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I. Streitig ist, ob das Wohnsitzfinanzamt
den Einkommensteuerbescheid eines Arbeitnehmers nach § 173
Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ändern darf, obwohl eine
positive Anrufungsauskunft im Lohnsteuerabzugsverfahren die
Vorgehensweise des Arbeitgebers erlaubte, und ob sich das
Wohnsitzfinanzamt Kenntnisse seiner vorgesetzten Behörde oder
einer zentralen Außenprüfungsstelle zurechnen lassen
muss.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist Angestellter der A-GmbH. Er wurde im Streitjahr
2006 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der
Einkommensteuerbescheid für 2006 wurde am 16.7.2007
erklärungsgemäß erlassen.
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Die A-GmbH war zunächst Mitglied der
Zusatzversorgungskasse (ZVK) der Stadt X. Mit der Mitgliedschaft
verfolgte sie den Zweck, ihren Arbeitnehmern beim Ausscheiden aus
dem Arbeitsverhältnis einen zusätzlichen
Versorgungsanspruch zu verschaffen. Entsprechend einer am 10.1.2001
abgeschlossenen Vereinbarung übernahm die
Zusatzversorgungskasse Y (YZVK) das Vermögen der ZVK. Die
bisherigen Mitglieder der ZVK wurden mit Wirkung ab 1.1.2001
Mitglieder der YZVK. Sie hatten an die YZVK zum Ausgleich der mit
der Übernahme für die YZVK verbundenen Nachteile eine
Ausgleichszahlung zu leisten. Der Nachteilsausgleich belief sich
für die A-GmbH auf 49 Mio. DM. Der Betrag war ab 2001 in 15
gleichen Raten zu zahlen. Die A-GmbH behandelte die Zahlungen des
Nachteilsausgleichs als erhöhte Umlage und erhob die
Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz gemäß § 40b
des Einkommensteuergesetzes (EStG). Soweit die Zahlungen die
Pauschalierungsgrenze überstiegen, unterwarf die A-GmbH die
entsprechenden Beträge dem Regelbesteuerungsverfahren.
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Im Anschluss an die Entscheidung des Senats
vom 14.9.2005 VI R 148/98 (BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98) teilte die A-GmbH dem zuständigen
Betriebsstättenfinanzamt mit Schreiben vom 6.12.2005 mit, dass
sie eine „Stornierung der zu Unrecht versteuerten geldwerten
Vorteile aus Nachteilsausgleichszahlungen der Jahre 2002 -
2005“ beabsichtige. Sie beantragte eine Auskunft
gemäß § 42e EStG beim Betriebsstättenfinanzamt
in der Weise, dass es ihr, der A-GmbH, erlaubt sei, sämtliche
zu Unrecht versteuerten Nachteilsausgleichszahlungen im laufenden
Lohnzahlungszeitraum in Form negativer Einnahmen zu korrigieren.
Diesem Antrag entsprach das zuständige Finanzamt im Juni 2006.
Die A-GmbH machte in der Lohnabrechnung für September 2006 von
der Zusage Gebrauch und verrechnete die laufenden
Bruttoarbeitslöhne ihrer Mitarbeiter mit negativen Einnahmen
im Umfang der jeweils auf die Nachteilsausgleichszahlungen
abgeführten Lohnsteuer. Im September 2006 wurde diese
Anrufungsauskunft widerrufen. Die dagegen von der A-GmbH erhobene
Klage war letztlich erfolgreich (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 2.9.2010 VI R 3/09, BFHE 230, 500 = SIS 10 33 60) und der
Widerruf der Anrufungsauskunft wurde aufgehoben.
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Im November 2008 erhielt der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ), das Wohnsitzfinanzamt
des Klägers, eine Kontrollmitteilung der Zentralen
Außenprüfungsstelle Lohnsteuer (ZALST). Die ZALST
informierte das FA darüber, dass die A-GmbH als Arbeitgeberin
des Klägers im Lohnzeitraum September 2006 den
Bruttoarbeitslohn des Klägers um 5.035,23 EUR gemindert habe.
Die A-GmbH sei von negativen Einnahmen aus nichtselbständiger
Arbeit in dieser Höhe ausgegangen. Allerdings entspreche
dieser Betrag der Summe, welche die A-GmbH für den Kläger
in den Jahren 2001 bis 2005 zu Unrecht als Arbeitslohn erfasst
habe.
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Das FA erließ daraufhin am 2.1.2009
einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten
Einkommensteuerbescheid für 2006 und erhöhte den
Bruttoarbeitslohn des Klägers um 5.035,23 EUR.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet
ab.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt, 1. das Urteil
des FG Düsseldorf, ergangen aufgrund mündlicher
Verhandlung vom 5.11.2009 unter dem Az. 11 K 832/09 E, aufzuheben,
2. den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 2.1.2009
in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 5.2.2009, i.d.F. vom
5.11.2009, aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des Klägers ist
unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zu Recht hat das
FG entschieden, dass eine Änderung des
Einkommensteuerbescheids 2006 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
rechtmäßig war.
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Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind
Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen
oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer
höheren Steuer führen.
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a) Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus,
dass die Abweichung des von der A-GmbH auf der
Lohnsteuerbescheinigung des Klägers ausgewiesenen
Bruttoarbeitslohns zu den tatsächlich zugeflossenen Einnahmen
aus nichtselbständiger Arbeit eine Tatsache i.S. des §
173 Abs. 1 AO ist.
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b) Entgegen der Auffassung der Revision ist
diese Tatsache der Eintragung eines zu geringen Bruttoarbeitslohns
in der Lohnsteuerbescheinigung dem FA erst nachträglich
bekannt geworden.
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aa) Eine Tatsache ist nachträglich
bekannt geworden, wenn sie das FA bei Erlass des zu ändernden
Steuerbescheids noch nicht kannte (BFH-Urteil vom 13.9.2001 IV R
79/99, BFHE 196, 195, BStBl II 2002, 2 = SIS 02 01 81, m.w.N.).
Maßgeblicher Zeitpunkt für den Kenntnisstand ist die
abschließende Zeichnung des für die Steuerfestsetzung
zuständigen Beamten (BFH-Urteil vom 27.11.2001 VIII R 3/01,
BFH/NV 2002, 473 = SIS 02 58 06). Daher wird eine Tatsache der
Finanzbehörde bekannt, wenn diejenigen Personen, die innerhalb
der zuständigen Finanzbehörde
organisationsmäßig für die Bearbeitung des
Steuerfalls berufen sind bzw. die den zu ändernden
Steuerbescheid erlassen haben, positive Kenntnis darüber
erlangen (BFH-Urteil vom 28.4.1998 IX R 49/96, BFHE 185, 370, BStBl
II 1998, 458 = SIS 98 16 74; BFH-Beschluss vom 16.1.2002 VIII B
96/01, BFH/NV 2002, 621 = SIS 02 62 08, m.w.N.). Hierbei handelt es
sich um den Vorsteher, den Sachgebietsleiter und den
Sachbearbeiter, weil nur diese Personen die Finanzbehörde
gegenüber dem Steuerpflichtigen repräsentieren und den
Steuerbescheid verantworten (BFH-Urteil in BFHE 185, 370, BStBl II
1998, 458 = SIS 98 16 74). Bekannt sind der zuständigen
Dienststelle jedoch neben dem Inhalt der dort geführten Akten
auch sämtliche Informationen, die dem Sachbearbeiter von
vorgesetzten Dienststellen über ein elektronisches
Informationssystem zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es
insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters
ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 20.6.1985 IV R 114/82, BFHE 143, 520,
BStBl II 1985, 492 = SIS 85 18 44, und die dort erwähnte
Rechtsprechung). Wissen eines Außenprüfers führt
nicht zu eigenen Kenntnissen der zuständigen
Veranlagungsdienststelle, wenn der Außenprüfer nicht
selbst die Steuern festsetzt (BFH-Urteil vom 3.5.1991 V R 36/90,
BFH/NV 1992, 221). Kennt eine andere als die für die
Bearbeitung des Steuerfalls zuständige Dienststelle die
betreffende Tatsache, so ist sie deswegen nicht auch der
zuständigen Dienststelle als bekannt zuzurechnen (BFH-Urteil
in BFHE 143, 520, BStBl II 1985, 492 = SIS 85 18 44).
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bb) Nach diesen Grundsätzen ist dem FA
die Tatsache der Eintragung eines zu geringen Bruttoarbeitslohns in
der Lohnsteuerbescheinigung des Klägers nachträglich
bekannt geworden. Die für die Veranlagung der Einkommensteuer
des Klägers zuständige Dienststelle selbst hatte nach den
Feststellungen des FG zum Zeitpunkt der abschließenden
Zeichnung der Erstveranlagung keine positive Kenntnis von der
Fehlerhaftigkeit der Lohnsteuerbescheinigung. Es bestehen auch
keine Anhaltspunkte dafür, dass sich diese Dienststelle
fallbezogene elektronische Informationen als bekannt zurechnen
lassen müsste. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich,
dass im elektronischen Informationssystem der Finanzverwaltung zum
Zeitpunkt der Erstveranlagung Bearbeiterhinweise oder Anweisungen
für den Sachbearbeiter in Bezug auf die falschen
Lohnsteuerbescheinigungen der A-GmbH abrufbar gewesen
wären.
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Zudem hat das FG zutreffend entschieden, dass
mögliche Kenntnisse der ZALST oder der Oberfinanzdirektion
(OFD) über die fehlerhafte Lohnsteuerbescheinigung des
Klägers am Tag der abschließenden Zeichnung dem FA nicht
zugerechnet werden können. Für eventuelle Kenntnisse der
ZALST entfällt eine Zurechnung schon deswegen, weil diese
nicht für die Veranlagung der Einkommensteuer der einzelnen
Arbeitnehmer zuständig ist. Unterstellte Kenntnisse der OFD
sind der Veranlagungsdienststelle deshalb nicht zuzurechnen, weil
die OFD organisationsmäßig gerade nicht zur Bearbeitung
konkreter Steuerfälle berufen ist. Gegenüber dem
Steuerpflichtigen handelt auch dann nur das zuständige
Veranlagungsfinanzamt, wenn die OFD von ihrem Recht, sich in die
Bearbeitung bestimmter Einzelfälle einzuschalten (§ 13
Abs. 3 i.V.m. §§ 7 Abs. 2, 9 Abs. 2 des
Landesorganisationsgesetzes - LOG NRW - ), Gebrauch macht. Die OFD
hat die Inhalte eines Steuerbescheids gegenüber einem
Steuerpflichtigen nicht zu verantworten. Rechtsmittelgegner ist und
bleibt das FA, auch wenn die OFD interne Weisungen im Einzelfall
erteilt hat. Dann aber ist es sachgerecht, dass sich das FA eine
etwaige Kenntnis der OFD nicht zurechnen lassen muss.
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Nach alledem kann das Vorbringen der Revision,
dass sich das FA nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf
die nachträgliche Kenntnis von Tatsachen berufen könne,
weil die Unkenntnis nur auf ein pflichtwidriges Verhalten der OFD
zurückzuführen sei, nicht durchgreifen. Wenn sich das FA
positive Kenntnisse der OFD nicht zurechnen lassen muss, kann eine
auf pflichtwidrigem Unterlassen beruhende Unkenntnis der OFD nicht
über den Grundsatz von Treu und Glauben zu einer
Kenntniszurechnung beim FA führen. Selbst wenn daher die OFD
verpflichtet gewesen wäre, den Sachverhalt zeitnah
aufzuklären und die Wohnsitzfinanzämter vor den ersten
Veranlagungen zu informieren, könnte dies nicht dazu
führen, dass dem FA eine Berufung auf die nachträglich
bekannt gewordene Tatsache verwehrt wäre.
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c) Die nachträglich bekannt gewordene
Tatsache war rechtserheblich für die fehlerhafte
Erstveranlagung. Rechtserheblich ist eine Tatsache dann, wenn das
FA bei Kenntnis zum Zeitpunkt der ursprünglichen Festsetzung
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine höhere
Steuer festgesetzt hätte (Beschluss des Großen Senats
vom 23.11.1987 GrS 1/86, BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180 = SIS 88 05 47). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das FA bei
rechtzeitiger Kenntnis der Tatsache zutreffend entschieden
hätte (Senatsurteil vom 11.2.2010 VI R 65/08, BFHE 228, 421,
BStBl II 2010, 628 = SIS 10 08 18).
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In Anwendung dieser Grundsätze ist das FG
zu Recht von der Rechtserheblichkeit der nachträglich bekannt
gewordenen Tatsache der fehlerhaften Lohnsteuerbescheinigung des
Klägers ausgegangen. Das FA hätte mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit die von der A-GmbH verrechneten
negativen Einnahmen den Einnahmen aus nichtselbständiger
Tätigkeit hinzugerechnet und damit eine höhere Steuer
festgesetzt. Die von der A-GmbH vorgenommene Verrechnung des
Bruttoarbeitslohns mit negativen Einnahmen war rechtswidrig.
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d) Weder die der A-GmbH erteilte
Anrufungsauskunft noch die Vorschrift des § 42d Abs. 3 Satz 4
EStG standen einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
entgegen.
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aa) Der Kläger hatte im Veranlagungsjahr
2006 weder negative Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit
noch Werbungskosten. Beide Tatbestände setzen voraus, dass
beim Arbeitnehmer Güter abfließen oder Aufwendungen
entstehen (Senatsurteile vom 12.11.2009 VI R 20/07, BFHE 227, 435,
BStBl II 2010, 845 = SIS 10 02 65; vom 17.9.2009 VI R 17/08, BFHE
226, 317, BStBl II 2010, 299 = SIS 09 34 52; Senatsbeschluss vom
10.8.2010 VI R 1/08, BFHE 230, 173, BStBl II 2010, 1074 = SIS 10 26 87). Beim Kläger war dies nach den Feststellungen des FG im
Jahr 2006 nicht der Fall.
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Entgegen der Auffassung der Revision ist der
tatsächliche Abfluss von Gütern auch nicht deshalb
entbehrlich, weil die Besteuerung der Zusatzbeiträge in den
Vorjahren auf fiktiven Einnahmen beruht habe. Die Auffassung des
Klägers beruht auf der Annahme, dass zu Unrecht versteuerte
Einnahmen bei späterer (besserer) Erkenntnis zu Ausgaben oder
negativen Einnahmen desselben Steuerpflichtigen führen
müssen. Dies würde ein allgemeines Korrespondenzprinzip
voraussetzen, welches eine von Zu- und Abfluss losgelöste
Gesamtbetrachtung eines Vorganges ermöglichen müsste.
Indes ist ein solches generelles Korrespondenzprinzip dem
Einkommensteuergesetz im Allgemeinen (BFH-Urteil vom 26.2.2002 IX R
20/98, BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796 = SIS 02 08 29) und zur
Beurteilung von Arbeitslohn im Besonderen fremd (Senatsbeschluss
vom 19.2.2004 VI B 146/02, DStRE 2004, 560 = SIS 04 29 46). Das
Prinzip der Abschnittsbesteuerung erfordert eine Jahresbetrachtung.
Enthalten Bescheide aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen
materielle Fehler, können diese keinesfalls dadurch korrigiert
werden, dass in dem nächsten noch offenen Jahr ein weiterer
materieller Fehler - als Ausgleich - bewusst eingearbeitet wird
(BFH-Urteil in BFHE 198, 425, BStBl II 2002, 796 = SIS 02 08 29).
Die Abgabenordnung regelt mit ihren Änderungsvorschriften,
wann der materiellen Gerechtigkeit Vorrang vor dem Rechtsfrieden
einzuräumen ist. Kann eine Änderung
bestandskräftiger Bescheide nicht mehr erfolgen, so mag dies
unbillig erscheinen. Jedoch rechtfertigt dies keinen neuen
materiellen Fehler.
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bb) Auch die Anrufungsauskunft nach § 42e
EStG, die der A-GmbH vom zuständigen
Betriebsstättenfinanzamt erteilt wurde, steht einer
Änderung des bisher falschen Ansatzes des Bruttoarbeitslohns
durch das FA nicht entgegen. Denn das FA ist an die Inhalte dieser
Anrufungsauskunft nicht gebunden. Die Anrufungsauskunft nach §
42e EStG, die nach der neueren Senatsrechtsprechung ein
feststellender Verwaltungsakt ist (Urteil vom 30.4.2009 VI R 54/07,
BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996 = SIS 09 22 54), bindet
ausschließlich das erteilende Betriebsstättenfinanzamt
im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens (Senatsurteil vom
9.10.1992 VI R 97/90, BFHE 169, 202, BStBl II 1993, 166 = SIS 92 24 28; Senatsbeschluss vom 22.5.2007 VI B 143/06, BFH/NV 2007, 1658 =
SIS 07 27 62). Hieran ändert die Qualifikation der
Anrufungsauskunft als Verwaltungsakt nichts (vgl.
Blümich/Heuermann, § 42e EStG Rz 30, 38). Auch als
Verwaltungsakt wird die Anrufungsauskunft ohne Mitwirkung des
Wohnsitzfinanzamts erteilt. Hätte der Gesetzgeber eine
über das Betriebsstättenfinanzamt hinausgehende
Bindungswirkung herbeiführen wollen, dann hätte er
entweder die für die Arbeitnehmer zuständigen
Wohnsitzfinanzämter in das Verfahren der Anrufungsauskunft
einbeziehen oder die Anrufungsauskunft selbst als
Grundlagenbescheid ausgestalten müssen. Zudem ist das
Lohnsteuerabzugsverfahren ein Vorauszahlungsverfahren (Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.1997 2 BvL 77/92, BVerfGE
96, 1 = SIS 97 14 55), dessen Besonderheiten und Regelungen nicht
in das Veranlagungsverfahren hineinwirken (Trzaskalik, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 38 Rz A 7).
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cc) Schließlich steht § 42d Abs. 3
Satz 4 EStG der Änderung nicht entgegen. Nach dieser
Vorschrift kann ein Arbeitnehmer für seine Lohnsteuer nur in
bestimmten Fällen als Gesamtschuldner neben dem Arbeitgeber in
Anspruch genommen werden. Es kann offenbleiben, ob der Kläger
vorliegend als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden
könnte. Denn der Senat hat bereits entschieden, dass diese
Vorschrift trotz ihres irreführenden Wortlauts keine
Auswirkungen auf das Veranlagungsverfahren hat (Urteil vom
17.5.1985 VI R 137/82, BFHE 144, 217, BStBl II 1985, 660 = SIS 85 20 28). Es handelt sich um eine Regelung des
Lohnsteuerabzugsverfahrens. Damit gelten die Beschränkungen
für eine Inanspruchnahme des Arbeitnehmers nur innerhalb
dieses Verfahrens. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber
diesen Grundsatz durchbrechen wollte und die Vorschrift zur
gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme des Arbeitnehmers lediglich
systematisch unzutreffend eingeordnet hat, sind nicht erkennbar.
Daher kann der Arbeitnehmer im Veranlagungsverfahren
uneingeschränkt in Anspruch genommen werden.
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e) Zu Recht ging das FG auch davon aus, dass
das FA nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und
Glauben an einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
gehindert war. Der Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im
Steuerrecht anzuwenden ist, kann zwar einer Steuernachforderung und
damit auch einer Änderung zu Lasten eines Steuerpflichtigen
entgegenstehen. Dies setzt aber voraus, dass die Nachforderung dem
vorausgegangenen Verhalten der Verwaltung widerspricht und der
Steuerpflichtige im berechtigten Vertrauen auf dieses Verhalten
vermögensrechtliche Dispositionen getroffen hat, die sich
nicht mehr rückgängig machen lassen (BFH-Urteile vom
5.2.1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90; vom 11.8.1972 VI R 262/69,
BFHE 107, 127, BStBl II 1973, 35 = SIS 73 00 22). Solche
Dipositionen hat der Kläger nicht getroffen. Er hat auch
keinen Vermögensschaden dadurch erlitten, dass er
nachträglich zu der gesetzlich geschuldeten Steuer
herangezogen wurde (Senatsurteil vom 10.7.1964 VI 299/63 U, BFHE
80, 314, BStBl III 1964, 587 = SIS 64 03 46).
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Im Streitfall fehlt es bereits an einem vom FA
gesetzten Vertrauenstatbestand. Denn das FA hat nicht zu erkennen
gegeben, dass es die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers
später nicht noch einmal ändern wird. Auch das Verhalten
der OFD, die den Sachverhalt nicht aufgeklärt und die
Wohnsitzfinanzämter nicht entsprechend informiert hat,
begründet keinen Vertrauenstatbestand, auf den sich der
Kläger gegenüber dem FA berufen könnte.
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