Vertreterrecht, Bilanzierung: Ein "Vertreterrecht" ist beim Handelsvertreter auch dann als entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens zu aktivieren, wenn die Einstandszahlung an den Geschäftsherrn für die Übernahme der Handelsvertretung erst bei Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Verrechnung mit dem dann fälligen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB erbracht werden soll und dem Handelsvertreter bereits bei Erwerb des Vertreterrechts der teilweise Erlass der Einstandszahlung für den Fall zugesagt wird, dass der künftige Ausgleichsanspruch hinter dem Übernahmepreis zurückbleibt. - Urt.; BFH 22.8.2007, X R 2/04; SIS 07 37 78
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer des
Streitjahres 1998 zusammenveranlagt werden. Die Klägerin
erzielte unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einer
Anzeigenvertretung. Ihren Gewinn ermittelte sie durch
Betriebsvermögensvergleich. Im Rahmen ihres Jahresabschlusses
für das Streitjahr minderte die Klägerin ihren Gewinn um
Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 46.323 DM auf
ein „Vertreterrecht“, dessen Anschaffungskosten sie mit
138.984 DM bezifferte.
Am 5.9.1997 hatte die Klägerin mit der
X-GmbH einen Handelsvertretervertrag über die
Anzeigenvertretung einschließlich der Vermittlung von
Beilagen geschlossen. Nach § 2 Nr. 1 c des Vertrages
erstreckte sich die Vertretung auf den in einer Anlage zum Vertrag
näher beschriebenen Kundenkreis sowie auf entsprechend
gekennzeichnete Verlagskunden. In § 7 Nr. 4 des Vertrages
heißt es:
„Die X-GmbH übergibt dem
Vertreter einen Kundenstamm. Dieser Kundenstamm, der mit DM
138.984,00, zuzgl. Mwst. bewertet ist, wird als zinsloses Darlehen
übergeben. Dieses Darlehen ist bei Beendigung des
Vertragsverhältnisses mit einer ggf. anfallenden
Ausgleichszahlung zu verrechnen. Liegt die Höhe der
Ausgleichszahlung unterhalb des Darlehensbetrages, so verzichtet
die X-GmbH auf den Ausgleich der Differenz.“
Das seinerzeit für die Veranlagung der
Kläger zuständige Finanzamt FA F würdigte die
vertragliche Regelung zunächst dahin, dass die Klägerin
kein zu aktivierendes immaterielles Wirtschaftsgut erworben habe.
Es erließ daher einen Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr, in welchem eine AfA auf das
„Vertreterrecht“ nicht berücksichtigt wurde. Dem
dagegen von den Klägern erhobenen Einspruch half das FA F mit
Entscheidung vom 14.8.2001 - zur Post gegeben am 27.8.2001 -
teilweise ab, indem es nunmehr doch von einem zu aktivierenden
„Vertreterrecht“ ausging, das allerdings - abweichend
vom Ansatz im eingereichten Jahresabschluss - auf acht Jahre
abzuschreiben sei.
Mit der gegen das FA F gerichteten Klage
begehrten die Kläger weiterhin, von einer dreijährigen
Nutzungsdauer auszugehen. Sie trugen vor, dass von den von der
X-GmbH übernommenen Kunden ausweislich der Kundenliste
für das Jahr 2000 nur noch vier Kunden übrig geblieben
seien. Mehr als 95 % des „Vertreterrechts“ hätten
sich demnach verflüchtigt.
Während des Klageverfahrens
änderte das FA F seinen Rechtsstandpunkt erneut. Es vertrat
nunmehr die Auffassung, dass nach einer zwischenzeitlich bei der
X-GmbH durchgeführten Außenprüfung und aufgrund
weiterer Sachverhaltsfeststellungen die bisherige rechtliche
Beurteilung nicht weiter aufrechterhalten werden könne. Der
wirtschaftliche Gehalt des § 7 Nr. 4 des
Handelsvertretervertrages vom 5.9.1997 sei ein anderer als der
schriftlich niedergelegte. Die Regelung habe tatsächlich
lediglich den Wert des Kundenstammes festgehalten und so festlegen
sollen, dass den Handelsvertretern der X-GmbH bei Beendigung der
jeweiligen Vertragsverhältnisse Ausgleichsansprüche nach
§ 89b des Handelsgesetzbuchs (HGB) nur zustünden, soweit
der vertraglich fixierte Wert des übergebenen Kundenstammes
überschritten werde. Dadurch sei von Anfang an der Anspruch
nach § 89b HGB „ausgehebelt“ worden. Die X-GmbH
habe deshalb auch keine Rechnungen erteilt und bei sich keine
bilanziellen Konsequenzen gezogen. Danach stehe fest, dass eine
Übertragung eines Kundenstammes auf den Handelsvertreter
wirtschaftlich nicht gewollt gewesen sei. Dementsprechend
erließ das FA F am 12.11.2002 einen auf § 173 Abs. 1 Nr.
1 der Abgabenordnung (AO) gestützten
Einkommensteueränderungsbescheid, in dem nunmehr keine AfA auf
ein „Vertreterrecht“ mehr berücksichtigt
wurde.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage
teilweise statt (EFG 2004, 883 = SIS 04 19 01). Es hielt die Klage
insoweit für begründet, als die Voraussetzungen für
den Erlass des im Klageverfahren ergangenen
Änderungsbescheides vom 12.11.2002 nicht gegeben gewesen
seien, weil weder nachträglich bekannt gewordene Tatsachen
noch Beweismittel i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgelegen
hätten. Im Übrigen sei die Klage jedoch unbegründet.
Die Klägerin habe im Streitjahr keine AfA auf ein
„Vertreterrecht“ vornehmen können. Denn durch die
in § 7 Nr. 4 des Handelsvertretervertrages gewählte
Vertragsgestaltung sei lediglich eine aufschiebend bedingte
Zahlungsverpflichtung begründet worden, die erst dann zu
Anschaffungskosten führe, wenn die Bedingung - hier: das
Entstehen eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB mit
Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses - eingetreten
sei.
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Hierzu tragen sie im
Wesentlichen vor:
Im Streitfall gehe es um Aufwendungen zur
Erlangung des Wirtschaftsguts „Vertreterrecht“, die
aufgrund des Prinzips der Erfolgsneutralität zwingend zu
aktivieren gewesen seien. Verneine man mit der Vorinstanz wegen der
im Vertrag vorgesehenen aufschiebend bedingten Zahlungsvereinbarung
das Vorliegen von Anschaffungskosten, so werde verkannt, dass
Aufwendungen bilanzrechtlich nicht erst dann vorlägen, wenn
sie rechtlich entstanden seien. Zum Bilanzstichtag habe eine
ungewisse Verbindlichkeit bestanden, die nach § 5 Abs. 1 Satz
1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz
1 Alternative 1 HGB als Rückstellung zu passivieren sei und
deshalb zu Aufwendungen führe, welche nur durch die
Aktivierung von Anschaffungskosten erfolgsneutral belassen werden
könnten. Ungewisse Verbindlichkeiten seien in der
Handelsbilanz mit dem Wert anzusetzen, der nach vernünftiger
kaufmännischer Beurteilung notwendig sei (§ 253 Abs. 1
Satz 2 HGB). Im Streitfall sei nach den Verhältnissen am
Abschlussstichtag wahrscheinlich gewesen, dass die Klägerin
während ihrer Tätigkeit als Handelsvertreterin einen
Wertzuwachs ihres Kundenstammes erzeugen werde, der sodann nach den
vertraglichen Vereinbarungen zur vollständigen
Rückzahlung des Darlehens führen werde. Damit hätten
Aufwendungen zur Erlangung des „Vertreterrechts“ in
Höhe des wahrscheinlichen Erfüllungsbetrages von 138.984
DM vorgelegen.
Die Kläger beantragen, das
angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es die Klage
abgewiesen hat, und die Sache zur Feststellung der Nutzungsdauer an
das FG zurückzuverweisen.
Der im Laufe des Revisionsverfahrens
anstelle des zunächst beklagten und revisionsbeklagten FA F
für die Besteuerung der Kläger zuständig gewordene
Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Aufgrund von § 2 Nr. 16 der Verordnung
über die Zuständigkeiten der hessischen Finanzämter
(ZustVOFÄ HE) vom 11.12.2003 (Gesetz- und Verordnungsblatt
für das Land Hessen - GVBl HE - I 2003, 335) ist die
Zuständigkeit für die Besteuerung der Kläger ab dem
1.1.2004 auf das FA übergegangen und dort nach § 2 Nr. 11
der ZustVOFÄ HE vom 14.4.2004 (GVBl HE I 2004, 180) auch
verblieben. Dieser während des Revisionsverfahrens
eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem
gesetzlichen Beteiligtenwechsel (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 1.8.1979 VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714 =
SIS 79 03 67, und vom 12.1.2001 VI R 102/98, BFHE 194, 372, BStBl
II 2003, 151 = SIS 01 09 12).
2. Im Grundsatz zutreffend ist das FG davon
ausgegangen, dass die Klägerin durch die mit der X-GmbH
getroffene Vereinbarung vom 5.9.1997 ein dem Anlagevermögen
zuzurechnendes immaterielles Wirtschaftsgut
„Vertreterrecht“ erworben hat, für das - da
der Erwerb entgeltlich erfolgte - in Höhe der
Anschaffungskosten ein Aktivposten in der Steuerbilanz anzusetzen
war (§ 5 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG).
In seinem Urteil vom 18.1.1989 X R 10/86 (BFHE
156, 110, BStBl II 1989, 549 = SIS 89 08 10) hat der erkennende
Senat ausgeführt, dass ein Handelsvertreter, der einen
eingeführten und regelmäßig bearbeiteten
Vertreterbezirk übernimmt, dadurch einen greifbaren
wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Ist die Übernahme der
Vertretung mit einer „Einstandszahlung“
verbunden, so liegt darin die Gegenleistung des Handelsvertreters
für die ihm von dem Geschäftsherrn verschaffte -
rechtlich verfestigte - wirtschaftliche Chance, Provisionseinnahmen
zu erzielen. Bei dem neu in die bestehenden Kundenbeziehungen des
Geschäftsherrn eintretenden Handelsvertreter wird dadurch ein
als „Vertreterrecht“ umschriebenes und
abgeleitet (derivativ) erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut
begründet (vgl. Senatsurteile in BFHE 156, 110, BStBl II 1989,
549 = SIS 89 08 10, unter 1.b; vom 25.7.1990 X R 111/88, BFHE 162,
38, BStBl II 1991, 218 = SIS 90 24 18, unter 3.a; vom 12.7.2007 X R
5/05, DB 2007, 2231, DStR 2007, 1809 = SIS 07 34 55, zur
Veröffentlichung bestimmt; H 5.5
„Vertreterrecht“ der
Einkommensteuer-Richtlinien).
Der entgeltliche Erwerb eines solchen
Vertreterrechts setzt nicht voraus, dass die als Gegenleistung
vereinbarte „Einstandszahlung“ von dem
Handelsvertreter sogleich bei Übernahme des Vertreterbezirks
entrichtet werden muss. In seinen Urteilen in BFHE 156, 110, BStBl
II 1989, 549 = SIS 89 08 10 (unter 1.b, a.E.) und in DB 2007, 2231,
DStR 2007, 1809 = SIS 07 34 55 hat der Senat für den Fall
künftiger Provisionsansprüche entschieden, dass das
Vertreterrecht auch dann entgeltlich erworben wird, wenn das
Entgelt erst zu einem späteren Zeitpunkt durch Verrechnung mit
zukünftig zur Entstehung gelangenden Gegenansprüchen des
Handelsvertreters gegen den Geschäftsherrn zu erbringen ist.
Für die mit der Darlehensvereinbarung wirtschaftlich bezweckte
Aufrechnung des Übernahmepreises gegen den mit Beendigung des
Vertretungsverhältnisses entstehenden Ausgleichsanspruch nach
§ 89b HGB kann nichts anderes gelten (so auch
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 5 Rz 192).
3. Nicht gefolgt werden kann dagegen der
Auffassung des FG, aufgrund der Besonderheiten des Streitfalles sei
das Wirtschaftsgut „Vertreterrecht“ im
Streitjahr nicht zu aktivieren, weil die Klägerin lediglich
eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit eingegangen sei, welche
erst bei Bedingungseintritt zu Anschaffungskosten führe.
a) Anschaffungskosten sind die Aufwendungen,
die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben
und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie
dem Vermögensgegenstand einzeln zugerechnet werden können
(§ 255 Abs. 1 Satz 1 HGB). Bei Anwendung dieser auf die
Steuerrechtspraxis zurückgehenden handelsrechtlichen
Begriffsbestimmung (vgl. BFH-Urteil vom 24.8.1995 IV R 27/94, BFHE
178, 359, BStBl II 1995, 895 = SIS 95 24 11, unter 2.a) sind der
Klägerin Aufwendungen für den Erwerb des Vertreterrechts
im Umfang der mit der Übernahme des Kundenstammes
eingegangenen Darlehensverpflichtung entstanden. Denn es stand
bereits seit Vertragsabschluss fest, dass der der Klägerin bei
Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zustehende
Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in einer der
Darlehensforderung entsprechenden Höhe von 138.984 DM nicht
zur Auszahlung gelangen würde. Keine Rolle spielt in diesem
Zusammenhang, dass der Gegenanspruch erst zukünftig
fällig wird, da es - wie auch die Handhabung von
Anschaffungsvorgängen auf (Zahlungs-)Ziel zeigt - für den
Bilanzansatz eines erworbenen Wirtschaftsguts mit den
Anschaffungskosten generell unerheblich ist, ob die
Anschaffungskosten im jeweiligen Wirtschaftsjahr bereits bezahlt
sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.4.2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152 =
SIS 02 87 02, unter II.4.a, m.w.N.; Schmidt/Glanegger, a.a.O.,
§ 6 Rz 140 Stichwort „Eingegangene
Ware“).
b) Zwar kommt im Streitfall noch der Umstand
hinzu, dass die X-GmbH gegenüber der Klägerin bereits bei
Begründung des Vertreterrechts den teilweisen Erlass ihrer
Darlehensforderung für den Fall ausgesprochen hat, dass der
künftige Gegenanspruch der Klägerin auf angemessenen
Ausgleich nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses
der Höhe nach hinter demjenigen auf Darlehensrückzahlung
zurückbleibt. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, abweichend
von den dargelegten Grundsätzen von einer Aktivierung des
Vertreterrechts abzusehen.
Aus der gewählten Vertragsgestaltung hat
das FG den Schluss gezogen, dem Grunde und der Höhe nach seien
Anschaffungskosten bis zum Entstehen des Gegenanspruchs noch nicht
zu bestimmen gewesen. Ziehe man in Betracht, dass die Klägerin
mit einem künftigen Ausgleichsanspruch sogar vollständig
ausfallen könne und die X-GmbH für diesen Fall auf eine
Rückzahlung des Darlehens in voller Höhe verzichten
müsse, so seien für die Anschaffungskosten sämtliche
Beträge in einer Größenordnung zwischen 0 DM und
138.984 DM denkbar gewesen. Die Zahlungsverpflichtung der
Klägerin stehe daher insgesamt unter der aufschiebenden
Bedingung, ob und in welcher Höhe der Ausgleichsanspruch
überhaupt zur Entstehung gelangen werde.
Dieser Betrachtungsweise kann sich der
erkennende Senat nicht anschließen.
aa) Wie das FG zutreffend dargelegt hat, sind
aufschiebend bedingte Zahlungsverpflichtungen i.S. des § 1
Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) nach
der Rechtsprechung des BFH erst nach Eintritt der Bedingung bei den
Anschaffungskosten zu berücksichtigen (BFH-Urteile vom
6.2.1987 III R 203/83, BFHE 149, 163, BStBl II 1987, 423 = SIS 87 13 16, unter II.3.; vom 10.4.1991 XI R 7, 8/84, BFHE 164, 343,
BStBl II 1991, 791 = SIS 91 16 07; vom 6.11.1991 XI R 2/90, BFH/NV
1992, 297; vom 15.7.1992 X R 165/90, BFHE 168, 561, BStBl II 1992,
1020 = SIS 92 21 05, unter 3.a; gl.A.: Fischer in Kirchhof, EStG,
7. Aufl., § 6 Rz 37; Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 6 Rz
83; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz B
56). Im Schrifttum wird dazu die Auffassung vertreten, die
Auswirkungen dieser Rechtsprechung müssten auf
Wirtschaftgüter des steuerlichen Privatvermögens
beschränkt bleiben, weil die allgemeinen
Bewertungsvorschriften des BewG auf Betriebsschulden nicht
anwendbar seien (so Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 80).
Unbeschadet der Frage, ob dem zuzustimmen wäre, sind die dort
entwickelten Maßstäbe auf den Streitfall nach Ansicht
des Senats bereits im Ausgangspunkt nicht übertragbar.
Gegenstand der BFH-Entscheidungen in BFHE 149,
163, BStBl II 1987, 423 = SIS 87 13 16, in BFHE 164, 343, BStBl II
1991, 791 = SIS 91 16 07 und in BFH/NV 1992, 297 waren
Fallgestaltungen, in denen es im Zeitpunkt des Erwerbs selbst dem
Grunde nach völlig offen war, ob der zu (weiteren)
Anschaffungskosten auf das erworbene Wirtschaftsgut führende
Zahlungsanspruch gegen den Erwerber jemals zur Entstehung gelangen
würde. Es ging dort um in der Zukunft liegende, zunächst
völlig ungewisse Ereignisse wie eine künftige
Zusatzvereinbarung mit dem Ziel, endgültig alle Ansprüche
aus einem mit Anpassungsklauseln versehenen
Erbauseinandersetzungsvertrag abzugelten (BFH-Urteil in BFHE 149,
163, BStBl II 1987, 423 = SIS 87 13 16), den künftigen
Übertritt des Zahlungsberechtigten aus dem Ledigen- in den
Verheiratetenstand (BFH-Urteil in BFHE 164, 343, BStBl II 1991, 791
= SIS 91 16 07) oder das künftige Entstehen einer
„Kaufpreis“-Zahlungspflicht zwischen nahen
Angehörigen nur für den Fall, dass der Erwerber das
erworbene Wirtschaftsgut weiterveräußert oder in
Vermögensverfall gerät (BFH-Urteil in BFH/NV 1992,
297).
Eine mit solchen Fallgestaltungen
vergleichbare Ungewissheit, ob der Klägerin zu einem in der
Zukunft liegenden Zeitpunkt ein Gegenanspruch gegen die X-GmbH nach
§ 89b HGB überhaupt zustehen würde, bestand
vorliegend nicht. Von bestimmten, in § 89b Abs. 3 HGB
geregelten Ausnahmefällen abgesehen ist der Ausgleichsanspruch
mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses kraft
Gesetzes unabdingbar verbunden (§ 89b Abs. 4 HGB). Die
bloß entfernte, theoretische Möglichkeit, dass der
Anspruch später der Höhe nach mit Null bewertet werden
könnte, rechtfertigt es nicht, den Streitfall so zu behandeln,
als sei das Entstehen der Zahlungsverpflichtung insgesamt in
ähnlicher Weise offen wie in den genannten Fällen, die
der Rechtsprechung des BFH zugrunde gelegen haben.
Insoweit liegt die Sache im Übrigen nicht
anders als in dem Sachverhalt, über den der Senat bereits in
seinem Urteil in BFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020 = SIS 92 21 05
(unter 3.a, a.E.) zu entscheiden hatte. Dort hat der Senat für
den Fall einer Zahlungsverpflichtung im Zeitpunkt des Todes des
letztversterbenden Elternteils die Erwägung in den Raum
gestellt, ob die Verpflichtung nicht zumindest dann nicht
aufschiebend bedingt, sondern unbedingt ist, wenn weder
Zahlungsberechtigter noch Zahlungsverpflichteter den Eintritt des
maßgeblichen Ereignisses in eigener Person erleben
müssen.
bb) Zudem wird die Überlegung, die
Klägerin habe das Vertreterrecht gerade gegen Übernahme
einer aufschiebend bedingten Zahlungsverpflichtung erworben, dem
wirtschaftlichen Gehalt der zwischen ihr und der X-GmbH getroffenen
Vereinbarung nicht gerecht.
Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gegen eine
Aufrechnungsregelung, wonach ein vereinbarter Übernahmepreis
für die Handelsvertretung zunächst bis zur
Vertragsbeendigung gestundet und sodann gegen den
Ausgleichsanspruch aufgerechnet werden soll, in zivilrechtlicher
Hinsicht keine Bedenken bestehen, es sei denn, die Vertragspartner
vereinbaren einen so unangemessen hohen Übernahmepreis, dass
dies auf eine Umgehung des unabdingbaren gesetzlichen
Ausgleichsanspruchs (§ 89b Abs. 4 HGB) hinauslaufen würde
(BGH-Urteil vom 24.2.1983 I ZR 14/81, NJW 1983, 1727, DB 1983,
1590, unter II.2.; a.A.: Küstner, in Graf von
Westphalen/Sandrock, Festschrift für Reinhold Trinkner - 1995
-, 193, 211; kritisch auch Thume in Küstner/Thume, Handbuch
des gesamten Außendienstrechts, Band 2, 7. Aufl. 2003, Rz 220
ff.).
Die im Streitfall getroffene Darlehensabrede
ist einer solchen Stundung des Übernahmepreises für das
Vertreterrecht wirtschaftlich vergleichbar. Diese Abrede haben die
Vertragsparteien um eine Erlassregelung ergänzt, derzufolge
die Klägerin von der Entrichtung eines über dem eigenen
Ausgleichsanspruch liegenden Übernahmepreises freigestellt
werden sollte. Dadurch haben sie jedoch keine durch das Entstehen
eines entsprechenden Ausgleichanspruchs aufschiebend bedingte
Zahlungsverpflichtung der Klägerin i.S. von § 158 Abs. 1
des Bürgerlichen Gesetzbuchs begründet, sondern einen
aufschiebend bedingten Erlass. Die Erlassvereinbarung wirkt sich
zwar auf die Verpflichtung zur Zahlung des erst mit Beendigung des
Handelsvertreterverhältnisses in Gestalt der
Darlehensrückzahlung fälligen Übernahmepreises aus,
jedoch nur insofern, als die Zahlungsverpflichtung zunächst in
voller Höhe entstanden ist und erst später in demjenigen
Umfang wieder entfallen soll, in dem der Ausgleichsanspruch der
Höhe nach hinter dem Übernahmepreis für das
Vertreterrecht zurückbleibt.
c) Der Klägerin sind daher bereits bei
Übernahme der Vertretung Anschaffungskosten für das von
der X-GmbH erworbene Vertreterrecht entstanden. Eine Abzinsung der
Aufwendungen der Klägerin kommt im Hinblick auf die
Besonderheiten des Streitfalles (vgl. hierzu BFH-Urteil vom
14.2.1984 VIII R 41/82, BFHE 141, 121, BStBl II 1984, 550 = SIS 84 15 28) nicht in Betracht. Im Gegenzug wird die von der
Klägerin realisierte Ausgleichszahlung auch insoweit, als sie
zur Tilgung des Darlehens eingesetzt werden muss, im Jahr der
Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses als Teil des
laufenden Gewinns (vgl. Senatsurteil in BFHE 162, 38, BStBl II
1991, 218 = SIS 90 24 18, unter 1.) zu erfassen sein. Kommt es in
diesem Zusammenhang zum vollständigen oder teilweisen Erlass
der Darlehensforderung, so wird auch dieser Vorgang im Wege eines
außerordentlichen Ertrags gewinnwirksam zu
berücksichtigen sein.
4. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie
von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist und sich auch
nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 126
Abs. 4 FGO).
a) Indem das FG den Änderungsbescheid vom
12.11.2002 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen hat,
ist die zuvor bestehende, durch die Einspruchsentscheidung des FA F
vom 14./27.8.2001 geschaffene Rechtslage wiederhergestellt worden.
Darin war der Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb unter
Berücksichtigung einer AfA auf das Vertreterrecht in Höhe
von 12,5 % von 138.984 DM zugrunde gelegt und demgemäß
von einer achtjährigen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts
ausgegangen worden.
Bei dieser Steuerfestsetzung könnte es
ohne weiteres nur dann verbleiben, wenn auf das Vertreterrecht die
Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG anzuwenden wäre,
wonach ein kürzerer als ein fünfzehnjähriger
Zeitraum für die Vornahme von AfA ohnehin nicht zuzulassen
ist. Durch Urteil in DB 2007, 2231, DStR 2007, 1809 = SIS 07 34 55
hat der erkennende Senat indessen in Fortführung seines
Urteils in BFHE 156, 110, BStBl II 1989, 549 = SIS 89 08 10
entschieden, dass auf das von einem Handelsvertreter entgeltlich
erworbene immaterielle Wirtschaftsgut
„Vertreterrecht“ (Ablösung des dem
Vorgänger-Vertreter zustehenden Ausgleichsanspruchs durch
Vereinbarung mit dem Geschäftsherrn) die zwingende
typisierende Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG zur
betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Geschäfts- oder
Firmenwerts keine Anwendung findet. Hinreichende Anhaltspunkte
dafür, dass die achtjährige Nutzungsdauer vom FA F aus
anderen Gründen zutreffend angesetzt worden wäre, bietet
die angefochtene Entscheidung nicht.
b) Die Sache ist daher nicht spruchreif. Zur
Frage der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des von der
Klägerin entgeltlich erworbenen Vertreterrechts (§ 7 Abs.
1 Sätze 1 und 2 EStG) hat das FG - von seinem Standpunkt
betrachtet zu Recht - keine Feststellungen getroffen. Dies wird im
zweiten Rechtsgang im Wege der Schätzung (§ 96 Abs. 1
Satz 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 AO) und unter
Berücksichtigung der im Senatsurteil in BFHE 156, 110, BStBl
II 1989, 549 = SIS 89 08 10 (unter 2.) genannten
Schätzungsmaßstäbe noch nachzuholen sein.