Funktionstraining, USt-Freiheit: Funktionstraining, das von den Krankenkassen nach § 43 SGB V in Verbindung mit der "Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" vergütet wird, kann nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei sein. - Urt.; BFH 30.4.2009, V R 6/07; SIS 09 20 83
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) war in den Streitjahren 1993 bis 1998 als
Diplom-Sportlehrerin selbständig tätig und leitete
Kurse zur Verbesserung der
Körperhaltung und Entlastung des Bewegungsapparates, zur
Organgymnastik für die Kräftigung der inneren Organe, zur
Atemtherapie für die bessere Durchblutung der Organe, zum
isometrischen Muskeltraining für die Vorsorge gegen
Osteoporose und zum Funktionstraining (Trockengymnastik) in
Rheumagruppen. Die Kosten für einige der Kurse wurden von
Krankenversicherungen auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage (§
20 oder § 43 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V
- ) getragen. Die Klägerin verfügte über eine
sog. Rückenschulleiter-Lizenz des Deutschen Verbandes
für Gesundheitssport und Sporttherapie.
Da die
Klägerin davon ausging, dass ihre Leistungen nach § 4 Nr.
14 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) steuerfrei seien, gab sie
keine Umsatzsteuererklärungen ab. Demgegenüber war der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) im
Anschluss an eine Außenprüfung der Auffassung, dass
umsatzsteuerpflichtige Leistungen vorliegen und setzte Umsatzsteuer
für die Streitjahre 1993 bis 1995 mit Bescheid vom 4.10.2000
und für die Streitjahre 1996 bis 1998 mit Bescheid vom
1.8.2000 fest. Für ihre Auffassung, dass ihre Leistungen als
Heilbehandlungsleistung steuerfrei sind, legte die Klägerin im
Einspruchsverfahren eine Vereinbarung zwischen einem Landesverband
der Deutschen Rheuma-Liga und mehreren Krankenkassen über die
Durchführung und Vergütung zum Funktionstraining in
Rheumagruppen vor.
Der hiergegen
eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Die von der Klägerin durchgeführten Kurse stellten
Heilbehandlungen im engeren Sinne dar. Hierfür genüge,
dass diese in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen
seien oder dass es sich zumindest um Maßnahmen handele, die
nicht der persönlichen Lebensführung zuzuordnen seien und
deren therapeutischer Nutzen nachgewiesen sei. Letzteres sei bei den Leistungen der Klägerin
nicht fraglich, da ihre Leistungen nicht in der Anlage zu den
Heilmittelrichtlinien über die nicht verordnungsfähigen
Heilmittel (Maßnahmen der persönlichen
Lebensführung, Maßnahmen ohne therapeutischen Nutzen
sowie Maßnahmen bei nichtanerkannten Indikationen)
aufgeführt seien. Dies gelte insbesondere für das von der
Klägerin aufgrund einer der Vereinbarung mit der Deutschen
Rheumaliga durchgeführte Funktionstraining, an dem
ausschließlich an Rheuma erkrankte Personen aufgrund
ärztlicher Verordnung teilgenommen hätten sowie für
die Rückenschule, die Organgymnastik, die Atemtherapie sowie
das isometrische Muskeltraining, die im Rahmen vorbeugender
Maßnahmen zur Gesundheitsförderung (Entlastung des
Bewegungsapparates, Kräftigung der inneren Organe,
Verbesserung der Durchblutung, Osteoporosevorsorge) stattgefunden
hätten. Die Klägerin verfüge auch über
die erforderliche berufliche Qualifikation. Zwar stehe ihr keine
Zulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V
zu. Der Nachweis der beruflichen Befähigung könne
jedoch auf jede erdenkliche Art und Weise erbracht werden und sei
im Streitfall zu bejahen, da die Klägerin als
Diplom-Sportlehrerin ein in der Regel achtsemestriges
Hochschulstudium abgeschlossen habe, in dessen Rahmen Grund- und vertiefende Kenntnisse u.a. in den
Bereichen Sportmedizin, Sportpädagogik, Trainingslehre und
Bewegungslehre erworben würden. Die DAK bezeichne
Sportlehrer ausdrücklich als zur
Leitung von Rückenschulkursen, Kursen in Organgymnastik und
Osteoporosevorsorge qualifiziert. Diese Einschätzung werde
durch den von der Klägerin vorgelegten Entwurf gemeinsamer und
einheitlicher Handlungsfelder und Kriterien der
Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung des § 20
Abs. 1 und Abs. 2 SGB V n.F. vom 26.1.2000 bestätigt, wonach
auch Diplom-Sportlehrern für bestimmte präventive
Übungen auf dem Gebiet des Bewegungsverhaltens und der
Bewegungsgewohnheiten die erforderliche
„Anbieterqualifikation“ zukomme. Ob die Kosten für
die Kurse gemäß § 11 i.V.m. § 92 Abs. 1 SGB V
in Verbindung mit den hierzu ergangenen Heilmittelrichtlinien in
der für die Streitjahre jeweils einschlägigen Fassung
ihrer Art nach von den Krankenkassen zu tragen waren, sei
unerheblich.
Das Urteil des FG ist in EFG 2007, 804 =
SIS 07 13 51 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts. Nur im Hinblick auf das
Funktionstraining in Rheumagruppen habe eine Bezuschussung durch
einige Krankenkassen und eine Teilnahme erkrankter Personen
aufgrund ärztlicher Verordnung vorgelegen. Die
Kostenübernahme der Krankenkassen habe auf § 20 SGB V und
§ 43 SGB V beruht. Die tatsächliche Kostentragung durch
die Krankenkassen reiche nicht aus, um von einer steuerfreien
Leistung auszugehen. Die vom FG angenommene Steuerfreiheit
widerspreche der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Die
Klägerin verfüge schließlich nicht über die
erforderliche Berufsqualifikation.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Sie habe therapeutische Leistungen im
Bereich der Rehabilitation erbracht und verfüge auch über
die erforderliche berufliche Qualifikation. Sie habe im Bereich des
Funktionstrainings Rheumakranke aufgrund ärztlicher Verordnung
behandelt und im Rahmen der Osteoporosevorsorge ergänzende
Leistungen zur Rehabilitation nach § 43 SGB V, nicht aber
Leistungen zur Primärprävention nach § 20 SGB V
erbracht. Der BFH habe im Urteil vom 25.11.2004 V R 44/02 (BFHE
208, 80, BStBl II 2005, 190 = SIS 05 13 21) die Berufsqualifikation
von Sporttherapeuten anerkannt. Der Befähigungsnachweis ergebe
sich auch aus der Kostenerstattung nach § 43 SGB V. II.
Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung an das FG. Die Feststellungen des FG erlauben
keine abschließende Entscheidung darüber, ob die
Leistungen der Klägerin über den für die
Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen
Heilbehandlungscharakter verfügen. Die Sache war daher an das
FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Nach § 4 Nr.
14 Satz 1 der in den Streitjahren geltenden Fassungen des UStG sind
„die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt,
Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer
ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18
Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes“ steuerfrei.
Diese Vorschrift beruht gemeinschaftsrechtlich auf Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977
zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuern 77/388/EWG, wonach
„Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im
Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat
definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht
werden“, steuerfrei sind.
Bei
richtlinienkonformer Auslegung setzt die Steuerfreiheit nach §
4 Nr. 14 UStG voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im
Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder
arztähnliche Leistungen erbringt und dass der Unternehmer die
dafür erforderliche Qualifikation besitzt (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des BFH vom 23.8.2007 V R 38/04,
BFHE 217, 323, BStBl II 2008, 37 = SIS 07 36 03, unter II.a; vom
30.1.2008 XI R 53/06, BFHE 221, 399, BStBl II 2008, 647 = SIS 08 20 22, unter II.2.a, m.w.N. zur Rechtsprechung des BFH und des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - ). Im
Einzelnen ist dabei Folgendes zu beachten:
a) Heilbehandlungen
im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und,
soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen (EuGH-Urteile vom 6.11.2003 C-45/01,
Dornier, Slg. 2003, I-12911, BFH/NV Beilage 2004, 40 = SIS 04 01 38
Randnr. 48; vom 27.4.2006 C-443/04 und C-444/04, Solleveld u.a.,
Slg. 2006, I-3617, BFH/NV Beilage 2006, 299 = SIS 06 24 66 Randnr.
24, und vom 8.6.2006 C-106/05, LuP, Slg. 2006, I-5123, BFH/NV
Beilage 2006, 442 = SIS 06 29 72 Randnr. 26). Sie müssen einen
therapeutischen Zweck haben (EuGH-Urteile vom 20.11.2003 C-307/01,
Peter D’Ambrumenil, Slg. 2003, I-13989, BFH/NV Beilage 2004,
115 = SIS 04 01 35 Randnr. 58; Solleveld u.a. in Slg. 2006, I-3617,
BFH/NV Beilage 2006, 299 Randnr. 24, und LuP in Slg. 2006, I-5123,
BFH/NV Beilage 2006, 442 Randnr. 29). Zu den Heilbehandlungen im
Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum
Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende
Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die
an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie
Leistungen, die zum Schutz einschließlich der
Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen
Gesundheit erbracht werden (EuGH-Urteile vom 20.11.2003 C-212/01,
Unterpertinger, Slg. 2003, I-13859, BFH/NV Beilage, 2004, 111 = SIS 04 01 34 Randnrn. 40 f.; Peter D’Ambrumenil in Slg. 2003,
I-13989, BFH/NV Beilage 2004, 115 Randnrn. 58 f., und LuP in Slg.
2006, I-5123, BFH/NV Beilage 2006, 442 = SIS 06 29 72 Randnr.
29).
Keine Heilbehandlung
im Bereich der Humanmedizin sind demgegenüber
„ärztliche Leistungen“,
„Maßnahmen“ oder „medizinische
Eingriffe“, die zu anderen Zwecken erfolgen (EuGH-Urteile
vom 14.9.2000 C-384/98 D, Slg. 2000, I-6795, BFH/NV Beilage 2001,
31 = SIS 00 13 96 Randnr. 18; vom 10.9.2002 C-141/00, Kügler,
Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30 = SIS 02 97 10 Randnr.
38; Unterpertinger in Slg. 2003, I-13859, BFH/NV Beilage 2004, 111
= SIS 04 01 34 Randnrn. 39 und 41; Peter D’Ambrumenil in Slg.
2003, I-13989, BFH/NV Beilage 2004, 115 = SIS 04 01 35 Randnr.
57).
b) Die weiter
erforderliche Berufsqualifikation kann sich nach der Rechtsprechung
des Senats aus einer berufsrechtlichen Regelung ergeben.
Indizien für das Vorliegen einer beruflichen Qualifikation
sind dabei die Zulassung des jeweiligen Unternehmers oder die
regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe
gemäß § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen
Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung, die Aufnahme der
betreffenden Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenkassen nach § 92 SGB V oder dass der Behandelnde die
Qualifikation hat, die in einem Versorgungsvertrag gemäß
§ 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V für Leistungen
von Fachkräften zur medizinischen Rehabilitation benannt ist
(BFH-Urteil in BFHE 217, 323, BStBl II
2008, 37 = SIS 07 36 03, unter II.a bb, m.w.N.).
2. Das Urteil des FG
verletzt § 4 Nr. 14 UStG und war daher aufzuheben.
a) Entgegen der
Auffassung des FG haben Leistungen zur Prävention und
Selbsthilfe i.S. des § 20 SGB V keinen unmittelbaren
Krankheitsbezug, weil sie lediglich den allgemeinen
Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur
Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen
erbringen sollen; sie sind daher keine Heilbehandlungsleistungen
i.S. von § 4 Nr. 14 UStG (BFH-Urteil vom 7.7.2005 V R 23/04,
BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904 = SIS 05 42 05, Leitsatz 2.). Eine
Heilbehandlungsleistung in diesem Sinne ergibt sich entgegen der
Auffassung des FG auch nicht daraus, dass die Leistungen der
Klägerin weder der Befriedigung allgemeiner
Lebensbedürfnisse dienten und sie auch nicht als
Fitnesstrainingskurse anzusehen waren. Der erforderliche
Heilbehandlungscharakter kann entgegen dem FG-Urteil auch nicht
allein daraus abgeleitet werden, dass die Leistungen der
Klägerin nicht in den Heilmittelrichtlinien über nicht
verordnungsfähige Heilmittel aufgeführt waren.
b) Der für die
Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG weiter erforderliche
Qualifikationsnachweis kann entgegen dem FG-Urteil nicht auf
jede erdenkliche Art und Weise erbracht werden. Es reicht für den erforderlichen
Befähigungsnachweis entgegen der Auffassung der Klägerin
auch nicht aus, dass sie Diplom-Sportlehrerin ist. Die
Klägerin kann sich insoweit nicht auf das Urteil des Senats in
BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190 = SIS 05 13 21 berufen. Denn der
Senat hatte den damaligen Streitfall zur Aufklärung, ob ein
Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V, ggf. im Zusammenhang mit anderen Vorschriften des SGB
V, vorliegt, und damit zur Klärung des
Befähigungsnachweises an das FG zurückverwiesen.
3. Die
Feststellungen des FG erlauben keine abschließende
Entscheidung, so dass die Sache an das FG zurückzuverweisen
war. Bei der Prüfung, ob es sich bei den von der Klägerin
erbrachten Leistungen um Heilbehandlungen im Bereich der
Humanmedizin und damit um Leistungen zur Diagnose, Behandlung,
Heilung oder Vorbeugung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen oder um diesen gleichgestellte Leistungen
zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder
Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit handelt (s. oben
II.1.), wird im zweiten Rechtsgang Folgendes zu
berücksichtigen sein:
a) Krankenkassen
konnten nach § 43 SGB V Nr. 1 in seiner in den Streitjahren
geltenden Fassung als ergänzende Leistung „den
Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich
verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung
ausgeübt wird“. Mit Wirkung ab 1.1.2000 und damit
nach Ablauf der Streitjahre wurde diese Vorschrift dahingehend
ergänzt, dass „dies auch für das
Funktionstraining [gilt]“. Nach der amtlichen
Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/1245, S. 66) wurde durch
„die Gleichstellung des Funktionstrainings mit dem
Rehasport ... das Recht der derzeitigen Praxis
angepasst“. Dieser Hinweis bezog sich auf eine am
1.1.1994 in Kraft getretene Gesamtvereinbarung über den
Rehabilitationssport und das Funktionstraining, die durch die
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung,
Rentenversicherung und Kriegsopferversorgung unter Beteiligung der
Kassenärztlichen Vereinigung (Gesamtvereinbarung) auf der
Grundlage von § 5 Abs. 6 des Gesetzes über die
Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation abgeschlossen worden
ist (abgedruckt in „Die Betriebskrankenkasse“
1993, 681; zu den Motiven der Gesetzesänderung vgl. auch
Schmidt, in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V §
43 Rz 31).
Durch die
Gesamtvereinbarung sollte sichergestellt werden, dass
Rehabilitationssport und Funktionstraining als ergänzende
Leistung zur Rehabilitation nach einheitlichen Grundsätzen
gewährt und gefördert werden. Nach § 3 Abs. 1 der
Gesamtvereinbarung umfasste das Funktionstraining mit den Mitteln
der Krankengymnastik und der Ergotherapie bewegungstherapeutische
Übungen, die als Gruppenbehandlung unter fachkundiger
Anleitung und Überwachung vor allem durch
Krankengymnastinnen/-gymnasten abgehalten werden. Zweck des
Funktionstrainings war es insbesondere, bei chronisch Kranken die
Krankheitsverläufe günstig zu beeinflussen, die
Leistungsfähigkeit zu verbessern oder mindestens einer
Verschlechterung vorzubeugen und damit das Ziel der Rehabilitation
zu erreichen oder zu sichern. Nach § 3 Abs. 3 der
Gesamtvereinbarung gehörten Übungen ohne medizinische
Notwendigkeit nicht zum Funktionstraining. Es konnte sich nach
§ 5 der Gesamtvereinbarung um Trocken- oder Wassergymnastik
handeln. Die Durchführung des Funktionstrainings oblag nach
§ 7 der Gesamtvereinbarung insbesondere den
Arbeitsgemeinschaften der Deutschen Rheumaliga, die auch für
die erforderliche Anerkennung von Funktionstrainingsgruppen
zuständig war. Nach § 12 der Gesamtvereinbarung kamen
für die Leitung des Funktionstrainings vor allem
Krankengymnastinnen/ -gymnasten mit speziellen Erfahrungen und
spezieller Fortbildung für den Bereich der rheumatologischen
Erkrankungen einschließlich Atemgymnastik, aber auch andere
qualifizierte Therapeuten mit Zusatzausbildung in Betracht. Die
Notwendigkeit des Funktionstrainings war schließlich nach
§ 14 der Gesamtvereinbarung im Allgemeinen von einem Arzt zu
bescheinigen und nach § 15 der Gesamtvereinbarung durch den
Rehabilitationsträger zu bewilligen (zur
versicherungsrechtlichen Bedeutung des Funktionstrainings vgl. auch
Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.6.2008 B 1 KR 31/07 R, Die
Krankenversicherung 2008, 211).
b) Wenn und soweit
die von der Klägerin geleiteten Kurse auf der
Gesamtvereinbarung beruhten und deren Notwendigkeit von einem Arzt
bescheinigt war, kommt das Vorliegen einer Heilbehandlung im
Bereich der Humanmedizin in Betracht. Dies gilt insbesondere
für das von der Klägerin aufgrund einer Vereinbarung mit
der Deutschen Rheumaliga durchgeführte Funktionstraining, an
dem an Rheuma erkrankte Personen aufgrund ärztlicher
Verordnung teilnahmen. Hierzu sind weitere Feststellungen zu
treffen. Dabei kann sich der erforderliche Qualifikationsnachweis
aus der Kostentragung nach § 43 SGB V in Verbindung mit der
Gesamtvereinbarung ergeben.