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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war seit dem 1.5.2005 als Facharzt für
Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemie mit dem
Tätigkeitsschwerpunkt Krankenhaushygiene und Praxishygiene
selbständig tätig. Am 1.6.2005 schloss er mit einer
„Laborpraxis“ eine Kooperationsvereinbarung. Die
Laborpraxis hatte mit ihren Einsendern Vereinbarungen über
hygienische Beratungsleistungen getroffen und war nach diesen
Vereinbarungen berechtigt, den Kläger als „beratenden
Krankenhaushygieniker“ zu benennen. Nach der vom Kläger
und der Laborpraxis getroffenen Kooperationsvereinbarung
beauftragte die Laborpraxis den Kläger mit der
Durchführung von krankenhaus- und praxishygienischen
Betreuungen, Beratungen, Bewertungen, Begutachtungen und
Fortbildungen für die Laborpraxis selbst sowie für ihre
Einsender.
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Der Kläger war für die
Laborarztpraxis in den Arbeitsbereichen „Beratungsleistung
Hygiene“ für Einsender und „Laborleistung
Hygiene“ tätig. Die „Beratungsleistung
Hygiene“ umfasste die Bewertung von Neu- und
Umbaumaßnahmen, die Hilfe bei der Erstellung von
Hygieneplänen, die Erfassung und Bewertung nosokomialer
Infektionen, das Ausbruchsmanagement bei nosokomialen Infektionen
und die Umsetzung ordnungsgemäßer Entsorgung von
Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. Die
„Laborleistung Hygiene“ umfasste die
Überprüfung der Aufbereitungsqualität von
Medizinprodukten und Gebrauchsgegenständen (Reinigungs- und
Desinfektionsprozesse, Aufbereitungserfolg von Endoskopen,
Sterilisationsfragen), die Flächenhygiene (Abdruck- und
Abstrichuntersuchungen von Flächen), die Händehygiene,
die Untersuchung von Wasserversorgungsanlagen und Geräten mit
wasserführenden Systemen, die Überprüfung von
Schwimm-, Bade-, Therapie- und Bewegungsbecken und die hygienische
Überprüfung von technischen Anlagen. Der Kläger
erbrachte diese Leistungen nicht nur für die Laborarztpraxis,
sondern auch unmittelbar aufgrund eigener Verträge mit
Krankenhäusern, Arztpraxen, Alten- und Pflegeheimen; er
übte seine Tätigkeit telefonisch, schriftlich in Form von
Stellungnahmen zu Hygienefragen und direkt bei Ortsterminen in
Krankenhäusern und Arztpraxen aus.
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In seinen Umsatzsteuererklärungen
für die Streitjahre 2005 bis 2007 behandelte der Kläger
die Umsätze aus seiner Tätigkeit als nach § 4 Nr. 14
des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) umsatzsteuerfrei. Soweit der
Schwerpunkt der Leistungen auf technischer Beratung wie z.B. bei
der Ausgestaltung von Bauten lag, unterwarf er diese Leistungen der
Umsatzsteuer.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) beurteilte alle Leistungen als steuerpflichtig
und erließ entsprechende Änderungsbescheide für
alle Streitjahre. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) stützte die
Klageabweisung darauf, dass der Kläger nur beratend, nicht
aber im Rahmen konkreter Arzt-Patientenverhältnisse tätig
geworden sei.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2010, 1652 =
SIS 10 25 44 veröffentlicht.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit
der Revision, die er auf die Verletzung materiellen und formellen
Rechts stützt. Das FG habe den Begriff der ärztlichen
Heilbehandlung unzutreffend ausgelegt. Die Bekämpfung von
Infektionen solle Krankheiten und Gesundheitsstörungen
abwenden, vermeiden und verhüten. Es handele sich um eine
ärztliche Leistung zur Vorbeugung. Er sei im Rahmen konkreter
Arzt-Patientenverhältnisse tätig geworden. Eine enge
Auslegung des Befreiungstatbestandes sei nicht erforderlich. Die
Steuerfreiheit bezwecke, die Kosten ärztlicher
Heilbehandlungen zu senken. Zu berücksichtigen sei auch das
hohe Infektionsrisiko in Krankenhäusern. Seine Leistungen
hätten daher dem Schutz der Betroffenen gedient. Durch das
Urteil des FG komme es zu einer Ungleichbehandlung gegenüber
öffentlich-rechtlichen Leistungsanbietern. Das FG habe auch
seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG und die Einspruchsentscheidung vom 1.9.2009 sowie die
Umsatzsteuerbescheide 2005 vom 19.7.2007, 2006 vom 10.4.2008 sowie
2007 vom 23.3.2009 in Form des Änderungsbescheids 2007 vom
25.1.2010 aufzuheben, hilfsweise die Vorlage an den Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH).
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise ebenfalls eine
EuGH-Vorlage.
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Es liege keine Heilbehandlung vor. Die
Leistungen des Klägers seien präventiver Art und somit
zwar Grundlage für den Gesundheitsschutz von Patienten. Die
Leistungen seien jedoch nicht in ein individuelles Leistungskonzept
für bestimmte Patienten eingebunden. Sie dienten nur mittelbar
dem Gesundheitsschutz. Der Kläger sei nur beratend tätig
gewesen. Die Steuerfreiheit setze zwingend eine Tätigkeit im
Rahmen eines konkreten Arzt-Patientenverhältnisses voraus,
woran es im Streitfall fehle. Die Steuerfreiheit auch von
Beratungstätigkeiten überdehne den Begriff der
steuerfreien Heilbehandlung.
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II. Auf die Revision des Klägers ist das
Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Senat kann anhand der
bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend über
die Steuerfreiheit der durch den Kläger erbrachten Leistungen
entscheiden.
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1. Infektionshygienische Leistungen eines
Arztes, die dieser für andere Ärzte und
Krankenhäuser erbringt, damit diese ihre
Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung
der für sie nach dem Gesetz zur Verhütung und
Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG)
bestehenden Verpflichtungen erbringen, sind als
Heilbehandlungsleistung nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.
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a) Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 der in den
Streitjahren geltenden Fassung des UStG sind „die
Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt,
Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus
einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit und aus der
Tätigkeit als klinischer Chemiker“ steuerfrei. Diese
Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach
„Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im
Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat
definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht
werden“, steuerfrei sind. § 4 Nr. 14 UStG ist nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)
entsprechend Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie
77/388/EWG auszulegen. Daher setzt die Steuerfreiheit voraus, dass
der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin
durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und
die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 30.4.2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009,
679 = SIS 09 20 83, unter II.1.).
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b) Heilbehandlungen im Bereich der
Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit
möglich, der Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen
Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin
gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht
werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche
Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder
Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz
einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung
der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Keine Heilbehandlung
im Bereich der Humanmedizin sind „ärztliche
Leistungen“, „Maßnahmen“ oder
„medizinische Eingriffe“, die zu anderen Zwecken
erfolgen (BFH-Urteil in BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 = SIS 09 20 83, unter II.1.a, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH).
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c) Zu den nach § 4 Nr. 14 UStG
steuerfreien Heilbehandlungsleistungen eines Arztes gehören
auch infektionshygienische Leistungen, die sicherstellen sollen,
dass Ärzte und Krankenhäuser die für sie bestehenden
Verpflichtungen nach dem IfSG im jeweiligen Einzelfall
erfüllen.
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aa) Das IfSG bezweckt nach § 1 Abs. 1,
„... übertragbaren Krankheiten beim Menschen
vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre
Weiterverbreitung zu verhindern“. Ärzte und
Krankenhäuser haben hieran entsprechend dem jeweiligen Stand
der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft und Technik
mitzuwirken.
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Infektion ist nach § 2 Nr. 2 IfSG
„die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine
nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen
Organismus“ und als nosokomiale Infektion
gemäß § 2 Nr. 8 IfSG „eine Infektion mit
lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das
Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen
Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten
medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht
bereits vorher bestand“.
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Krankenhäuser, Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen für ambulantes
Operieren, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken,
Entbindungseinrichtungen haben nach § 36 Abs. 1 IfSG in
Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur
Infektionshygiene festzulegen und unterliegen der
infektionshygienischen Überwachung durch das Gesundheitsamt.
Zahnarztpraxen sowie Arztpraxen und Praxen sonstiger Heilberufe, in
denen invasive Eingriffe vorgenommen werden, sowie sonstige
Einrichtungen und Gewerbe, bei denen durch Tätigkeiten am
Menschen durch Blut Krankheitserreger übertragen werden
können, können nach § 36 Abs. 2 IfSG durch das
Gesundheitsamt infektionshygienisch überwacht werden.
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bb) Zu den „ärztlichen
Leistungen, die zum Schutz einschließlich der
Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen
Gesundheit erbracht werden“ (EuGH-Urteile vom 20.11.2003
C-212/01, Unterpertinger, Slg. 2003, I-13859 = SIS 04 01 34 Rdnrn.
42 f.; vom 20.11.2003 C-307/01, Peter D’Ambrumenil, Slg.
2003, I-13989 = SIS 04 01 35 Rdnrn. 60 f.; vom 10.6.2010 C-262/08,
CopyGene, UR 2010, 526 = SIS 10 26 08 Rdnr. 30) gehören auch
ärztliche Leistungen, die sich unmittelbar auf die Art und
Weise der ärztlichen Tätigkeit in einer Arztpraxis, einem
Krankenhaus oder einer anderen Einrichtung ärztlicher
Heilbehandlung beziehen und deren ordnungsgemäße
Erbringung in infektionshygienischer Hinsicht sicherstellen
sollen.
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Das FG beruft sich für seine Auffassung
zu Unrecht auf die Entscheidungen des Senats zum Erfordernis,
wonach die Tätigkeit im Rahmen eines hinreichend
„konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung,
Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes“
erfolgen muss (BFH-Urteile vom 10.3.2005 V R 54/04, BFHE 210, 151,
BStBl II 2005, 669 = SIS 05 31 01, unter II.3., und vom 7.7.2005 V
R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904 = SIS 05 42 05, unter
II.1.c). Dieses Kriterium dient der Abgrenzung zu Leistungen, die
keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich
„den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und
insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter
Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen“ sollen.
Dementsprechend hat der EuGH mit Urteil vom 18.11.2010 C-156/09,
Verigen (UR 2011, 215 = SIS 10 39 09 Rdnrn. 26 ff.) entschieden,
dass „das Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem
einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre
anschließende Vermehrung zur Reimplantation aus
therapeutischen Zwecken“ als „Heilbehandlungen
im Bereich der Humanmedizin“ i.S. des Art. 13 Teil A Abs.
1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen ist, da diese
Dienstleistungen „ein unerlässlicher, fester und
untrennbarer Bestandteil“ eines
„Gesamtverfahrens“ sind, „dessen
einzelne Abschnitte sinnvollerweise nicht isoliert voneinander
durchgeführt werden können“, wobei es für
die Steuerfreiheit ohne Bedeutung ist, „ob die vermehrten
Zellen dem Patienten, dem sie entnommen wurden, wieder implantiert
werden oder einem Dritten“. Danach kommt es für die
Steuerfreiheit nicht zwingend auf das vom FA geforderte
Vertrauensverhältnis an, das im Übrigen auch nicht bei
Heilbehandlungsleistung zur Bekämpfung von Epidemien besteht.
Im Streitfall dient die ärztliche Tätigkeit des
Klägers der unmittelbaren Sicherstellung der erforderlichen
infektionshygienischen Voraussetzungen für die
stationären oder ambulanten medizinischen Behandlungen, zu
deren Einhaltung Ärzte und Krankenhäuser im Rahmen der
jeweiligen Behandlung im Einzelfall verpflichtet sind.
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Die Auffassung des FG führt zu einer mit
der EuGH-Rechtsprechung nicht zu vereinbarenden Einschränkung
der Steuerfreiheit. Denn danach ist das für die Steuerfreiheit
maßgebliche Erfordernis der therapeutischen Zweckbestimmtheit
nicht „in einem besonders engen Sinne zu
verstehen“ (EuGH-Urteile vom 11.1.2001 C-76/99,
Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-249 = SIS 01 05 41 Rdnr. 23,
und Unterpertinger in Slg. 2003, I-13859 Rdnr. 40; Peter
D’Ambrumenil in Slg. 2003, I-13989 Rdnr. 58; vom 8.6.2006
C-106/05, L.u.P., Slg. 2006, I-5123 = SIS 06 29 72 Rdnr. 29;
CopyGene in UR 2010, 526 = SIS 10 26 08 Rdnr. 29; Verigen in UR
2011, 215 = SIS 10 39 09 Rdnr. 24), sondern vielmehr unter
Berücksichtigung des Zwecks der Steuerbefreiung auszulegen,
der darin besteht, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu
senken (EuGH-Urteile Kommission/Frankreich in Slg. 2001, I-249
Rdnr. 23; L.u.P. in Slg. 2006, I-5123 Rdnr. 29; Verigen in UR 2011,
215 = SIS 10 39 09 Rdnr. 27). Dies rechtfertigt die Einbeziehung
von Leistungen, die ein Arzt mit unmittelbarem Bezug zu einer
Heilbehandlungstätigkeit erbringt, damit andere Ärzte und
Krankenhäuser bei der Ausübung ihrer
Heilbehandlungstätigkeit die hierfür bestehenden
medizinisch unerlässlichen und gesetzlich vorgeschriebenen
infektionshygienischen Anforderungen im Einzelfall erfüllen.
Darüber hinaus werden hierdurch die Kosten der Heilbehandlung
gesenkt.
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2. Die weiteren Einwendungen des FA gegen die
Steuerfreiheit greifen nicht durch.
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a) Der Steuerfreiheit der durch den
Kläger erbrachten Leistungen steht nicht entgegen, dass er
seine Leistungen gegenüber einer Laborpraxis und
gegenüber Ärzten und Krankenhäusern, nicht aber
„unmittelbar gegenüber Patienten“
erbrachte.
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Ein Arzt kann - wie z.B. ein Laborarzt - auch
gegenüber anderen Ärzten steuerfreie
Heilbehandlungsleistungen erbringen (EuGH-Urteil L.u.P. in Slg.
2006, I-5123 Rdnrn. 37 f.; BFH-Urteile vom 25.11.2004 V R 44/02,
BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190 = SIS 05 13 21, unter II.1.; vom
1.2.2007 V R 64/05, BFH/NV 2007, 1203 = SIS 07 16 41, unter II.1.a;
vom 15.3.2007 V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31 = SIS 07 16 76, unter II.1.b, und vom 2.9.2010 V R 47/09, BFHE 231, 326,
BStBl II 2011, 195 = SIS 10 39 03, unter II.4.a). Für die
Steuerfreiheit kommt es nicht auf die Person des
Leistungsempfängers an, da sich die personenbezogene
Voraussetzung der Steuerfreiheit auf den Leistenden bezieht, der
Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs
sein muss (BFH-Urteile vom 12.10.2004 V R 54/03, BFHE 207, 558,
BStBl II 2005, 106 = SIS 05 04 73, unter 4.; in BFHE 210, 151,
BStBl II 2005, 669 = SIS 05 31 01, unter II.1.; in BFHE 211, 69,
BStBl II 2005, 904 = SIS 05 42 05, unter II.1.a, und in BFHE 231,
326, BStBl II 2011, 195 = SIS 10 39 03, unter II.4.a).
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b) Der Steuerfreiheit steht auch nicht
entgegen, dass der Kläger beratend tätig war. Eine durch
einen Arzt erbrachte Heilbehandlungsleistung liegt auch dann vor,
wenn ein Arzt einen Patienten in gesundheitlichen Fragen
berät, ohne dass es darauf ankommt, dass dieser den
ärztlichen „Rat“ befolgt.
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c) Schließlich können die
Leistungen von Ärzten und den anderen in § 4 Nr. 14 UStG
genannten Berufsangehörigen auch dann nach dieser Vorschrift
steuerfrei sein, wenn sie in einem Krankenhaus tätig sind.
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aa) Zwar hat der Senat mit Urteil vom
18.3.2004 V R 53/00 (BFHE 204, 503, BStBl II 2004, 677 = SIS 04 21 99, Leitsatz) entschieden, dass Umsätze der
Krankenhäuser, auch soweit sie die ärztliche
Heilbehandlung einschließen, grundsätzlich nur
steuerfrei sind, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16
Buchst. b UStG 1980 i.V.m. § 67 der Abgabenordnung
erfüllen, und dass § 4 Nr. 14 UStG 1980 auf derartige
Leistungen grundsätzlich keine Anwendung findet. Dies gilt
jedoch nur für ein Krankenhaus, das nicht von einem Arzt
betrieben wird. Betreibt ein Arzt ein Krankenhaus, sind
demgegenüber seine Heilbehandlungsleistungen gemäß
§ 4 Nr. 14 UStG steuerfrei (BFH-Urteil in BFHE 204, 503, BStBl
II 2004, 677 = SIS 04 21 99, unter II.6.; unzutreffend daher
Abschn. 4.14.2 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses -
UStAE - ). Dementsprechend sind z.B. die Heilbehandlungsleistungen
eines Belegarztes, die dieser in einem Krankenhaus erbringt, nach
§ 4 Nr. 14 UStG (ab 1.1.2009: § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG)
und nicht nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst.
b UStG 1999 (ab 1.1.2009: § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG)
steuerfrei (insoweit zutreffend Abschn. 4.14.2 Abs. 2 Satz 2
UStAE).
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bb) Eine hiervon abweichende Abgrenzung
zwischen den beiden Befreiungstatbeständen ergibt sich auch
nicht aus der Rechtsprechung des EuGH. Zwar hat der EuGH in seinem
Urteil CopyGene in UR 2010, 526 = SIS 10 26 08 Rdnr. 29
entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden,
„dass sich Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
77/388/EWG auf Leistungen bezieht, die in Krankenhäusern
erbracht werden, während sich Buchst. c dieses Absatzes auf
diejenigen Heilbehandlungen bezieht, die außerhalb von
Krankenhäusern, sei es in den Praxisräumen des
Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen
Ort, erbracht werden“. Aus dieser allgemeinen Abgrenzung
zwischen den beiden Steuerbefreiungen folgt jedoch nicht, dass
Leistungen, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG
erfüllen, in besonderen Fällen nicht steuerfrei sein
können, wenn sie in einem Krankenhaus erbracht werden. Dies
gilt z.B. für die Leistungen eines Belegarztes, der seine
Leistung in einem Krankenhaus erbringt, dabei nur die
Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG (Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG), nicht aber die des § 4
Nr. 16 Buchst. b UStG (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG) erfüllt (s. oben II.2.b aa). Ebenso ist
es im Streitfall für die Leistungen, die sich, wie die des
Klägers, darauf beziehen, die infektionshygienisch gesetzlich
gebotenen Voraussetzungen der durch ein Krankenhaus erbrachten
Heilbehandlungsleistung sicherzustellen.
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3. Der Senat kann im Streitfall nicht
beurteilen, in welchem Umfang die Leistungen des Klägers nach
ihrem Inhalt unmittelbar dazu dienten, dass Ärzte und
Krankenhäuser die für sie nach dem IfSG bestehenden
Verpflichtungen zur Einhaltung der erforderlichen Infektionshygiene
erfüllen. Das Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur
Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG
zurückzuverweisen.
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Bei der Prüfung, ob die von einem Arzt
erbrachte Leistung nach ihrem Inhalt diesem Zweck dient,
können die Empfehlungen der beim Robert-Koch-Institut
eingerichteten Kommission für Krankenhaushygiene und
Infektionsprävention zu berücksichtigen sein, die diese
gemäß § 23 Abs. 2 IfSG zur Prävention
nosokomialer Infektionen sowie zu betrieblich-organisatorischen und
baulich-funktionellen Maßnahmen der Hygiene in
Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen
erstellt.
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4. Auf die Verfahrensrüge kam es nicht
mehr an. Ebenso besteht keine Veranlassung für eine Vorlage an
den EuGH, da die Anforderungen, die an die umsatzsteuerfreie
Heilbehandlung zu stellen sind, durch das EuGH-Urteil Verigen in UR
2011, 215 = SIS 10 39 09 hinreichend geklärt sind.
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