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Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen

Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen: Der Betreiber einer Spielhalle kann Vorsteuerbeträge, die weder seinen steuerfreien Umsätzen mit Geldspielgeräten noch seinen steuerpflichtigen Umsätzen mit Unterhaltungsspielgeräten direkt und unmittelbar zuzuordnen sind, grundsätzlich nicht nach den Flächen aufteilen, auf denen einerseits die Geldspielgeräte und andererseits die Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt sind (sog. Flächenschlüssel). - Urt.; BFH 5.9.2013, XI R 4/10; SIS 13 29 90

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Vorsteuerabzug
Fundstellen
  1. BFH 05.09.2013, XI R 4/10
    BStBl 2014 II S. 95
    DStR 2013 S. 2334

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 13.12.2013
    -/- in NWB 46/2013 S. 3596
    St.G.R. in HFR 12/2013 S. 1147
    H.F.L. in BFH/PR 1/2014 S. 18
    jh in StuB 1/2014 S. 39
    U.H. in MwStR 21/2013 S. 736
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 13 Teil B Buchst. f, Art. 17 Abs. 5
[GG] Art. 3 Abs. 1
[UStG] § 9, § 15 Abs. 4, § 15 a Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 8
[StÄndG 2003] Art. 5 Nr. 19 Buchst. d, Art. 25 Abs. 4
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 16.02.2010, SIS 10 14 42, Vorsteueraufteilung, Vorsteuerberichtigung, Geldspielautomat, Aufteilungsmaßstab, Festsetzungsverjährung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG München 20.11.2023, SIS 24 11 91, Betriebsausgabenabzug nach § 4 e EStG für an einen Pensionsfonds zu entrichtende Leistungen beim Kombinat...
  • BMF 20.10.2022, SIS 22 18 08, Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG bei gemischt genutzten Grundstücken: Das Bundesfinanzministeriu...
  • BFH 11.11.2020, SIS 21 02 54, Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden, sachgerechter Schlüssel bei erheblichen Ausstattungs...
  • BFH 20.11.2019, SIS 20 03 41, Zum Betriebsausgabenabzug der an einen Pensionsfonds entrichteten Leistungen beim sog. Kombinationsmodell...
  • BFH 20.11.2019, SIS 20 03 42, Zum Betriebsausgabenabzug der an einen Pensionsfonds entrichteten Leistungen beim sog. Kombinationsmodell...
  • FG Nürnberg 30.7.2019, SIS 20 14 00, Anwendung des Flächenschlüssels zur Vorsteueraufteilung gemischt genutzter Gebäudekomplexe, Bindungswirku...
  • FG Münster 12.9.2017, SIS 17 25 47, Vorsteueraufteilung bei Umsätzen mit Geld- als auch Unterhaltungsspielgeräten: Erzielt ein Unternehmer so...
  • FG Münster 13.6.2017, SIS 17 23 08, Frage der Aufteilung von Vorsteuerbeträgen (Flächen- oder Umsatzschlüssel) bei Umsätzen mit Geld- und Unt...
  • FG München 29.3.2017, SIS 17 10 88, Sachgerechte Vorsteueraufteilung hinsichtlich gemischter Eingangsleistungen eines Kreditinstituts, Philip...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • BFH 14.9.2016, SIS 16 25 85, Vorsteuerkorrektur bei nachträglicher Berufung auf unionsrechtliche Steuerbefreiung, etwaige Rückwirkung ...
  • BFH 10.8.2016, SIS 16 19 66, Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden: 1. Bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebä...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • FG Münster 2.8.2015, SIS 16 20 97, Frage der Steuerbefreiung bei Überlassung von Praxisräumen nebst Ausstattung durch einen Arzt als Kranken...
  • FG Münster 7.5.2015, SIS 15 18 11, Frage der Zuordnung eines Wohngebäudes mit Kundengästezimmer zum Unternehmen: Gemischte Aufwendungen, die...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BMF 10.12.2014, SIS 14 33 15, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2014: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten g...
  • FG Baden-Württemberg 7.7.2014, SIS 15 09 60, Aufteilung der Vorsteuer aus den Herstellungskosten eines Blockheizkraftwerks bei Umsätzen, die der Regel...
  • BFH 3.7.2014, SIS 14 28 04, Gebühren für zweite Leichenschau als durchlaufender Posten: 1. Gebühren für die zweite Leichenschau sind ...
  • BFH 5.6.2014, SIS 14 18 35, EuGH-Vorlage zu Fragen der Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für ein gem...
  • BFH 7.5.2014, SIS 14 15 59, Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden: 1. Bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäu...
  • BFH 25.2.2014, SIS 14 13 70, Zuordnungsentscheidung beim Vorsteuerabzug eines gemischt genutzten Gebäudes: Durch die Rechtsprechung de...
  • FG Baden-Württemberg 4.12.2013, SIS 17 02 82, Umsatzsteuerlicher Leistungsort bei Einräumung der Berechtigung zur Nutzung mehrerer Golfplätze im In- un...
Fachaufsätze
  • LIT 02 81 88 U. Herbert, MwStR 21/2013 S. 736: Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen - Erste Einordnung des BFH-Urteils...

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1997 bis 2004 in gemieteten Räumen bis zu fünf Spielhallen, in denen Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte aufgestellt waren. Nach dem vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Sonderprüfungsbericht über eine beim Kläger durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 30.11.2005 war der jeweils ca. 20 qm große Lokalteil, in dem die Geldspielgeräte aufgestellt waren, nur mit Stellwänden oder größeren Pflanzen vom übrigen Ladenlokal abgetrennt. Bei einer Nutzfläche der Spielhallen von insgesamt 650 qm betrug hiernach die Fläche für die Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte 80 bzw. 570 qm. Die Umsätze entfielen durchschnittlich zu 71,6 % auf die Geldspiel- und zu 28,4 % auf die Unterhaltungsspielgeräte.

 

 

2

In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997 bis 2003 behandelte der Kläger auch die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielgeräte zunächst als steuerpflichtig.

 

 

3

Im Juli und August 2005 reichte der Kläger berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997 bis 2003 ein, in denen er unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17.2.2005 C-453/02 und C-462/02 - Linneweber und Akritidis - (Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 = SIS 05 16 75), nach dem sich Veranstalter von Glücksspielen unmittelbar auf die Steuerfreiheit ihrer Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) berufen können, die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten als steuerfrei behandelte. In den berichtigten Erklärungen teilte er die Vorsteuerbeträge, die weder den Umsätzen aus dem Betrieb der Geldspiel- noch denen aus dem Betrieb der Unterhaltungsspielgeräte direkt zuzuordnen waren, auf, und zwar nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen. Dementsprechend ging der Kläger bei der im Oktober 2005 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2004 vor.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erließ entsprechend den Prüfungsfeststellungen der beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung, wonach die nicht bestimmten Ausgangsumsätzen zuzuordnenden Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel aufzuteilen und der Vorsteuerabzug nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu korrigieren waren, am 27.12.2005 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1997 bis 2004.

 

 

5

Hiergegen legte der Kläger jeweils Einspruch ein und teilte nunmehr die nicht zuzuordnenden Vorsteuerbeträge (erstmals) im Verhältnis zu den für die Geldspiel- einerseits und die Unterhaltungsspielgeräte andererseits benötigten Stand- bzw. Nutzflächen auf.

 

 

6

Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 14.11.2006 als unbegründet zurückgewiesen.

 

 

7

Die anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte aus, das FA habe die nicht bestimmten Ausgangsumsätzen zuzuordnenden Vorsteuerbeträge zutreffend nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt und zu Recht auch die Vorbezüge der Erstjahre in die Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG einbezogen.

 

 

8

Die Vorentscheidung ist in EFG 2010, 988 = SIS 10 14 42 veröffentlicht.

 

 

9

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

10

Er ist der Ansicht, seine Wahl des Flächenschlüssels zur Aufteilung der nicht bestimmten Ausgangsumsätzen zuzuordnenden Vorsteuerbeträge sei sachgerecht und könne weder vom FA noch vom FG durch einen anderen Aufteilungsmaßstab ersetzt werden. Die Unterhaltungsspielgeräte hätten einen Großteil der Spielhallenflächen eingenommen. Es habe eine klare Aufteilung der Räume gegeben.

 

 

11

Es könne einem Steuerpflichtigen nicht vorgeworfen werden, eine Schätzungsmethode gewählt zu haben, die nach Abschn. 208 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) auch von der Finanzverwaltung anzuwenden sei.

 

 

12

Nach dem EuGH-Urteil vom 8.11.2012 C-511/10 - BLC Baumarkt - (UR 2012, 968, HFR 2013, 79 = SIS 12 33 74) sei es möglich, die Vorsteuerbeträge abweichend vom Umsatzmaßstab zu verteilen. Da die Verwaltung an die UStR gebunden gewesen sei, sei der dort vorgesehene und von ihm gewählte Flächenmaßstab zwingend zu berücksichtigen.

 

 

13

Der Sachverhalt des Streitfalls unterscheide sich maßgeblich von dem, der dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7.7.2011 V R 36/10 (BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43) zugrunde gelegen habe, wonach eine flächenbezogene Vorsteueraufteilung nicht beansprucht werden könne, wenn der Unternehmer einzelne Standflächen einer Spielhalle teilweise für den Betrieb der einen Geräteart und teilweise für den Betrieb der anderen Geräteart verwendet habe. Vorliegend seien die jeweiligen Flächen klar getrennt und eindeutig bestimmten Umsätzen zuzuordnen gewesen; konkret ermittelbare Flächen seien entweder nur für Geldspielgeräte oder nur für Unterhaltungsspielgeräte genutzt worden.

 

 

14

Die Abtrennung der Teilflächen - durch im Baukörper vorhandene Trennwände - sei weder kurzfristig noch flexibel gewesen. Es habe sich jeweils - wie bereits erstinstanzlich vorgebracht - um getrennte Räume im baurechtlichen Sinne gehandelt. Die baurechtliche Situation lasse sich über die vorliegenden Pläne sowie über die heutige Situation in den Objekten nachvollziehen.

 

 

15

Ein Mitarbeiter der Oberfinanzdirektion (OFD) Münster habe ihn veranlasst, die Vorsteuerbeträge zunächst nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen aufzuteilen; dieser habe ihm geraten, er solle erst einmal den Umsatzschlüssel anwenden, um sein Geld zu bekommen, und dann den Flächenschlüssel durch eine rechtliche Auseinandersetzung erstreiten.

 

 

16

Die Voraussetzungen für eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG lägen nicht vor. Die betreffenden Geldspielgeräte seien von ihrer Anschaffung bis zum Ende ihrer betrieblichen Nutzung in gleicher Weise genutzt worden.

 

 

17

Eine Vorsteuerkorrektur komme entsprechend Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG nur in Betracht, wenn sich der Anspruch auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt worden seien, geändert habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

 

 

18

Der erkennende Senat habe in seiner § 15a UStG betreffenden Entscheidung vom 19.10.2011 XI R 16/09 (BFHE 235, 532, BStBl II 2012, 371 = SIS 12 04 11) verkannt, dass aufgrund der EuGH-Entscheidung - Linneweber und Akritidis - (Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94) weder eine Rechts- noch eine Tatsachenänderung eingetreten sei.

 

 

19

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide vom 27.12.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für die Streitjahre auf ... EUR (1997), ... EUR (1998), ... EUR (1999), ... EUR (2000), ... EUR (2001), ... EUR (2002), ... EUR (2003) sowie ... EUR (2004) festgesetzt wird, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.

 

 

20

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

21

Es verweist auf die Vorentscheidung und bringt weiter vor, der BFH habe durch sein Urteil in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43 nunmehr geklärt, dass die Vorsteueraufteilung nach der Richtlinie 77/388/EWG vorzunehmen sei, wenn sich der Unternehmer für die Steuerfreiheit eines Teils seiner Leistungen - wie hier auf das Unionsrecht - berufe, und er demnach nur zu einer umsatzbezogenen, nicht aber zu einer flächenbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt sei.

 

 

22

Ebenso habe der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 235, 532, BStBl II 2012, 371 = SIS 12 04 11 inzwischen entschieden, dass sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 15a UStG änderten, wenn sich der Steuerpflichtige nachträglich innerhalb des Berichtigungszeitraums auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG berufe.

 

 

23

Im Übrigen sei der vom Kläger nachträglich vorgebrachte Sachverhalt zur Begründung seiner Revision nicht geeignet.

 

 

24

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

 

 

25

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die vom Kläger begehrte Vorsteueraufteilung nach dem Flächenschlüssel zu versagen ist. Ebenso geht die Vorentscheidung zutreffend von einer Vorsteuerkorrektur zu Lasten des Klägers nach § 15a UStG aus.

 

 

26

1. Der Kläger ist im Streitfall nicht zu einer flächenbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt.

 

 

27

a) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.

 

 

28

Unionsrechtliche Grundlage für § 15 Abs. 4 UStG ist die nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG bestehende und insoweit im nationalen Recht ausgeübte Ermächtigung, nach der die Mitgliedstaaten „dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten [können], den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen“ (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43, Rz 19, m.w.N.).

 

 

29

aa) Bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist es zwar grundsätzlich Sache des Unternehmers zu entscheiden, welche Schätzungsmethode er wählt. Das FA und auch das FG können aber nachprüfen, ob die Schätzung sachgerecht ist (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 3.5.2005 V B 200/04, BFH/NV 2005, 1641 = SIS 05 37 89; vom 27.11.2008 XI B 60/08, BFH/NV 2009, 431 = SIS 09 06 43; BFH-Urteile vom 15.10.2009 XI R 82/07, BFHE 227, 238, BStBl II 2010, 247 = SIS 09 36 66, unter II.1.a; vom 11.7.2012 XI R 17/09, BFH/NV 2013, 266 = SIS 13 01 92, Rz 76).

 

 

30

bb) Der Begriff der „wirtschaftlichen Zurechnung“ i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ist entsprechend den Vorgaben des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems auszulegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43, Rz 21, m.w.N.). Für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen geht die Richtlinie 77/388/EWG in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 i.V.m. Art. 19 als Regel-Aufteilungsmaßstab von einem Umsatzschlüssel aus, soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht (vgl. BFH-Urteil vom 17.8.2001 V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833 = SIS 01 14 07, unter II.1.b; vgl. EuGH-Urteil - BLC Baumarkt - in UR 2012, 968, HFR 2013, 79 = SIS 12 33 74, Rz 15). Als „sachgerecht“ i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG gilt bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift ein den Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG entsprechendes Aufteilungsverfahren, das - objektiv nachprüfbar - nach einheitlicher Methode die beiden „Nutzungsteile“ eines gemischt verwendeten Gegenstandes oder einer sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zurechnet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43, Rz 21, m.w.N.). Der Unternehmer kann eine flächenbezogene Vorsteueraufteilung mithin nur dann beanspruchen, wenn diese im vorgenannten Sinne „sachgerecht“ ist.

 

 

31

b) Nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist eine Vorsteueraufteilung nach einem Flächenschlüssel nicht sachgerecht, wenn der Unternehmer einzelne Standflächen einer Spielhalle teilweise für den Betrieb umsatzsteuerpflichtiger und teilweise für den Betrieb umsatzsteuerfreier Spielgeräte verwendet (vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43, Rz 23 ff.; vom 10.11.2011 V R 34/10, BFH/NV 2012, 803 = SIS 12 10 78, Rz 20). Nichts anderes gilt für die vom Kläger angestrebte Aufteilung im Streitfall.

 

 

32

aa) Wie das FG unter Bezugnahme auf den Sonderprüfungsbericht vom 30.11.2005 im angefochtenen Urteil festgestellt hat, waren die ca. 20 qm großen Lokalteile mit den dort aufgestellten Geldspielgeräten (lediglich) durch Stellwände oder größere Pflanzen von dem übrigen Ladenlokal der jeweiligen Spielhalle abgetrennt. Deshalb ist die vom Kläger begehrte Vorsteueraufteilung nach dem Flächenschlüssel nicht hinreichend objektiv nachprüfbar und daher nicht sachgerecht (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43, Rz 25). Die Flächenaufteilung innerhalb seiner Spielhallen erfolgte nicht nach - aufgrund von z.B. Bauanträgen, Baugenehmigungen oder Bauanzeigen - feststehenden baulichen Gesichtspunkten, sondern nach den durch Stellwänden oder größeren Pflanzen abgegrenzten Teilbereichen, was - wie bei der Aufteilung nach Gerätestandflächen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77 = SIS 11 34 43, Rz 25 ff.; in BFH/NV 2012, 803 = SIS 12 10 78, Rz 20) - den Anforderungen an ein objektiv nachprüfbares Aufteilungsverfahren auch dann nicht genügt, wenn sie - wie der Kläger nunmehr vorbringt - nicht jederzeit leicht verändert werden konnte. Denn es reicht nicht aus, dass die baulich nicht eigenständigen Flächen der betreffenden Spielhallen - wie hier, was unstreitig ist - in Bereiche mit Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräte teilbar sind.

 

 

33

bb) Soweit der Kläger behauptet, dass es sich entgegen den Feststellungen des FG bei den Geldspiel- und Unterhaltungsspielbereichen in seinen Spielhallen jeweils um getrennte Räume im baurechtlichen Sinne gehandelt habe, was sich über die vorliegenden Pläne sowie über die heutige Situation in den Objekten nachvollziehen lasse und bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht worden sei, hat er - worauf das FA im Kern zutreffend hinweist - keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen gegen die vom FG getroffenen Feststellungen geltend gemacht.

 

 

34

Der erkennende Senat kann gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wonach der BFH an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, soweit in Bezug auf diese Feststellungen - wie hier - keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht sind, grundsätzlich nur den Sachverhalt zur Grundlage seiner Entscheidung machen, der vom FG festgestellt ist. Aus dem Zweck der Revisionsinstanz, die nur die Anwendung des Rechts auf einen festgestellten Sachverhalt überprüft, ergibt sich, dass das Revisionsgericht in der Regel den vom FG festgestellten Sachverhalt nicht ergänzen (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 22.2.2005 X B 177/03, BFH/NV 2005, 909 = SIS 05 22 35; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 41, jeweils m.w.N.) und nicht an die Stelle der Tatsachenwürdigung des FG seine eigene Würdigung setzen darf (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 15.3.2005 VI B 89/04, BFH/NV 2005, 1292 = SIS 05 31 97; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 41, jeweils m.w.N.).

 

 

35

c) Ein anderes Ergebnis folgt - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht aus der Rechtsprechung des EuGH, nach der es - wie der Kläger vorbringt - grundsätzlich möglich sei, die Vorsteueraufteilung abweichend vom Umsatzmaßstab vorzunehmen.

 

 

36

aa) Der EuGH hat zu dem durch Art. 5 Nr. 19 Buchst. d, Art. 25 Abs. 4 des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 2003 vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) dem § 15 Abs. 4 UStG angefügten Satz 3, der bestimmt, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist, entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt, zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Umsatzschlüssel vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleiste eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes (vgl. EuGH-Urteil - BLC Baumarkt - in UR 2012, 968, HFR 2013, 79 = SIS 12 33 74, Leitsatz).

 

 

37

bb) Wird - wie hier - in den Spielhallen auf einer Fläche von 80 qm mit den Geldspielgeräten durchschnittlich 71,6 % des - insoweit steuerfreien - Umsatzes erzielt, während auf die Unterhaltungsspielgeräte bei einer Fläche von 570 qm durchschnittlich 28,4 % der - insoweit steuerpflichtigen - Umsätze entfallen, wäre die Anwendung des Flächenschlüssels nicht präziser als die nach der Richtlinie 77/388/EWG grundsätzlich vorgesehene Umsatzregel, weil sich die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dieser Methode weder als weniger gerecht noch als weniger angemessen erweist (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón vom 26.4.2012 - BLC Baumarkt -, juris, Rz 47). Der Flächenschlüssel würde keine größere Gerechtigkeit und Genauigkeit bei der Ermittlung des Abzugsbetrags gewährleisten, der den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer besser erfüllen würde (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón vom 26.4.2012 - BLC Baumarkt -, juris, Rz 47). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier nach den bindenden Feststellungen des FG - in den Spielhallen die Bereiche mit den Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten durch Stellwände oder größere Pflanzen aufgeteilt waren, es sich mithin nicht um bautechnisch eigenständige Flächen gehandelt hat. Zudem ging nach dem eigenen Vorbringen des Klägers von den Geldspiel- und Unterhaltungsspielgeräten auf die Besucher der Spielhallen eine wechselseitige „Attraktivität“ aus, was einer Vorsteueraufteilung nach dem Flächenschlüssel entgegensteht.

 

 

38

d) Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 4.5.2010 16 K 329/07 (EFG 2010, 1939 = SIS 10 25 43) sowie auf andere Finanzämter bezieht und vorbringt, diese hätten den Flächenschlüssel in vergleichbaren Fällen als sachgerechten Aufteilungsmaßstab akzeptiert, folgt daraus kein Anspruch auf eine entsprechende Beurteilung des vorliegenden Streitfalls (vgl. BFH-Beschluss vom 1.7.2010 V B 62/09, BFH/NV 2010, 2136 = SIS 10 32 75, Rz 11, m.w.N.; BFH-Urteil vom 24.1.2013 V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460 = SIS 13 11 19, Rz 35).

 

 

39

e) Der Kläger kann sich ferner nicht mit Erfolg auf die Selbstbindung der Verwaltung dahingehend berufen, dass nach den in den Streitjahren geltenden Bestimmungen des Abschn. 208 UStR der von ihm gewählte Flächenmaßstab zwingend zu berücksichtigen sei.

 

 

40

Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die - wie vorliegend Abschn. 208 UStR in der für die Streitjahre jeweils gültigen Fassung, nunmehr Abschn. 15.17. des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, können im Allgemeinen weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht nur als Ausfluss von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ausnahmsweise in dem Bereich der der Verwaltung vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit und der Typisierung oder Pauschalierung (vgl. dazu BFH-Urteile vom 26.4.1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754 = SIS 95 17 45; vom 7.12.2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097 = SIS 06 21 23; vom 4.2.2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244 = SIS 10 18 10; vom 11.11.2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966 = SIS 11 01 53; in BFH/NV 2012, 803 = SIS 12 10 78). Ein derartiger Spielraum steht der Finanzverwaltung bei Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG aber nicht zu (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 803 = SIS 12 10 78).

 

 

41

f) Der Flächenschlüssel ist - wovon das FG zutreffend ausgegangen ist - auch für das Streitjahr 2004, in dem die Neufassung des § 15 Abs. 4 UStG galt, nicht anzuwenden.

 

 

42

Eine Aufteilung, die - wie hier der Flächenschlüssel - nicht auf einer sachgerechten Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG beruht (vgl. dazu vorstehend unter II.1.b), ist schon keine andere wirtschaftliche Zurechnung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, die einer Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel entgegenstehen würde. Denn die wirtschaftliche Zurechnung setzt ein Aufteilungsverfahren voraus, das den Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG entsprechend - anders als hier - objektiv nachprüfbar ist (vgl. dazu vorstehend unter II.1.a bb und b aa). Zudem würde vorliegend der Flächenschlüssel keine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes gewährleisten, was einer gegenüber dem Umsatzschlüssel vorrangigen Anwendung dieser Methode zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge entgegenstünde (vgl. dazu vorstehend unter II.1.c).

 

 

43

g) Da im Streitfall außer dem Umsatzschlüssel eine andere wirtschaftliche Zurechnung aufgrund sachgerechter Schätzung weder ersichtlich noch vorgebracht ist, ist der Kläger nur zu einer umsatzbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt.

 

 

44

h) Hiernach kann sowohl - wie das FG zutreffend erkannt hat - hinsichtlich der Streitjahre 2002 bis 2004 dahinstehen, ob der Kläger an seine zunächst getroffene Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel aufgrund eines Eintritts der formellen Bestandskraft der betreffenden Steuerfestsetzungen gebunden ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 22.11.2007 V R 35/06, BFH/NV 2008, 628 = SIS 08 14 57, unter II.1.; vom 7.7.2011 V R 42/09, BFHE 234, 519, BFH/NV 2011, 1980 = SIS 11 31 06, Rz 38, jeweils m.w.N.), als auch, ob er diese Aufteilung zunächst selbst als sachgerecht erachtet hat, weil er in den die Veranlagungszeiträume 1997 bis 2003 betreffend berichtigten Umsatzsteuererklärungen die Vorsteuer selbst nach dieser Methode aufgeteilt hat. Insoweit bedarf es keiner Aufklärung, ob der Kläger - wie er behauptet - zu dieser Aufteilung durch einen Mitarbeiter der OFD Münster veranlasst worden war.

 

 

45

2. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist - wovon die Vorentscheidung zu Recht ausgegangen ist - die Vorsteuer für die Streitjahre 1997 bis 2004 zu Lasten des Klägers gemäß § 15a UStG zu berichtigen.

 

 

46

a) Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 i.d.F. des StÄndG 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794) für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen.

 

 

47

b) Diese Regelung gilt nach § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 auch für Zeiträume vor dem 1.1.2002 und damit auch für die Streitjahre 1997 bis 2004. Die rückwirkende Anwendung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 in der durch das StÄndG 2001 geänderten Fassung ist ferner verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BFH-Urteile vom 7.7.2005 V R 32/04, BFHE 211, 74, BStBl II 2005, 907 = SIS 05 44 57; vom 24.9.2009 V R 6/08, BFHE 227, 506, BStBl II 2010, 315 = SIS 10 02 28).

 

 

48

c) Der Senat hat mit Urteil in BFHE 235, 532, BStBl II 2012, 371 = SIS 12 04 11 - worauf das FA zutreffend hinweist - entschieden, dass sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 15a UStG ändern, wenn sich - wie hier - der Steuerpflichtige nachträglich innerhalb des Berichtigungszeitraums auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beruft (vgl. auch BFH-Urteil vom 15.9.2011 V R 8/11, BFHE 235, 516, BStBl II 2012, 368 = SIS 12 01 08).

 

 

49

d) Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers haben keinen Erfolg.

 

 

50

aa) Soweit der Kläger gegen die vorgenannte Rechtsprechung des Senats in BFHE 235, 532, BStBl II 2012, 371 = SIS 12 04 11 einwendet, dieser habe bei seiner Entscheidung verkannt, dass aufgrund der EuGH-Entscheidung - Linneweber und Akritidis - (Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94) weder eine Rechts- noch eine Tatsachenänderung eingetreten sei, ist dem nicht zu folgen.

 

 

51

Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse haben sich - entgegen der Ansicht des Klägers - im jeweiligen Berichtigungszeitraum geändert. Ähnlich wie bei der Rückgängigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung nach § 9 UStG tritt eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ein, wenn sich der Unternehmer - wie hier - nachträglich auf eine Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Unionsrecht beruft (vgl. Senatsurteil in BFHE 235, 532, BStBl II 2012, 371 = SIS 12 04 11, Rz 21 f., m.w.N.).

 

 

52

In diesen Fällen liegt - wovon offenbar der Kläger mit seinem Hinweis auf die EuGH-Entscheidung - Linneweber und Akritidis - (Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94) ausgeht - keine nur rechtsfehlerhafte Beurteilung des Vorsteuerabzugs in den Abzugsjahren vor. Die Berichtigung ist mithin nicht auf die Abzugsjahre beschränkt und kann - entgegen dem Revisionsvorbringen - in den Streitjahren vorgenommen werden.

 

 

53

bb) Die Vorsteuerkorrektur steht ferner im Einklang mit Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn sich ein Steuerpflichtiger - wie hier - nachträglich auf die Steuerfreiheit seiner Verwendungsumsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beruft (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 235, 532, BStBl II 2012, 371 = SIS 12 04 11, Rz 37 f.).