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Tarifvertraglich vereinbarte Zukunftssicherungsleistungen, Steuerfreiheit

Tarifvertraglich vereinbarte Zukunftssicherungsleistungen, Steuerfreiheit: Beiträge zur Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, zu deren Leistung der Arbeitgeber aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung gemäß § 5 TVG verpflichtet ist, sind steuerfrei (§ 3 Nr. 62 Satz 1 Alternative 3 EStG). - Urt.; BFH 13.9.2007, VI R 16/06; SIS 07 36 25

Kapitel:
Unternehmensbereich > Lohnsteuer > Zukunftssicherung
Fundstellen
  1. BFH 13.09.2007, VI R 16/06
    BStBl 2008 II S. 394
    LEXinform 0587357

    Anmerkungen:
    W.B. in HFR 12/2007 S. 1183
    W.B. in FR 4/2008 S. 189
Normen
[TVG] § 4, § 5
[GG] Art. 9 Abs. 3
[EStG] § 3 Nr. 62 Satz 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Thüringer FG, 17.11.2005, SIS 06 22 18, Zukunftssicherung, Zusatzversorgungskasse, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Allgemeinverbindlichkeit, Tarifvertrag
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 12.10.2023, SIS 24 02 72, Steuerliche Berücksichtigung von überobligatorischen Beiträgen zu einer schweizerischen öffentlich-rechtl...
  • FG Baden-Württemberg 25.9.2020, SIS 20 20 58, Arbeitgeberbeiträge zur Schweizer Stiftung FAR als steuerpflichtiger Arbeitslohn: 1. Die für einen Grenzg...
  • FG Baden-Württemberg 18.9.2014, SIS 15 12 27, Zusätzliche Beitragszahlung eines Schweizer Arbeitgebers in eine Pensionskasse aufgrund Frühpensionierung...
  • FG Baden-Württemberg 12.9.2012, SIS 13 06 12, Ersatzleistung für Einmalzahlung in Schweizer Pensionskasse zur Finanzierung einer Überbrückungsrente ein...
  • Hessisches FG 11.4.2011, SIS 11 31 84, Steuerfreiheit von aufgrund einer Satzung geschuldeter Zukunftssicherungsleistungen: 1. Der Ersatz von Be...
  • FG Baden-Württemberg 18.11.2010, SIS 11 08 01, Einkommensbesteuerung der Arbeitgeberanteile an einer Schweizer Pensionskasse und an eine Stiftung: 1. Be...
  • FG Baden-Württemberg 28.4.2010, SIS 11 08 02, Einkommensbesteuerung der Arbeitgeberanteile an einer Schweizer Pensionskasse, Einkommensbesteuerung der ...
  • BFH 28.5.2009, SIS 09 27 06, Ausländischer Arbeitnehmer, Zukunftssicherung, Gemeinschaftsrecht: 1. Zukunftssicherungsleistungen, die e...
  • BFH 7.5.2009, SIS 09 22 16, VBL, Umlagezahlungen des Arbeitgebers, Arbeitslohn: 1. Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL, die d...
  • FG Baden-Württemberg 23.4.2009, SIS 10 07 35, Obligatorische Beiträge eines Schweizer Arbeitgebers an Schweizer Pensionskasse als steuerfreier Arbeitsl...
  • BFH 10.12.2008, SIS 09 12 43, Zukunftssicherungsleistungen, Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr. 62 EStG bereits geklärt: 1. Soweit der Ges...
  • BFH 22.7.2008, SIS 08 33 40, Niederländische Krankenversicherung, steuerfreier Arbeitgeberzuschuss: 1. Die nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG...

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen landwirtschaftlichen Produktions- und Handelsbetrieb. Sie führte in den Streitjahren 1998 bis 2001 für jeden Arbeitnehmer monatlich 10 DM an die Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLA), einer Anstalt des öffentlichen Rechts, im Auftrag des Zusatzversorgungswerkes für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLF) e.V., ab. Die Klägerin, die selbst nicht tarifgebunden ist, kam damit einer Verpflichtung aus dem zwischen der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft und den land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Tarifvertrag (TV) nach. Nach § 2 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 des Vertrags ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Betrag von 10 DM monatlich für jeden ständig beschäftigten Arbeitnehmer an das ZLF zu leisten. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat die Bestimmungen des erwähnten TV über das Zusatzversorgungswerk gemäß § 5 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) für allgemeinverbindlich erklärt.

 

Die Klägerin unterwarf die Leistungen nicht der Lohnsteuer. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung erfasste der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Beträge als steuerpflichtigen Arbeitslohn und erhob pauschal Lohnsteuer nach. Der Einspruch, mit dem die Klägerin die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch nahm, blieb ohne Erfolg.

 

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in EFG 2006, 1038 = SIS 06 22 18 veröffentlichten Gründen statt.

 

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 3 Nr. 62 EStG.

 

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Beitragsleistungen der Klägerin an die ZLA sind nicht lohnsteuerpflichtig.

 

Die Beitragsleistungen sind gemäß § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei.

 

a) Wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.6.2006 IX R 77/01 (BFH/NV 2006, 2242 = SIS 06 44 66) ergibt, ist der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG aufgrund der Gesetzesänderung durch das Steueränderungsgesetz 1992 deutlich erweitert worden. Zur Steuerfreiheit führen nunmehr nicht nur eine sozialversicherungsrechtliche, sondern auch eine andere gesetzliche sowie eine auf gesetzlicher Ermächtigung beruhende Verpflichtung des Arbeitgebers, Ausgaben für die Zukunftssicherung der Arbeitnehmer zu leisten. Das hat zur Folge, dass auch Zwangsbeiträge, die aufgrund einer durch vorkonstitutionelles Gesetz entstandenen und als Bundesrecht fortgeltenden Tarifordnung geleistet werden, steuerfrei sind. Entsprechendes gilt für Beiträge, zu deren Leistung der Arbeitgeber aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags gemäß § 5 TVG verpflichtet ist.

 

b) Für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG ist eine auf gesetzlicher Grundlage beruhende Verpflichtung des Arbeitgebers, Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers zu erbringen, erforderlich (BFH-Urteil vom 18.5.2004 VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014 = SIS 04 23 50). Leistungen, die aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht erbracht werden, sind nicht steuerbefreit. Es kann hier dahinstehen, ob Leistungen des Arbeitgebers, zu denen er tarifgebunden verpflichtet ist (vgl. dazu § 4 TVG), in diesem Sinne freiwillig erbracht und deshalb von der Steuerbefreiung nicht erfasst werden (so von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 62 Rz B 62/35 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 6.11.1970 VI 385/65, BFHE 100, 320, BStBl II 1971, 22 = SIS 71 00 13 zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 Satz 6 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV - ). Denn § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG kommt zumindest für den Arbeitgeber in Betracht, der nicht tarifgebunden und aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung eines TV gemäß § 5 TVG zur Zahlung verpflichtet ist. Dies ergibt sich aus den Besonderheiten, die die autonome Ordnung des Arbeitslebens durch die Tarifparteien auszeichnet.

 

aa) Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet eine Ordnung des Arbeits- und Wirtschaftslebens, bei der der Staat seine Zuständigkeit zur Rechtsetzung weitgehend zurückgenommen und die Bestimmung der regelungsbedürftigen Einzelheiten des Arbeitsvertrags grundsätzlich den Tarifparteien überlassen hat. Der Gesetzgeber hat den Tarifparteien auf der Grundlage der Bedeutung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit im TVG das Mittel des Tarifvertrags an die Hand gegeben. Bei der Normsetzung durch die Tarifparteien handelt es sich um Gesetzgebung im materiellen Sinne, die Normen im rechtstechnischen Sinne erzeugt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 24.5.1977 2 BvL 11/74, BVerfGE 44, 322, 341).

 

Die „Normsetzungsprärogative“ der Tarifparteien gilt nicht schrankenlos. Es ist Sache des subsidiär für die Ordnung des Arbeitslebens weiterhin zuständigen staatlichen Gesetzgebers, die Betätigungsgarantie der Tarifparteien in einer den besonderen Erfordernissen des jeweiligen Sachbereichs entsprechenden Weise näher zu regeln. In diesem rechtlichen Zusammenhang steht die Allgemeinverbindlicherklärung gemäß § 5 TVG. Soweit ein öffentliches Interesse daran besteht, dass im Geltungsbereich eines TV alle Arbeitsverhältnisse in ihren Mindestbedingungen inhaltlich gleich gestaltet sind, bewirkt sie, dass die von den Tarifparteien ausgehandelten Rechtsnormen auch für Nichtverbandsmitglieder durch staatlichen Hoheitsakt verbindlich werden. Dieser staatliche Hoheitsakt hat nicht nur die Bedeutung einer bloßen unselbständigen Zustimmungserklärung zur autonomen Normsetzung der Tarifparteien auch gegenüber sog. Außenseitern. Vielmehr handelt es sich um einen dem Staat vorbehaltenen Geltungsbefehl, der die Außenseiter an die Tarifnorm bindet (BVerfG in BVerfGE 44, 322, 346).

 

bb) Zwar ist die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen kein Gesetz im formellen Sinn, also auch keine Rechtsverordnung. Vielmehr ist sie im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Rechtsetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtsetzung, der seine eigenständige Rechtsgrundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet (BVerfG in BVerfGE 44, 322, 338 f.; Beschluss vom 15.7.1980 1 BvR 24/74 und 439/79, BVerfGE 55, 7, 20; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.3.1990 4 AZR 536/89, DB 1991, 180). Dies steht jedoch der Steuerbefreiung nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass der nicht tarifgebundene Arbeitgeber materiell gesetzlich verpflichtet ist, Zukunftssicherungsleistungen zu erbringen. Es ist nicht gerechtfertigt, die insoweit gesetzlich auferlegten Zwangsbeiträge aus dem Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift auszuschließen.