Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28.4.2015 8 K
1792/13 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Streitig ist die Abziehbarkeit von
Aufwendungen für künstliche Befruchtungen als
außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des
Einkommensteuergesetzes (EStG).
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) leidet an einer sog. Subfertilität aufgrund
einer Spermienanomalie. Im Streitjahr (2010) wurden bei der Ehefrau
(E) des Klägers, mit der er damals noch nicht verheiratet war,
im Wege der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) mehrere
Versuche unternommen, eine Schwangerschaft herbeizuführen. Auf
diese Weise wurden zunächst vier, dann sieben Eizellen
befruchtet. Nach Durchführung der sog. Blastozystenkultur
(extrakorporale Kultur während der ersten vier bis sechs Tage
nach Vornahmen der ICSI) wurden E die jeweils verbliebenen zwei
Embryonen eingesetzt. Die Behandlung fand in einer Klinik in X
(Österreich) statt.
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In seiner Einkommensteuererklärung
für 2010 machte der Kläger für die Behandlung
angefallene Kosten in Höhe von 17.261,62 EUR als
außergewöhnliche Belastungen geltend. Bei den
Aufwendungen handelte es sich um an die spätere Ehefrau des
Klägers gerichtete Rechnungen der „IVF ... „ sowie
auf diese ausgestellte Apothekenrezepte.
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Im Einkommensteuerbescheid für 2010
lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
die Berücksichtigung der Aufwendungen ab. Gegen den Bescheid
legte der Kläger Einspruch ein.
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Mit Schreiben vom 27.11.2012 teilte das FA
dem Kläger mit, gemäß dem Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.5.2007 III R 47/05 (BFHE 218, 141,
BStBl II 2007, 871 = SIS 07 31 16) könnten Kosten für
eine In-vitro-Fertilisation außergewöhnliche Belastungen
sein, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den
Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen worden
seien. Es werde daher eine Bescheinigung der Klinik oder der
Krankenkasse benötigt, dass die durchgeführten
Maßnahmen mit den Richtlinien der ärztlichen
Berufsordnungen nach deutschem Recht übereinstimmten. Dies
beziehe sich insbesondere auf das deutsche Embryonenschutzgesetz
(ESchG).
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Daraufhin übersandte der Kläger
dem FA eine Stellungnahme der Klinik. Darin war u.a.
ausgeführt, es könne nicht bestätigt werden, dass
der Wortlaut des deutschen ESchG im Sinne der
„Dreier-Regel“ eingehalten worden sei.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 29.4.2013
wies das FA den Einspruch des Klägers zurück. Die Klage
hatte keinen Erfolg.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Er beantragt, das Urteil des Finanzgerichts
(FG) Baden-Württemberg vom 28.4.2015 8 K 1792/13 aufzuheben
und den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 22.7.2011 i.d.F. der
Einspruchsentscheidung vom 29.4.2013 dahingehend zu ändern,
dass die mit der reproduktionsmedizinischen Behandlung im
Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Höhe von 17.261,63 EUR
als außergewöhnliche Belastungen anerkannt
werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die
Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem
Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen
als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher
Einkommensverhältnisse, gleicher
Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands
erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen
zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen,
tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen
kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig
sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§
33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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a) In ständiger Rechtsprechung geht der
BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die
Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus
tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen.
Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten
berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit
oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu
machen (BFH-Urteile vom 17.7.1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl
II 1981, 711 = SIS 81 22 55; vom 13.2.1987 III R 208/81, BFHE 149,
222, BStBl II 1987, 427 = SIS 87 12 04; vom 20.3.1987 III R 150/86,
BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 = SIS 87 16 03; vom 2.9.2010 VI R
11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119 = SIS 10 36 90).
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b) Im Hinblick auf die für den Abzug nach
§ 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht
danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen
oder medizinisch erforderliche Hilfsmittel der Heilung dienen oder
lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen.
Deshalb werden regelmäßig auch Aufwendungen als
außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl
der körperliche Mangel durch die betreffende Maßnahme
nicht behoben, sondern nur „umgangen“ oder
kompensiert wird (Senatsurteil vom 16.12.2010 VI R 43/10, BFHE 232,
179, BStBl II 2011, 414 = SIS 11 05 55). Dementsprechend erkennt
der BFH in ständiger Rechtsprechung Aufwendungen für die
künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität an,
wenn diese in Übereinstimmung mit den Richtlinien der
Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteile
vom 28.7.2005 III R 30/03, BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495 = SIS 05 44 55; in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871 = SIS 07 31 16; vom
21.2.2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309 = SIS 08 28 05;
Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414 = SIS 11 05 55).
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c) Voraussetzung ist allerdings weiter, dass
die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der
innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht. Denn eine nach
nationalem Recht verbotene Behandlung kann keinen
zwangsläufigen Aufwand i.S. des § 33 Abs. 1 EStG
begründen. Vielmehr ist von den Steuerpflichtigen zu erwarten,
dass sie gesetzliche Verbote beachten. Aufwendungen für nach
objektiv-rechtlichen Maßstäben verbotene
Behandlungsmaßnahmen sind selbst dann nicht
zwangsläufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeldbewehrt
sind (Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.11.2014 B 1 KR 19/13
R, BSGE 117, 212, Rz 11 zum Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenversicherung) oder wegen eines
Strafausschließungsgrundes nicht geahndet werden (FG
Düsseldorf, Urteil vom 9.5.2003 18 K 7931/00 E, EFG 2003, 1548
= SIS 03 48 19; FG München, Beschluss vom 21.2.2000 16 V
5568/99, EFG 2000, 496 = SIS 01 56 17). Als
außergewöhnliche Belastungen sind daher Kosten für
eine künstliche Befruchtung nur zu berücksichtigen, wenn
die aufwandsbegründende Behandlung insbesondere nicht gegen
das ESchG verstößt und - wie bereits unter b)
ausgeführt - mit den Richtlinien der Berufsordnungen für
Ärzte im Einklang steht.
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2. Das FG hat seiner Entscheidung zwar diesen
Rechtsmaßstab zugrunde gelegt. Es hat aber zu Unrecht
angenommen, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG verbiete, mehr als drei
Eizellen zu befruchten, ferner widerspreche die streitige ICSI den
Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte. Das Urteil des
FG ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif.
Denn anhand der Feststellungen des FG lässt sich nicht
abschließend beurteilen, ob die vorgenommenen Behandlungen
insbesondere den Vorgaben des ESchG entsprechen.
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a) Das FG hat allerdings zutreffend die
erhebliche Einschränkung der Fertilität des Klägers
als Krankheit und die ICSI grundsätzlich als die erforderliche
medizinische Heilbehandlung beurteilt, um eine Schwangerschaft
herbeizuführen (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
21.9.2005 IV ZR 113/04, BGHZ 164, 122, Rz 13).
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b) Entgegen der Auffassung des FG verbieten
die Berufsordnungen der Ärzte jedoch bei einer ICSI nicht,
mehr als drei Eizellen zu befruchten.
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Die von den Landesärztekammern erlassenen
Berufsordnungen legen fest, dass bei speziellen medizinischen
Maßnahmen oder Verfahren, die ethische Probleme aufwerfen und
zu denen die Ärztekammer Richtlinien zur Indikationsstellung
und zur Ausführung als Bestandteil der Berufsordnung
festgelegt hat, die Ärztinnen und Ärzte diese zu beachten
haben. Dies gilt auch für die sog. Richtlinie zur assistierten
Reproduktion. Die Landesärztekammern haben bis auf den
Freistaat Bayern sowie die Länder Berlin und Brandenburg auf
der Grundlage der (Muster-)Richtlinie zur Durchführung der
assistierten Reproduktion der Bundesärztekammer - Novelle 2006
- (Muster-RL) - Deutsches Ärzteblatt 2006, 1392 - eigene
Richtlinien zur assistierten Reproduktion erlassen. Zusätzlich
enthält die Muster-RL einen Kommentar, der nicht verbindlich
ist und den lediglich einige Landesärztekammern
übernommen haben.
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Nach 5.1 der in die Richtlinien der
Landesärztekammern übernommenen Muster-RL ist Ziel der
Sterilitätstherapie die Herbeiführung einer
Einlingsschwangerschaft, da diese das geringste Risiko für
Mutter und Kind darstellt. Daher sei es bei Patientinnen unter 38
Jahren zu empfehlen, im ersten oder zweiten ICSI-Versuch nur zwei
Embryonen zu transferieren. Nach 3.1.2 der Muster-RL dürfen
maximal drei Embryonen einzeitig auf die Mutter übertragen
werden. Nach den Feststellungen des FG wurden der späteren
Ehefrau des Klägers jeweils zwei Embryonen eingesetzt. Zwar
ist in der Kommentierung zu 3.1.2 der Muster-RL u.a.
ausgeführt, dass § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG es verbiete, mehr
Eizellen zu befruchten, als einer Frau während eines Zyklus
übertragen werden sollen, weshalb es nicht zulässig sei,
mehr als drei Eizellen zu befruchten. Diese Ausführungen sind
jedoch nicht verbindlich und in die Richtlinien der
Landesärztekammern auch nicht übernommen worden. Mithin
ist die Schlussfolgerung des FG, eine Befruchtung von mehr als drei
Eizellen stehe nicht mit den Richtlinien der Berufsordnung für
Ärzte im Einklang, nicht zutreffend.
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c) Auch § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG steht der
Befruchtung von mehr als drei Eizellen nicht entgegen. Die
Vorschrift erlaubt dem Arzt vielmehr, so viele Eizellen zu
befruchten, wie nach seiner Beurteilung unter Berücksichtigung
des individuellen Prognoseprofils der Patientin und des Paares
erforderlich sind, um einerseits entwicklungsfähige, für
den Transfer vorgesehene Embryonen zu erhalten und andererseits
höhergradige Mehrlingsschwangerschaften zu verhindern (sog.
deutscher Mittelweg).
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aa) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft,
wer es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen
auf eine Frau zu übertragen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft, wer es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu
befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden
sollen. Während § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG die Entstehung von
höhergradigen Mehrlingsschwangerschaften unterbinden will
(Günther in Günther/ Taupitz/Kaiser,
Embryonenschutzgesetz, 2. Aufl., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 6),
bezweckt § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG, das Entstehen
überzähliger Embryonen sowie eine künstliche
Befruchtung „auf Vorrat“ zu verhindern
(Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zum
Schutz von Embryonen, BTDrucks 11/5460, S. 9; Günther in
Günther/Taupitz/Kaiser, a.a.O., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 1,
3; Frommel, Journal für Reproduktionsmedizin und
Endokrinologie - J.Reproduktionsmed.Endokrinol. - 2007, 27,
28).
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bb) Der Wortlaut der Vorschrift legt die Zahl
der Eizellen, die höchstens befruchtet werden dürfen,
nicht fest. Verboten ist vielmehr nur, mehr Eizellen zu befruchten,
als „innerhalb eines Zyklus übertragen werden
sollen“. Da nicht Eizellen, sondern nur Embryonen
übertragen werden, legt der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 5
ESchG die Auslegung nahe, dass diejenige Anzahl von Eizellen
befruchtet werden darf, aus der sich voraussichtlich so viele
Embryonen entwickeln werden, wie innerhalb eines Zyklus der Frau
übertragen werden dürfen (Khosravi, Die Strafbarkeit nach
dem Embryonenschutzgesetz und Stammzellengesetz, 2017, S. 52;
Frommel/Thaler, Frauenarzt, 2015, S. 14 f.; Frommel,
J.Reproduktionsmed.Endokrinol. 2007, S. 27 f.). Wäre eine
starre Begrenzung auf die Zahl drei nicht nur hinsichtlich der
Befruchtung von Eizellen beabsichtigt gewesen, so hätte dies
der Gesetzgeber nicht nur in § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG, sondern
auch in § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG aufnehmen können. Dies hat
er nicht getan, obwohl die SPD-Fraktion im Gesetzgebungsverfahren
einen Änderungsantrag eingebracht hatte, nach dem es unter
Strafe gestellt werden sollte, bei einer Frau mehr als drei
befruchtungsfähige Eizellen zu gewinnen, zu befruchten und auf
sie zu übertragen (Beschlussempfehlung und Bericht des
Rechtsausschusses, BTDrucks 11/8057, S. 14). Die Ablehnung dieses
Vorschlags lässt den Schluss zu, dass die Zahl der Eizellen,
die innerhalb eines Zyklus befruchtet werden dürfen, gerade
nicht ziffernmäßig beschränkt werden sollte,
sondern die Regelung nur verhindern soll, dass bewusst mehr
entwicklungsfähige Embryonen erzeugt werden, als innerhalb
eines Zyklus auf die Frau übertragen werden dürfen.
Hierfür spricht überdies, dass der Gesetzgeber im
Gesetzgebungsverfahren zum ESchG der Auffassung war, dass nur 80 %
der Befruchtungsversuche erfolgreich abgeschlossen werden
könnten (BTDrucks 11/5460, S. 9). Er ging demnach selbst davon
aus, dass es zur Gewinnung von drei transferfähigen Embryonen
der Befruchtung von mehr als drei Eizellen bedurfte (Khosravi,
a.a.O., S. 50 ff.; Frommel, J.Reproduktionsmed.Endokrinol. 2007, S.
27, 29).
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cc) Der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG
steht dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift soll - wie
ausgeführt - dem Entstehen
„überzähliger“ Embryonen
entgegenwirken, die nicht innerhalb eines Zyklus auf die Frau
übertragen werden können, von der die befruchteten
Eizellen stammen; ferner will die Vorschrift eine künstliche
Befruchtung „auf Vorrat“ verhindern. Die
Festlegung auf eine jeweils gleiche Anzahl von Eizellen in § 1
Abs. 1 Nr. 5 ESchG einerseits und Embryonen in § 1 Abs. 1 Nr.
3 ESchG andererseits wäre nur sinnvoll, wenn aus jeder Eizelle
letztlich auch ein transferierbarer Embryo entstünde (so auch
Staatsanwaltschaft München I, Verfügung vom 24.7.2014.124
Js 202366/13, Zeitschrift für Medizinstrafrecht - medstra -
2015, 64). Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr reifen
altersabhängig durchschnittlich nur 20 % bis 30 % der Eizellen
im Vorkernstadium überhaupt zu Blastozysten heran und nur
diese haben überhaupt ein realistisches Potenzial auf die
Entstehung einer Schwangerschaft (Ziller, gynkongress 2016, 9).
Legte man § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG dahin aus, dass nur jeweils
drei Eizellen befruchtet werden dürften (so Erbs/Kohlhaas,
Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG Rz 8),
wären die Erfolgschancen im Hinblick auf die
Herbeiführung einer Schwangerschaft derartig gering, dass eine
erfolgversprechende Behandlung nicht mehr gewährleistet
wäre.
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dd) Für die Verwirklichung des
Tatbestands des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG
(„sollen“) kommt es damit entscheidend darauf
an, welchen Zweck der behandelnde Arzt mit der gewählten
Vorgehensweise verfolgt (Günther in
Günther/Taupitz/Kaiser, a.a.O., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 20,
24). Beabsichtigt er das Entstehen von lediglich ein bis zwei
entwicklungsfähigen Embryonen zum Zwecke der Übertragung,
so widerspricht die Behandlung selbst dann nicht den Vorgaben des
ESchG, wenn trotz sorgfältiger Prognose und individuell
angepasster Vorgehensweise im Einzelfall unbeabsichtigt mehr
entwicklungsfähige Embryonen entstehen sollten. Damit ist der
sog. deutsche Mittelweg mit den Regelungen des ESchG vereinbar,
wenn anhand der individuell maßgeblichen Parameter (z.B.
Alter, Gewicht, Vorerkrankungen) aufgrund einer sorgfältigen
und individuellen Prognose so viele Eizellen befruchtet werden,
dass voraussichtlich ein oder zwei entwicklungsfähige
Embryonen entstehen, die dann übertragen werden sollen (gl. A.
Staatsanwaltschaft München I, Verfügung vom 24.7.2014.124
Js 202366/13, medstra 2015, 64; Amtsgericht - AG - Wolfratshausen,
Urteil vom 30.4.2008 6 C 677/06; AG Kitzingen, Urteil vom 7.10.2011
3 C 781/10; AG München, Urteil vom 27.4.2012.242 C 10202/11;
Günther in Günther/Taupitz/Kaiser, a.a.O., § 1 Abs.
1 Nr. 5, Rz 8, 23; Khosravi, a.a.O., S. 50 ff.; Frommel,
J.Reproduktionsmed.Endokrinol. 2007, 27, 28, 30, 31, 32;
Frommel/Thaler, Frauenarzt 2015, 14, 15; Ziller, gynkongress 2016,
9).
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d) Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zu
Recht - bisher nicht geprüft, ob die aufwandsbegründenden
Behandlungen dem sog. deutschen Mittelweg entsprechen. Der Senat
kann dies anhand der Feststellungen der Vorentscheidung nicht
entscheiden. Hinsichtlich des ersten Behandlungsversuchs unter
Verwendung von vier befruchteten Eizellen bestehen für den
Senat nach vorstehenden Ausführungen grundsätzlich keine
Zweifel. Ob dies auch für den zweiten Behandlungsversuch unter
Verwendung von sieben Embryonen zutrifft, ist aufgrund einer
individuellen Prognose zum Zeitpunkt der Befruchtung der Eizellen
zu entscheiden. Insoweit wird das FG die erforderlichen
Feststellungen im zweiten Rechtsgang mit Hilfe eines
Sachverständigengutachtens nachholen (vgl. Senatsurteile vom
6.2.2014 VI R 61/12, BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458 = SIS 14 10 30; vom 26.6.2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9 = SIS 14 27 71).
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e) Ergibt sich danach, dass die Behandlungen
im Einklang mit dem ESchG stehen, steht einem Abzug als
außergewöhnliche Belastungen nicht entgegen, dass die
für die Behandlung gestellten Rechnungen an die spätere
Ehefrau des Klägers gerichtet waren. Die Aufwendungen dienten
dazu, eine Fertilitätsstörung des Klägers
auszugleichen, und waren als insgesamt auf dieses Krankheitsbild
abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu
überwinden und die Krankheit zu lindern (vgl. BGH-Urteil in
BGHZ 164, 122). Die Behandlung ist insoweit ebenso wie eine
heterologe Insemination (Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II
2011, 414 = SIS 11 05 55) als untrennbare Einheit zu sehen. Mithin
sind auch die spätere Ehefrau betreffende
Behandlungsmaßnahmen Aufwendungen zur Behandlung einer
Krankheit des Klägers, die dieser als
außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend
machen kann, soweit er sie - wie im Streitfall - getragen hat.
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3. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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