Direktversicherung, LSt-Pauschalierung, Voraussetzungen: 1. Beiträge für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers i.S. des § 40 b EStG i.d.F. bis 2004 sind nur solche Leistungen des Arbeitgebers, die als Arbeitslohn zu qualifizieren sind. - 2. Sind für Arbeitnehmer Gesamtprämien in Höhe von jeweils mehr als 4.200 DM im Kalenderjahr zu leisten, sind diese Arbeitnehmer dennoch in die Durchschnittsberechnung der Pauschalierungsgrenze gemäß § 40 b Abs. 2 Satz 2 EStG einzubeziehen, wenn der als Arbeitslohn zu qualifizierende Anteil diesen Betrag nicht übersteigt. - Urt.; BFH 12.4.2007, VI R 55/05; SIS 07 16 97
I. Streitig ist die Berechnung der
Pauschalierungsgrenze bei Zukunftssicherungsleistungen zugunsten
von mehreren Arbeitnehmern (§ 40b Abs. 2 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - in der in den Streitjahren 1996
bis 1999 geltenden Fassung).
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) gewährt auf der
Grundlage ihrer Versorgungsordnung ihren Mitarbeitern eine
Zusatzversorgung durch Abschluss von Direktversicherungen. Der
Prämienbeitrag der Klägerin belief sich in den
Streitjahren - gestaffelt nach Gehaltsgruppen - pro Mitarbeiter auf
2.100 bis 4.200 DM jährlich. Jeder Mitarbeiter ist
verpflichtet, sich zusätzlich mit 20 v.H. dieses
Prämienbeitrags zu beteiligen. Dieser sog. Eigenanteil wird im
Wege des Gehaltsabzugs von der Klägerin abgeführt. Ohne
Eigenbeteiligung entfällt der Anspruch auf die
Zusatzversorgung.
Die Klägerin schloss einen
Gruppenversicherungsvertrag (Direktversicherung) bei der
X-Lebensversicherung ab. Die Klägerin ist insoweit
Versicherungsnehmerin und Beitragsschuldnerin. Bei den von ihr zu
zahlenden Versicherungsbeiträgen wird zwischen einem
Arbeitgeberanteil (in den Streitjahren höchstens 4.200 DM) und
einem 20 prozentigen Arbeitnehmeranteil (in den Streitjahren
höchstens 840 DM) unterschieden; diese werden in einem
Gesamtjahresbeitrag (in den Streitjahren höchstens 5.040 DM)
zusammengefasst.
Die Klägerin führte für die
von ihr zu leistenden Arbeitgeberanteile die Pauschalierung
gemäß § 40b EStG durch. In die nach § 40b Abs.
2 Satz 2 der Vorschrift durchzuführende
Durchschnittsberechnung bezog sie auch die Arbeitnehmer ein,
für die der Gesamtjahresbeitrag den maßgeblichen
Höchstbetrag von 4.200 DM aufgrund des Arbeitnehmeranteils
überschritt.
Im Anschluss an eine
Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Auffassung, dass die
genannten Arbeitnehmer nicht in die Durchschnittsberechnung
einbezogen werden dürften. Soweit der Gesamtjahresbeitrag
für diese Arbeitnehmer 3.408 DM (vgl. dazu § 40b Abs. 2
Satz 1 EStG) übersteige, sei er dem normalen Lohnsteuerabzug
zu unterwerfen. Das FA forderte mit dem angefochtenen
Pauschalierungsbescheid Lohnsteuer für die Streitjahre (1996
bis 1999) nach.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen
erhobene Klage mit den in EFG 2005, 1703 = SIS 05 42 15
veröffentlichten Gründen ab.
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung von § 40b Abs. 2 EStG.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die
nachgeforderten Beträge um 29.414 DM zu reduzieren.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der
Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Entgegen der Ansicht der
Vorinstanz sind auch die Arbeitnehmer in die
Durchschnittsberechnung einzubeziehen, für die ein
Gesamtbeitrag von mehr als 4.200 DM jährlich aufzubringen
ist.
1. Gemäß § 40b Abs. 1 Satz 1
EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung kann der
Arbeitgeber die Lohnsteuer von den Beiträgen für eine
Direktversicherung mit einem Pauschsteuersatz von 20 v.H. erheben.
Dies gilt nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift nicht, soweit die zu
besteuernden Beiträge 3.408 DM übersteigen. Sind mehrere
Arbeitnehmer gemeinsam in einem Direktversicherungsvertrag
versichert, so ist für die Feststellung der
Pauschalierungsgrenze eine Durchschnittsberechnung anzustellen. Als
Beitrag für den einzelnen Arbeitnehmer gilt dann der Beitrag,
der sich bei einer Aufteilung der gesamten Beiträge durch die
Zahl der begünstigten Arbeitnehmer ergibt, wenn dieser
Teilbetrag 3.408 DM nicht übersteigt; hierbei sind
Arbeitnehmer, für die Beiträge von mehr als 4.200 DM im
Kalenderjahr geleistet werden, nicht einzubeziehen (§ 40b Abs.
2 Satz 2 EStG).
a) § 40b EStG basiert auf der
Vorstellung, dass es sich bei den Beiträgen i.S. der
Vorschrift um Arbeitslohn handelt, der den Arbeitnehmern im
Zeitpunkt der Abführung durch den Arbeitgeber an die
Versicherung zufließt (Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/
Mellinghoff, EStG, § 40b Rz A 2, 7; Wagner in Herrmann/Heuer/
Raupach, § 40b EStG Rz 5, 22), was bei Ausgaben des
Arbeitgebers an eine Versicherung zur Zukunftssicherung der
Arbeitnehmer der Fall sein kann (s. § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1
der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung).
Zu den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß §
19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Gehälter, Löhne,
Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die
für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten
Dienst gewährt werden. Zum Arbeitslohn können auch
Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen
Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den Fall
der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder
des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Die
Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei
denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer)
erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang - wirtschaftlich
betrachtet - so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum
Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen,
wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der
Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer
Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.4.1999 VI R 60/96, BFHE 188, 334,
BStBl II 2000, 406 = SIS 99 16 04; vom 30.5.2001 VI R 159/99, BFHE
195, 364, BStBl II 2001, 815 = SIS 01 09 99; vom 12.9.2001 VI R
154/99, BFHE 196, 539, BStBl II 2002, 22 = SIS 02 01 50; vom
20.7.2005 VI R 165/01, BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890 = SIS 05 37 93; vom 14.9.2005 VI R 32/04, BFHE 210, 447, BStBl II 2006, 500
= SIS 05 44 59; vom 15.2.2006 VI R 92/04, BFHE 212, 445, BStBl II
2006, 528 = SIS 06 14 71; vom 14.9.2005 VI R 148/98, BFHE 210, 443,
BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98). Dementsprechend wird die
Arbeitslohnqualtität von Beitragsleistungen in den Fällen
der Direktversicherung, bei der der Arbeitgeber nach dem
Innenverhältnis mit dem Arbeitnehmer nur die Pflicht hat, die
Beiträge für die Versorgung einzubehalten und an den
Versicherer abzuführen, bejaht (BFH-Urteil in BFHE 188, 334,
BStBl II 2000, 406 = SIS 99 16 04). Beiträge zur
Zukunftssicherung der Arbeitnehmer, die aus verwendetem Arbeitslohn
stammen und damit von diesen getragen werden, haben dagegen keine
Arbeitslohnqualität.
b) Daraus ergibt sich, dass Leistungen nur
dann Beiträge i.S. des § 40b EStG sind, sofern sie als
steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Insoweit
handelt es sich um „zu besteuernde“
Beiträge i.S. des § 40b Abs. 2 Satz 1 EStG. Prämien
oder Prämienteile, die aus bereits versteuertem Arbeitslohn
stammen, sind keine Beiträge i.S. der Vorschrift, auch wenn
sich, wie im Streitfall, der Arbeitgeber gegenüber der
Versicherung zur Zahlung verpflichtet hat. Wirtschaftlich
betrachtet sind solche Arbeitnehmeranteile eigene Beiträge der
Arbeitnehmer und damit keine Beiträge des Arbeitgebers, was
Voraussetzung der Pauschalierung gemäß § 40b EStG
ist.
c) Diese Grundsätze sind auch bei der
Durchschnittsberechnung der Pauschalierungsgrenze bei mehreren
Arbeitnehmern (§ 40b Abs. 2 Satz 2 EStG) zu beachten. Auch
hier sind unter Beitrag bzw. Teilbeitrag nur solche Leistungen zu
verstehen, die Arbeitslohn sind. Besteht, wie hier, der
Gesamtbeitrag aus einem als Arbeitslohn steuerpflichtigen, vom
Arbeitgeber erbrachten Anteil und einem nicht steuerbaren, vom
Arbeitnehmer aus versteuerten Einkommen erbrachten Anteil, so ist
nur der Arbeitgeberanteil in die Durchschnittsberechnung
einzubeziehen. Soweit der vom Arbeitgeber erbrachte Anteil am
Gesamtbeitrag nicht mehr als 4.200 DM beträgt, dürfen die
Arbeitnehmer nicht gemäß § 40b Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 2 EStG aus der Durchschnittsberechnung ausgeschlossen
werden. Das hat das FG hier verkannt. Nach seinen Feststellungen
ist der arbeitnehmerbezogene Höchstbetrag von 4.200 DM bei
Außerachtlassung des „Eigenanteils“ der
Arbeitnehmer in keinem Fall überschritten worden.
2. Da das FG von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, waren das vorinstanzliche
Urteil ebenso wie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben. Die
Sache ist spruchreif. Der angefochtene Nachforderungsbescheid war
im Sinne des Klageantrags abzuändern. Die Neuberechnung wird
dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2, § 121 FGO).