Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 3.7.2017 9 K 1147/16
insoweit aufgehoben, als es die Klage hinsichtlich der
Steuerfreiheit der für den Veranstalter L ausgeführten
Leistungen abgewiesen hat.
Der Klage wird auch insoweit stattgegeben.
Die Umsatzsteuer wird unter Abänderung des
Umsatzsteuerbescheids 2009 des Finanzamts vom 29.3.2016 und dessen
Einspruchsentscheidung vom 18.4.2016 auf den Betrag festgesetzt,
der sich bei der Umsatzsteuerbefreiung auch der für den
Veranstalter L ausgeführten Umsätze ergibt.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten über die
Steuerfreiheit von Umsätzen aus dem notärztlichen
Bereitschaftsdienst bei verschiedenen Veranstaltungen durch den
Kläger und Revisionskläger (Kläger).
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Der Kläger ist Arzt. Er führte im
Streitjahr (2009) sowie im Vorjahr 2008 umsatzsteuerfreie und
umsatzsteuerpflichtige Umsätze aus. Dazu gehörte u.a. der
Bereitschaftsdienst bei Sport- und ähnlichen Veranstaltungen.
Die Aufgaben des Klägers umfassten dabei, den
Veranstaltungsbereich im Vorfeld zu kontrollieren und die
Verantwortlichen im Hinblick auf mögliche
Gesundheitsgefährdungen zu beraten. Während der
Veranstaltung sollte der Kläger bei kontinuierlichen
Rundgängen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche
Probleme der anwesenden Personen erkennen. Bei Bedarf sollte er
ärztliche Untersuchungen und Behandlungen von Patienten
durchführen. Umsatzsteuer wurde in den Rechnungen nicht
ausgewiesen. In Rechnung gestellt wurde die
„notärztliche bzw. sanitätsdienstliche
Betreuung“.
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Am 29.3.2016 erließ der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) den
streitgegenständlichen Umsatzsteuerjahresbescheid für
2009 gegenüber dem Kläger, in dem er u.a. die vom
Kläger für den Veranstalter L (L) erbrachten Leistungen
der Umsatzsteuer unterwarf. Der Kläger sei auch kein
Kleinunternehmer, da er im Vorjahr 2008 steuerpflichtige
Umsätze in Höhe von 21.328,28 EUR ausgeführt
habe.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
seinem in EFG 2017, 1760 = SIS 17 23 12 veröffentlichten
Urteil hinsichtlich nicht mehr streitiger Leistungen statt, wies
die Klage hinsichtlich der an den L ausgeführten Leistungen
aber ab.
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Zur Begründung der teilweisen
Klageabweisung führt das FG aus, bei den Leistungen für
den L habe der Kläger lediglich Anwesenheit und
Einsatzbereitschaft geleistet. Das reiche für eine
umsatzsteuerfreie Heilbehandlung nicht aus, weil die Anwesenheit
des Klägers zwar Voraussetzung für eine optimale
Versorgung sei, selbst aber nicht der Behandlung einer Krankheit
oder Gesundheitsstörung diene. Komme es tatsächlich zu
einer Behandlung eines Veranstaltungsbesuchers, so komme ein
Vertragsverhältnis mit dem Besucher oder dessen Krankenkasse
zustande, aus dem die Behandlungsleistung des Klägers
vergütet werde.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit
der Revision, mit der er Verletzung materiellen Rechts geltend
macht. Er sei dazu verpflichtet, die örtlichen Risiken
für die Gesundheit der Teilnehmer zu prüfen, ggf.
beseitigen zu lassen und während und unmittelbar nach der
Veranstaltung den Gesundheitszustand der Teilnehmer zu beobachten.
Insoweit handele es sich um Gesundheitsvorsorge i.S. der
Vorbeugung, Diagnose und ggf. auch Behandlung von
Krankheiten.
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Das regelmäßige Beobachten der
Veranstaltungsteilnehmer sei auch dann eine ärztliche
diagnostische Tätigkeit, wenn es zu keinen notärztlichen
Einsätzen komme.
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Zudem folge die Steuerfreiheit der von ihm
ausgeführten streitigen Leistungen unmittelbar aus Art. 132
Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL). Schließlich sei die
„Bereitschaftsleistung“ jedenfalls Nebenleistung zu der
steuerfreien ärztlichen Heilbehandlung.
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Der Kläger beantragt, das FG-Urteil
insoweit aufzuheben, als es dem Klagebegehren nicht entspricht und
den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 29.3.2016 und den
Einspruchsbescheid vom 18.4.2016 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Von der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 14
des Umsatzsteuergesetzes (UStG) würden Leistungen nicht
umfasst, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der
Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes seien.
Hiervon werde die bloße Anwesenheit und Leistungsbereitschaft
des Klägers nicht umfasst. Sie sei auch nicht bloße
Nebenleistung einer steuerbefreiten Heilbehandlung.
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II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der
Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat den notärztlichen Bereitschaftsdienst des
Klägers bei Veranstaltungen für den L zu Unrecht nicht
als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i.S. des § 4
Nr. 14 Buchst. a UStG behandelt.
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1. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind
„Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im
Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt,
Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen
heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden“
steuerfrei. Die Vorschrift beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. c
MwStSystRL, wonach Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin,
die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden
Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen
Berufe durchgeführt werden, steuerfrei sind.
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a) Der Begriff der Heilbehandlungen im Bereich
der Humanmedizin ist „nicht besonders eng
auszulegen“ (Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - Dornier vom 6.11.2003 C-45/01,
EU:C:2003:595, Rz 42, 48). Er umfasst die Diagnose, die Behandlung
und, soweit möglich, die Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen. Heilbehandlungen müssen einen
therapeutischen Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der
Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der
Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und
ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit
oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum
Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder
Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden.
Daraus folgt, dass ärztlichen Leistungen, die zu dem Zweck
erbracht werden, die menschliche Gesundheit zu schützen,
aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, die in Art. 132 Abs. 1
Buchst. c MwStSystRL vorgesehene Steuerbefreiung zugutekommt (vgl.
z.B. EuGH-Urteil Klinikum Dortmund vom 13.3.2014 C-366/12,
EU:C:2014:143, Rz 30, m.w.N.; Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 18.3.2015 XI R 15/11, BFHE 249, 359, BStBl II 2015, 1058 = SIS 15 13 68; vom 8.3.2012 V R 30/09, BFHE 237, 263, BStBl II 2012, 623
= SIS 12 13 67; vom 26.8.2014 XI R 19/12, BFHE 247, 246, BStBl II
2015, 310 = SIS 14 32 09; vom 5.11.2014 XI R 11/13, BFHE 248, 389,
BFH/NV 2015, 297 = SIS 14 33 26, jeweils m.w.N.).
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b) Allerdings kann der Begriff
„ärztliche Heilbehandlung“ nicht auf
sämtliche Leistungen, die mit der Behandlung von Patienten
zusammenhängen, ausgedehnt werden. Denn die bei der Auslegung
des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG zu berücksichtigende
Bestimmung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL enthält -
im Gegensatz zu Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL - keine
Bezugnahme auf Umsätze, die „mit ärztlichen
Heilbehandlungen eng verbunden“ sind. Deshalb erfasst
Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL mit ärztlichen
Heilbehandlungen „eng verbundene Umsätze“
grundsätzlich nicht (vgl. EuGH-Urteil Klinikum Dortmund,
EU:C:2014:143, Rz 32; BFH-Urteil in BFHE 249, 359, BStBl II 2015,
1058 = SIS 15 13 68, Rz 21). Keine Heilbehandlung im Bereich der
Humanmedizin sind daher ärztliche Leistungen, Maßnahmen
oder medizinische Eingriffe, die zu anderen Zwecken erfolgen (z.B.
BFH-Urteile vom 18.8.2011 V R 27/10, BFHE 235, 58, BFH/NV 2011,
2214 = SIS 11 34 08; vom 30.4.2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl
II 2009, 679 = SIS 09 20 83).
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Dabei steht der Steuerbefreiung nicht
entgegen, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder
Krankenkassen erbracht werden. Denn für die Steuerfreiheit
kommt es nicht auf die Person des Leistungsempfängers an, da
sich die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit auf den
Leistenden bezieht, der Träger eines ärztlichen oder
arztähnlichen Berufs sein muss (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE
249, 359, BStBl II 2015, 1058 = SIS 15 13 68; in BFHE 235, 58,
BFH/NV 2011, 2214 = SIS 11 34 08; vom 8.8.2013 V R 8/12, BFHE 242,
548, BFH/NV 2014, 119 = SIS 13 30 68).
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2. Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze
handelt es sich bei den vom Kläger für den L
ausgeführten Diensten um Heilbehandlungen im Bereich der
Humanmedizin. Jedenfalls der ärztliche Notfalldienst für
den L in der vom Kläger versehenen Form diente unmittelbar dem
Schutz und der Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit.
Ähnlich wie Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht
werden, zielten die Leistungen des Klägers darauf ab,
gesundheitliche Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um
sofort entsprechende Maßnahmen einleiten und damit einen
größtmöglichen Erfolg einer (späteren)
Behandlung sicherstellen zu können. Das ist eine unmittelbar
ärztliche Tätigkeit, die auch nur von einem Arzt
geleistet werden kann. Die Einbeziehung dieser Tätigkeit in
die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steht mit
den Zielen im Einklang, die mit dieser Befreiung verfolgt
werden.
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3. Da die Vorentscheidung diesen
Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Zu
Unrecht hat das FG sein Urteil darauf gestützt, dass der
Kläger „lediglich Anwesenheit und
Einsatzbereitschaft“ geleistet habe. Indessen geht aus
seinen tatsächlichen Feststellungen hervor, dass der
Kläger nicht nur den Veranstaltungsbereich im Vorfeld zu
kontrollieren und die Verantwortlichen im Hinblick auf
mögliche Gesundheitsgefährdungen zu beraten hatte,
sondern während der Veranstaltung bei kontinuierlichen
Rundgängen frühzeitig Gefahren und gesundheitliche
Probleme der anwesenden Personen erkennen sollte. Der
Aufgabenbereich des Klägers ging danach weit über eine
bloße Anwesenheit und Einsatzbereitschaft hinaus.
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4. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist aus
den Gründen zu II.2. und 3. stattzugeben.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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