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Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen für Arzneimittel i.S. des § 2 AMG unterfallen nicht dem Abzugsverbot für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG. - 2. Sie sind als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn die Medikation einer Krankheit geschuldet und deshalb ärztlich verordnet worden ist. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige wegen dieser Krankheit zugleich eine Diät halten muss, steht dem Abzug nach § 33 Abs. 1 EStG nicht entgegen. - Urt.; BFH 14.4.2015, VI R 89/13; SIS 15 15 84

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 14.04.2015, VI R 89/13
    BStBl 2015 II S. 703
    DStR 2015 S. 1671
    NJW 2015 S. 3119

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.8.2015
    St.Sch. in BFH/PR 10/2015 S. 348
    St.G. in HFR 9/2015 S. 857
Normen
[AMG] § 2
[EStG] § 33 Abs. 2 Satz 3
[NemV] § 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 15.07.2013, SIS 14 05 34, Außergewöhnliche Belastung, Arzneimittel, Krankheitskosten, Diätverpflegung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 4.11.2021, SIS 21 19 29, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung und des Abzugsverbots für Diätverpflegung: 1. Der Ansatz de...
  • BFH 1.9.2021, SIS 21 17 78, Anwendung des § 33 Abs. 3 EStG auf sogenannte beihilfefähige Aufwendungen im Krankheitsfall verfassungsge...
  • BFH 21.2.2018, SIS 18 06 21, Krankheits- und Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Bel...
  • BFH 25.4.2017, SIS 17 12 81, Aufwendungen für ein im Rahmen mehrerer Einkunftsarten genutztes häusliches Arbeitszimmer: Der gemäß § 4 ...
  • FG Düsseldorf 24.1.2017, SIS 17 19 79, Aufwendungen für Arzneimittel als außergewöhnliche Belastung, Abzugsverbot für Diätverpflegung, Privilegi...
  • FG Baden-Württemberg 30.11.2016, SIS 17 04 81, Haushaltsnahe Dienstleistungen, Berücksichtigung der Aufwendungen für die Unterbringung eines Epilepsie- ...
  • BFH 29.9.2016, SIS 16 26 25, Keine Besteuerung Alleinerziehender nach dem Splittingtarif: 1. Die Besteuerung Alleinerziehender nach de...
  • BFH 2.9.2015, SIS 15 28 94, Außergewöhnliche Belastungen, zumutbare Belastung, Krankheitskosten, Zuzahlungen: Krankheitskosten einsch...
  • BFH 2.9.2015, SIS 15 30 66, Außergewöhnliche Belastungen, zumutbare Belastung, Krankheitskosten, Zuzahlungen: 1. Die Revision der Klä...

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 15.7.2013 9 K 3744/12 E aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

 

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehren die steuerliche Berücksichtigung von krankheitsbedingten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung.

 

 

2

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin leidet an einer chronischen Stoffwechselstörung. Sie nimmt aus diesem Grund Vitamine und andere Mikronährstoffe ein. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2010) machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von 9.341 EUR als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2010 vom 1.9.2011 jedoch lediglich Aufwendungen in Höhe von 6.124 EUR für Arztkosten, Medikamente, Kosten für TCM-Präparate, Reiki-Behandlungen und ähnliches. Aufwendungen in Höhe von 706,55 EUR für die Mittel Milgamma, Gelovital, Vigantoletten, Cefasel, Biotin, Vitamin B2, Adenosylcobalamin, Metabolic, Calcium und Bio-C-Vitamin, die über diverse Apotheken bezogen wurden, ließ das FA nicht zum Abzug nach § 33 EStG zu. Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Im geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 vom 14.9.2012 berücksichtigte das FA weitere Aufwendungen in Höhe von 324 EUR als außergewöhnliche Belastung. Die hier streitigen Aufwendungen in Höhe von 706,55 EUR blieben jedoch weiterhin außer Ansatz, obgleich die Kläger eine ärztliche Bescheinigung vom 11.11.2011 mit folgendem Inhalt vorlegten:

 

 

3

„Bei o.g. Patientin liegt eine chronische Stoffwechselstörung vor, die kausal nicht therapierbar ist. Zur Vermeidung von weiteren gesundheitlichen Schäden ist eine laufende Einnahme von Vitaminen und anderen Mikronährstoffen erforderlich. Diese Einnahme ist lebenslang erforderlich. Medikamente sind bei dieser Stoffwechselstörung nicht indiziert.

 

Im Verlauf der Jahre kam und wird es auch zu Änderungen kommen, da die Einsatzindikation der Mikronährstoffe jeweils von den Organsymptomen abhängt.

 

Für das Jahr 2010 wurden folgende Präparate unsererseits verordnet: Benfotiamin (Milgamma), Gelovital (Vitamin A und D), Vigantoletten (Vitamin D), Cefasel als Selen, Biotin, Vitamin B2 laktosefrei, Adenosylcobalamin (Vitamin B12 ohne Cyananteile), Kalzium und Vitamin D, Vitamin C als Kalzium ascorbat und Mischpräparat Metabolic 4-B-Komplex mit Folsäure, Benfotiamin, Vitamin B12 als Adenosylcobalamin und Biotin.“

 

 

4

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine und andere Mikronährstoffe) seien auch bei einer chronischen Stoffwechselstörung nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Sie seien durch Diätverpflegung entstanden und könnten deshalb nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

 

 

5

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

 

 

6

Sie beantragen, das Urteil des FG Düsseldorf vom 15.7.2013 9 K 3744/12 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.9.2012 dahingehend abzuändern, dass weitere Aufwendungen in Höhe von 706,55 EUR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die bisher getroffenen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Schluss, dass die streitigen Präparate als Diätverpflegung und nicht als Arzneimittel, die einer Krankheit halber eingenommen werden, zu beurteilen sind.

 

 

9

1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, beispielsweise die Kosten der Verpflegung (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21.6.2007 III R 48/04, BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880 = SIS 07 31 77), die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. BFH-Urteil vom 29.9.1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418 = SIS 89 24 01).

 

 

10

a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH hingegen davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (Senatsurteile vom 26.2.2014 VI R 27/13, BFHE 245, 18, BStBl II 2014, 824 = SIS 14 16 51, und vom 26.6.2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9 = SIS 14 27 71, jeweils m.w.N.). Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach (stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig) noch der Höhe nach (Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall) geprüft. Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Begriff der Krankheit einen anomalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen „in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen“ beeinträchtigt, so dass er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf (Senatsurteil vom 16.12.2010 VI R 43/10, BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414 = SIS 11 05 55).

 

 

11

b) Aufwendungen für Diätverpflegung sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG und der Entstehungsgeschichte der Ausschlussnorm jedoch ausnahmslos nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Dies gilt auch für Sonderdiäten, die - wie z.B. bei der Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) - eine medikamentöse Behandlung ersetzen (BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880 = SIS 07 31 77).

 

 

12

aa) Unter Diät ist die auf die Bedürfnisse des Patienten und die Therapie der Erkrankung abgestimmte Ernährung zu verstehen; sie kann in der Einschränkung der gesamten Ernährung, in der Vermeidung bestimmter Anteile oder in der Vermehrung aller oder bestimmter Nahrungsanteile bestehen. Zu den Diätformen gehören nicht nur kurzzeitig angewendete Einformdiäten sowie langzeitig angewandte Grunddiäten, z.B. bei Gicht und Zuckerkrankheit, sondern auch langzeitige Sonderdiäten mit Anpassung an ständige Leiden, z.B. Zöliakie (BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880 = SIS 07 31 77, m.w.N.).

 

 

13

bb) Vom Abzugsverbot nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG werden damit Kosten einer besonderen Verpflegung und damit Aufwendungen für Diätlebensmittel erfasst, auch wenn ihnen „quasi Medikamentenfunktion“ zukommt oder sie zur Unterstützung einer Heilbehandlung konsumiert werden (BFH-Urteil vom 27.9.1991 III R 15/91, BFHE 165, 531, BStBl II 1992, 110 = SIS 92 02 04). Denn insoweit ist der Steuerpflichtige nicht außergewöhnlich belastet, da unterschiedliche Lebenshaltungskosten unbeachtlich sind.

 

 

14

cc) Arzneimittel unterfallen dem Abzugsverbot für Diätverpflegung jedoch nicht. Arzneimittel i.S. des § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind keine Lebensmittel und zählen nicht zur Diätverpflegung i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG, auch wenn sie während einer Diät eingenommen werden. Aufwendungen dafür sind vielmehr als Krankheitskosten nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn ihre Einnahme einer Krankheit geschuldet und die Zwangsläufigkeit (medizinische Indikation) der Medikation durch ärztliche Verordnung nachgewiesen ist. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige wegen dieser Krankheit zugleich eine Diät halten muss, steht dem nicht entgegen. Aufwendungen für Arzneimittel sind auch in einem solchen Fall unmittelbare Krankheitskosten, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, und damit Aufwendungen, die nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880 = SIS 07 31 77).

 

 

15

2. Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, dass es sich bei den von der Klägerin eingenommenen Präparaten um Nahrungsergänzungsmittel i.S. des § 1 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) und damit um Lebensmittel, die u.U. im Rahmen einer Diät eingenommen werden, und nicht um Arzneimittel i.S. des § 2 AMG handelt, deren Medikation einer Krankheit geschuldet und deshalb ärztlich verordnet worden ist. Denn das FG hat die streitigen Präparate allein wegen der enthaltenen Inhaltsstoffe als Nahrungsergänzungsmittel eingeordnet. Es hat dabei verkannt, dass sich der Lebensmittelkontrolle unterliegende Nahrungsergänzungsmittel von den (regelmäßig) zulassungspflichtigen Arzneimitteln nicht durch die Inhaltsstoffe, sondern die pharmakologische Wirkung unterscheiden (www.bfr.bund.de <Fragen und Antworten zu Nahrungsergänzungsmitteln>). Das FG hat deshalb im zweiten Rechtsgang festzustellen, ob es sich bei den eingenommenen Präparaten um ärztlich verordnete Arzneimittel i.S. des § 2 AMG handelt.

 

 

16

3. Da die Revision aus anderen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, muss der Senat nicht noch darüber entscheiden, ob die Kläger auch infolge eines Verfahrensfehlers in ihren Rechten verletzt sind (Senatsurteil vom 26.2.2014 VI R 11/12, BFHE 245, 150, BStBl II 2014, 674 = SIS 14 18 40, m.w.N.).

 

 

17

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.