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Heileurythmie als außergewöhnliche Belastung, Anforderungen an den Nachweis der Zwangsläufigkeit

Heileurythmie als außergewöhnliche Belastung, Anforderungen an den Nachweis der Zwangsläufigkeit: 1. Aufwendungen für eine heileurythmische Behandlung können als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 EStG zu berücksichtigen sein. - 2. Die Heileurythmie ist ein Heilmittel i.S. der §§ 2 und 32 SGB V. - 3. Die Zwangsläufigkeit entsprechender Aufwendungen im Krankheitsfall kann durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen werden. - 4. Ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ist nicht erforderlich. - Urt.; BFH 26.2.2014, VI R 27/13; SIS 14 16 51

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 26.02.2014, VI R 27/13
    BStBl 2014 II S. 824
    BFHE 245 S. 18
    BFH/NV 2014 S. 1265

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 29.9.2014
    A.S. in NWB 27/2014 S. 2004
    -/- in NWB 27/2014 S. 1995
    St.G. in HFR 8/2014 S. 699
    St.Sch. in BFH/PR 9/2014 S. 304
Normen
[EStG] § 33
[SGB V] § 2, § 23, § 31, § 32, § 33, § 275
[EStDV] § 84 Abs. 3 f, § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Schleswig-Holsteinisches FG, 17.04.2013, SIS 13 16 20, Außergewöhnliche Belastung, Heilbehandlung, Heileurythmist, Nachweis, Auslegung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 17.1.2022, SIS 22 04 05, Aufwendungen für ein Ortho-Training, für nicht verschreibungspflichtige Medikamente und für die Ausstellu...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.11.2021, SIS 22 00 06, Nachweisanforderung bei außergewöhnlichen Belastungen nach dem StVereinfG 2011: 1. Weder die in § 33 Abs....
  • FG Berlin-Brandenburg 8.11.2021, SIS 22 00 07, Anmietung einer zweiten Wohnung am Arbeitsort in unmittelbarer Nähe zur Arbeitsstätte, um die an Parkinso...
  • Hessisches FG 24.6.2021, SIS 21 18 35, Psychotherapeutische Behandlung als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen zur Heilung oder Linderun...
  • FG Münster 27.1.2017, SIS 17 05 10, Kosten für die Teilnahme von Pflegeeltern an medizinischen Seminaren als außergewöhnliche Belastung: Kost...
  • BFH 9.11.2015, SIS 16 00 36, Krankheitskosten als Werbungskosten: 1. Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit können betriebl...
  • FG München 26.10.2015, SIS 16 08 22, Medizinische Notwendigkeit einer Fettabsaugung: 1. Bei den im Streitfall vorgenommenen Liposuktionen hand...
  • BFH 18.6.2015, SIS 15 18 89, Außergewöhnliche Belastungen im Fall wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden: 1. Maßgeblic...
  • BFH 18.6.2015, SIS 15 28 23, Außergewöhnliche Belastungen bei Unterbringung einer Jugendlichen in einer Einrichtung der Jugendhilfe: 1...
  • BFH 14.4.2015, SIS 15 15 84, Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen für Arz...
  • BFH 15.1.2015, SIS 15 11 08, Nachweis der Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen nach § 64 EStDV: 1. Die Anerkennung vo...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 1.10.2014, SIS 15 04 80, Liposuktion (Fettabsaugung) ist keine außergewöhnliche Belastung gem. § 64 Abs. 1 Nr. 2 f. EStDV: Liposuk...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 8.7.2014, SIS 14 31 70, Liposuktion (Fettabsaugung) ist keine außergewöhnliche Belastung gem. § 64 Abs. 1 Nr. 2 f. EStDV: Liposuk...
  • BFH 26.6.2014, SIS 14 27 71, Außergewöhnliche Belastungen im Falle wissenschaftlich nicht anerkannter Behandlungsmethoden: 1. Wissensc...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuermindernd zu berücksichtigen sind.

 

 

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Pensionärin. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 machte sie u.a. Aufwendungen für 36 heileurythmische Behandlungen á 45 Minuten á 45 EUR = 1.620 EUR als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 EStG geltend. Hierzu legte sie ärztliche Verordnungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. A vom 16. Januar, 25. Mai und vom 12.9.2009 vor, auf denen jeweils „12 x Heileurythmie“ verordnet wird und als Diagnose „Z.n. Discusprolaps“ (= Bandscheibenvorfall) sowie chronisch rezidives LWS-Syndrom (= chronisch wiederkehrendes Syndrom der Lendenwirbelsäule) vermerkt ist. Darüber hinaus reichte die Klägerin Rechnungen der Heileurythmistin B vom 12.5.2009 und vom 8.9.2009 über jeweils 12 Behandlungen über 540 EUR ein.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen bei der Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres (2009) jedoch nicht. Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit den in EFG 2013, 1128 = SIS 13 16 20 veröffentlichten Gründen insoweit statt, als es die im Streitjahr von der Klägerin geleisteten Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen in Höhe von 1.080 EUR als außergewöhnliche Belastung zum Abzug nach § 33 EStG zuließ.

 

 

4

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

5

Es beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 17.4.2013 5 K 71/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

6

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die geltend gemachten Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigen sind.

 

 

8

1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.9.1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418 = SIS 89 24 01).

 

 

9

a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteile vom 17.7.1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711 = SIS 81 22 55; vom 13.2.1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 = SIS 87 12 04, und vom 20.3.1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 = SIS 87 16 03).

 

 

10

b) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom 1.2.2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40, und vom 3.12.1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227 = SIS 99 06 03, m.w.N.). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40). Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.6.1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805 = SIS 98 03 08), also medizinisch indiziert sind (Senatsurteil vom 19.4.2012 VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577 = SIS 12 16 86).

 

 

11

c) Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V - ) hat der Steuerpflichtige durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 - StVereinfG 2011 - vom 1.11.2011, BGBl I 2011, 2131). In den abschließend geregelten Katalogfällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (vgl. Senatsurteile vom 6.2.2014 VI R 61/12, BFH/NV 2014, 771 = SIS 14 10 30, und vom 29.3.2012 VI R 21/11, BFHE 237, 93, BStBl II 2012, 1174 = SIS 12 15 34; Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 33 Rz 34; Geserich, DStR 2012, 1490, 1493) ist der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu führen.

 

 

12

d) Ein solcher qualifizierter Nachweis ist - aufgrund der in § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 angeordneten, verfassungsrechtlich unbedenklichen, rückwirkenden Geltung des § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (Senatsurteil in BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577 = SIS 12 16 86) auch im Streitjahr bei krankheitsbedingten Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011) erforderlich.

 

 

13

e) Die Behandlungsmethoden der in § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V aufgeführten besonderen Therapierichtungen gehören hierzu jedoch nicht. Unter einer „besonderen Therapierichtung“ ist das umfassende, zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen bestimmte therapeutische Konzept zu verstehen, das auf der Grundlage eines von der naturwissenschaftlich geprägten „Schulmedizin“ sich abgrenzenden, weltanschaulichen Denkansatzes größere Teile der Ärzteschaft und weite Bevölkerungskreise für sich eingenommen hat (Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 16.9.1997 1 RK 28/95, BSGE 81, 54, 71 f.). Zu diesen Therapierichtungen sind jedenfalls die Homöopathie, Anthroposophie (mit dem Heilmittel „Heileurythmie“) und Phytotherapie (BSG-Urteil vom 22.3.2005 B 1 A 1/03 R, BSGE 94, 221) zu zählen. Um wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden i.S. des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 handelt es sich insoweit nicht. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2, § 34 SGB V vom Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausgeschlossen sind (BSG-Urteil in BSGE 94, 221). Der Nachweis der Zwangsläufigkeit entsprechender Aufwendungen ist daher nicht gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu führen, sondern, sofern Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 SGB V) in Rede stehen, nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 und damit lediglich durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (vgl. Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 33 Rz 53; Geserich, DStR 2012, 1490, 1493).

 

 

14

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des FG nicht zu beanstanden, dass die Klägerin die Zwangsläufigkeit der streitigen Aufwendungen in der nach § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 gebotenen Form nachgewiesen habe und diese Kosten deshalb nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien. Zutreffend ist es davon ausgegangen, dass die Heileuryhtmie ein Heilmittel i.S. der §§ 2 und 32 SGB V ist. Denn es handelt sich um eine ärztlich verordnete Dienstleistung, die einem Heilzweck dient oder einen Heilerfolg sichern soll und nur von entsprechend ausgebildeten, berufspraktisch erfahrenen Personen erbracht werden darf (vgl. BSG-Urteil in BSGE 94, 221, und BFH-Urteil vom 8.3.2012 V R 30/09, BFHE 237, 263, BStBl II 2012, 623 = SIS 12 13 67, betreffend Heileuryhtmie als Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes). Ebenfalls zutreffend ist die Erkenntnis des FG, dass es nach dem SGB V den Krankenkassen möglich ist, derartige Leistungen zu übernehmen.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Auch wenn sonach für heileurythmische Maßnahmen der Nachweis nicht durch ein vorheriges Attest in qualifizierter Form erbracht werden muss, dürfte es in der Praxis gleichwohl ratsam sein, sich jedenfalls um ein vorheriges Attest eines Arztes oder Heilpraktikers zu bemühen. Denn im Nachhinein ausgestellte Atteste sind häufig nicht ohne Weiteres nachvollziehbar und auch Sachverständige sind nicht in jedem Fall in der Lage, eine ausreichende Klärung herbeiführen.

Der BFH weist ergänzend darauf hin, dass gegen die rückwirkende Anwendung der mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführten Nachweisregelungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BFH-Urteil vom 19.4.2012 VI R 74/10 = SIS 12 16 86, BStBl 2012 II S. 577).