Der Antrag des Bundesministeriums der Finanzen
auf mündliche Verhandlung wird abgelehnt.
Der Gerichtsbescheid vom 29.7.2015 wirkt als
Urteil.
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I. Mit Gerichtsbescheid vom 29.7.2015 hat
der Senat die Revision der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin) gegen das Urteil des Niedersächsischen
Finanzgerichts vom 22.1.2014 3 K 314/13 (EFG 2014, 900 = SIS 14 12 20) als unbegründet zurückgewiesen und der Klägerin
die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Senat hielt es im Hinblick
auf die in seiner Entscheidung erfolgte Abweichung von dem
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11.7.2011
IV C 6-S 2178/09/10001 (BStBl I 2011, 713 = SIS 11 22 66, unter
I.2.) für angezeigt, ohne mündliche Verhandlung durch
Gerichtsbescheid zu entscheiden, und übersandte einen Abdruck
dieser Entscheidung auch dem BMF zur Kenntnis. Dieses erklärte
daraufhin seinen Beitritt zum Verfahren und beantragte
mündliche Verhandlung. Weder der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) noch die Klägerin
beantragten mündliche Verhandlung. Zu dem daraufhin erteilten
Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass Zweifel daran bestünden,
dass das BMF auch nach Ergehen eines Gerichtsbescheids durch
Erklärung des Beitritts die Stellung als Beteiligter erhalten
könne, wenn keiner der bisherigen Beteiligten einen Antrag auf
mündliche Verhandlung stelle, nahm das BMF wie folgt
Stellung:
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Zwar könne nach § 122 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) Beteiligter des Verfahrens über
die Revision nur sein, wer auch am Verfahren über die Klage
beteiligt gewesen sei; hiermit korrespondiere die Regelung des
§ 90a Abs. 2 Satz 1 FGO, der zufolge nur die (bisherigen)
Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Gerichtsbescheids mündliche Verhandlung beantragen
könnten. Da aber das BMF (zwangsläufig) am Klageverfahren
noch nicht beteiligt gewesen sei, räume § 122 Abs. 2 FGO
ihm im Revisionsverfahren insoweit eine Sonderstellung ein, die
auch unabhängig vom FA und dem Steuerpflichtigen bestehe. Da
der Wortlaut des § 122 Abs. 2 FGO keine entsprechende
Einschränkung enthalte, stehe auch der Umstand, dass im
Streitfall keiner der bisher Beteiligten einen Antrag auf
mündliche Verhandlung gestellt habe, einer Wahrnehmung des
Beitrittsrechts des BMF nicht entgegen.
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Zudem sei zu berücksichtigen, dass
eine Einzelweisung des BMF an das für das beklagte FA
zuständige Bundesland dahingehend, gegen den Gerichtsbescheid
rechtzeitig mündliche Verhandlung zu beantragen, im Streitfall
wegen des Obsiegens des FA trotz des Abweichens von einem
BMF-Schreiben nicht in Betracht gekommen sei. Das BMF habe daher im
Streitfall keine Möglichkeit, seine eigene steuerfachliche
Meinung zu dem Streitfall gegenüber dem erkennenden Senat zu
Gehör zu bringen. Zur wirksamen Wahrnehmung des
Beitrittsrechts und zur Wahrung des auch dem BMF zustehenden Rechts
auf Gehör müsse es daher möglich sein, die
Beteiligtenstellung des BMF auch noch nach Ergehen eines
Gerichtsbescheids durch Erklärung eines Beitritts zum
Verfahren zu erwerben.
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II. Der Antrag auf mündliche Verhandlung
ist unzulässig und war daher durch Beschluss abzulehnen. Denn
das BMF ist zu einem Antrag auf mündliche Verhandlung gegen
einen Gerichtsbescheid nicht berechtigt.
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1. Nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90a
Abs. 2 Satz 1 FGO können die Beteiligten auch im
Revisionsverfahren innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Gerichtsbescheids mündliche Verhandlung beantragen.
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a) Beteiligter im Revisionsverfahren ist nach
§ 122 Abs. 1 FGO grundsätzlich nur, wer am Verfahren
über die Klage beteiligt war. Nach § 122 Abs. 2 Satz 1
FGO kann zwar das BMF einem Verfahren beitreten, das - wie im
Streitfall - eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe betrifft, und
erhält mit dem Beitritt die Rechtsstellung eines Beteiligten
(§ 122 Abs. 2 Satz 4, § 57 Nr. 4 FGO).
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b) Dies berechtigt das BMF aber nicht,
über das Verfahren zu disponieren. Dies können nur die
ursprünglichen Verfahrensbeteiligten, hier also die
Klägerin und das FA. Der Anspruch auf verfahrensrechtliche
Gleichbehandlung des beigetretenen BMF erschöpft sich danach
darin, innerhalb der von den Hauptbeteiligten einvernehmlich
vorgegebenen Rahmenbedingungen wie Revisionskläger oder
Revisionsbeklagter behandelt zu werden. Das BMF hat danach keine
Möglichkeit, ein Verfahren gegen den Willen der
Hauptbeteiligten fortzusetzen oder zu verlängern. Diese allein
bestimmen über den Beginn und das Ende des
Prozessrechtsverhältnisses. Dementsprechend kann der BFH mit
Einverständnis der Hauptbeteiligten auch dann ohne
mündliche Verhandlung entscheiden, wenn das dem Verfahren
beigetretene BMF auf eine solche nicht verzichtet hat
(ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 11.11.2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966 =
SIS 11 01 53, und vom 6.10.2005 V R 64/00, BFHE 212, 132, BStBl II
2006, 212 = SIS 06 02 15). Ebenso wenig kommt es für den durch
die Abgabe von übereinstimmenden Erledigungserklärungen
bewirkten Wegfall der Rechtshängigkeit der Hauptsache darauf
an, ob auch das dem Verfahren beigetretene BMF eine
Erledigungserklärung abgegeben hat (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 14.5.1975 VII R
107/72, BFHE 115, 425; vom 29.8.2012 X R 5/12, BFH/NV 2013, 53 =
SIS 12 33 04, und vom 18.3.2013 III R 5/09, BFH/NV 2013, 933 = SIS 13 14 04).
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c) Nichts anderes gilt für die Frage, ob
das BMF - unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt es dem
Verfahren beigetreten ist - nach Ergehen eines Gerichtsbescheids
nach § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO zur Stellung eines Antrags auf
mündliche Verhandlung berechtigt ist. Vielmehr bleibt es auch
insoweit bei dem Grundsatz, dass allein die Hauptbeteiligten
über den Beginn und das Ende des
Prozessrechtsverhältnisses bestimmen und das BMF danach keine
Möglichkeit hat, ein Verfahren gegen den Willen der
Hauptbeteiligten fortzusetzen oder zu verlängern. Dies gilt
auch dann, wenn - wie im Streitfall - das FA obsiegt hat und das
BMF daher keine Möglichkeit hat, das FA zur Stellung eines
zulässigen Antrags auf mündliche Verhandlung zu
veranlassen, selbst wenn dies dazu führt, dass - wie im
Streitfall - ein Gerichtsbescheid als Urteil wirkt und der BFH
darin von einem BMF-Schreiben abweicht.
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aa) § 122 Abs. 2 FGO soll es dem BMF
ermöglichen, sich jederzeit in ein anhängiges Verfahren
über eine Revision einzuschalten und entscheidungserhebliche
rechtliche Gesichtspunkte geltend zu machen (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405,
BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08). Die Regelung
berücksichtigt das besondere, über den Einzelfall
hinausgehende Interesse des BMF und der obersten
Landesfinanzbehörden, denen die Abgabenverwaltung
übertragen ist (vgl. Art. 108 des Grundgesetzes), am Ausgang
des jeweiligen Verfahrens (z.B. BFH-Urteile vom 14.12.1983 I R
301/81, BFHE 140, 26, BStBl II 1984, 409 = SIS 84 06 38; vom
2.6.1992 VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46, und vom 11.2.1994 III R
50/92, BFHE 173, 383, BStBl II 1994, 389 = SIS 94 09 47).
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Es ist danach allein Sache des BMF, zu
entscheiden, in welchen Verfahren es sich nach § 122 Abs. 2
FGO beteiligt. Der BFH ist berechtigt, einen Beitritt des BMF
anzuregen oder dieses zum Beitritt aufzufordern (vgl. § 122
Abs. 2 Satz 3 FGO), er ist dazu aber nicht verpflichtet. Er ist
daher auch weder verpflichtet, das BMF von einer beabsichtigten
Abweichung von der in einem BMF-Schreiben vertretenen Auffassung
des BMF zu unterrichten, noch dazu, in einem solchen Verfahren
durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und diesen auch dem BMF zur
Kenntnis zu geben. Das in § 122 Abs. 2 FGO vorgesehene
Beteiligungsrecht des BMF verpflichtet danach auch nicht dazu, das
Verfahrensrecht so auszugestalten, dass dem BMF die
Möglichkeit eröffnet ist, sich vor Erlass einer
Entscheidung des BFH zu einer von diesem beabsichtigten Abweichung
von einer in einem BMF-Schreiben vertretenen Auffassung
äußern zu können. Insoweit kann nicht
unberücksichtigt bleiben, dass das BMF seine Auffassung zu der
entscheidungserheblichen Rechtsfrage in dem entsprechenden
BMF-Schreiben bereits zum Ausdruck gebracht hat.
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Danach bleibt es auch für die Auslegung
des § 90a Abs. 2 FGO bei dem Grundsatz, dass allein die
Hauptbeteiligten über den Beginn und das Ende des
Prozessrechtsverhältnisses bestimmen und das BMF danach keine
Möglichkeit hat, ein Verfahren gegen den Willen der
Hauptbeteiligten fortzusetzen oder zu verlängern. Aus §
122 Abs. 2 FGO i.V.m. § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO ergibt sich
danach kein Recht des BMF, gegen einen Gerichtsbescheid Antrag auf
mündliche Verhandlung zu stellen.
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bb) Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus
folgender Überlegung: Gegen einen Gerichtsbescheid kann nur
derjenige Beteiligte einen Antrag auf mündliche Verhandlung
nach § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO stellen, der durch den
Gerichtsbescheid beschwert ist. Denn der Antrag setzt wie jeder
Rechtsbehelf ein Rechtsschutzinteresse voraus. Daran fehlt es, wenn
dem Antrag des Beteiligten durch den Gerichtsbescheid in vollem
Umfang entsprochen worden ist und der Beteiligte ein besonderes
Rechtsschutzinteresse nicht geltend machen kann (z.B. BFH-Beschluss
vom 27.3.2013 IV R 51/10, BFH/NV 2013, 1110 = SIS 13 16 94). Will -
wie im Streitfall - die unterlegene Revisionsklägerin den
Gerichtsbescheid gegen sich gelten lassen und ist aus diesem Grund
ein besonderes Rechtsschutzinteresse des obsiegenden FA zu
verneinen, liegt es nicht in der Dispositionsbefugnis des BMF, die
Beteiligten gleichwohl zur Fortsetzung des Verfahrens zu zwingen.
Ein Antragsrecht des BMF ist auch nicht deshalb zu bejahen, weil
der BFH in dem Gerichtsbescheid von einer in einem BMF-Schreiben
vertretenen Auffassung entscheidungserheblich abgewichen ist.
Andernfalls würde den Hauptbeteiligten auf diese Weise die
Fortsetzung eines Verfahrens aufgezwungen, in dem es
unabhängig von ihrem Willen allein darum ginge, dem BMF die
Möglichkeit zu geben, in Kenntnis der abweichenden Meinung des
BFH (erneut) zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage Stellung
zu nehmen. Dass dem BMF durch das in § 122 Abs. 2 FGO
enthaltene Beitrittsrecht eine derart weite
Beteiligungsmöglichkeit eingeräumt werden sollte, ist
nicht ersichtlich.
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cc) Entgegen der Auffassung des BMF kann sich
ein Recht, gegen den Gerichtsbescheid einen Antrag auf
mündliche Verhandlung zu stellen, im Streitfall ersichtlich
auch nicht daraus ergeben, dass ihm der Gerichtsbescheid zur
Kenntnis übersandt wurde.
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2. Der Antrag des BMF auf mündliche
Verhandlung war danach abzulehnen. Demgemäß wirkt der
Gerichtsbescheid des Senats vom 29.7.2015 nach § 121 Satz 1,
§ 90a Abs. 3 FGO als Urteil.
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3. Der Senat hält es für geboten,
den Beschluss über die Ablehnung des Antrags auf
mündliche Verhandlung in der Besetzung der fünf Richter
zu fassen, die an dem Gerichtsbescheid mitgewirkt haben.
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4. Die Entscheidung ergeht
gerichtsgebührenfrei.
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