VBL, Umlagezahlungen des Arbeitgebers, Arbeitslohn: 1. Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL, die dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die VBL verschaffen, führen im Zeitpunkt ihrer Zahlung zu Arbeitslohn. - 2. Für den Arbeitslohncharakter von Zukunftssicherungsleistungen kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherungsfall bei dem begünstigten Arbeitnehmer überhaupt eintritt und welche Leistungen dieser letztlich erhält. - 3. Als Arbeitslohn anzusehende Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL sind weder nach § 3 Nr. 62 EStG noch nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei. - Urt.; BFH 7.5.2009, VI R 8/07; SIS 09 22 16
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) betreibt ein Krankenhaus. Sie ist Beteiligte der
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) und
gewährt ihren Beschäftigten auf tarifvertraglicher
Grundlage eine Zusatzversorgung durch Gruppenversicherung bei der
VBL. In den Arbeitsverträgen wird hinsichtlich der
Zusatzversorgung auf den Tarifvertrag Bezug genommen. Zur
Finanzierung der Zusatzversorgung leistete die Klägerin im Mai
des Streitjahres (2005) an die VBL Umlagen in Höhe von 7,86 %
des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts ihrer Beschäftigten,
welches grundsätzlich dem steuerpflichtigen Arbeitslohn
entspricht. Darin enthalten war ein Eigenanteil der
Beschäftigten in Höhe von 1,41 %, den die Klägerin
von dem lohnversteuerten Entgelt der Beschäftigten einbehalten
hatte. In ihrer Lohnsteuer-Anmeldung für Mai 2005
berücksichtigte die Klägerin den Differenzbetrag von 6,45
% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts als Arbeitslohn; die
nach § 40b des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal
berechnete Lohnsteuer auf Umlagezahlungen betrug rd. 4.460 EUR
(zzgl. Annexsteuern). Mit Schriftsatz vom 16.6.2005 begehrte die
Klägerin jedoch unter Beifügung einer berichtigten
Lohnsteuer-Anmeldung für Mai 2005, die Lohnsteuer ohne
Berücksichtigung der Umlagen festzusetzen. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) behandelte den
Schriftsatz als Einspruch, dem er nicht stattgab.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
den in EFG 2007, 1073 = SIS 07 13 87 veröffentlichten
Gründen statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das vorinstanzliche Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Es vertritt die Auffassung, dass
die Umlagezahlungen als Zukunftssicherungsleistungen bei den
aktiven Arbeitnehmern zu Arbeitslohn führten.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG
hat zu Unrecht entschieden, dass die streitbefangenen
Umlagezahlungen nicht zu Arbeitslohn führen.
1. Zu den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen,
Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine
Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst
gewährt werden. Arbeitslohn ist jeder gewährte Vorteil,
der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst
ist.
a) Zum Arbeitslohn können - sofern es an
einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des
Arbeitgebers an derartigen Aufwendungen mangelt - auch Ausgaben
gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer
oder diesem nahe stehende Personen für den Fall der Krankheit,
des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes
abzusichern (Zukunftssicherung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 11.12.2008 VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385 =
SIS 09 05 70).
Die Arbeitslohnqualität von
Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des
Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt
davon ab, ob sich der Vorgang - wirtschaftlich betrachtet - so
darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur
Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner
Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem
Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der
Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unmittelbarer und
unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30.5.2001 VI R
159/99, BFHE 195, 364, BStBl II 2001, 815 = SIS 01 09 99; vom
14.9.2005 VI R 148/98, BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98; vom 12.4.2007 VI R 55/05, BFHE 217, 558, BStBl II 2007, 619
= SIS 07 16 97; vom 5.7.2007 VI R 47/02, BFH/NV 2007, 1876 = SIS 07 32 30; vom 15.11.2007 VI R 30/04, BFH/NV 2008, 550 = SIS 08 13 99;
in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385 = SIS 09 05 70; jeweils
m.w.N.). Erlangt der Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch
gegen den Versicherer, so fließt im Zeitpunkt der
Beitragszahlung des Arbeitgebers Arbeitslohn zu. Der Lohnzufluss
liegt dabei in den gegenwärtigen Beiträgen des
Arbeitgebers, mit denen dieser den Versicherungsschutz des
Arbeitnehmers finanziert (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2007,
1876 = SIS 07 32 30, und in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385 = SIS 09 05 70).
b) Erlangt der Arbeitnehmer aufgrund von
Beitragsleistungen seines Arbeitgebers einen eigenen Rechtsanspruch
gegen den Versicherer bzw. die Versorgungseinrichtung, so
fließt mit der Beitragsleistung Arbeitslohn
grundsätzlich unabhängig davon zu, ob und in welcher
Höhe der Arbeitnehmer später Versicherungsleistungen
erlangt. Voraussetzung eines unentziehbaren Rechtsanspruchs ist
nicht, dass bei Prämienzahlung feststeht, ob der Risikofall
überhaupt eintritt und der Versicherer eine Leistung zu
erbringen hat (so bereits BFH-Urteil vom 11.10.1974 VI R 173/71,
BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275 = SIS 75 01 64). Auch die Art des
zur Zukunftssicherung angewandten Deckungssystems ist für die
Qualifizierung der entsprechenden Beiträge als Arbeitslohn
grundsätzlich nicht von Bedeutung (vgl. Thomas, Betriebliche
Altersversorgung 2008, 490, 492). Denn mit der Finanzierung des
Versicherungsschutzes des Arbeitnehmers wendet der Arbeitgeber die
entsprechenden Beiträge und nicht die bei Eintritt des
Versicherungsfalles zu gewährenden Versicherungsleistungen zu
(BFH-Urteil in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385 = SIS 09 05 70,
unter II.1.c).
aa) Steht dem Arbeitnehmer gegen die
Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge
geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf Leistung zu,
so stellt sich dieser Vorgang - wie zuvor ausgeführt -
wirtschaftlich betrachtet so dar, als hätte der Arbeitgeber
die Zahlungen an den Arbeitnehmer und dieser sie an den Dritten
geleistet. Verwendet indes der Arbeitnehmer Barlohn selbst zur
Zukunftssicherung, so kommt es für den Zufluss von Arbeitslohn
nicht mehr darauf an, inwieweit die vom Arbeitnehmer erwarteten
Versorgungsleistungen tatsächlich erbracht werden und die mit
der Anlage erhoffte Rendite erzielt wird. Steht die Leistung der
Beiträge durch den Arbeitgeber der Verwendung von Barlohn
durch den Arbeitnehmer bei wirtschaftlicher Betrachtung gleich, so
kommt es auch für die Qualifizierung der Beiträge des
Arbeitgebers als Arbeitslohn, die dem Arbeitnehmer einen eigenen
Rechtsanspruch verschaffen, grundsätzlich nicht darauf an,
inwieweit der Arbeitnehmer später tatsächlich
Versorgungsleistungen erlangt.
bb) Dem Gedanken, dass die Bestimmung von
Arbeitslohn bei Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitsgebers
grundsätzlich von späteren Versicherungs- bzw.
Versorgungsleistungen zu lösen ist, entspricht auch die
Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass die geleisteten
Beiträge im Zeitpunkt ihrer Zahlung wirtschaftlich nicht genau
Ansprüchen bzw. Anwartschaften des Arbeitnehmers entsprechen
müssen. So hat der Senat etwa für Umlagezahlungen des
Arbeitgebers an eine Pensionskasse entschieden, dass die in der
Erbringung der Umlage liegende Zuwendung an die Arbeitnehmer und
ihre Erfassung als Arbeitslohn nicht davon abhängig ist, in
welcher Höhe der einzelne Arbeitnehmer Ansprüche gegen
die Pensionskasse erwirbt (vgl. BFH-Urteil vom 30.5.2001 VI R
178/99, BFH/NV 2001, 1258 = SIS 01 75 31). Der Arbeitslohncharakter
von Zukunftssicherungsleistungen hängt weiterhin nicht davon
ab, ob verfallbare oder unverfallbare Leistungsansprüche
erworben werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1876 = SIS 07 32 30).
Gegen Arbeitslohn spricht auch nicht, dass Umlagen nicht die
individuellen künftigen Ansprüche der aktiven
Arbeitnehmer, sondern lediglich die aktuellen Versorgungslasten
abdecken. Vielmehr genügt es, dass der aktive Arbeitnehmer
durch die Teilnahme an dem kollektiven Finanzierungssystem
Anwartschaftsrechte auf künftige Versorgung erhält; dass
zwischen der nominalen Höhe der Umlage und dem
versicherungsmathematisch errechneten Barwert der
Versorgungsanwartschaft keine Deckungsgleichheit besteht, ist
unschädlich (vgl. BFH-Urteile vom 14.9.2005 VI R 32/04, BFHE
210, 447, BStBl II 2006, 500 = SIS 05 44 59, und vom 15.2.2006 VI R
92/04, BFHE 212, 445, BStBl II 2006, 528 = SIS 06 14 71). Auch
steht der Annahme eines unentziehbaren Rechtsanspruchs des
Arbeitnehmers gegen Versicherer bzw. Versorgungseinrichtung und
damit des Zuflusses von Arbeitslohn in Gestalt von Beiträgen
des Arbeitgebers zur Finanzierung von Versicherungsschutz des
Arbeitnehmers nicht entgegen, dass die Auszahlung von
Versorgungsleistungen von der Einhaltung von Wartezeiten und einem
bestimmten Lebensalter abhängig ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE
114, 50, BStBl II 1975, 275 = SIS 75 01 64). Weiter erfordert es
die Voraussetzung eines unentziehbaren Rechtsanspruchs nicht, dass
Versicherer bzw. Versorgungseinrichtung letztlich an den
Begünstigten eine Leistung erbringen muss (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275 = SIS 75 01 64, und BFH-Beschluss
vom 25.4.2006 X R 9/04, BFH/NV 2006, 1645 = SIS 06 33 99). Selbst
wenn der Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden aus der
Versorgungseinrichtung nichts erlangt, stellt dies die
Unentziehbarkeit des Rechtsanspruchs nicht in Frage (BFH-Urteil in
BFHE 114, 50, BStBl II 1975, 275 = SIS 75 01 64).
cc) Für Beiträge des Arbeitgebers zu
einer Gruppenunfallversicherung, durch die der Arbeitnehmer zwar
Versicherungsschutz, aber keinen eigenen Rechtsanspruch gegen den
Versicherer erlangt, hat der erkennende Senat entschieden, dass bei
Auskehrung einer Versicherungsleistung an den Arbeitnehmer nicht
diese Leistung selbst, sondern im Zeitpunkt der
Versicherungsleistung die bis dahin vom Arbeitgeber geleisteten
Beiträge - der Höhe nach begrenzt auf die ausgezahlte
Versicherungssumme - zum Zufluss von Arbeitslohn führen (vgl.
im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385 = SIS 09 05 70). Auch insoweit ist die Bestimmung des in der Finanzierung
des Versicherungsschutzes des Arbeitnehmers liegenden Vorteils von
der Versicherungsleistung gelöst. Von Bedeutung für den
Zufluss von Arbeitslohn sind lediglich der Zeitpunkt einer
Versicherungsleistung sowie die Höhe der
Versicherungsleistung, weil der Arbeitnehmer nur insoweit die
wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Vorteil des
arbeitgeberfinanzierten Versicherungsschutzes erlangt.
dd) Kommt es nach den zuvor genannten
Grundsätzen für den Arbeitslohncharakter von
Zukunftssicherungsleistungen grundsätzlich nicht darauf an, ob
der Versicherungsfall bei dem begünstigten Arbeitnehmer
überhaupt eintritt und welche Leistungen dieser etwa aufgrund
der Umstände des Schadensfalles, aufgrund seiner
Erwerbsbiografie oder aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des
entsprechenden Sicherungssystems (Umlage- oder
Kapitaldeckungsverfahren) vom Versicherer oder von der
Versorgungseinrichtung letztlich erhält, so kann im
Ausnahmefall eine andere Beurteilung geboten sein. Wäre
nämlich bereits im Zeitpunkt der Entrichtung der Beiträge
die wirtschaftliche Wertlosigkeit des damit finanzierten
Versicherungsschutzes sicher erkennbar, brächten die
Beiträge dem Arbeitnehmer keinen Vorteil. Bei der Bestimmung
des Vorteils ist jedoch zu berücksichtigen, dass sowohl
Umlage- als auch Kapitaldeckungssysteme demografischen,
inflationären und gesamtwirtschaftlichen Risiken ausgesetzt
sind, die längerfristig zu einer wirtschaftlichen Entwertung
der eingezahlten Beiträge führen können. Denn
insoweit verhält es sich - wie bereits ausgeführt -
regelmäßig nicht anders, als wenn der Arbeitnehmer mit
ihm zugewandten Barlohn selbst Zukunftssicherung betrieben
hätte. Deshalb ist zur Beurteilung der Werthaltigkeit der
Beiträge grundsätzlich ein plan- bzw.
regelmäßiger Versicherungsverlauf zu unterstellen.
Erlangt ein Arbeitnehmer aufgrund von Zukunftssicherungsleistungen
seines Arbeitgebers einen eigenen Rechtsanspruch gegen den
Versicherer bzw. die Versorgungseinrichtung, so führen die
Beiträge zu Arbeitslohn, wenn die Einrichtung dem Arbeitnehmer
dient und für ihn bei regelmäßigem Ablauf die
Versorgung bestimmt ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 114, 50, BStBl II
1975, 275 = SIS 75 01 64). Eine zunächst als
Anwartschaftsrecht auf künftige Versorgung ausgestaltete
Rechtsposition des Arbeitnehmers muss jedenfalls bei
planmäßigem Versicherungsverlauf zu einem Anspruch auf
Versorgung (Vollrecht) führen.
c) Vorteile werden
„für“ eine Beschäftigung gewährt,
wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des
Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil
mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt
wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung
für das Zurverfügungstellen der individuellen
Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist, also als Frucht der
Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten ist (z.B.
BFH-Urteile vom 20.11.2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II
2009, 382 = SIS 09 03 43; in BFH/NV 2008, 550 = SIS 08 13 99, und
in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385 = SIS 09 05 70). Hingegen sind
Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller
Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als
notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung
erweisen und demnach aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem
Interesse gewährt werden, kein Arbeitslohn (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 11.4.2006 VI R 60/02, BFHE 212, 574, BStBl II 2006,
691 = SIS 06 30 05, m.w.N.; vom 26.7.2007 VI R 64/06, BFHE 218,
370, BStBl II 2007, 892 = SIS 07 29 08; vom 17.1.2008 VI R 26/06,
BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378 = SIS 08 12 05; vom 12.2.2009 VI
R 32/08, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2009,
830 = SIS 09 10 14).
So hat der erkennende Senat für sog.
Gegenwertzahlungen bei Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL
entschieden, dass diese nicht „für“ die
Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewährt würden, denn
sie könnten als notwendige Begleiterscheinung
betriebsfunktionaler Zielsetzung angesehen werden und glichen
ausschließlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers aus, die
er gegenüber der VBL eingegangen sei (vgl. BFH-Urteil in BFHE
212, 445, BStBl II 2006, 528 = SIS 06 14 71). Auch bei
Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Zusatzversorgungskasse im
Zusammenhang mit der Schließung des Umlagesystems hat der
Senat angenommen, dass sie ausschließlich dem
eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der Sicherstellung
seiner Versorgungszusage dienten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 447,
BStBl II 2006, 500 = SIS 05 44 59). Gleiches hat der Senat für
Sonderzahlungen entschieden, die ein Arbeitgeber beim Wechsel zu
einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse geleistet
hatte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98). Erst Sonderzahlungen, die nach dem 23.8.2006 geleistet
werden, zählt § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 52
Abs. 35 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006
(BGBl I 2006, 2878) zu den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit; der Gesetzgeber geht davon aus,
dass auch Schlusszahlungen in Umlageverfahren wegen der damit
bewirkten Sicherung von Zukunftssicherungsleistungen im Interesse
des Arbeitnehmers liegen (vgl. BRDrucks 622/06, 74 f.).
2. Nach diesen Maßstäben hält
die Würdigung des FG, die streitbefangenen Umlagezahlungen
führten nicht zu Arbeitslohn, revisionsrechtlicher
Prüfung nicht stand. Auf der Grundlage der Feststellungen des
FG kann der erkennende Senat selbst entscheiden, dass die
Umlagezahlungen einen „für“ die
Beschäftigung gewährten Vorteil darstellen und damit
Arbeitslohn sind. Eine Steuerbefreiung der Zahlungen scheidet aus.
Zu Recht hat es deshalb das FA abgelehnt, die Lohnsteuer für
Mai 2005 ohne Berücksichtigung der Umlagen festzusetzen.
a) Die Arbeitnehmer der Klägerin haben
durch deren Umlagezahlungen einen Vorteil erlangt.
Die Arbeitnehmer erwarben, wie das FG mit den
BFH bindender Wirkung (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hat,
eigene Ansprüche gegen die VBL; die Zahlungen der
Klägerin erfolgten deshalb nicht lediglich zum Zweck der
Rückversicherung gegen von ihr zugesagte
Versorgungsansprüche.
Diese Ansprüche waren auch nicht in einem
Sinne „wertlos“, dass im Streitfall nicht mehr
von Arbeitslohn ausgegangen werden könnte. Das FG hat sich zur
Begründung seiner Auffassung im Kern auf einen Grundsatz der
„Deckungsgleichheit“ von Beiträgen und
Ansprüchen gegen die Versorgungseinrichtung berufen. Ein
solcher Grundsatz ist jedoch - wie ausgeführt und auch vom FG
im Ergebnis anerkannt - der Rechtsprechung des BFH nicht zu
entnehmen.
aa) Nach den zuvor ausgeführten
Maßstäben kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob
bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit bei Wahl eines kapitalgedeckten
Finanzierungssystems, das nach den Feststellungen des FG
vergleichsweise zur Kalkulation der Umlagen herangezogen worden
ist, andere Versorgungsleistungen zu erwarten gewesen sein
könnten. Wie bei der Verwendung von Barlohn durch den
Arbeitnehmer hängt auch der Arbeitslohncharakter der
streitbefangenen Umlagezahlungen nicht davon ab, ob bei dem
gewählten Durchführungsweg der Zukunftssicherung im
Vergleich zu anderen Versorgungssystemen eine niedrigere oder
höhere Rendite zu erwarten ist. Entscheidend ist vielmehr, ob
jedenfalls bei planmäßigem Versicherungsverlauf eine
hinreichende Werthaltigkeit der von den Arbeitnehmern der
Klägerin erworbenen Ansprüche bzw. Anwartschaften zu
erwarten ist. Solch ein regelmäßiger
Versicherungsverlauf unterstellt, ergeben sich weder aus den
Feststellungen des FG noch aus dem Vortrag der Klägerin
konkrete Anhaltspunkte dafür, dass aus dem Versorgungssystem
der VBL schon zum Zeitpunkt der streitbefangenen Umlagezahlungen
keine substantielle Zusatzversorgung mehr zu erwarten gewesen
wäre. Vielmehr erwarb im Streitfall der aktive Arbeitnehmer
durch die Teilnahme an dem kollektiven Finanzierungssystem
hinreichend werthaltige Anwartschaftsrechte auf künftige
Versorgung.
bb) Der Hinweis des FG, dass die Zuwendungen
wirtschaftlich Barlohnzahlungen des Arbeitgebers an den
Arbeitnehmer vergleichbar sein müssten, rechtfertigt nicht die
Verneinung eines Vorteils. Zwar knüpft das FG zutreffend an
die Rechtsprechung des BFH an, nach der es für die Bestimmung
des Arbeitslohncharakters von Zukunftssicherungsleistungen des
Arbeitgebers darauf ankommt, ob sich der Vorgang wirtschaftlich so
darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur
Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner
Zukunftssicherung verwendet hat. Die Arbeitslohnqualität von
Barlohn, den der Arbeitnehmer selbst zur Zukunftssicherung
verwendet, hängt indes - wie ausgeführt - nicht davon ab,
ob die vom Arbeitnehmer erwartete Rendite tatsächlich erzielt
wird. Deshalb ist der wirtschaftliche Ertrag von
Zukunftssicherungsleistungen für deren Arbeitslohncharakter
auch dann nicht von Bedeutung, wenn der Arbeitgeber Beiträge
unmittelbar an die Versorgungseinrichtung leistet.
cc) Ungeachtet dessen, dass die relative
Wirtschaftlichkeit eines Zukunftssicherungssystems für den
Arbeitslohncharakter entsprechender Beiträge
grundsätzlich nicht von Bedeutung ist, führte der vom FG
aufgegriffene Vortrag der Klägerin, die von ihr zugesagte
Zusatzversorgung habe nur der Einzahlung von 4 % (statt 7,86 %) des
zusatzversorgungspflichtigen Entgelts in ein kapitalgedecktes
System entsprochen, nicht zu einer Minderung der vom FA als
Arbeitslohn angesehenen Beträge. Denn Kapitaldeckungs- und
Umlageverfahren sind grundsätzlich nicht vergleichbare
Alterssicherungssysteme. Entsprechendes gilt folgerichtig für
die jeweilige Höhe der Beitragssätze.
Beide Systeme unterscheiden sich schon
grundlegend darin, dass bei einem Kapitaldeckungssystem nur die in
einem Kapitalstock akkumulierten Beiträge zur Versorgung zur
Verfügung stehen, während ein Umlageverfahren auf eine
Versorgung unabhängig von einem angesparten Kapitalstock und
dem individuell erreichten Lebensalter des Versicherten gerichtet
ist (zum Vergleich des Kapitaldeckungsverfahrens mit dem
Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung auch z.B.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 6.3.2002 2 BvL
17/99, BVerfGE 105, 73, 91 f. = SIS 02 04 93, unter A.I.5.b aa).
Bei einem umlagenfinanzierten, solidarisch ausgestalteten
Altersvorsorgesystem kann die individuelle Versorgungsleistung und
damit die „Rendite“ der Beiträge
abhängig vom erreichten Lebensalter des Versicherten sehr
unterschiedlich ausfallen. Dem Risiko, dass der aufgebaute
Kapitalstock an Werthaltigkeit verliert oder für eine
Versorgung bis zum Lebensende des Versicherten nicht ausreicht,
steht bei einem umlagenfinanzierten System das Risiko
gegenüber, dass die Leistungsfähigkeit der
Solidargemeinschaft, wirtschaftlich getragen von der jeweiligen
Erwerbsgeneration, absolut schwindet oder dass bezogen auf den
einzelnen Leistungsempfänger - etwa in Folge einer gestiegenen
Lebenserwartung der Versicherten - eine niedrigere monatliche
Versorgung zu erwarten ist. Denn der Rentner erwirbt innerhalb des
Systems des Umlageverfahrens keinen Anspruch auf eine bestimmte
Rentenhöhe oder ein bestimmtes Rentenniveau, sondern
grundsätzlich nur einen Anspruch auf relative Beteiligung an
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der jeweiligen
Erwerbsgeneration (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 91 = SIS 02 04 93, unter A.I.5.b aa, m.w.N.). Ein Vergleich beider Systeme
ist demnach nur unter Einbeziehung aller systemprägenden
Faktoren möglich; er führte zur Offenlegung und Bewertung
unterschiedlicher Risikostrukturen, nicht aber zu einer hinreichend
gesicherten Aussage über die absolute Vorteilhaftigkeit und
wirtschaftliche Rangordnung beider Systeme. Es ist deshalb nicht
gerechtfertigt, Beiträge für die Bestimmung ihres
Arbeitslohncharakters in Abhängigkeit von dem finanzierten
Deckungssystem in unterschiedlicher Weise zu gewichten.
b) Der Vorteil des durch die Beitragsleistung
erlangten Versicherungsschutzes ist im Streitfall auch
„für“ die Beschäftigung gewährt
worden. Denn Zukunftssicherung liegt regelmäßig ganz
überwiegend im Interesse des versicherten Arbeitnehmers. Dass
(auch) das von der Klägerin zur Zukunftssicherung genutzte
Umlagesystem finanzielle Risiken birgt, steht einer solchen
Würdigung nicht entgegen. Wie beim Vorteil bestimmt sich das
wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers an einer
Zusatzversorgung nicht allein danach, inwieweit und mit welcher
Wahrscheinlichkeit der einzelne Arbeitnehmer aufgrund der vom
Arbeitgeber finanzierten Versorgung tatsächlich später
Leistungen erlangt. Auch sind die Gründe, die den erkennenden
Senat bewogen haben, Gegenwertzahlungen des Arbeitgebers an die VBL
als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler
Zielsetzungen anzusehen, nicht auf reguläre Umlagezahlungen an
die VBL übertragbar. Schließlich treten im Streitfall
eigenbetriebliche Interessen der Klägerin auch nicht deshalb
hervor, weil es sich um eine bloße Rückversicherung des
Arbeitgebers gegen Ansprüche seiner Arbeitnehmer gehandelt
hätte. Im Übrigen nimmt die Tatsache, dass die
Klägerin tarifvertraglich zur Zusatzversorgung verpflichtet
war, den Beiträgen nicht ihren Entlohnungscharakter.
3. Die Voraussetzungen der von der
Klägerin begehrten Steuerfreiheit der Beiträge nach
§ 3 Nr. 62 EStG oder nach § 3 Nr. 63 EStG liegen nicht
vor.
a) Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62
EStG setzt voraus, dass der Arbeitgeber dazu nach
sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen
Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung
beruhenden Bestimmung verpflichtet ist. Die mit den Umlagezahlungen
finanzierte Zusatzversorgung hat die Klägerin nach den
Feststellungen des FG auf tarifvertraglicher Grundlage erbracht;
eine Verpflichtung aufgrund Tarifvertrags stellt keine gesetzliche
Verpflichtung i.S. des § 3 Nr. 62 EStG dar (vgl. z.B. v.
Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 3 Nr.
62 Rz B 62/34, und Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz 1150,
jeweils m.w.N.). Besonderheiten, die im Streitfall eine andere
Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
27.6.2006 IX R 77/01, BFH/NV 2006, 2242 = SIS 06 44 66, und vom
13.9.2007 VI R 16/06, BFHE 219, 58, BStBl II 2008, 394 = SIS 07 36 25), hat das FG nicht festgestellt. Auch sonst ist insbesondere
keine materiell gesetzliche Verpflichtung (vgl. BFH-Urteil in BFHE
219, 58, BStBl II 2008, 394 = SIS 07 36 25) der Klägerin
ersichtlich. Im Übrigen ist weder § 3 Nr. 62 EStG selbst
noch dem Einkommensteuerrecht insgesamt die gesetzgeberische
Grundentscheidung zu entnehmen, dass unabhängig von den
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Nr. 62 EStG Lohn
stets insoweit von der Einkommensteuer zu befreien ist, als er
für Zukunftssicherungsleistungen verwendet wird (BFH-Urteil
vom 18.12.2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008, 794 = SIS 08 17 55). Da
§ 3 Nr. 62 EStG nur deklaratorische Bedeutung erlangt, soweit
der Arbeitgeber Zukunftssicherungsleistungen aufgrund gesetzlicher
Verpflichtung und deshalb nicht „für“ die
Beschäftigung erbringt (vgl. BFH-Urteil vom 6.6.2002 VI R
178/97, BFHE 199, 524, BStBl II 2003, 34 = SIS 03 02 16, zu den
Arbeitgeberanteilen zur gesetzlichen Sozialversicherung), begegnet
dieses Ergebnis keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken. Im
Übrigen wäre die Vorschrift jedenfalls als
Sozialzwecknorm (vgl. v. Beckerath, in: Kirchhof/
Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 3 Nr. 62 Rz B 62/27) sachlich
gerechtfertigt.
b) Auch eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr.
63 EStG scheidet aus. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen -
wie auch die Klägerin nicht bestreitet - nicht vor, weil es
sich im Streitfall nicht um eine kapitalgedeckte betriebliche
Altersversorgung handelt. Auch verfassungsrechtlich kommt eine
entsprechende Anwendung der Vorschrift im Streitfall nicht in
Betracht. Denn die Vorschrift erschließt ihre Bedeutung im
Kontext der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG.
Inwieweit sich der Gesetzgeber für eine vor- oder
nachgelagerte Besteuerung von Alterseinkünften entscheidet,
obliegt grundsätzlich seiner gesetzgeberischen
Gestaltungsfreiheit; ein Arbeitnehmer hat deshalb auch
verfassungsrechtlich keinen Anspruch darauf, dass sich der
Gesetzgeber hinsichtlich eines bestimmten Durchführungswegs
der betrieblichen Altersversorgung für eine vor- oder
nachgelagerte Besteuerung entscheidet. Allerdings ist es
verfassungsrechtlich geboten, die Besteuerung von
Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die
Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der
Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte
Besteuerung vermieden wird (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134
f. = SIS 02 04 93, unter D.II.). Für das Streitjahr hatte der
Gesetzgeber die umlagenfinanzierte betriebliche Altersvorsorge noch
der vorgelagerten Besteuerung zugewiesen; eine Steuerbefreiung der
streitbefangenen Umlagezahlungen in der
„Ansparphase“ scheidet deshalb aus. Umgekehrt
wäre Voraussetzung für eine Steuerbefreiung die
nachgelagerte Besteuerung in der „Bezugsphase“.
Das beigetretene BMF weist in seiner Stellungnahme zutreffend
darauf hin, dass die Regelung des seit 1.1.2008 geltenden § 3
Nr. 56 EStG im Grundsatz der für die kapitalgedeckte
betriebliche Altersversorgung bereits in 2002 eingeführten
Regelung des § 3 Nr. 63 EStG (Steuerfreiheit der
Beitragszahlungen an Pensionsfonds, Pensionskassen und - ab
1.1.2005 - an Direktversicherungen in der
„Ansparphase“) entspricht und die durch
steuerfreie Zuwendungen nach § 3 Nr. 56 EStG erworbenen
Versorgungsleistungen dann - wie bei der kapitalgedeckten
betrieblichen Altersversorgung - gemäß § 22 Nr. 5
EStG vollständig nachgelagert besteuert werden.