Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19.05.2021 - 7 K 2714/18
AO = SIS 21 12 99 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) wendet sich gegen die
Inanspruchnahme für bestandskräftig festgesetzte
Steuerschulden ihres Ehemannes, des Steuerschuldners,
gemäß § 191 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der
Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 3 des Gesetzes betreffend die
Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb
des Insolvenzverfahrens in der damals geltenden Fassung
(Anfechtungsgesetz - AnfG - ).
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Die Klägerin ist nichtselbständig
tätig. Der Steuerschuldner ist gelernter X-Mechaniker und ging
in der Vergangenheit verschiedenen selbständigen und
nichtselbständigen Tätigkeiten nach. Aus seinen
selbständigen Tätigkeiten resultierten Steuerschulden,
die seit dem Jahr 1999 zu Vollstreckungsmaßnahmen
führten.
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Die Klägerin führte ihr
Gehaltskonto zunächst bei der T-Bank. Am 04.06.2010
eröffnete sie ein Girokonto bei der R-Bank und nutzte dieses
als Gehaltskonto. Am 21.01.2011 erteilte die Klägerin dem
Steuerschuldner eine Vollmacht über dieses Konto und
beantragte für ihn die Ausgabe einer R-Bank Card. Im Juni 2011
eröffnete die Klägerin erneut ein Konto bei der T-Bank
und nutzte dieses nunmehr als ihr Gehaltskonto.
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Bereits im Mai 2011 pfändete der
Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) die
Ansprüche des Steuerschuldners aus dessen
Geschäftsbeziehung mit einer weiteren Bank. Im Juni 2011 gab
der Steuerschuldner eine eidesstattliche Versicherung ab. Wegen der
gemeinsamen Einkommensteuerschulden kam es im Jahr 2012 zu
Lohnpfändungen bei der Klägerin.
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Der Steuerschuldner meldete sein Gewerbe
(Hausmeisterservice) im Oktober 2012 beim Gewerbeamt ab. Am
XX.07.2013 meldete er sich mit dem Benutzernamen
„RHxx“ auf dem Internetportal
„www.x-Arbeit.de“ an.
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Im September 2016 betrugen seine
Steuerschulden 42.721,31 EUR. Darin waren
Säumniszuschläge in Höhe von 9.848,50 EUR enthalten.
Wegen dieser Steuerschulden führte das FA verschiedene
Vollstreckungsmaßnahmen bei dem Steuerschuldner durch. Zudem
gab der Steuerschuldner eine Vermögensauskunft ab.
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Im Rahmen eines Kontenabrufverfahrens
erfuhr das FA, dass der Steuerschuldner Verfügungsberechtigter
des Kontos der Klägerin bei der R-Bank war. Auf der Grundlage
eines Auskunftsersuchens stellte die R-Bank dem FA die
Kontoauszüge für den Zeitraum von August 2011 bis
März 2017 zur Verfügung.
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Aus den Kontoauszügen ergab sich, dass
auf diesem Konto ab April 2012 bis 2016 Überweisungen mit dem
Betreff „Service R. H.“ in Höhe von
insgesamt 75.452,02 EUR eingegangen waren. Ferner wiesen die
Kontoauszüge von 2011 bis 2017 Bareinzahlungen in Höhe
von insgesamt 14.810 EUR aus. Die Zahlungseingänge betreffend
eBay-Geschäfte sowie Winterdienst- und Gartenarbeiten betrugen
von 2012 bis 2017 insgesamt 17.340,72 EUR.
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Auf dem Konto war es auch zu Sollbuchungen
gekommen, u.a. durch mehrmalige Kartenzahlungen bei zwei
Baumärkten, bei Tankstellen, bei Discountern sowie drei Mal
vom 27.07. bis 30.07.2012 (insgesamt 869,76 EUR) und dreizehn Mal
vom 17.07. bis 28.07.2014 (insgesamt 1.567,32 EUR) in den
Niederlanden, zweimal betreffend Kino, einmal betreffend Bekleidung
sowie einmal an ein Fahrradgeschäft in Höhe von 761,20
EUR. Zudem wurden zugunsten der Klägerin Lastschriften
ausgeführt (für verschiedene Versicherungen, ihr Depot,
ihr PayPal-Konto sowie bei einer Mobilfunk-GmbH) sowie weitere
Lastschriften, die sich keiner konkreten Person zuordnen
ließen (aufgrund eines monatlichen Sky-Abonnements und durch
Amazon). Ferner wurden Barabhebungen getätigt sowie
Überweisungen (u.a. an Versicherungen für drei
verschiedene Kfz, an einen Drogeriemarkt, an D-Tickets und an ein
Energieversorgungsunternehmen), bei denen teilweise die
Klägerin im Buchungstext genannt wurde.
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Am 03.03.2017 wies das Konto ein Guthaben
in Höhe von 1.354,15 EUR aus.
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Nach vorheriger Anhörung forderte das
FA die Klägerin durch Duldungsbescheid vom 11.04.2017 zur
Zahlung von insgesamt 40.874,17 EUR auf. Dieser Betrag setzte sich
aus Lohnsteuer 2012, Einkommensteuer 2013 bis 2015, Umsatzsteuer
2009 bis 2016 sowie Säumniszuschlägen in Höhe von
11.794,73 EUR zusammen. Diese Steuerschulden ihres Ehemannes waren
zwischen dem 04.08.2011 und dem 20.02.2017 fällig geworden.
Die Säumniszuschläge entfielen auf Zeiträume bis zum
28.04.2017. Das FA setzte die Säumniszuschläge insgesamt
nur zur Hälfte - also in Höhe von 5.897,36 EUR - an. Das
FA führte in dem Duldungsbescheid u.a. aus, die Kunden ihres
Ehemannes, des Steuerschuldners, hätten auf seine Veranlassung
hin Zahlungen in Höhe von insgesamt 94.031,64 EUR auf das
Konto bei der R-Bank geleistet. Aufgrund der ihm eingeräumten
Vollmacht sei er befugt gewesen, über dieses Konto im eigenen
Namen zu verfügen. Indem er die Zahlungen auf das Konto bei
der R-Bank veranlasst habe, habe er eine Rechtshandlung mit dem
Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen (§ 3
Abs. 1 Satz 1 AnfG). Eine Gläubigerbenachteiligung sei
gegeben, da nicht er, sondern die Klägerin gegenüber der
Bank eine Forderung erworben habe. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG
sei zu vermuten, dass die Klägerin von dem
Benachteiligungsvorsatz ihres Ehemannes Kenntnis gehabt habe, da
sie von seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit und von den
Zahlungen auf ihr Konto gewusst habe. Eine drohende
Zahlungsunfähigkeit sei gegeben, wovon die Klägerin
aufgrund der vorherigen Geschehnisse Kenntnis gehabt habe. Zudem
sei ihr der Vorsatz ihres Ehemannes nach § 166 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen.
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Im März 2018 fand eine Durchsuchung
der Wohnung der Eheleute statt. Die Fahndungsbeamten
beschlagnahmten u.a. einen an die Klägerin adressierten
ungeöffneten Brief mit Kontoauszügen der R-Bank vom
20.11.2015 sowie weitere lose Kontoauszüge der R-Bank vom
30.12.2016, 02.01.2017, 13.02.2017 und 24.05.2017. Gefunden wurden
ferner Kontoauszüge aus dem Jahr 2016 sowie im Jahr 2017
nacherstellte Duplikate von Kontoauszügen.
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Einspruch und Klage gegen den
Duldungsbescheid hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG)
urteilte, die Voraussetzungen für den Erlass eines
Duldungsbescheids lägen vor. Der Steuerschuldner habe bei der
Anweisung an seine Kunden, auf das Konto der Klägerin zu
überweisen, mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht nach
§ 3 Abs. 1 AnfG gehandelt. Davon habe die Klägerin nach
§ 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG Kenntnis gehabt, weil ihr die Kenntnis
ihres Ehemannes nach § 166 BGB zuzurechnen sei. Denn sie habe
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls bewusst die Augen
davor verschlossen, dass der Steuerschuldner ihr Konto seinen
Kunden gegenüber angegeben und damit veranlasst habe, dass ihm
zustehende Zahlungen auf dieses Konto eingegangen seien. Damit
könne offenbleiben, ob die Klägerin selbst Kenntnis von
der Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihres Ehemannes gehabt
habe. Insbesondere brauche das FG nicht zu entscheiden, ob
hinreichende Beweisanzeichen bzw. Indiztatsachen für eine
solche Kenntnis vorlägen. Auch die Höhe der
Säumniszuschläge sei nicht verfassungswidrig. Die
Entscheidung ist in den EFG 2021, 1437 = SIS 21 12 99 abgedruckt.
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Dagegen richtet sich die Revision der
Klägerin. Sie ist der Auffassung, es bestünden keine
durchgreifenden Anknüpfungspunkte dafür, dass sie davon
habe ausgehen müssen, dass ihr Ehemann überhaupt ein
Konto nutze und dass es sich hierbei um ihr Konto handele. Die
Voraussetzungen einer Wissenszurechnung nach § 166 BGB seien
nicht gegeben. Auch hinsichtlich der Säumniszuschläge sei
der Duldungsbescheid aufzuheben, weil die darin enthaltene
Zinshöhe verfassungswidrig sei.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und den
Duldungsbescheid des Beklagten vom 11.04.2017 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 27.07.2018 aufzuheben,
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hilfsweise,
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die Sache an das FG Münster zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FA führt aus, das FG habe seine
Beweiswürdigung umfangreich und nachvollziehbar
begründet. Diese verstoße weder gegen Denkgesetze oder
allgemeine Erfahrungssätze noch sei sie willkürlich.
Daran sei der Bundesfinanzhof (BFH) nach § 118 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Der BFH habe in seinem Urteil
vom 30.06.2020 - VII R 63/18 (BFHE 270, 7, BStBl II 2021, 191 = SIS 20 19 13) die Grundsätze zu § 166 BGB über den Fall
einer „absichtlichen“ Kontoleihe auf die
Fälle der „unabsichtlichen“
Kontoleihe ausgedehnt. Im Streitfall sei der Ehemann mit den
geschäftlichen Verpflichtungen der Eheleute betraut gewesen,
sodass nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesgerichtshofs
(BGH) vom 25.03.1982 - VII ZR 60/81 (BGHZ 83, 293) eine
Wissenszurechnung erfolge.
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Bezüglich der
Säumniszuschläge sei wegen ihres Mischcharakters kein
„fester“ Zinsanteil enthalten, welcher
evtl. verfassungsrechtlich überhöht sein könnte. Der
pauschalierte Erlass eines Teils der Säumniszuschläge
könne nicht dazu führen, von einem Zinsanteil in
Höhe von 50 % auszugehen. Auch nach dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.07.2021 - 1 BvR 2237/14,
1 BvR 2422/17 (BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23)
habe eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf die
Säumniszuschläge zu unterbleiben.
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II. Die Revision ist unbegründet. Das
angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht
(§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA konnte die durch den
Steuerschuldner, den Ehemann der Klägerin, veranlassten
Zahlungen auf das Konto der Klägerin nach § 3 Abs. 1 AnfG
anfechten und folglich den Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1
AO erlassen.
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1. Die allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen
des § 2 AnfG sind im Streitfall ausweislich der
Vorentscheidung, die insoweit nicht zu beanstanden ist,
erfüllt.
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a) Das FA war anfechtungsberechtigter
Gläubiger und der Steuerschuldner war Schuldner i.S. der
§§ 1 und 2 AnfG. Die Zwangsvollstreckung in das
Vermögen des Steuerschuldners hat nicht zu einer
vollständigen Befriedigung des FA geführt. Dies wird im
Streitfall auch dadurch belegt, dass der Steuerschuldner eine
Vermögensauskunft nach § 284 AO abgegeben hat (vgl.
Senatsbeschluss vom 28.05.2003 - VII B 106/03, BFH/NV 2003, 1146 =
SIS 03 36 78).
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b) Die im Duldungsbescheid aufgeführten
Steuerschulden waren festgesetzt, fällig und
vollstreckbar.
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Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass
keine Zahlungsverjährung eingetreten war. Das wird durch die
Klägerin im Revisionsverfahren auch nicht bestritten, weswegen
der Senat auf weitere Ausführungen verzichtet.
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Zudem erstreckt sich die Duldungsverpflichtung
zu Recht auch auf Säumniszuschläge (§ 191 Abs. 1
Satz 2 i.V.m. §§ 37 Abs. 1, 3 Abs. 4 Nr. 5 AO). Zwar ist
die Klägerin im Streitfall mit ihren verfassungsrechtlichen
Einwendungen gegen die Höhe der Säumniszuschläge
nicht - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 256 AO -
ausgeschlossen (vgl. Senatsurteile vom 01.03.1988 - VII R 109/86,
BFHE 152, 321, BStBl II 1988, 408 = SIS 88 10 46, unter II.2.c, und
in BFHE 270, 7, BStBl II 2021, 191 = SIS 20 19 13, Rz 23). Denn da
Säumniszuschläge kraft Gesetzes bei Verwirklichung des
Tatbestandes der Säumnis entstehen und nicht festgesetzt
werden müssen, bedarf es bei einem Streit über die
Verwirkung der Säumniszuschläge eines
Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO, der im
Streitfall nicht vorliegt. Gegen die Höhe der
Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO
bestehen aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
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aa) Die vom BVerfG in seinem Beschluss in BGBl
I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23 herausgearbeiteten
Grundsätze, nach denen die Verzinsung nach §§ 233a,
238 AO in Höhe von 0,5 % pro Monat für
Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 mit Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist, lassen sich nicht auf
Säumniszuschläge übertragen.
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(1) Ausgangspunkt der in der Entscheidung des
BVerfG als verfassungswidrig angesehenen Ungleichbehandlung war die
in § 233a Abs. 2 Satz 1 AO geregelte fünfzehnmonatige
Karenzzeit, welche nach Ansicht des BVerfG zu einer
verfassungsrechtlich relevanten Ungleichbehandlung innerhalb der
Gruppe der Steuerpflichtigen führt, nämlich derjenigen
Steuerschuldner, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit
(zutreffend) festgesetzt wurde, gegenüber denjenigen, deren
Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt
wurde, mithin eine Ungleichbehandlung zinszahlungspflichtiger
gegenüber nicht zinszahlungspflichtigen Steuerschuldnern (vgl.
BVerfG-Beschluss in BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23, Rz 104).
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(a) Das BVerfG sah die verfassungsrechtlich
relevante Ungleichheit folglich nicht in einer
rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung innerhalb der
Gruppe der Zinszahlungspflichtigen in dem Sinne, dass sie im
Binnenverhältnis durch die Bestimmung des Zinssatzes nicht
rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet
würden, sondern allein in einer
rechtfertigungsbedürftigen Ungleichbehandlung der nach §
233a AO zinszahlungspflichtigen gegenüber den nicht
zinszahlungspflichtigen Steuerschuldnern durch die typisierende
Annahme eines durch eine späte Steuerfestsetzung entstandenen
potentiellen Liquiditätsvorteils in Höhe von monatlich
0,5 % Zinsen (BVerfG-Beschluss in BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309
= SIS 21 14 23, Rz 105).
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(b) Dabei spielte die Frage, ob ein Zinssatz
von monatlich 0,5 % den durch eine Vollverzinsung zulasten der
Steuerpflichtigen auszugleichenden Vorteil der Höhe nach
realitätsgerecht abbildet, erst in der anschließenden
Rechtfertigungsprüfung nach strengeren
Verhältnismäßigkeitsanforderungen eine Rolle (vgl.
BVerfG-Beschluss in BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23, Rz 109 ff. und 116 ff.). Das BVerfG sah diesen potentiell
entstehenden Vorteil mit dem monatlichen Zinssatz von 0,5 % ab 2014
als nicht mehr realitätsgerecht bemessen an (BVerfG-Beschluss
in BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23, Rz 203
ff.).
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(c) Insbesondere mit Blick auf die ansonsten
bestehenden erheblichen haushaltswirtschaftlichen Unsicherheiten
hat das BVerfG allerdings hinsichtlich der Zinshöhe nach
§§ 233a, 238 AO eine Fortgeltungsanordnung für
Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 getroffen. Da das
BVerfG jedoch ausdrücklich nur über die
Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen
gemäß §§ 233a, 238 AO und nicht auch des
Säumniszuschlags entschieden hat und es ferner fraglich ist,
ob den staatlichen Einnahmen aus § 240 AO eine ähnliche
haushaltswirtschaftliche Bedeutung wie den Nachzahlungszinsen
zukommt, sodass das BVerfG auch bei einer Verfassungswidrigkeit des
§ 240 AO eine Fortgeltung bis zum 31.12.2018 anordnen
würde, ist die Frage der Verfassungswidrigkeit der
Säumniszuschläge im Streitfall zu entscheiden, obwohl der
Streitzeitraum vor dem 31.12.2018 liegt.
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(2) Hinsichtlich der
Säumniszuschläge fehlt es bereits an einer
Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte; eine
Ungleichbehandlung zwischen zinszahlungspflichtigen
Steuernachzahlern und säumniszuschlagszahlungspflichtigen
Steuerpflichtigen ist mangels vergleichbarer Sachverhalte nicht
gegeben.
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(a) Die nach § 233a AO geregelte
Vollverzinsung soll stark typisierend objektive Zins- und
Liquiditätsvorteile erfassen, die dadurch entstehen, dass
zwischen der Entstehung des Steueranspruchs und seiner
Fälligkeit nach Festsetzung ein Zeitraum von mehreren Jahren
liegen kann (vgl. BeckOK AO/Oosterkamp, 21. Ed. [01.07.2022], AO
§ 233a Rz 1). Nachzahlungszinsen sind dementsprechend weder
Sanktion noch Druckmittel, sondern ein Ausgleich für die
Kapitalnutzung. Die Vollverzinsung hat keine zusätzliche
Lenkungsfunktion dahingehend, die Steuerpflichtigen dazu
anzuhalten, ihre Steuererklärungen frühzeitig abzugeben
oder etwaige Vorauszahlungen angemessen anzusetzen (vgl.
BVerfG-Beschluss in BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23, Rz 126). Die Regelung wirkt sowohl zugunsten (im Fall der
Steuererstattung) als auch zuungunsten (im Fall der
Steuernachforderung) der Steuerpflichtigen. Darauf, ob sie
tatsächlich einen Zinsvorteil oder -nachteil durch die
späte Steuerfestsetzung erzielt haben, kommt es nicht an. Auch
die Gründe für die späte Steuerfestsetzung und
insbesondere, ob die Steuerpflichtigen oder die Behörde hieran
ein Verschulden trifft, sind für die Anwendung des § 233a
AO unerheblich; die Vollverzinsung nach § 233a AO entsteht
unabhängig vom Verhalten der Steuerpflichtigen
(BVerfG-Beschluss in BGBl I 2021, 4303, NJW 2021, 3309 = SIS 21 14 23, Rz 7, m.w.N.).
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(b) Anders verhält es sich hingegen im
Hinblick auf die verschiedenen Funktionen der
Säumniszuschläge. Der im Vergleich zu den Zinsen doppelt
so hohe Säumniszuschlag ist in erster Linie ein Druckmittel
eigener Art zur Durchsetzung fälliger Steuern und erfüllt
primär eine pönale Funktion. § 240 AO verfolgt das
Ziel, den Bürger zur zeitnahen Erfüllung seiner
Zahlungsverpflichtungen anzuhalten und die Verletzung eben jener
Verpflichtung zu sanktionieren. Daneben ist der
Säumniszuschlag Gegenleistung bzw. Ausgleich für das
Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern und dient
letztlich auch dem Zweck, den Verwaltungsaufwand der
Finanzbehörden auszugleichen (vgl. BFH-Urteile vom 29.08.1991
- V R 78/86, BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906 = SIS 91 21 41,
unter B.II.2.a, m.w.N., und vom 30.03.2006 - V R 2/04, BFHE 212,
23, BStBl II 2006, 612 = SIS 06 23 05, unter II.2., m.w.N.;
BFH-Beschluss vom 02.03.2017 - II B 33/16, BFHE 257, 27, BStBl II
2017, 646 = SIS 17 04 51, Rz 32).
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Die Abschöpfung von
Liquiditätsvorteilen ist damit nicht Haupt-, sondern nur
Nebenzweck der Regelung (vgl. bereits den Gesetzgeber: BT-Drucks.
3/2573, S. 34, zu § 1 Abs. 1; BT-Drucks. 8/1410, S. 3 f.; vgl.
auch BVerfG-Kammerbeschluss vom 04.05.2022 - 2 BvL 1/22, Recht und
Schaden 2022, 460, Rz 31, zu in § 193 Abs. 6 Satz 2 des
Versicherungsvertragsgesetzes geregelten
Säumniszuschlägen). Es geht folglich nicht um einen
Vorteilsausgleich gegenüber anderen Steuerpflichtigen, sondern
lediglich als Nebenzweck um einen Ausgleich gegenüber der
Finanzverwaltung. Schon daran zeigt sich, dass die Sachverhalte
nicht vergleichbar sind.
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34
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Die Ausführungen des BVerfG, mit denen es
eine Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auf die anderen
Verzinsungstatbestände, namentlich auf Stundungs-,
Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234,
235 und 237 AO, abgelehnt hat, lassen sich zudem auch auf
Säumniszuschläge nach § 240 AO übertragen. Das
BVerfG hat insoweit dargelegt, dass bei diesen anderen
Verzinsungstatbeständen eine Verzinsung in der Regel erst nach
Fälligkeit erfolgte und dass die Steuerpflichtigen die
Entstehung dieser Zinsen jedenfalls bewusst in Kauf nähmen und
damit grundsätzlich die Wahl hätten, ob sie den
Zinstatbestand verwirklichten und den in § 238 Abs. 1 Satz 1
AO geregelten Zinssatz hinnähmen oder ob sie die Steuerschuld
tilgten und sich im Bedarfsfall die erforderlichen Geldmittel zur
Begleichung der Steuerschuld anderweitig zu zinsgünstigeren
Konditionen beschafften (BVerfG-Beschluss in BGBl I 2021, 4303, NJW
2021, 3309 = SIS 21 14 23, Rz 243). Diese Ausführungen gelten
beim Säumniszuschlag nach § 240 AO in gleicher Weise.
Auch dieser setzt Fälligkeit voraus und die Steuerpflichtigen
haben seine Entstehung bewusst in Kauf genommen. Mithin
unterscheiden sich die Sachverhalte zwischen
zinszahlungspflichtigen Steuerpflichtigen nach § 233a AO und
säumniszuschlagspflichtigen Steuerschuldnern nach § 240
AO auch insoweit.
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Allein der Umstand, dass bei
Säumniszuschlagspflichtigen anders als jetzt bei den
zinszahlungspflichtigen Steuernachzahlern das strukturelle
Niedrigzinsniveau seit 2014 nicht berücksichtigt wird,
genügt für eine Vergleichbarkeit der zwei Gruppen nicht
(so aber das Amtsgericht Wiesbaden in seinem (Vorlage-)Beschluss
vom 21.12.2021 - 92 C 1252/21 (13), juris, Rz 13, hinsichtlich
säumniszuschlagspflichtiger Versicherungsnehmer). Denn das
behandelt die eigentliche Frage nach der Rechtfertigung einer
Ungleichbehandlung bereits als Tatbestandsmerkmal der
Ungleichbehandlung.
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(3) Auch innerhalb der Gruppe der
Säumniszuschlagspflichtigen selbst ist keine
Ungleichbehandlung gegeben.
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Damit scheidet ein Verstoß gegen Art. 3
Abs. 1 GG aus.
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bb) Die Höhe des Säumniszuschlags
verletzt ferner nicht das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3
GG wegen eines Verstoßes gegen das
Übermaßverbot.
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(1) Der aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs.
3 GG folgende Anspruch des Steuerpflichtigen, nur im Rahmen der
verfassungsmäßigen Ordnung zur Leistung von Steuern und
steuerlichen Nebenleistungen herangezogen zu werden,
ermöglicht es ihm auch, hierbei die Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips einzufordern. Der
Steuerpflichtige darf nicht zu einer
unverhältnismäßigen Abgabe herangezogen werden
(BVerfG-Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2009 - 1 BvR 2539/07,
BFH/NV 2009, 2115 = SIS 09 34 42, unter III.1.b aa, m.w.N.).
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(2) Die Höhe des Säumniszuschlags
ist auch in einer Niedrigzinsphase durch den vom Gesetzgeber
intendierten Zweck der Norm gedeckt.
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Der historische Gesetzgeber begründete
die Höhe des Säumniszuschlags von einem Prozent pro
angefangenen Monat damit, dass der Säumniszuschlag dem Fiskus
zwar keine wirtschaftliche Entschädigung für die
Vorenthaltung des ihm geschuldeten Steuerbetrags gewähren,
sondern allein den rechtzeitigen Eingang der Steuern sicherstellen
solle. Dabei dürfe aber nicht die Höhe der Kreditkosten
außer Acht gelassen werden. Der Gesetzgeber führte aus,
der Säumniszuschlag dürfe nicht unter den Kosten für
Kredite liegen, da sonst die Gefahr bestehe, dass Steuerpflichtige
die Steuerzahlungen hinausschöben, weil diese Art der
Finanzierung billiger wäre als ein Kredit auf dem Geldmarkt
(BT-Drucks. 3/2573, S. 34). Anders als teilweise in der Literatur
angedacht (vgl. Seer, DB 2022, 1975, 1802 f.; Romswinkel, Der
Steuerberater - StB - 2021, 101, 104), orientiert sich die
Höhe des Säumniszuschlags also nicht an den Verzugszinsen
des BGB. Vielmehr führte der Gesetzgeber weiter aus, als
Vergleichsmaßstab für Säumniszuschläge
kämen die Kreditkosten für Kontoüberziehungen in
Betracht. Diese hätten im Herbst 1960 im Bundesgebiet
jährlich 11 % betragen (Monatsberichte der Deutschen
Bundesbank für Oktober 1960, S. 98). Unter diesen
Umständen erschien dem Gesetzgeber ein Zuschlag von einem
Prozent für jeden angefangenen Monat als angemessen
(BT-Drucks. 3/2573, S. 34). Von dieser Ausgangslage hat sich der
Zinssatz für Kontoüberziehungen bis heute - gerade im
Vergleich zu den sonstigen Zinsen - nicht in einem unangemessen
Umfang entfernt (vgl. z.B. BT-Drucks. 19/26890, S. 1, m.w.N.).
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42
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(3) Unabhängig von diesem
gesetzgeberischen Willen werden säumige Steuerpflichtige durch
die Höhe des Zuschlags nach § 240 AO nicht
unverhältnismäßig hoch belastet. Die
Gegenauffassung bringt vor, dass wegen der Verfassungswidrigkeit
der Zinshöhe nach §§ 233a, 238 AO und dem auch von
der Rechtsprechung anerkannten Zinscharakter des
Säumniszuschlags, der bei der Frage nach einem Erlass
gemäß § 227 AO im Falle der Überschuldung eine
Rolle spielt, auch der Säumniszuschlag nach § 240 AO
verfassungswidrig hoch sei. Die dabei vorgebrachten Argumente, die
den Säumniszuschlägen nicht nur einen (sekundären)
Zinscharakter attestieren, sondern sie (anteilsweise) als Zinsen
behandeln wollen, vermögen jedoch nicht zu
überzeugen.
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(a) Zur Begründung der
verfassungswidrigen Höhe der Säumniszuschläge wurden
diese letztlich als Zinsen definiert. Dazu wird angeführt,
Zinsen seien ein laufzeitabhängiges Entgelt für den
Gebrauch eines auf Zeit überlassenen oder vorenthaltenen
Geldkapitals. Säumniszuschläge fielen nur dann an, wenn
eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages
entrichtet werde. Damit sei ihr Anfall insgesamt auf die nicht
rechtzeitige Tilgung ausgerichtet, sodass es sich um ein
laufzeitabhängiges Entgelt für der Finanzbehörde
vorenthaltenes Geldkapital handele. Damit seien
Säumniszuschläge per definitionem Zinsen und zwar sogar
in vollem Umfang (Steck, DStZ 2019, 143, 146).
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44
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Diese Argumentation vermag jedoch nicht zu
überzeugen, denn sie berücksichtigt nicht die
Möglichkeit, dass einer im Fall der nicht fristgerechten
Zahlung geforderten zusätzlichen Leistung auch ein anderer
Zweck zukommen kann als eine bloße Entgeltfunktion. Aus dem
bloßen Umstand des Anfalls von Säumniszuschlägen
bei nicht fristgerechter Zahlung auf deren Charakter als Zinsen zu
schließen, wird der Intention des Gesetzgebers nicht gerecht
(s. oben 1.b bb (2)) und verkehrt den primären Zweck des
Säumniszuschlags, i.e. die Erzeugung von Druck auf die
Steuerpflichtigen, die Steuer bis zur Fälligkeit zu zahlen, in
ihr genaues Gegenteil, nämlich jemandem Geld zu
überlassen und dafür einen Ausgleich zu erhalten. Der
Grund, weshalb allein aus der Säumnis darauf geschlossen
können werden soll, dass es sich um Entgelt handelt, wird
dementsprechend nicht erklärt, sondern vorausgesetzt. Es
handelt sich somit um einen Zirkelschluss.
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45
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(b) Zudem dürfen Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis nach der ausdrücklichen
gesetzlichen Regelung in § 233 Satz 1 AO nur verzinst werden,
soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Vorschrift des
§ 240 AO ist hier nicht zu verorten.
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46
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Auch hier vermögen die Gegenargumente
nicht zu überzeugen. Zwar sind die Vorschriften über
Zinsen und Säumniszuschläge im selben (Haupt-)Abschnitt
enthalten. Der Säumniszuschlag ist aber in einem eigenen
Unterabschnitt im Zweiten Abschnitt „Verzinsung,
Säumniszuschläge“ des
Fünften Teils der AO
„Erhebungsverfahren“ geregelt und
gerade nicht als Zinstatbestand im Unterabschnitt
„Verzinsung“. Den verschiedenen
Regelungen in diesem Hauptabschnitt lässt sich kein
systematischer Zusammenhang dahingehend entnehmen, dass Zinsen und
Säumniszuschläge wesentlich mehr verbindet, als dass es
sich um steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 Nrn. 4 und 5
AO) im Rahmen der Erhebung handelt. Bereits der Vergleich der
anderen AO-Abschnitte mit den verbindenden Elementen ihrer
jeweiligen Unterabschnitte zeigt, dass in den Unterabschnitten der
jeweiligen Abschnitte nicht ähnliche Fragen behandelt werden,
z.B. im Fünften Teil
„Erhebungsverfahren“, Erster
Abschnitt mit den Unterabschnitten 1. „Verwirklichung und
Fälligkeit von Ansprüchen aus dem
Steuerschuldverhältnis“, 2.
„Zahlung, Aufrechnung und Erlass“
und 3.
„Zahlungsverjährung“.
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Soweit nach dem BFH (Urteil in BFHE 165, 178,
BStBl II 1991, 906 = SIS 91 21 41, unter B.II.2.a; ebenso
BFH-Urteil vom 22.01.1993 - III R 92/89, BFH/NV 1993, 455, unter
Entscheidungsgründe 2.c in den Normen § 240 AO -
Säumniszuschläge -, § 234 AO - Stundungszinsen - und
§ 237 AO - Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung - ) zum
Ausdruck kommt, dass die Finanzbehörde von dem in den
§§ 240 und 361 Abs. 1 AO niedergelegten Grundsatz, wonach
festgesetzte Steuerschulden bei Fälligkeit zu zahlen sind,
nicht ohne eine Gegenleistung des Zahlungspflichtigen absehen kann
und darin einen systematischen Zusammenhang zwischen diesen drei
Normen erkannt hat, handelt es sich nicht um einen systematischen
Zusammenhang zwischen §§ 233 ff. AO und § 240 AO in
dem Sinne, dass Säumniszuschläge Zinsen i.S. des §
233 Satz 1 AO sind (vgl. ferner Loose in Tipke/Kruse, § 240 AO
Rz 1; Beschlüsse des FG Münster vom 29.05.2020 - 12 V
901/20 AO, EFG 2020, 1053 = SIS 20 20 29, Rz 34, und vom 16.05.2022
- 5 V 507/22, EFG 2022, 1357 = SIS 22 11 26, Rz 40). Denn
einerseits hat der BFH in diesem Urteil fortgeführt, dass nach
der Entscheidung des Gesetzgebers folglich bei nicht rechtzeitiger
Zahlung entweder Stundungszinsen, Aussetzungszinsen oder
Säumniszuschläge anfallen sollen und verwirkte
Säumniszuschläge an die Stelle von Stundungs- oder
Aussetzungszinsen treten. Das entspricht hinsichtlich der
Säumniszuschläge dem oben dargestellten Nebenzweck des
§ 240 AO, aus dem allein sich aber nicht ergibt, dass
Säumniszuschläge Zinsen i.S. des § 233 AO sind.
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Auch aus dem Umstand, dass § 233 Satz 1
AO nur verlangt, dass die Verzinsung von Ansprüchen aus dem
Steuerschuldverhältnis gesetzlich
„vorgeschrieben“ sein muss, ohne
den Unterabschnitt „Verzinsung“
ausdrücklich in Bezug zu nehmen, lässt sich nicht
schließen, dass die Zinstatbestände der §§
233a bis 237 AO keinen abschließenden Katalog bilden und es
sich bei Säumniszuschlägen um Zinsen handelt. Auch die
Existenz anderer Zinsvorschriften außerhalb der AO, z.B. in
§ 28 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, §
12 des Investitionszulagengesetzes 2010 und § 111 des mit
Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft getretenen
Branntweinmonopolgesetzes, spricht nicht zwingend dagegen, dass der
Katalog der Zinstatbestände der §§ 233a bis 237 AO
als abschließend betrachtet werden kann (a.A. Steck, DStZ
2019, 143, 147 f.). Zwar führt Steck an, dass Steuergesetze
nicht den Begriff „Zinsen“
gebrauchen müssen, um (jedenfalls auch) Zinsen zu meinen, und
verweist zur Begründung auf § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes, dessen dortige Umschreibung Zinsen erfasse
(Steck, DStZ 2019, 143, 147 f.). In dieser Norm wird jedoch
ausdrücklich vorausgesetzt, dass es sich bei den
angesprochenen Zinsen um ein Entgelt handeln muss. Wie bereits
dargelegt, kommen den Säumniszuschlägen jedoch andere
Funktionen als eine reine Entgeltfunktion zu. Gerade die
Formulierungen „Zinsersatz“,
„Zinscharakter“ und andere in der
Literatur und Rechtsprechung zur Bezeichnung von
Säumniszuschlägen verwendete Begriffe zeigen, dass es
sich bei Säumniszuschlägen um Nebenleistungen handelt,
die zwar Eigenschaften von Zinsen teilen, aber selbst gerade keine
Zinsen sind.
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(c) Auch kann ein Zinsanteil nicht daraus
hergeleitet werden, dass im Falle der Hinterziehung von Steuern
Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 3 Satz 2 AO nicht
für Zeiträume festgesetzt werden, für die ein
Säumniszuschlag verwirkt wurde. Denn diese Anrechnung erfolgt
nicht aus dem Gedanken heraus, dass Zinsen nicht zwei Mal berechnet
werden sollen, sondern aus Gründen des
Übermaßverbots zur Vermeidung einer
Belastungskumulation; der Steuerschuldner soll nicht doppelt
belastet werden mit einerseits (Hinterziehungs-)Zinsen und
andererseits Säumniszuschlägen.
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50
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(d) Des Weiteren lässt sich beim
Säumniszuschlag auch kein konkreter Anteil bestimmen, der als
Zins behandelt werden könnte.
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51
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Für die Annahme eines verfassungswidrig
überhöhten und nicht mehr realitätsgerecht
typisierenden Zinsanteils bedürfte es der Festlegung auf einen
bestimmten prozentualen Zinsanteil als Maßstab. Einen solchen
Anteil haben weder der Gesetzgeber noch die Rechtsprechung dem
Säumniszuschlag bisher zugewiesen. Vielmehr hat die
Rechtsprechung im Rahmen der Ermessensentscheidung über einen
Billigkeitserlass von Säumniszuschlägen bei
Zahlungsunfähigkeit dem Druckmittelcharakter der
Säumniszuschläge einen Anteil von 50 % zugemessen
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 14.01.2002 -
XI B 146/00, juris, unter Entscheidungsgründe 3.). Aus dieser
Aufteilung des Säumniszuschlags im Rahmen der eigenen
rechtlichen Grundsätze folgenden Gewährung einer
Billigkeitsmaßnahme kann jedoch nicht generell ein fester -
typisierter - Zinsanteil von 6 % hergeleitet werden. So hatte diese
Aufteilung ihren Grund nicht darin, dass die Rechtsprechung den
Säumniszuschlag in dieser Höhe als Zins ansah. Vielmehr
sah sie in einem Fall, in dem auf Antrag eine Stundung der Steuer
möglich oder geboten gewesen wäre, einen Teilerlass als
ermessensgerecht an, weil dadurch der Nebenzweck der Gegenleistung
berücksichtigt werde (Senatsurteil vom 26.04.1988 - VII R
127/85, BFH/NV 1989, 71 = SIS 88 23 56, unter II.), und hat als
Maßstab für den Teilerlass die Stundungs- oder
Aussetzungszinsen herangezogen. Damit wollte die Rechtsprechung
eine Gleichbehandlung von vergleichbaren Sachverhalten
sicherstellen: Der säumige Schuldner sollte jedenfalls in der
Höhe durch Säumniszuschläge belastet bleiben, in der
im Falle der Aussetzung oder Stundung Zinsen angefallen wären
(BFH-Urteil in BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906 = SIS 91 21 41,
unter B.II.2.b, m.w.N.). Der hälftige Erlass beruhte also
nicht auf der Annahme, der Zinscharakter der
Säumniszuschläge sei mit einem bestimmbaren Anteil und
damit in einer konkreten Höhe anzusetzen oder dass die
Verzinsung nach der AO generell mit 6 % p.a. erfolge und daher auch
in den Säumniszuschlägen ein entsprechender Zinsanteil
enthalten sei (so aber z.B. Romswinkel, StB 2021, 101, 102).
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52
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Lässt sich danach ein fester und
typisierender Zinssatz der Regelung in § 240 AO nicht
entnehmen, sondern kommt der Norm neben ihrem primären
Sanktionszweck für die nicht rechtzeitige Leistung - lediglich
- auch ein Zinscharakter zu, fehlt es damit aber an einer festen
Größe eines Zinssatzes, die auf ihre Angemessenheit hin
überprüft werden könnte. Nach alldem scheidet eine
(anteilige) Behandlung des Säumniszuschlags als Zins aus.
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53
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(e) Da also ein konkreter Zinsanteil dem
Säumniszuschlag nach § 240 AO nicht immanent ist, kann
sich die Verfassungswidrigkeit nur aus seiner Höhe von einem
Prozent für jeden angefangenen Monat der Säumnis ergeben.
Ein solcher ist bereits allein zur Erzwingung der rechtzeitigen
Zahlung der fälligen Steuer und zur Abgeltung des
Verwaltungsaufwands verhältnismäßig und daher
verfassungsrechtlich unbedenklich. Dabei ist zu beachten, dass dem
Gesetzgeber hinsichtlich des Übermaßes einer Beschwer
ein Wertungsspielraum zur Verfügung steht. Gerade die
Ausführungen des historischen Gesetzgebers machen deutlich,
dass er sich dieses Spielraums bewusst war und ihn nicht
überschritten hat (s. oben). Dass die Höhe von einem
Prozent pro angefangenen Monat an sich
verhältnismäßig ist, wird dementsprechend nicht
bezweifelt (vgl. z.B. Beschluss des FG München vom 13.08.2018
- 14 V 736/18, EFG 2018, 1608 = SIS 18 13 55; Heuermann in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 240 AO Rz 19; Lemaire in:
Kühn/v. Wedelstädt, 22. Aufl., AO, § 240 Rz 1; Seer,
DB 2022, 1795, 1803; Steck, DStZ 2019, 143, 150).
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Unbilligen Härten im Einzelfall kann
lediglich durch (Teil-)Erlass nach § 227 AO begegnet werden
(vgl. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 29.04.2022 - 14 B 403/22, Zeitschrift
für Kommunalfinanzen 2022, 216, Rz 8). Ob ein Erlass von 6 %
nach § 227 AO im Falle der Überschuldung angesichts eines
Niedrigzinsniveaus verfassungsgemäß ist, kann im
vorliegenden Verfahren nicht überprüft werden. Bei einer
solchen Fragestellung wäre jedoch auch in die Erwägung
einzubeziehen, dass sich der Beschluss des BVerfG nur auf den
Zinstatbestand nach § 233a AO bezogen hat.
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cc) Nach alldem erstreckt sich die
Duldungsverpflichtung zutreffend auch auf
Säumniszuschläge.
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2. Es liegt auch eine Rechtshandlung nach
§ 1 AnfG vor.
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57
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a) Eine Rechtshandlung im Sinne dieser
Vorschrift ist jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln oder
Unterlassen, das rechtliche Folgen hat bzw. rechtliche Wirkungen
auslöst (vgl. Senatsurteile vom 02.11.2010 - VII R 6/10, BFHE
231, 488, BStBl II 2011, 374 = SIS 11 01 56, Rz 25, m.w.N., und vom
25.04.2017 - VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 11;
Huber, AnfG, 12. Aufl., § 1 Rz 5; Jatzke in Gosch, AO §
191 Rz 15). Nach Sinn und Zweck des Gesetzes genügt es
für die Annahme einer Rechtshandlung, dass das Gesetz an die
konkrete Willensbetätigung eine Rechtswirkung knüpft.
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58
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Auch die Übertragung einer formellen
Rechtsposition durch Einzahlung auf ein als Eigen-, nicht als
Anderkonto geführtes Bankkonto eines anderen sowie die
Aufforderung an einen Drittschuldner, mit schuldbefreiender Wirkung
auf ein derartiges Konto zu leisten, stellt eine Rechtshandlung
i.S. des § 1 AnfG dar (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297
= SIS 17 15 57).
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59
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b) Im Streitfall hat der Steuerschuldner nach
diesen Grundsätzen Rechtshandlungen i.S. des § 1 Abs. 1
AnfG vorgenommen, indem er seine Geschäftspartner und Kunden
(Drittschuldner) angewiesen hat, die ihm geschuldeten Beträge
auf das Konto der Klägerin zu überweisen, und damit
dafür gesorgt hat, dass jedenfalls im
Außenverhältnis Forderungen des Kontoinhabers - der
Klägerin - gegen die Bank entstanden sind.
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60
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3. Die für eine Anfechtung nach
§§ 1 ff. AnfG erforderliche objektive
Gläubigerbenachteiligung ist ebenfalls gegeben.
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61
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a) Ob eine objektive
Gläubigerbenachteiligung vorliegt, ist isoliert mit Bezug auf
die Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der
Passiva des Schuldners zu beurteilen. Eine Vorteilsausgleichung
findet dabei grundsätzlich nicht statt; zu
berücksichtigen sind lediglich solche Folgen, die an die
angefochtene Rechtshandlung selbst anknüpfen (Senatsurteil in
BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 12, m.w.N.). Eine dauerhafte
Entreicherung des Schuldners oder dauerhafte Bereicherung des
Anfechtungsgegners wird nicht vorausgesetzt (Umkehrschluss zu
§ 11 Abs. 2 AnfG; Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 12, m.w.N.).
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62
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Wird ein pfändbarer Auszahlungsanspruch
gegen ein Kreditinstitut oder sonstige Drittschuldner in ein formal
einem Dritten zustehendes Kontoguthaben überführt, liegt
regelmäßig eine Gläubigerbenachteiligung vor. Ob
die Drittschuldner Kenntnis davon haben, auf wessen Namen das Konto
geführt wird, ist nicht von Belang. Auch eine etwaige
Rechtsgrundlosigkeit der an den Kontoinhaber bewirkten Zahlungen
steht einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen. Durch die
anschließende Auszahlung an den Schuldner, d.h. den Umtausch
des auf den Namen eines Dritten lautenden Kontoguthabens in einen
für die Gläubiger nur schwer ausfindig zu machenden
Bargeldbetrag oder durch die Weiterüberweisung an einen
anderen Gläubiger wird die Gläubigerbenachteiligung nicht
rückgängig gemacht (vgl. BGH-Urteile vom 26.04.2012 - IX
ZR 74/11, BGHZ 193, 129 = SIS 12 25 35, Rz 12; vom 10.09.2015 - IX
ZR 215/13, DB 2015, 2439, Rz 15 f., und vom 07.09.2017 - IX ZR
224/16, DB 2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 11).
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63
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b) Nach diesen Grundsätzen hatten die vom
Steuerschuldner bewirkten Überweisungen der ihm zustehenden
Geldbeträge auf das Konto der Klägerin eine objektive
Gläubigerbenachteiligung zur Folge, weil seine Gläubiger
das Guthaben nicht mehr ohne Weiteres aufgrund eines gegen ihn
gerichteten Vollstreckungstitels pfänden konnten (ebenso
Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, m.w.N.). Denn
jedenfalls im Außenverhältnis bestanden nur noch
Forderungen der Klägerin gegen die Bank.
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64
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4. Auch stellten die Überweisungen der
Kunden des Steuerschuldners auf das Konto der Klägerin eine
nach § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbare Rechtshandlung dar.
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a) Nach dieser Vorschrift ist eine
Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn
Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine
Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der
Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
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b) Der Steuerschuldner hat mit
Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt.
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aa) Die Gläubigerbenachteiligung muss
nicht das Ziel des Schuldners sein. Falls das Handeln des
Schuldners auf einen anderen Zweck gerichtet ist, genügt es
für eine entsprechende Absicht, wenn der Schuldner eine
Gläubigerbenachteiligung als mögliche Folge seines
Vorgehens erkennt und billigend in Kauf nimmt (BGH-Urteil vom
17.12.1998 - IX ZR 196/97, NJW 1999, 1395, unter
Entscheidungsgründe III.2., m.w.N.).
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68
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bb) Das FG hat die
Gläubigerbenachteiligungsabsicht zutreffend bejaht, weil dem
Steuerschuldner nach den bindenden Feststellungen des FG bewusst
war, dass er Steuerschulden hatte und dass seine Konten wegen
dieser Steuerschulden gepfändet worden waren. Er nutzte das
Konto der Klägerin, weil er über andere Konten nicht mehr
verfügen konnte. Damit hat er zumindest billigend in Kauf
genommen, dass die auf das Konto eingezahlten Beträge dem
Zugriff des FA entzogen wurden.
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69
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c) Des Weiteren hatte die Klägerin von
der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Steuerschuldners
Kenntnis i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG.
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70
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aa) Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners hat
der Anfechtungsgegner, wenn er hiervon sicher wusste, also sowohl
die Gläubigerbenachteiligung als auch den darauf gerichteten
Willen des Schuldners erkannt hat [MüKoAnfG/Weinland, AnfG
§ 3 Rz 29, (2. Aufl. 2022)]. Grob fahrlässige Unkenntnis
steht der Kenntnis nicht gleich (vgl. BGH-Urteil vom 10.07.2014 -
IX ZR 50/12, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht - ZIP - 2014,
1639, Rz 20; Uhlenbruck/Borries/Hirte, Insolvenzordnung, 15. Aufl.,
§ 133 Rz 51; Huber, a.a.O., § 3 Rz 27). Dabei finden die
Grundsätze des § 166 BGB auch im Rahmen von § 3 Abs.
1 AnfG Anwendung.
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71
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(1) Nach § 166 Abs. 1 BGB kommt nicht die
Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht,
soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch
Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das
Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden. Diese
Regelung findet ihre Rechtfertigung in dem Gedanken der
Zurechenbarkeit. Die Zurechnung des Wissens eines Vertreters setzt
voraus, dass der Schuldner bei der anfechtbaren Rechtshandlung
(auch) in Vertretung für den Anfechtungsgegner gehandelt hat
(vgl. BGH-Urteil in BGHZ 83, 293, und Senatsurteil vom 22.06.2004 -
VII R 16/02, BFHE 206, 217, BStBl II 2004, 923 = SIS 04 35 58) oder
zumindest allgemein mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten
betraut war. Deshalb kommt der Rechtsgedanke des § 166 BGB
insbesondere dann zum Tragen, wenn der Kontoinhaber dem Schuldner
das Konto unter Erteilung einer Kontovollmacht für die
Abwicklung von dessen Geldgeschäften überlassen hat
(Senatsurteil in BFHE 270, 7, BStBl II 2021, 191 = SIS 20 19 13, Rz
45). In seinem Urteil in BFHE 270, 7, BStBl II 2021, 191 = SIS 20 19 13 hat der erkennende Senat unter der Rz 45 aber auch diejenigen
Fälle aufgeführt, in denen der Kontoinhaber bewusst die
Augen vor einer derartigen Nutzungsmöglichkeit verschlossen
hat (unter Verweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts Köln
vom 12.01.1998 - 16 U 72/97, NJW 1998, 2909).
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72
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(2) Auch wenn die Vorsatzanfechtung nach
§ 3 AnfG eine positive Kenntnis des Anfechtungsgegners
voraussetzt und ein Kennenmüssen, auch grob fahrlässige
Unkenntnis, dafür nicht ausreicht, so schließt das nicht
zwingend aus, im Rahmen des § 3 AnfG eine Wissenszurechnung
nach § 166 Abs. 1 BGB vorzunehmen. Gegen eine Übertragung
der in § 166 Abs. 1 BGB getroffenen Regelung auf § 3 AnfG
ließe sich zwar einwenden, dass
„Kenntnis“ ein tatsächlich
vorhandenes Wissen voraussetzt, während
„Kennenmüssen“ auf einer
Wertung beruht, und dass ein Rückgriff auf § 166 Abs. 1
BGB die Grenze zwischen
„Kenntnis“ und
„Kennenmüssen“ verwische,
weil eine Wissenszurechnung nach dieser Vorschrift ebenfalls eine
normative Wertung voraussetzt. Doch ist zu berücksichtigen,
dass die Besonderheit der in § 166 Abs. 1 BGB getroffenen
Regelung darin besteht, dass das Wissen tatsächlich vorhanden
und wegen des arbeitsteiligen Vorgehens lediglich
„verlagert“ wird. Insofern liegt
ein reales Wissen (an einer anderen Stelle) vor. Die Zuordnung des
Wissens zum Geschäftsherrn erfolgt, weil er seine eigene
Kenntnis durch mangelnde organisatorische Maßnahmen
verhindert hat und sich darauf nicht berufen können soll.
Für den Anwendungsbereich des § 166 Abs. 1 BGB ist die
Differenzierung ohne Folgen, da die Zurechnung in beiden
Fällen erfolgt. Wesentlich ist die Unterscheidung jedoch bei
Regelungen, die nur bei Kenntnis, nicht aber bei fahrlässiger
Unkenntnis des Vertretenen eingreifen. Bei diesen Regelungen kann
es im Rahmen der Wissenszurechnung und unter Berücksichtigung
der Durchsetzung eines rechtsethischen Minimalstandards und von
evtl. entgegenstehenden Verkehrsschutzerwägungen erforderlich
sein, nach Maßgabe des Normzwecks der anzuwendenden Norm, die
Wissenszurechnung einzuschränken (vgl. hierzu
MüKoBGB/Schubert, 9. Aufl., § 166 Rz 58 ff., 66).
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73
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(3) Sinn und Zweck des § 3 AnfG ist es,
auf sozial inadäquates Verhalten des Schuldners zu reagieren,
das den anfechtungsberechtigten Gläubiger durch Vereitelung
von Zugriffschancen benachteiligt hat und dem
bösgläubigen Anfechtungsgegner, der keinen
Vertrauensschutz verdient, zugutegekommen ist. Ziel ist mithin die
Rückabwicklung einer Gläubigerbenachteiligung, die aus
Rechtshandlungen des Schuldners resultiert, die dieser im
Zusammenwirken mit Dritten vornimmt. In solchen Fällen muss
das Vertrauen des Empfängers auf den Erhalt der
Vermögensverschiebung zurücktreten, da andere
Gläubiger berechtigt auf die Redlichkeit des
Geschäftsgebarens vertrauen können. Folglich verdient ein
Rechtserwerb, der auf einer vorsätzlichen
Gläubigerbenachteiligung durch den Schuldner beruht,
gegenüber dem Interesse des anfechtenden Gläubigers an
der vereitelten Zugriffsmöglichkeit auf das haftende
Schuldnervermögen dann keinen Schutz, wenn der Erwerber den
Vorsatz kannte (vgl. BGH-Urteil vom 23.10.2008 - IX ZR 202/07, ZIP
2008, 2272, unter II.2.c bb (1); Lutz/Haertlein in
Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, AnfG
§ 3 Rz 1; ähnlich MüKoAnfG/Weinland, AnfG § 3
Rz 1, (2. Aufl. 2022); ferner Bork in
Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 133 Rz 2, m.w.N.;
Schäfer in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 3.
Aufl. 2017, § 133 InsO Rz F7).
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74
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(4) Basierend auf diesem Zweck überwiegen
in einem Fall, in dem ein Ehegatte dem anderen Ehegatten
Kontovollmacht über sein Konto erteilt und sich danach nicht
weiter um das Konto kümmert bzw. den Gebrauch der Vollmacht
durch den anderen Ehegatten nicht kontrolliert, die
Verkehrsschutzerwägungen. Dieses Ergebnis der
Wissenszurechnung bei § 3 Abs. 1 AnfG hält sich im Rahmen
des allgemeinen Rechtsgedankens, dass derjenige, der sich bei der
Erledigung bestimmter Angelegenheiten eines Vertreters bedient, die
in diesem Rahmen vom Vertreter erlangte Kenntnis als eigene gegen
sich gelten lassen muss, sich also nicht auf eigene Unkenntnis
berufen kann (BGH-Urteil vom 01.03.1984 - IX ZR 34/83, NJW 1984,
1953, unter 3.b, m.w.N.), und berücksichtigt auch das
Näheverhältnis zwischen den Eheleuten.
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Eine Verletzung des Schutzes der Ehe nach Art.
6 Abs. 1 GG liegt hierin nicht. Eine Wissenszurechnung erfolgt bei
Ehegatten nicht per se, sondern es bedarf einer bewussten und
willentlichen Einschaltung des anderen Ehepartners in der Rolle des
Vertretenden. Die Wissenszurechnung knüpft an die
Möglichkeit an, von bestimmten Umständen Kenntnis zu
haben, und nicht an die familienrechtliche Beziehung [vgl.
MüKoBGB/Schubert, a.a.O., § 166 Rz 119; vgl. ferner
§ 3 Abs. 4 AnfG, der ausdrücklich an ein
Näheverhältnis der beteiligten Personen anknüpft, da
diese regelmäßig die wirtschaftlichen Schwierigkeiten
des Schuldners leichter erkennen und seine Pläne besser
durchschauen können und ihre Verbundenheit ein Anreiz ist, sie
zulasten anderer Gläubiger zu begünstigen,
MüKoAnfG/Weinland, AnfG § 3 Rz 1, (2. Aufl. 2022)].
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(5) Die Gegenmeinung, nach der die
Wissenszurechnung nicht über die Grenzen der Vertretungsmacht
hinausgehen kann, weil die analoge Anwendung des § 166 BGB aus
dem Regelungszusammenhang des Vertretungsrechts gerissen würde
(vgl. Häsemeyer, Juristische Schulung 1984, 176, 179 f.),
überzeugt nicht. Häsemeyer führt aus (S. 179), die
übertragene Tätigkeit sei ausschließlich
arbeitsorganisatorisch, also im Verhältnis zum Auftraggeber
begrenzt. Diese Begrenzung müsse auf das Verhältnis zu
Dritten übertragen werden, wenn dem Wissensvertreter nicht -
im Widerspruch zu der Vertretungsregelung - eine unbeschränkte
Rechtsmacht zuwachsen solle.
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Das übersieht, dass die Zurechnung des
Wissens eines Wissensvertreters anderen Grundsätzen als die
Wissenszurechnung eines Vertreters bei Abschluss eines
Rechtsgeschäfts folgt (vgl. Erman/Maier-Reimer/Finkenauer,
BGB, 16. Aufl., § 166 Rz 24). Der analogen Anwendung von
§ 166 BGB ist immanent, dass die Vertretungsmacht fehlt; nach
dem BGH ist dieser Vorschrift der allgemeine Rechtsgedanke zu
entnehmen, dass sich - unabhängig von einem
Vertretungsverhältnis - derjenige, der einen anderen mit der
Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung
betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen
lassen muss (BGH-Urteil in BGHZ 83, 293, unter III.3.a); derjenige,
dem das Wissen des Handelnden zuzurechnen ist, hat den Impuls
für die Zurechnung gesetzt, indem er den Wissensvertreter in
einer arbeitsteiligen Welt zu seiner Erleichterung für seine
Angelegenheiten eingesetzt hat. Damit muss er auch das Risiko, das
eine solche Aufgabendelegierung beinhaltet, tragen.
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(6) Ferner sprechen auch die Grundsätze
der Anscheinsvollmacht nicht gegen, sondern im Gegenteil für
eine solche Wissenszurechnung. Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben,
wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt,
er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte
erkennen und verhindern können, und wenn der
Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und
billige das Handeln des Vertreters (BGH-Urteil vom 11.05.2011 -
VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346, Rz 16, m.w.N.). Hier ist folglich
eine Sorgfaltspflichtverletzung Grund der Zurechnung. Das
entspricht den Voraussetzungen der Wissenszurechnung einer
tatsächlich vorhandenen Kenntnis. Zudem gilt auch bei der
Vollmachtüberschreitung in besonderen Fällen, dass sich
der Vertretene wegen mangelnder Überwachung nach § 242
BGB nicht auf die Vollmachtüberschreitung berufen darf (vgl.
Grüneberg/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 81.
Aufl., § 167 Rz 10, m.w.N.).
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(7) Auch die Berücksichtigung der
Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen bei der Zurechnung
des Wissens der Eltern führt zu keinem anderen Ergebnis. Im
Rahmen der Erörterung der
„Anforderungen an den Nachweis der Kenntnis von der
Gläubigerbenachteiligungsabsicht“
führt Haunhorst in DStR 2014, 1451 (1454) hierzu aus, wenig problematisch seien die
Fälle, in denen Eltern das Konto ihres minderjährigen
Kindes nutzten. Denn hier müsse sich der minderjährige
Kontoinhaber die bei seinem Elternteil als seinem gesetzlichen
Vertreter vorhandene Gläubigerbenachteiligungsabsicht
zurechnen lassen (§ 166 Abs. 1 BGB, § 1629 Abs. 1 Satz 1
BGB; vgl. ferner Senatsurteil in BFHE 206, 217, BStBl II 2004, 923
= SIS 04 35 58, unter Entscheidungsgründe 2.a). Den sich
insoweit ergebenden Widerstreit zwischen den Regeln des
Anfechtungsrechts und den Bestimmungen zum Schutz
Geschäftsunfähiger bei der Teilnahme am Rechtsverkehr
löse der BFH nicht auf der Ebene des Primäranspruchs,
sondern im Rahmen von § 11 AnfG. Deutlich schwieriger sei der
Nachweis hingegen bei sonstigen Kontoinhabern. Eine
Wissenszurechnung nach § 166 BGB analog unabhängig von
einer gesetzlichen Vertretung genüge den strengen gesetzlichen
Nachweisanforderungen nicht.
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Nach dieser Auffassung würden bei der
Vollmachterteilung, bei der sich der Vollmachtgeber aktiv den
Vollmachtnehmer aussucht, strengere Zurechnungsregeln gelten als
bei der gesetzlichen Vertretung Minderjähriger, obwohl das
Schutzbedürfnis bei Letzteren als höher zu werten ist.
Aus welchem Grund die „strengen gesetzlichen
Nachweisanforderungen“ nur bei
rechtsgeschäftlich erteilter Vertretung gelten sollen, bleibt
ebenso unbeantwortet wie die Frage, weshalb bei gesetzlicher
Vertretung § 11 AnfG den maßgeblichen
Prüfungsrahmen zum Schutz des Wissensvertretenen bildet, bei
rechtsgeschäftlich erteilter Vertretung hingegen nicht.
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Inzwischen lässt der BGH bei
Minderjährigen, die auf die von ihren Eltern veranlassten
Kontobewegungen nicht den geringsten Einfluss nehmen können,
die Vorsatzanfechtung selbst ausscheiden (vgl. BGH-Urteil in DB
2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 28 f.). Selbst wenn danach bei
Minderjährigen bereits eine Wissenszurechnung der Eltern im
Rahmen der Vorsatzanfechtung ausscheiden sollte, führte das
dennoch nicht dazu, auch bei rechtsgeschäftlich erteilter
Vollmacht ebenso eine Anwendung des § 166 BGB analog
abzulehnen. Denn die neue BGH-Rechtsprechung dient
ausschließlich dem Schutz von Minderjährigen und beruht
nur auf der Tatsache, dass ein Minderjähriger der Nutzung
seines Kontos als Zahlstelle durch die Eltern nicht entgegentreten
kann.
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bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist
das FG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin
Kenntnis i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG von der
Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Steuerschuldners
hatte.
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So hat das FG die Kenntnis der Klägerin
von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners im
Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung aus deren Wissen um
die seit 1999 bestehenden Steuerschulden ihres Ehemannes und die
daraus resultierenden finanziellen Schwierigkeiten der Familie,
insbesondere der Pfändung ihres eigenen Lohnanspruchs im Jahr
2012, der Notwendigkeit, sich bei Verwandten Geld zu leihen, und
der Auflösung ihres Riester-Vertrags, abgeleitet.
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Zutreffend hat das FG ferner ausgeführt,
dass der Klägerin die Kenntnis ihres Ehemannes nach § 166
Abs. 1 BGB zuzurechnen ist. In Bezug auf das Vorliegen einer
eigenen, positiven Kenntnis ließ das FG nach dem Ergebnis der
durchgeführten Beweisaufnahme und Anhörung der
Klägerin zwar offen, ob die Klägerin selbst positive
Kenntnis von der Nutzung des Kontos für die eigenen
Geschäfte des Steuerschuldners hatte; jedoch ist der
Klägerin das Wissen des Steuerschuldners entsprechend dem
Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Denn indem
sie, aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit nach ihren eigenen
Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG in
Finanzangelegenheiten erfahren war, ihrem Ehemann ca. ein halbes
Jahr nach Eröffnung ihres Kontos bei der R-Bank Kontovollmacht
erteilt hatte und sich nach Eröffnung eines weiteren Kontos
bei der T-Bank über viele Jahre um das Konto bei der R-Bank
nicht mehr kümmerte, hat sie ihren Ehemann mit der Erledigung
ihrer eigenen Angelegenheiten in seiner Verantwortung betraut, ohne
das Konto bei der R-Bank weiter im Blick zu haben. Dabei gab es
zahlreiche Hinweise beispielsweise aufgrund der vom Steuerschuldner
über das streitgegenständliche Konto geleisteten
Zahlungen (wie z.B. für die Aufenthalte in den Niederlanden
oder für den Erwerb eines Fahrrads), dass die finanzielle
Situation des Steuerschuldners deutlich besser war, als von der
Klägerin (angeblich) angenommen; aufgrund des
Näheverhältnisses zwischen Steuerschuldner und
Klägerin hat sie von den Einnahmen in großem Maße
profitiert (sei es direkt oder indirekt). Der Klägerin als
Vollmachtgeberin wird mit der Obliegenheit, dass sie die Verwendung
der dem Ehemann erteilten Kontovollmacht in irgendeiner Form
kontrollieren muss, um eine Wissenszurechnung nach § 166 BGB
zu umgehen, auch nichts Unzumutbares abverlangt (vgl. insoweit
MüKoBGB/Schubert, a.a.O., § 166 Rz 67). Denn im
Streitfall lagen in der Wohnung einzelne, an sie adressierte
Kontoauszüge herum. Zudem hätte sie die Kontoauszüge
auch direkt bei der Bank anfordern können.
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d) Die dem Steuerschuldner nach dem
Duldungsbescheid zuzurechnenden Einzahlungen und Überweisungen
auf das Konto der Klägerin sind innerhalb der Frist von zehn
Jahren nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG erfolgt.
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5. Die Klägerin ist nach § 11 Abs. 1
Satz 2 AnfG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292, 989
BGB zum Wertersatz in Höhe von 40.874,17 EUR verpflichtet. Der
Anspruch ist nicht davon abhängig, ob der Anfechtungsgegner
(auf Dauer) bereichert ist (Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 19).
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6. Schließlich sind auch keine
Ermessensfehler bezüglich der Inanspruchnahme der
Klägerin ersichtlich.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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