Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 21.3.2013 2 K 586/10 = SIS 14 14 42 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu
tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) - eine GmbH nach
österreichischem Recht - übt ihre wirtschaftliche
Tätigkeit in Österreich aus.
|
|
|
2
|
Mit dem am 30.6.2008 beim Beklagten und
Revisionsbeklagten (Bundeszentralamt für Steuern - BZSt - )
eingegangenen „Antrag auf Vergütung der
Umsatzsteuer“ begehrte die Klägerin die Vergütung
von Vorsteuerbeträgen in Höhe von 27.653,87 EUR im Rahmen
des besonderen Vorsteuervergütungsverfahrens nach § 18
Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr (2007)
geltenden Fassung (UStG) i.V.m. §§ 59 bis 61 der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) für den
Vergütungszeitraum Juni bis Dezember 2007. Dabei reichte die
Klägerin die zweite Seite des Antragsvordrucks, auf der sich
auch die Unterschrift des Geschäftsführers der
Klägerin sowie der Firmenstempel befand, in Kopie ein. Zudem
enthielt das Antragsformular unter Ziffer 9 a („Der
Unternehmer erklärt, a) dass die aufgeführten
Gegenstände und sonstigen Leistungen für seine Zwecke als
Unternehmer verwendet worden sind anlässlich ...“) keine
Eintragung.
|
|
|
3
|
Mit Bescheid vom 6.10.2008 lehnte das BZSt
die beantragte Vergütung mit der Begründung ab, der
Antrag sei wegen der fehlenden Originalunterschrift des
Geschäftsführers der Klägerin unwirksam.
Antragskopien oder Anträge mit einer einkopierten oder
eingescannten Unterschrift könnten die Antragsfrist nicht
wahren. Bis zum Ablauf der sechsmonatigen Antragsfrist habe die
Klägerin keinen wirksamen Antrag gestellt.
|
|
|
4
|
Einspruch und Klage hatten keinen
Erfolg.
|
|
|
5
|
Mit dem in EFG 2014, 1052 = SIS 14 14 42
veröffentlichten Urteil führte das Finanzgericht (FG)
aus, der Vergütungsantrag vom 30.6.2008 sei unwirksam, weil
sowohl der innerhalb der Antragsfrist eingereichte
Vergütungsantrag als auch der während des
Einspruchsverfahrens erneut gestellte Antrag keine Eintragung in
Ziffer 9 a des Antragsvordrucks enthalte. Ein Vergütungsantrag
sei unwirksam, wenn er nicht alle entscheidungserheblichen Angaben
des amtlichen Musters enthalte. Die Erklärung in Ziffer 9 a
des Antragsvordrucks erschöpfe sich nicht - wie im Streitfall
geschehen - in der bloßen Unterzeichnung dieses Abschnitts.
Das Vordruckfeld erfordere eine inhaltliche Ergänzung, die
über die allgemeine Angabe, die Leistungen für
unternehmerische Zwecke verwenden zu wollen, hinausgehe. Solche
Angaben könnten nur innerhalb der Antragsfrist nachgeholt oder
ergänzt werden. Dies stehe im Einklang mit dem
Unionsrecht.
|
|
|
6
|
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt.
|
|
|
7
|
Weder aus nationalem Recht noch aus Art. 3
der - im Streitzeitraum gültigen - Achten Richtlinie
79/1072/EWG des Rates vom 6.12.1979 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
- Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland
ansässige Steuerpflichtige - (Richtlinie 79/1072/EWG)
ergäbe sich, dass ein unvollständiger
Vergütungsantrag nach Ablauf der Antragsfrist nicht mehr
ergänzt werden könne. Zudem sei es dem FG nach Art. 7
Abs. 4 der Richtlinie 79/1072/EWG verwehrt, nach Ablauf der dort
geregelten Frist, Ablehnungsgründe nachzuschieben,
insbesondere bei der Klageabweisung von anderen Gründen als
das BZSt auszugehen.
|
|
|
8
|
Die Klägerin beantragt, den
Ablehnungsbescheid über die Vergütung von Vorsteuern
für den Zeitraum Juli bis Dezember 2007 vom 6.10.2008 in der
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.1.2010 sowie das Urteil
des FG Köln vom 21.3.2013 2 K 586/10 aufzuheben und eine
Vergütung in Höhe von 27.653,87 EUR für diesen
Vergütungszeitraum festzusetzen,
|
|
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und
den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267
Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) mit folgender Frage anzurufen:
„Ist Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/EWG [...] unter
Berücksichtigung des Neutralitätsprinzips und des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahingehend
auszulegen, dass ein Vergütungsantrag, der fristgerecht bis
zum 30. Juni des Folgejahres bei der zuständigen Behörde
eingegangen ist und dem lediglich die Angabe im Feld 9a fehlte,
zwingend unwirksam ist?“
|
|
|
9
|
Das BZSt beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
Es stützt seine Ausführungen u.a.
auf die Gründe der Vorentscheidung sowie die Rechtsprechung
des Senats. Indem Art. 3 Satz 1 der Richtlinie 79/1072/EWG auf das
in Anhang A aufgeführte Muster verweise, bestimme diese
Vorschrift den Inhalt des abzugebenden Antrags. Im Übrigen sei
die Ablehnung des Vergütungsantrags auch deshalb
gerechtfertigt, weil dieser keine Originalunterschrift
enthalte.
|
|
|
11
|
II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
12
|
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die
Klägerin den Vergütungsantrag nicht innerhalb der
Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG in der
erforderlichen Form gestellt hat. Daran fehlt es, weil die
Klägerin den Antrag ohne die nach Ziffer 9 a des amtlichen
Antragsformulars erforderlichen Angaben eingereicht hat.
|
|
|
13
|
1. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im
Vergütungsverfahren setzt einen ordnungsgemäß und
fristgerecht gestellten Antrag voraus.
|
|
|
14
|
a) Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur
Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der
Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die
Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im
Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 UStG
und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren
regeln. Der Vergütungsantrag ist gemäß § 18
Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des
Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch
entstanden ist. Nach § 61 Abs. 1 UStDV hat der Unternehmer die
Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bei dem BZSt
zu beantragen.
|
|
|
15
|
b) Aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) ergibt sich, dass der Unternehmer zur Wahrung der
Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG einen Antrag
stellen muss, in dem er Angaben zu den entsprechend Art. 3 Buchst.
a Satz 2 i.V.m. Anhang C Buchst. F der Richtlinie 79/1072/EWG
geforderten Mindestinformationen (Art der Tätigkeit oder des
Gewerbezweigs für die er die Leistungen bezogen hat) macht
(vgl. Urteil vom 19.11.2014 V R 39/13, BFHE 248, 399, BStBl II
2015, 352 = SIS 15 00 72, Rz 13, m.w.N.). Der BFH hat bereits
entschieden, dass Anträge und Erklärungen, die nach einem
amtlichen Muster abzugeben sind, in allen Einzelheiten dem
amtlichen Muster entsprechen müssen, wenn amtliche Vordrucke
nicht verwendet werden. Fehlen dem nicht amtlichen Vordruck
Angaben, die der amtliche Vordruck vorsieht und erklärt sich
der Antragsteller daher innerhalb der Antragsfrist nicht zu solchen
Angaben, ist der Antrag abzulehnen (BFH-Urteil vom 21.10.1999 V R
76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214 = SIS 00 04 03, unter
II.1., Rz 17, m.w.N.). Daraus leitet die Rechtsprechung des BFH
(Beschlüsse vom 14.12.2012 V B 19/12, BFH/NV 2013, 602 = SIS 13 07 50, Rz 7 f.; vom 14.12.2012 V B 20/12, BFH/NV 2013, 996 = SIS 13 14 47, Rz 7 f., und vom 19.12.2012 XI B 111/11, BFH/NV 2013, 785
= SIS 13 11 07, Rz 11 bis 13, zu Ziffer 9 b des Antrags; vgl. auch
BFH-Beschluss vom 9.1.2014 XI B 11/13, BFH/NV 2014, 915 = SIS 14 13 72, Rz 9 f.) ab, dass ein vollständiger Antrag auch die Angabe
in Ziffer 9 a des Antragsvordrucks erfordert. Diese Angabe zur
Leistungsverwendung ist zur Beurteilung erforderlich, ob der
beantragte Vergütungsanspruch besteht.
|
|
|
16
|
c) Nach diesen Maßstäben ist der
gestellte Vergütungsantrag im Streitfall abzulehnen, weil die
Angabe in Ziffer 9 a des amtlichen Vordrucks - wie vom FG bindend
festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO) - fehlt. Der Grund für
die Unvollständigkeit ist unbeachtlich.
|
|
|
17
|
Im Streitfall kann auch nicht aus anderen
Unterlagen - hier: „Anlage zum Antrag auf Vergütung
der Umsatzsteuer“ - auf die Verwendung der
Eingangsleistung geschlossen werden, die durch die Angaben in
Ziffer 9 a des Vordrucks aufgeklärt werden soll. Auf der
Grundlage der Feststellungen des FG ist zudem nicht davon
auszugehen, dass sich auf den Eingangsrechnungen, die dem
Vorsteuerabzug zugrunde liegen und dem gestellten Antrag nach
§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG im Original beizufügen sind (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 248, 399, BStBl II 2015, 352 = SIS 15 00 72, Rz
13, m.w.N.), Vermerke der Klägerin befinden, die den Zweck der
Leistungsbezüge erläutern.
|
|
|
18
|
2. Die Einwendungen der Klägerin greifen
nicht durch.
|
|
|
19
|
a) Die Anforderungen an den
Vergütungsantrag ergeben sich für den
Vergütungszeitraum zweifelsfrei aus Art. 3 Buchst. a der
Richtlinie 79/1072/EWG. Danach hat der Steuerpflichtige den Antrag
bei der zuständigen Behörde nach dem in Anhang A der
Richtlinie 79/1072/EWG aufgeführten Muster zu stellen. Das in
Anhang A aufgeführte Muster erfordert dieselbe Angabe wie
Ziffer 9 a des nationalen Antragsvordrucks. Damit hat der
Unternehmer auch unionsrechtlich die Pflicht, Angaben darüber
zu machen, anlässlich welchen Ereignisses die
Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens verwendet
worden sind (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 915 = SIS 14 13 72,
Rz 10, m.w.N.).
|
|
|
20
|
Bestätigt wird dies durch Art. 3 Buchst.
a Satz 2 der Richtlinie 79/1072/EWG, wonach die Mitgliedstaaten den
Antragstellern eine Erläuterung zur Verfügung stellen,
die auf jeden Fall die Mindestinformationen laut Anhang C der
Richtlinie 79/1072/EWG enthalten muss. Nach Anhang C Buchst. F der
Richtlinie 79/1072/EWG hat der Antragsteller „unter Ziffer
9 a des Formulars die Art der Tätigkeit oder des
Gewerbezweiges anzugeben, für die er die Güter erworben
bzw. die sonstigen Leistungen erbracht hat, auf die sich der Antrag
auf Steuervergütung bezieht (z.B. Beteiligung an der
internationalen Ausstellung von ... in ... vom ... bis zum ...,
Stand Nr., oder grenzüberschreitende
Güterbeförderung von ... nach ... am ...)“.
Damit ist - wie sich aus der englischen Sprachfassung ergibt (the
applicant shall describe the nature of the activities for which he
has acquired the goods or received the services referred to in the
application for refund of the tax) - die Beschreibung der
Leistungsverwendung erforderlich. Nicht ausreichend ist danach die
Angabe der unternehmerischen Tätigkeit des Antragstellers -
hier: Arzneimittelforschung - im Allgemeinen. Als
Mindestanforderung sind vielmehr Ausführungen erforderlich, in
welchem Zusammenhang die Eingangsleistung zur wirtschaftlichen
Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen (vgl. z.B.
BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 602 = SIS 13 07 50, Rz 8 f.). Nur
durch eine solche Angabe wird die Behörde in die Lage
versetzt, über den beantragten Vergütungsanspruch
inhaltlich entscheiden zu können.
|
|
|
21
|
Für den erkennenden Senat bestehen keine
Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Art. 3 Buchst. a der
Richtlinie 79/1072/EWG. Daher bedarf es nicht der Entscheidung des
EuGH, ob Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/EWG dahingehend
auszulegen ist, dass ein unvollständiger - innerhalb der
Ausschlussfrist - bei der Behörde eingegangener Antrag auf
Vorsteuervergütung unwirksam ist. Der Senat kann zudem
offenlassen, ob - wie die Klägerin vorträgt - vor dem
Hintergrund von Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/EWG
Ergänzungen oder Erläuterungen bestimmter Angaben auch
noch nach Ablauf der Ausschlussfrist zulässig sind. Fehlen -
wie im Streitfall - Angaben insgesamt, können diese auch nicht
ergänzt oder erläutert werden.
|
|
|
22
|
b) Ein Verstoß gegen die Grundsätze
der Verhältnismäßigkeit und der Effektivität
liegt nicht vor.
|
|
|
23
|
aa) Nach dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen
nicht über das zur Erreichung ihres Zieles Erforderliche
hinausgehen (vgl. z.B. EuGH-Urteil Molenheide vom 18.12.1997
C-286/94, EU:C:1997:623 = SIS 98 07 51, Rz 48; BFH-Urteil vom
22.7.2010 V R 36/08, BFH/NV 2011, 316 = SIS 11 01 39). Der
vollständig ausgefüllte Antrag soll die Behörde in
die Lage versetzen, die Voraussetzungen für die
Steuervergütung zeitnah (vgl. dazu Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 1
der Richtlinie 79/1072/EWG) überprüfen zu können.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Pflicht, Angaben in Ziffer 9 a
des amtlichen Vordrucks zu machen, mit der eine Zuordnung der
Eingangsleistung zu einer bestimmten Tätigkeit des
Steuerpflichtigen (Leistungsverwendung) ermöglicht wird,
geeignet, erforderlich und zweckmäßig.
|
|
|
24
|
bb) Auch der Grundsatz der Effektivität
steht einer Auslegung des Art. 3 Buchst. a der Richtlinie
79/1072/EWG dahingehend, dass der Antrag vollständig sein
muss, nicht entgegen. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit
hat der EuGH im Urteil Elsacom vom 21.6.2012 C-294/11
(EU:C:2012:382 = SIS 12 19 41, Rz 26 und Rz 29, jeweils m.w.N.)
entschieden, ein nach Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist
gestellter Antrag sei unzulässig. Im Urteil Yaesu vom
3.12.2009 C-433/08 (EU:C:2009:750 = SIS 10 02 38) geht er zudem
davon aus, dass die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen keine
über Art. 3 oder 4 der Richtlinie 79/1072/EWG hinausgehenden
Pflichten auferlegen dürfen. Die nationalen Regelungen stehen
mit den unionsrechtlichen Regelungen im Einklang mit der Folge,
dass die Ausübung der Unionsrechte weder praktisch
unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert
werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil Wells vom 7.1.2004 C-201/02,
EU:C:2004:12, Rz 67).
|
|
|
25
|
c) Dem FG ist es nicht verwehrt, die Ablehnung
des Vergütungsantrags abweichend von den
Ablehnungsgründen des BZSt zu begründen. Gegenteiliges
ergibt sich nicht aus Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 79/1072/EWG.
|
|
|
26
|
aa) Die für den Vergütungszeitraum
beantragte Steuervergütung (§§ 37, 43 der
Abgabenordnung - AO - ) ist nach § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs.
4 AO durch (Vergütungs-)Bescheid festzusetzen. Die
antragsgemäße Festsetzung der Steuervergütung oder
deren Ablehnung geschieht durch einen gebundenen Verwaltungsakt.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines
solchen Verwaltungsaktes kommt es - sowohl bei der Anfechtungs- als
auch bei der Verpflichtungsklage - auf die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung an (z.B. BFH-Urteil
vom 16.4.2013 VII R 44/12, BFHE 241, 291, BStBl II 2013, 778 = SIS 13 23 14, Rz 9). Zu überprüfen ist nach § 100 Abs. 1
oder § 101 Satz 1 FGO die Rechtmäßigkeit des
Verwaltungsaktes, nicht hingegen seine Begründung. Deshalb
kann das FG bei der Rechtmäßigkeitskontrolle andere
Gründe heranziehen als die Behörde dem Bescheid zu Grunde
gelegt hat.
|
|
|
27
|
bb) Dem steht Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie
79/1072/EWG nicht entgegen. Nach Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 1
der Richtlinie 79/1072/EWG sind Ablehnungsbescheide zu
begründen. Diese Bestimmung lässt keine Ausschlussfrist
zur Begründung der Ablehnung eines Vergütungsantrags
erkennen. Anderweitiges ergibt sich auch nicht aus den von der
Klägerin angeführten EuGH-Urteilen Kommission/Italien vom
3.6.1992 C-287/91 (EU:C:1992:242) und Kommission/Spanien vom
14.12.1995 C-16/95 (EU:C:1995:459), die jeweils zu Art. 7 Abs. 4
Unterabs. 1 der Richtlinie 79/1072/EWG ergangen sind.
|
|
|
28
|
d) Das BZSt war auch nicht unter
Vertrauensschutzgesichtspunkten gehalten, die Klägerin auf die
Unvollständigkeit des Antrags hinzuweisen. Denn die
Klägerin hatte den Vergütungsantrag für den
Streitzeitraum erst am 30.6.2008 und damit am letzten Tag der
sechsmonatigen Frist gestellt. In einem solchen Fall kann von der
Behörde nicht erwartet werden, noch innerhalb der Antragsfrist
auf die Unvollständigkeit des Antrags hinzuweisen (BFH-Urteil
vom 18.1.2007 V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430 = SIS 07 10 77, unter II.5.).
|
|
|
29
|
3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel
liegen nicht vor.
|
|
|
30
|
a) Es liegt kein Verstoß gegen den
gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes - GG
- ) im Hinblick darauf vor, dass das FG die Rechtssache nicht dem
EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Nach Art. 267 AEUV ist
ein FG nicht zur Anrufung des EuGH verpflichtet, weil seine
Entscheidung noch angefochten werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss
vom 14.3.2002 V B 119/01, BFH/NV 2002, 1038 = SIS 02 86 48, unter
II.2.b aa). Nur letztinstanzlich entscheidende nationale Gerichte
sind zur Vorlage an den EuGH als dem gesetzlichen Richter i.S. von
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet, wenn es um die Auslegung
von Unionsrecht geht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
9.1.2001 1 BvR 1036/99, NJW 2001, 1267, 1268 = SIS 01 08 16, unter
II.2.a). Diese Auffassung wird vom EuGH sogar für den Fall
geteilt, dass eine Zulassung des Rechtsmittels durch ein oberstes
Gericht erforderlich ist (EuGH-Urteil Lyckeskog vom 4.6.2002
C-99/00, EU:C:2002:329, Rz 16 f.).
|
|
|
31
|
b) Das FG hat bei seiner Entscheidung auch
nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens unberücksichtigt
gelassen und damit nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO
verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien,
aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
Nach dieser Vorschrift hat das FG seiner Entscheidung den gesamten
konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen, insbesondere ist es
verpflichtet, den Inhalt der vorliegenden Akten vollständig
und einwandfrei zu berücksichtigen (z.B. BFH-Urteil vom
13.2.2014 V R 5/13, BFHE 245, 92 = SIS 14 15 48, Rz 24). Soweit die
Klägerin in diesem Zusammenhang darlegt, das FG habe die -
vermeintliche - Begründungsfrist des Art. 7 Abs. 4 der
Richtlinie 79/1072/EWG und die Angabe der Klägerin,
Arzneimittelforschung zu betreiben, unberücksichtigt gelassen
sowie die Frage der Ansässigkeit der Klägerin
unzutreffend gewürdigt, rügt sie im Kern einen
materiell-rechtlichen Fehler der Vorentscheidung. Mit einer
vermeintlich fehlerhaften Würdigung des FG kann ein
Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO jedoch nicht
begründet werden (z.B. BFH-Beschluss vom 26.5.2010 V B 70/09,
BFH/NV 2010, 1837 = SIS 10 27 49). Darüber hinaus stützte
das FG seine Entscheidung nicht darauf, dass die Klägerin im
Drittstaat ansässig sei, sondern zog die Regelungen zu
Drittstaaten lediglich zur Stützung seiner Auslegung
heran.
|
|
|
32
|
4. Nachdem der Vergütungsantrag bereits
wegen seiner Unvollständigkeit abzulehnen war, braucht der
Senat weder auf die Auswirkung der fehlenden Originalunterschrift
im Antrag vom 30.6.2008 noch auf etwaige Auswirkungen des
Nachreichens der zweiten Seite des Vergütungsantrags im
Original - mit Originalunterschrift des Geschäftsführers
der Klägerin - während des Einspruchsverfahrens
einzugehen.
|
|
|
33
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|