. Eine Kostenübernahme könne deshalb nicht erfolgen. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die darauf eingelegte Klage vor dem Sozialgericht blieb erfolglos.

 

 

5

Die Klägerin legte Atteste des behandelnden Arztes Dr. Y vor. Dieser vertrat im Attest vom 24.4.2008 sowie den übermittelten Untersuchungsberichten (Befundberichten) vom 26.1.2008 die Auffassung, dass die Operation aus medizinischer Sicht notwendig gewesen sei, da sonst eine lebenslange manuelle Lymphdrainage und Kompression erforderlich gewesen wären. Ziel der Operation auf lange Sicht sei, dass die Patientin keine manuellen Lymphdrainagen und Kompression mehr benötige und schmerz- sowie beschwerdefrei sei.

 

 

6

Am 1.2.2008 stellte das Gesundheitsamt des Z-Kreises folgende Bescheinigung für die Klägerin aus, die diese dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) vorlegte:

 

„Die Liposuktion ist als Behandlungsmethode des vorliegenden Störungsbildes nicht anerkannt und kann aus diesem Grund aus medizinischer Sicht nicht als notwendig angesehen werden. Die psychische Beeinträchtigung kann durch den kosmetischen Eingriff reduziert werden.“

 

 

7

In dem Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10.6.2008 erkannte das FA die geltend gemachten Aufwendungen für die Liposuktion nicht als außergewöhnliche Belastung an. Zur Begründung führte es aus, dass eine medizinische Indikation nicht gegeben sei. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück, weil keine vorherige amtsärztliche Begutachtung erfolgt sei, aus der sich die Krankheit und die medizinische Notwendigkeit der den Aufwendungen zugrunde liegenden Behandlungen zweifelsfrei ergeben.

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage als unbegründet ab. Es vertrat die Auffassung, die Aufwendungen seien nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, weil kein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest vorgelegt worden sei, aus dem sich die Zwangsläufigkeit der durchgeführten Maßnahme ergibt.

 

 

9

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

10

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 4.2.2013 10 K 542/12 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2007 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 28.1.2009 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Anerkennung von 12.000 EUR für die durchgeführte Liposuktion als Krankheitskosten festgesetzt wird.

 

 

11

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

12

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Die Feststellungen der Vorinstanz tragen nicht dessen Folgerung, bei der Liposuktion handele es sich im Streitfall nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des vorliegenden Krankheitsbildes. Das FG hat daher zu Unrecht entschieden, dass die streitigen Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, weil die Klägerin kein vor der Behandlung erstelltes amtsärztliches Attest vorgelegt hat, aus dem sich die Zwangsläufigkeit der durchgeführten Maßnahme ergibt.

 

 

13

1. Nach § 33 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.9.1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418 = SIS 89 24 01).

 

 

14

a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteile vom 17.7.1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711 = SIS 81 22 55; vom 13.2.1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 = SIS 87 12 04, und vom 20.3.1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 = SIS 87 16 03).

 

 

15

b) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom 1.2.2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40, und vom 3.12.1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227 = SIS 99 06 03). Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40). Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.6.1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805 = SIS 98 03 08), also medizinisch indiziert sind (Senatsurteil vom 19.4.2012 VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577 = SIS 12 16 86).

 

 

16

c) Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V - ) hat der Steuerpflichtige durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 - StVereinfG 2011 - ). In den abschließend geregelten Katalogfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (vgl. Senatsurteile vom 6.2.2014 VI R 61/12, BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458 = SIS 14 10 30, und vom 26.2.2014 VI R 27/13, BFHE 245, 18 = SIS 14 16 51) ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu führen (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011).

 

 

17

d) Ein solcher qualifizierter Nachweis ist - aufgrund der in § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 angeordneten verfassungsrechtlich unbedenklichen rückwirkenden Geltung des § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (Senatsurteil in BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577 = SIS 12 16 86) - auch im Streitjahr bei krankheitsbedingten Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011), erforderlich.

 

 

18

aa) Vorliegend ist daher entscheidend, ob es sich bei der Liposuktion um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des bei der Klägerin diagnostizierten Lipödems handelt.

 

 

19

Wissenschaftlich anerkannt ist eine Behandlungsmethode dann, wenn Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies wird angenommen, wenn „die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)“ die Behandlungsmethode befürwortet und über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (gleicher Auffassung Bundessozialgericht - BSG - zu § 18 SGB V, Urteil vom 13.12.2005 B 1 KR 21/04 R, SozR 4-2500 § 18 Nr. 5 SGB V; BSG zu § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, Urteil vom 19.2.2002 B 1 KR 16/00 R, SozR 3-2500 § 92 Nr. 12 S. 71 f.; BSG zu § 18 SGB V, Urteil vom 14.2.2001 B 1 KR 29/00 R, SozR 3-2500 § 18 Nr. 6 S. 23; BSG zu § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, Urteil vom 21.3.2013 B 3 KR 2/12 R, SozR 4-2500 § 137c Nr. 6). Ob eine Behandlungsmethode als wissenschaftlich anerkannt anzusehen ist, hat das FG aufgrund der ihm obliegenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.

 

 

20

bb) Das FG ist zu dem Ergebnis gekommen, die von der Klägerin durchgeführte Liposuktion stelle keine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode dar. Es stützt diese Würdigung wesentlich auf das vorgelegte - negative - amtsärztliche Zeugnis. Insoweit fehlt es an einer nachvollziehbaren Ableitung der gezogenen Folgerungen aus einer tragfähigen Tatsachengrundlage.

 

 

21

Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat. Die aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnende Würdigung des FG ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann (Senatsurteile vom 11.11.2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966 = SIS 11 01 53; vom 30.6.2011 VI R 80/10, BFHE 234, 195, BStBl II 2011, 948 = SIS 11 29 94; BFH-Urteile vom 25.5.1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944 = SIS 88 21 53; vom 6.2.1996 VII R 2/95, BFH/NV 1996, 722; vom 23.8.1994 VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572; vom 15.2.1995 II R 53/92, BFH/NV 1996, 18).

 

 

22

Die vorgelegte amtsärztliche Bescheinigung führt zu der nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 zu beurteilenden wissenschaftlichen Anerkennung lediglich aus, „die Liposuktion ist als Behandlungsmethode des vorliegenden Störungsbildes nicht anerkannt“. Dies könnte allenfalls das Ergebnis der durch das FG vorzunehmenden Würdigung des Tatbestandsmerkmals der wissenschaftlichen Anerkennung sein. Es fehlt hingegen an Ausführungen, die dieses Ergebnis im Einzelnen stützen. Auch aus der Aussage der gesetzlichen Krankenkasse und des medizinischen Dienstes, wonach es sich bei der Liposuktion um eine unkonventionelle Behandlungsmethode handele, ergibt sich nicht die fehlende wissenschaftliche Anerkennung, denn der Begriff „unkonventionell“ sagt nichts über Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmethode und ihre Anerkennung in der Fachwelt aus. Da es auch im Übrigen an Feststellungen zu den unter II.1.d aa genannten Voraussetzungen für die wissenschaftliche Anerkennung fehlt, beruht die Vorentscheidung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage.

 

 

23

2. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

 

 

24

Im zweiten Rechtsgang wird das FG, ausgehend von den unter II.1.d aa angeführten Merkmalen, Feststellungen dazu zu treffen haben, ob es sich bei der Liposuktion um eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung des Krankheitsbildes der Klägerin handelt.

 

 

25

Die erforderlichen Feststellungen hat das FG nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Fehlt dem FG die erforderliche Sachkunde, um die Frage der wissenschaftlichen Anerkennung zu beurteilen, so ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens angezeigt (vgl. Senatsurteile vom 29.3.2012 VI R 21/11, BFHE 237, 93, BStBl II 2012, 574 = SIS 12 15 34; in BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458 = SIS 14 10 30).