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Umsatzsteuerfreie Standplatzvermietung

Umsatzsteuerfreie Standplatzvermietung: 1. Vermietet eine Gemeinde Standflächen bei einer Kirmesveranstaltung auf zivilrechtlicher Grundlage, handelt sie als Unternehmerin (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG). - 2. Die Standplatzvermietung ist im vollen Umfang gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (Fortführung der Rechtsprechung vom 24.1.2008 V R 12/05, BFHE 221 S. 310, BStBl 2009 II S. 60 = SIS 08 14 79). (Hinweis aus BStBl 2017 II S. 846 auf BMF-Schreiben vom 27. Juli 2017 - III C 2 - S 7106/0 :002 = SIS 17 13 97) - Urt.; BFH 13.2.2014, V R 5/13; SIS 14 15 48

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 13.02.2014, V R 5/13
    BStBl 2017 II S. 846
    BFH/NV 2014 S. 1159
    BFHE 245 S. 92

    Anmerkungen:
    jh in StuB 13/2014 S. 504
    Ch.W. in BFH/PR 8/2014 S. 266
    DK in DStZ 20/2014 S. 702
    wt in UVR 9/2014 S. 259
Normen
[UStG] § 2 Abs. 3 Satz 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a
[RL 77/388/EWG] Art. 4 Abs. 5, Art. 13 Teil B Buchst. b
[RL 2006/112/EG] Art. 135 Abs. 1 Buchst. l
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 07.08.2012, SIS 13 13 40, Steuerfreiheit, Umsatzsteuerpflicht, Überlassung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 7.11.2023, SIS 24 01 07, Überlassung von Kühlräumen und Kühlzellen zur Aufbewahrung von Leichen, die Überlassung von Räumlichkeite...
  • Hessisches FG 9.8.2022, SIS 24 01 12, Umsatzsteuerpflichtiger Betrieb einer Golfanlage trotz "Überlassung" an einen Golfclub: Die Überlassung e...
  • FG Hamburg 17.5.2022, SIS 22 10 16, Steuerfreie Vermietung von Zimmern an Prostituierte in sogenannten Steigen: 1. Eine steuerfreie Vermietun...
  • BFH 15.12.2021, SIS 22 08 65, EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen, dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidu...
  • BFH 20.10.2021, SIS 22 03 77, Zum Vorsteuerabzug einer Gemeinde im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit: Der Vorsteuerabzug aus Eing...
  • BFH 24.2.2021, SIS 21 14 37, Zur kurzzeitigen Überlassung von möblierten Wohnungen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in einem s...
  • FG Baden-Württemberg 7.12.2020, SIS 21 02 22, Errichtung und jeweils kurzfristige Vermietung einer kommunalen Mehrzweckhalle mit öffentlichem Parkplatz...
  • FG Rheinland-Pfalz 18.9.2019, SIS 19 19 85, Entgeltliche Überlassung eines Dorfgemeinschaftshauses für private Feiern und an einen Musikverein als um...
  • FG Köln 17.9.2019, SIS 20 18 36, Zulässigkeit einer Konkurrentenklage eines Unternehmers: § 2 Abs. 3 UStG hat drittschützende Wirkung. Im ...
  • FG Münster 4.7.2019, SIS 19 14 47, Wohnraumüberlassung an Prostituierte zur Ausübung der Prostitution: Die Steuerbefreiung greift bei einer ...
  • Niedersächsisches FG 7.3.2019, SIS 19 07 61, Umsatzsteuerfreie Vermietung an Prostituierte: Die Vermietung von möblierten Zimmern und Wohnungen zum Zw...
  • FG Münster 29.1.2019, SIS 19 04 51, Frage der Steuerbefreiung der Entgelte für Überlassung einer Trauerhalle, sog. Abschiedsräumen und Leiche...
  • BFH 21.6.2018, SIS 18 17 69, Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung bei der Vermietung von Sportanlagen: 1. Da das Betreiben einer ...
  • FG Münster 13.3.2018, SIS 18 10 69, Auftragsforschung, ermäßigter USt-Satz: Eine Hochschule, die einen Betrieb gewerblicher Art im Bereich de...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 31.1.2018, SIS 18 09 01, Wochenweise Vermietung sog. "Modelwohnungen" an Prostituierte, Steuerbefreiung, Erklärung und Widerruf de...
  • FG Baden-Württemberg 7.12.2017, SIS 18 05 46, Mit weiteren Dienstleistungen verbundene Vermietung von Zimmern an Prostituierte für Zwecke der Prostitut...
  • FG Nürnberg 28.11.2017, SIS 18 05 79, Umsatzsteuerliche Abgrenzung zwischen Pensionpferdehaltung und Weideüberlassung: 1. Leistungen im Zusamme...
  • BMF 27.7.2017, SIS 17 13 97, Umsatzbesteuerung der Leistungen der öffentlichen Hand: Das Bundesfinanzministerium hat die Umsetzung der...
  • BFH 18.7.2017, SIS 17 21 89, Vorsteuerabzug einer Gemeinde bei Verpachtung von Schulmensa und Freibad: Bei der Verpachtung von Schulme...
  • BFH 28.6.2017, SIS 17 14 66, Zum Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus den Herstellungskosten einer Sporthalle: 1. Eine Gemeinde ist zum t...
  • BFH 21.6.2017, SIS 17 20 08, Zur Steuerfreiheit von Liegerechten in Begräbniswäldern: Die Einräumung von Liegerechten zur Einbringung ...
  • BFH 21.6.2017, SIS 17 20 09, Zur Steuerfreiheit von Liegerechten in Begräbniswäldern: Die Einräumung von Liegerechten zur Einbringung ...
  • BFH 31.5.2017, SIS 17 15 72, Vorsteuer von Seelotsen einer Lotsenbrüderschaft: Umsatzsteuer auf von einer Lotsenbrüderschaft bezogene ...
  • BFH 31.5.2017, SIS 17 14 67, Kein Abzug anteiliger Vorsteuern aus der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes einer Lotsenbrüderschaft be...
  • BFH 29.3.2017, SIS 17 14 21, Umsatzsteuerliche Behandlung der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von zum Verkauf bestimmten Fahr...
  • BFH 15.12.2016, SIS 17 04 05, Unternehmereigenschaft im kommunalen Bereich: 1. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur ...
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  • BFH 2.12.2015, SIS 16 00 93, Keine Organschaft mit Nichtunternehmer: Die Organschaft setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Eingliederun...
  • FG Münster 3.11.2015, SIS 16 02 21, Unternehmereigenschaft einer städtischen GmbH aufgrund entgeltlicher Sporthallenüberlassung, Vorsteuerabz...
  • BFH 24.9.2015, SIS 15 25 58, Umsatzsteuer im Stundenhotel: Das halbstündige oder stundenweise Überlassen von Zimmern in einem "Stunden...
  • BFH 24.9.2015, SIS 15 25 60, Anforderungen an den Vorsteuervergütungsantrag: Die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG wahrt nur...
  • FG Nürnberg 7.7.2015, SIS 15 22 32, Umsatzsteuer bei Vermietung eines ehemaligen Fabrikschlotes samt Grundfläche zur Anbringung von Firmenwer...
  • BFH 17.12.2014, SIS 15 04 04, Überlassung möblierter Zimmer an Prostituierte: Die entgeltliche Überlassung möblierter Zimmer an Prostit...
  • FG Münster 9.12.2014, SIS 15 04 41, Abgrenzung von unternehmerischer zu nichtselbständiger Tätigkeit, Steuerbefreiung, Begriffsbestimmung von...
  • FG Münster 15.7.2014, SIS 14 26 70, Frage der Erfassung von Gewinnen bei Pokerturnieren sowie Cash-Games als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt:...
Fachaufsätze
  • LIT 02 97 59 Heu, DStRE 20/2014 S. 1242: Voraussetzungen zur Teilnahme am Umsatzsteuer-Vergütungsverfahren bei Zweigniederlassung im Inland ohne e...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Stadt, erbrachte in den Streitjahren 2003 und 2004 sowie 2006 bis 2008 Leistungen an andere Unternehmer durch die Überlassung von Standflächen bei Wochenmärkten und Kirmessen. Die Nutzungsüberlassung erfolgte durch einen Mustervertrag („Vertrag über die Zusage eines Standplatzes für die ... Kirmessen“).

 

 

2

In der nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2003 vom 10.3.2004 sowie der Umsatzsteuerjahreserklärung 2004 vom 18.4.2005, der der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) am 3.5.2005 zustimmte, erfasste die Klägerin keine Umsätze im Zusammenhang mit der Überlassung von Standflächen bei Wochenmärkten und Kirmesveranstaltungen. Am 12.4.2007 erließ das FA für beide Jahre nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen es die steuerpflichtigen Leistungen um Umsätze aus der Standflächenüberlassung bei Wochenmärkten und Kirmesveranstaltungen um 14.926 EUR (2003) und um 21.841 EUR (2004) erhöhte sowie zusätzliche Vorsteuerbeträge von 1.950 EUR (2003) und von 1.419,60 EUR (2004) berücksichtigte. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

 

3

In der nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2006 vom 24.5.2007 erklärte die Klägerin nach § 4 Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Umsätze in Höhe von 41.322 EUR (26.477 EUR aus Markt- und 14.845 EUR aus Kirmesveranstaltungen). Das FA sah die Umsätze aus den Standgeldern bei Kirmesveranstaltungen in voller Höhe als umsatzsteuerpflichtig sowie die Umsätze aus den Standgeldern bei Märkten zu 25 % als umsatzsteuerpflichtig an und erließ am 14.2.2008 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2006, gegen den die Klägerin gleichfalls erfolglos Einspruch einlegte.

 

 

4

In der nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 vom 14.4.2008 erklärte die Klägerin nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von 40.304 EUR (30.332 EUR aus Markt- und 9.972 EUR aus Kirmesveranstaltungen). Das FA behandelte auch die Umsätze aus der Standplatzüberlassung auf Kirmesveranstaltungen in voller Höhe sowie die Umsätze aus der Standplatzüberlassung bei Marktveranstaltungen in Höhe von 25 % als umsatzsteuerpflichtig und erließ am 21.5.2008 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, gegen den die Klägerin ohne Erfolg Einspruch einlegte.

 

 

5

In der ebenfalls nicht zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2008 erfasste die Klägerin nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Umsätze in Höhe von 39.748 EUR (26.904 EUR aus Markt- und 12.844 EUR aus Kirmesveranstaltungen). Das FA sah für dieses Jahr lediglich die Umsätze aus der Standplatzüberlassung auf Kirmesveranstaltungen in voller Höhe als umsatzsteuerpflichtig an und erließ am 10.7.2009 einen geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid 2008. Auch insoweit legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

 

 

6

In ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen machte die Klägerin keine Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen aus Marktveranstaltungen und Kirmessen geltend.

 

 

7

Am 3.9.2009 erließ das FA für die Streitjahre 2003, 2004, 2006 und 2007 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide, in denen es die Umsätze aus den Wochenmärkten nunmehr als steuerfreie Umsätze erfasste. Für die Jahre 2003 und 2004 kürzte das FA entsprechend die abziehbaren Vorsteuerbeträge.

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in EFG 2013, 729 = SIS 13 13 40 veröffentlichten Urteil statt. Danach seien die Leistungen der Klägerin bei der Standplatzüberlassung auf Kirmessen nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei, wie sich aus einer unionsrechtlichen Auslegung unter Berücksichtigung der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) sowie der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe. Wesentliches Merkmal der Grundstücksvermietung wie auch der Grundstücksverpachtung sei es, dass dem Mieter (Pächter) vom Vermieter (Verpächter) eines Grundstücks auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt werde, dieses Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Die Überlassung der Standplätze durch die Klägerin an die sog. Beschicker der jeweiligen Kirmes entspreche dem. Es handele sich insoweit um eine gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung, die nicht in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Leistungsteil aufzuteilen sei. Die Überlassung der Standplätze sei das wesentliche Element der Leistung an die sog. Platzbewerber gewesen. Die Standgelder seien nach § 1 und § 3 des Mustervertrages nach der jeweils in Anspruch genommenen Platzgröße (2 EUR/qm bzw. 1,50 EUR/qm) berechnet worden. Die darüber hinaus erbrachten Leistungen wie die Festsetzung des Termins und die Organisation der jeweiligen Kirmes, ggf. Werbung, sowie die Be- und Entwässerung stellten nur Nebenleistungen zur Vermietung dar. Nach der maßgeblichen Perspektive der Platzbewerber als Durchschnittsverbraucher hätten die Organisationsleistungen sowie die Zurverfügungstellung von Be- und Entwässerung keinen eigenen Zweck, sondern stellen lediglich das Mittel dar, um die Überlassung der Standplätze als Hauptleistung unter optimalen Bedingungen nutzen zu können. Dem jeweiligen Platzbewerber sei es gerade darauf angekommen, unter Ausschluss anderer, für die Dauer der Kirmes eine Standfläche zu erhalten, auf der er sein jeweiliges Geschäft (Fahrgeschäft, Vertrieb von Waren, Imbiss- bzw. Getränkestand) betreiben konnte. Insoweit bestehe kein Unterschied zur Überlassung von Standplätzen auf Wochenmärkten durch die Klägerin, die später auch vom FA als insgesamt steuerfreie Vermietung angesehen worden sei. Die Klägerin habe bei der Überlassung von Standplätzen auf Wochenmärkten auf der gleichen Rechtsgrundlage gehandelt. Nach ihrem unwidersprochenen Vortrag habe sie bei den Wochenmärkten sogar noch weitere Leistungen erbracht, wie die Zurverfügungstellung von Strom, für den der jeweilige Platzbewerber bei den Kirmesveranstaltungen selbst habe sorgen müssen. Dass eine Kirmes eine straffere Organisation und einen höheren Aufwand erfordere, sei unerheblich.

 

 

9

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Das FG habe seinem Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt, da Teile des Akteninhalts nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Es komme den Platzbewerbern nicht entscheidend auf die Überlassung eines Grundstücksteils zum Gebrauch für gewerbliche Zwecke, sondern darauf an, die Veranstaltungsbedingungen für ihre jeweilige gewerbliche Betätigung zu nutzen. Die Ausführungen des FA seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Auch die vertraglich vorgesehene Möglichkeit, Standplatzinhaber von der Kirmes auszuschließen, zeige, dass kein Entgelt für eine Grundstücksvermietung vorliege. Hierfür sprächen auch die besonderen Regelungen für das Schaustellergewerbe. Die Kirmesveranstaltungen hätten zudem auf Straßen, nicht aber auf Marktplätzen stattgefunden. Gegenstand der von der Klägerin erbrachten Leistung sei die Zulassung zur Teilnahme an einer Kirmesveranstaltung gewesen. Zu berücksichtigen sei der Vergnügungs- und Eventcharakter einer Kirmes.

 

 

10

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

11

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

12

Das FA wende sich nur gegen die Tatsachenwürdigung des FG. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor.

 

 

13

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Leistungen der Klägerin bei der Überlassung von Standplätzen bei Kirmessen insgesamt steuerfrei sind.

 

 

14

1. Die Klägerin war bei der Standplatzüberlassung als Unternehmerin tätig.

 

 

15

a) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Gestattet z.B. eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sporthalle und Freizeithalle, ist sie gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder - im Wettbewerb zu Privaten - auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt (vgl. z.B. zuletzt Senatsurteile vom 10.11.2011 V R 41/10, BFHE 235, 554 = SIS 12 04 24, und vom 1.12.2011 V R 1/11, BFHE 236, 235 = SIS 12 04 14). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest (vgl. zur bislang unterbliebenen Veröffentlichung der BFH-Rechtsprechung zu § 2 Abs. 3 UStG im BStBl z.B. Lohse/Zanzinger, DStR 2013, 1105 ff., 1109).

 

 

16

b) Im Streitfall war die Klägerin bei der Leistungserbringung als Unternehmerin tätig, da sie die Standplätze nach dem vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen Mustervertrag „über die Zusage eines Standplatzes“ auf zivilrechtlicher Rechtsgrundlage, nicht aber öffentlich-rechtlich überließ. Im Hinblick auf die Höhe der von der Klägerin vereinnahmten Entgelte ist auch von einem Herausheben aus der wirtschaftlichen Gesamtbetätigung der Klägerin auszugehen.

 

 

17

2. Wie das FG zutreffend entschieden hat, erbrachte die Klägerin bei der Standplatzüberlassung ausschließlich steuerfreie Leistungen.

 

 

18

a) Steuerfrei ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken.

 

 

19

aa) Ob eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts (BFH-Urteile vom 7.7.2011 V R 41/09, BFHE 234, 513, BStBl II 2014, 73 = SIS 11 31 05, unter II.2.b, und vom 8.11.2012 V R 15/12, BFHE 239, 509, BStBl II 2013, 455 = SIS 13 11 18, unter II.1.a). Das grundlegende Merkmal des umsatzsteuerrechtlichen Begriffs der „Vermietung von Grundstücken“ i.S. von Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG - seit 1.1.2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL - besteht vielmehr darin, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. EuGH-Urteile vom 16.12.2010 C-270/09, MacDonald Resorts Ltd., Slg. 2010, I-13179 = SIS 11 00 41 Rdnr. 46; vom 6.12.2007 C-451/06, Walderdorff, Slg. 2007, I-10637 = SIS 08 07 29 Rdnr. 17; vom 12.6.2003 C-275/01, Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965 = SIS 03 29 11 Rdnr. 25; vom 4.10.2001 C-326/99, Goed Wonen, Slg. 2001, I-6831 = SIS 01 13 24 Rdnr. 55; vom 9.10.2001 C-108/99, Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001, I-7257 = SIS 01 13 22 Rdnr. 21; vom 9.10.2001 C-409/98, Mirror Group, Slg. 2001, I-7175 = SIS 01 13 25 Rdnr. 31).

 

 

20

bb) Entgegen der früheren BFH-Rechtsprechung kann nach dem Senatsurteil vom 24.1.2008 V R 12/05 (BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60 = SIS 08 14 79) die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an Markthändler nach den vorstehenden Grundsätzen als einheitliche Vermietungsleistung anzusehen sein. Entscheidend ist hierfür, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, bei der das Vermietungselement prägend ist.

 

 

21

Dies stimmt mit der EuGH-Rechtsprechung überein. So hat der EuGH mit Urteil vom 27.9.2012 C-392/11, Field Fischer Waterhouse (UR 2012, 964 = SIS 12 33 69) entschieden, dass eine Vermietung von Grundstücken und die mit dieser Vermietung zusammenhängenden Dienstleistungen eine einheitliche Leistung darstellen können, wobei z.B. der Umstand, dass Dienstleistungen grundsätzlich von einem Dritten erbracht werden könnten, nicht den Schluss zulässt, dass diese keine einheitliche Leistung darstellen.

 

 

22

cc) Die Rechtsprechungsänderung durch das BFH-Urteil in BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60 = SIS 08 14 79 wirkt sich auch auf die Standplatzüberlassung bei Kirmesveranstaltungen aus. Wie das FG zutreffend entschieden hat, ist eine derartige Standplatzüberlassung in vollem Umfang steuerfrei und nicht in eine steuerpflichtige und eine steuerfreie Leistung aufzuteilen. Der Senat hält daher auch insoweit an seiner dem entgegenstehenden Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 7.4.1960 V 142/58 U, BFHE 71, 41, BStBl III 1960, 261 = SIS 60 01 52, und vom 25.4.1968 V 120/64, BFHE 93, 393, BStBl II 1969, 94 = SIS 69 00 69) nicht mehr fest.

 

 

23

Das Vorliegen einer insgesamt steuerfreien Leistung ergibt sich im Streitfall nach dem Urteil des FG, das seiner Beurteilung die Rechtsprechung des erkennenden Senats zugrunde gelegt hat, daraus, dass die Überlassung der Standplätze das wesentliche Leistungselement war. Die darüber hinaus erbrachten Leistungen hat das FG zutreffend lediglich als Nebenleistungen angesehen, da es dem jeweiligen Händler gerade darauf ankommt, unter Ausschluss anderer Händler für die Dauer der Kirmes eine Standfläche zu erhalten, von der aus er sein Warensortiment vertreiben kann. Die Organisationsleistung der Klägerin sowie die Bereitstellung von Strom und die Reinigung sind danach für die Händler nur im Hinblick auf die Verkaufsmöglichkeit im Rahmen ihres Standplatzes von Interesse. Die besondere Bedeutung der Standplätze für die Händler sowie die Abhängigkeit der „Serviceleistungen“ von der Überlassung der Standplätze rechtfertigen es, diese auch dann als Nebenleistung zu einer dann einheitlichen steuerfreien Leistung anzusehen, wenn die Attraktivität einzelner Wochenmärkte durch vereinzelte „Sonderveranstaltungen“ gesteigert wird.

 

 

24

b) Das FG hat bei seiner Entscheidung auch nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens unberücksichtigt gelassen und damit nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 14.11.2001 II B 29/00, BFH/NV 2002, 512). Die Rüge eines derartigen Verfahrensverstoßes setzt die Darlegung voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen des Beteiligten nicht entspreche oder eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen habe (BFH-Beschluss vom 9.7.2012 III B 66/11, BFH/NV 2012, 1631 = SIS 12 24 66). Hieran fehlt es im Streitfall, in dem sich das FA letztlich nur gegen eine aus seiner Sicht fehlerhafte Vertragsauslegung wendet (vgl. BFH-Beschluss vom 13.12.2012 X B 209/11, BFH/NV 2013, 722 = SIS 13 10 63).