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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) begehrt die Erstattung von Kosten im Vorverfahren
(§ 77 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Sie hatte
zunächst erfolglos die Abzweigung des an ihren Vater für
sie gezahlten Kindergelds beantragt. Hiergegen legte die
Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten,
Einspruch ein. Der Einspruch war erfolgreich. Die Beklagte und
Revisionsklägerin (Familienkasse) gab dem Abzweigungsantrag
mit Abhilfebescheid vom ...8.2011 in vollem Umfang statt.
Gleichzeitig lehnte sie die Erstattung der im Einspruchsverfahren
entstandenen Kosten ab. Der Einspruch der Klägerin hatte
keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom ...10.2011).
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Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen
erhobenen Klage mit seinem in EFG 2012, 1945 = SIS 12 25 84
veröffentlichten Urteil vom 18.7.2012 12 K 3884/11 Kg statt.
Es erachtete § 77 EStG über den Wortlaut der Vorschrift
hinaus auch beim Einspruch in Abzweigungsfällen für
anwendbar. Zur Begründung führte es aus, dass vor der
Neuregelung des Kindergeldrechts durch das Jahressteuergesetz
(JStG) 1996 vom 11.10.1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438)
die Vorschrift des § 63 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch
(SGB X) einen solchen Anspruch zugelassen habe und nach der
Gesetzesbegründung zu § 77 EStG (BTDrucks 13/1558, S.
162) insofern keine Änderung zu Lasten der Berechtigten
beabsichtigt gewesen sei. In der Sache bestünden keine
Gründe, einen solchen Anspruch zu verweigern. Auch der
Ausnahmecharakter des § 77 EStG stehe einer erweiternden
Auslegung nicht entgegen, da das Kindergeldrecht innerhalb des
Einkommensteuerrechts eine Sonderstellung einnehme. Das FG
erachtete ferner die Zuziehung eines Bevollmächtigten für
notwendig.
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Die Familienkasse macht mit ihrer Revision
geltend, die Auslegung des § 77 EStG durch das FG sei vom
Wortlaut nicht mehr gedeckt; eine Regelungslücke liege nicht
vor.
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Die Familienkasse beantragt, das Urteil des
FG Münster vom 18.7.2012 12 K 3884/11 Kg aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO
- ).
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II. Die Familienkasse ... der Bundesagentur
für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss
des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom
18.4.2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des
Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur
für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des
gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der
Familienkasse ... eingetreten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 22.8.2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109 =
SIS 07 37 78, unter II.1.).
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III. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat -
jedenfalls im Ergebnis - zu Recht entschieden, dass die
Familienkasse der Klägerin deren Kosten (notwendige
Aufwendungen, Gebühren und Auslagen des
Prozessbevollmächtigten) für den erfolgreichen Einspruch
gegen die Ablehnung der Abzweigung zu erstatten hat (§ 77 Abs.
1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 EStG analog).
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1. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG sind
Kosten im Vorverfahren zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die
Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. Die Abzweigung nach §
74 Abs. 1 EStG gehört zwar nicht zum Festsetzungs-, sondern
zum Auszahlungsverfahren, das dem Erhebungsverfahren entspricht
(Senatsurteil vom 26.8.2010 III R 21/08, BFHE 231, 520, BStBl II
2013, 583 = SIS 11 01 50). § 77 EStG ist aber in Fällen
vorliegender Art analog anzuwenden.
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Die analoge Anwendung einer Rechtsnorm setzt
eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen
Unvollständigkeit voraus. Eine solche Lücke liegt vor,
wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h.
ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung
nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf
bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteil vom 12.12.2002
III R 33/01, BFHE 201, 379, BStBl II 2003, 322 = SIS 03 18 30,
m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben (so im
Ergebnis auch die wohl überwiegende Auffassung im
Fachschrifttum, vgl. Wendl in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 77
EStG Rz 2; Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich,
Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 77 Rz 5; Greite in
Korn, § 77 EStG Rz 4; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 33. Aufl.,
§ 77 Rz 1; Claßen in Lademann, EStG, § 77 EStG Rz
2; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar,
§ 77 Rz 4, soweit der Kindergeldberechtigte
Einspruchsführer ist; dagegen Dürr in Frotscher, EStG,
Freiburg 2011, § 77 Rz 4; Seewald/Felix, Kindergeldrecht, EStG
§ 77 Rz 2; so wohl auch Felix, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 77 Rz B 3; nur den
Meinungsstreit darstellend Blümich/ Treiber, § 77 EStG Rz
4; Reuß in Bordewin/Brandt, § 77 EStG Rz 5 ff.).
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a) Eine Gesetzeslücke liegt vor.
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Bis zum 31.12.1995 galt hinsichtlich der
Kostenerstattung für Widerspruchsverfahren gegen
Entscheidungen der Kindergeldkasse § 63 SGB X. § 63 Abs.
1 Satz 1 SGB X bestimmt, dass - soweit der Widerspruch erfolgreich
ist - der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen
Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben
hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen zu erstatten hat. In §
63 Abs. 2 SGB X heißt es, dass die Gebühren und Auslagen
eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im
Vorverfahren erstattungsfähig sind, wenn die Zuziehung eines
Bevollmächtigten notwendig war. Der Anwendungsbereich dieser
Vorschrift ist zwar auf das Widerspruchsverfahren (vgl.
§§ 83 ff. des Sozialgerichtsgesetzes) beschränkt,
nicht aber auf bestimmte Verfahrensgegenstände. Er erfasste
daher auch Rechtsbehelfe im Zusammenhang mit der Abzweigung des
Kindergelds nach § 48 Abs. 1 des Ersten Buchs
Sozialgesetzbuch, einer dem § 74 Abs. 1 EStG entsprechenden
Regelung.
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Mit der Neuregelung der
einkommensteuerrechtlichen Kindergeldvorschriften durch das JStG
1996 wurde § 77 EStG in das EStG aufgenommen. Ausweislich der
Gesetzesmaterialien zu § 77 EStG war beabsichtigt, eine dem
§ 63 SGB X entsprechende Vorschrift zu schaffen (BTDrucks
13/1558, S. 162). Gleichwohl regelt das Gesetz die
Erstattungspflicht nicht allgemein für Einspruchsverfahren in
Kindergeldangelegenheiten, sondern setzt einen Einspruch gegen eine
Kindergeldfestsetzung voraus. Nicht gesetzlich geregelt ist damit,
ob auch bei einem erfolgreichen Einspruch des Kindes gegen eine
Abzweigungsentscheidung nach § 74 Abs. 1 EStG Kosten nach
§ 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EStG zu erstatten sind.
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b) Das Fehlen einer solchen Regelung für
Fälle vorliegender Art stellt eine planwidrige
Unvollständigkeit des Gesetzes dar, die zu schließen
ist, indem das abzweigungsberechtigte Kind eine Erstattung seiner
Kosten für das Einspruchsverfahren nach § 77 Abs. 1 Satz
1, Abs. 2 EStG analog beanspruchen kann.
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Denn der Gesetzgeber wollte eine
Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Recht vermeiden
(so ausdrücklich BTDrucks 13/1558, S. 162). Die (eindeutig)
erkennbare Absicht des Gesetzgebers bestand daher darin, die
Erstattung von Kosten für das außergerichtliche
Rechtsbehelfsverfahren in Kindergeldangelegenheiten an die bis zum
31.12.1995 geltende Rechtslage anzugleichen.
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2. Einer analogen Anwendung des § 77 EStG
stehen auch nicht die Senatsbeschlüsse vom 9.12.2010 III B
115/09 (BFH/NV 2011, 434 = SIS 11 04 93) und vom 25.8.2009 III B
245/08 (BFH/NV 2009, 1989 = SIS 09 36 31) entgegen. Beiden
Entscheidungen lagen Fälle zugrunde, in denen es - anders als
im Streitfall - an einem erfolgreichen Einspruch fehlte.
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