Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19.3.2013 8 K
516/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Streitig ist, ob der
Einkommensteuerbescheid 2004 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der
Abgabenordnung (AO) geändert werden durfte.
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Nach Eingang der
Einkommensteuererklärung der Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) am 29.3.2006 setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) mit Bescheid
vom 26.6.2006 gegenüber der Klägerin die Einkommensteuer
für das Streitjahr (2004) fest. Gegen diese Steuerfestsetzung
legte die Klägerin am 7.7.2006 Einspruch ein. Sie beantragte
wegen des Todes ihres Ehemannes im Juli 2004 die
Berücksichtigung eines Entlastungsbetrages für
Alleinerziehende gemäß § 24b des
Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 654 EUR.
Darüber hinaus bat sie um Ruhen des Verfahrens hinsichtlich
folgender Punkte wegen anhängiger Musterverfahren beim
Bundesfinanzhof (BFH) bzw. beim Bundesverfassungsgericht
(BVerfG):
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- Vollständiger Abzug der
Arbeitnehmeranteile für die
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Rentenversicherung als Sonderausgaben
gemäß § 10 EStG
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- Verfassungsmäßigkeit des
Solidaritätszuschlags
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- Kürzung des Vorwegabzuges bei
Zusammenveranlagung
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- unbeschränkter Abzug von
Krankenversicherungsbeiträgen als
Vorsorgeaufwendungen.
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Am 13.7.2006 erließ das FA einen
Änderungsbescheid. In den Erläuterungen dazu heißt
es: „Aufgrund Ihres Einspruchs wurde noch ein
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gewährt. Der
Einspruch erledigt sich hierdurch nicht. Es handelt sich vielmehr
um eine Teilabhilfe. Ihrem Antrag auf Ruhen des Verfahrens bzgl.
der anhängigen Verfahren wird zugestimmt.“
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Gegen den Änderungsbescheid vom
13.7.2006 legte die Klägerin am 17.7.2006 erneut Einspruch ein
und trug vor, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
zu Unrecht nur in Höhe von 545 EUR gewährt worden sei.
Mit Bescheid vom 24.7.2006 berücksichtigte das FA den
Entlastungsbetrag in voller Höhe. In den Erläuterungen
dazu heißt es (wiederum): „Aufgrund Ihres Einspruchs
wurde noch ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in
Höhe von 654 EUR gewährt. Der Einspruch erledigt sich
hierdurch nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Teilabhilfe.
Ihrem Antrag auf Ruhen des Verfahrens bzgl. der anhängigen
Verfahren wird zugestimmt.“
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Mit Schreiben vom 23.4.2009 teilte das FA
der Klägerin mit, dass ein Ruhen des Verfahrens nicht
länger in Betracht komme. Es stellte der Klägerin jedoch
in Aussicht, hinsichtlich einiger im Einzelnen aufgeführter
Punkte „im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit
und verfassungskonforme Auslegung der Norm“ die
Steuerfestsetzung vorläufig vorzunehmen. Am Ende des
Schreibens heißt es: „Die für Sie in Betracht
kommenden Vorläufigkeitspunkte werden programmgesteuert
für jeden Veranlagungszeitraum ermittelt! Sie werden gebeten,
bis spätestens 10.05.2009 mitzuteilen, ob Sie mit der
Erledigung des o.g. Einspruchs in vorgenannter Weise einverstanden
sind.“
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Mit Bescheid vom 15.6.2009 verfuhr das FA
wie angekündigt und nahm entsprechende
Vorläufigkeitsvermerke in den Bescheid auf. Im Übrigen
blieb dieser - auch betragsmäßig - unverändert. In
den Erläuterungen wurde der Klägerin mitgeteilt, dass
sich ihr Einspruch/Antrag vom 5.12.2005 dadurch erledigt
habe.
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Am 9.3.2010 erließ das FA erneut
einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem eine
Prüfungsmitteilung vom 6.3.2008, resultierend aus einer beim
Arbeitgeber der Klägerin durchgeführten
Lohnsteuer-Außenprüfung, ausgewertet wurde. Angesetzt
wurde ein geldwerter Vorteil aufgrund einer Kfz-Überlassung an
die Klägerin. Der Bescheid enthält die Feststellung:
„Der Bescheid ist nach § 129 AO
berichtigt.“
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Gegen den geänderten Bescheid legte
die Klägerin am 29.3.2010 Einspruch ein. Sie führte aus,
dass § 129 AO nicht die richtige Änderungsvorschrift sei.
Einschlägig sei vielmehr § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zum
Zeitpunkt der Änderung am 15.6.2009 (Vornahme der
Vorläufigkeitsvermerke) seien die Feststellungen der
Lohnsteuer-Außenprüfung bereits bekannt gewesen. Bei der
erneuten Änderung am 9.3.2010 seien die fraglichen
Feststellungen nicht mehr neu gewesen. Eine Änderung
gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheide daher
aus.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet
ab.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
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Sie beantragt, das Urteil des FG
Baden-Württemberg vom 19.3.2013 8 K 516/11 und den
Einkommensteuerbescheid 2004 vom 9.3.2010 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 4.1.2011 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Entscheidung ergeht gemäß
§ 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält
einstimmig die Revision für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die
Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit
zur Stellungnahme.
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Die Revision ist unbegründet und daher
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zu Recht hat das FG
entschieden, dass der Änderungsbescheid 2004 vom 9.3.2010
rechtmäßig ist.
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1. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind
Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen
oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer
höheren Steuer führen.
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a) Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist
jeder Lebenssachverhalt, der Merkmal oder Teilstück eines
gesetzlichen Tatbestands sein kann, also Zustände,
Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder
immaterieller Art (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 19.2.2013 IX R 24/12, BFHE 240, 265, BStBl II 2013,
484 = SIS 13 11 50, m.w.N., und BFH-Beschluss vom 19.10.2011 X R
29/10, BFH/NV 2012, 227 = SIS 12 00 46, m.w.N.).
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b) Nachträglich werden Tatsachen oder
Beweismittel bekannt, wenn deren Kenntnis nach dem Zeitpunkt
erlangt wird, in dem die Willensbildung über die
Steuerfestsetzung abgeschlossen ist (Senatsurteil vom 13.6.2012 VI
R 85/10, BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5 = SIS 12 28 18).
Maßgeblich ist grundsätzlich der letzte Bescheid, der
für eine abschließende Sachprüfung in Betracht
kommt (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, §
173 AO Rz 212).
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aa) Ist der ursprüngliche Steuerbescheid
(hier der Teilabhilfebescheid vom 24.7.2006) geändert und sind
im Änderungsbescheid (hier vom 15.6.2009) bestimmte Tatsachen
nicht berücksichtigt worden (hier die Prüfungsmitteilung
vom 6.3.2008), sind diese Tatsachen bei einer beabsichtigten
späteren Änderung nach § 173 AO nicht (mehr) neu,
wenn nach § 88 AO Anlass bestand, sie bereits bei Erlass des
Änderungsbescheids zu berücksichtigen. Denn der
Änderungsbescheid tritt verfahrensrechtlich an die Stelle des
ursprünglichen Bescheids (BFH-Urteil vom 13.9.2001 IV R 79/99,
BFHE 196, 195, BStBl II 2002, 2 = SIS 02 01 81). Tatsachen und
Beweismittel, die bei der abschließenden Zeichnung des
Änderungsbescheids schon vorhanden waren, aber nicht
berücksichtigt wurden, berechtigen nach Eintritt der
Bestandskraft nicht mehr zur Korrektur nach § 173 AO (von
Groll in HHSp, § 173 AO Rz 212 f.; Klein/Rüsken, AO, 12.
Aufl., § 173 Rz 54 f.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 173 AO Rz 50; von Wedelstädt in
Beermann/Gosch, AO § 173 Rz 49; Forchhammer in
Leopold/Madle/Rader AO, § 173 Rz 18).
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bb) Verpflichtet hingegen die beabsichtigte
Änderung nach ihrer Art nicht zur weiteren Sachprüfung,
bleibt eine spätere Änderung des (vorherigen)
Änderungsbescheids nach § 173 AO möglich. Eine
solche Pflicht zur (umfassenden) Berücksichtigung aller bis
dahin bekanntgewordenen Tatsachen besteht insbesondere nicht bei
Änderungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, bei denen
das Finanzamt den Grundlagenbescheid ohne eigene Sachprüfung
übernehmen muss (BFH-Urteil vom 12.1.1989 IV R 8/88, BFHE 156,
4, BStBl II 1989, 438 = SIS 89 13 53; von Groll in HHSp, § 173
AO Rz 212, 214; Klein/Rüsken, a.a.O., § 173 Rz 54 f.;
Loose, a.a.O., § 173 AO Rz 50; von Wedelstädt, AO §
173 Rz 49; Forchhammer, a.a.O., § 173 Rz 18). Entsprechendes
gilt - wie das FG zutreffend erkannt hat - in Fällen des
§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO. Auch in diesen
Massenrechtsbehelfsverfahren, die allein darauf abzielen, dem
Steuerpflichtigen eine spätere materielle Änderung zu
ermöglichen, wenn das Musterverfahren Erfolg hat, ist das
Finanzamt lediglich zu einer punktuellen Überprüfung des
Steuerbescheids im Hinblick auf den Vorläufigkeitsausspruch
verpflichtet. Denn § 165 Abs. 1 Satz 2 AO erlaubt eine
vorläufige Steuerfestsetzung nur im Rahmen der dort
aufgeführten Katalogtatbestände. Nur soweit im Einzelfall
eine dort benannte „Ungewissheit über das
anzuwendende Recht“ vorliegt, darf insbesondere zur
Vermeidung von Massenrechtsbehelfsverfahren eine
Vorläufigkeitserklärung erfolgen. Darüber haben die
Finanzbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen (§
5 AO) zu entscheiden. Dementsprechend wird dem Antrag (Einspruch)
des Steuerpflichtigen, den Einkommensteuerbescheid hinsichtlich
einer der in § 165 Abs. 1 Satz 2 AO benannten
Vorläufigkeitsgründe für vorläufig zu
erklären, ohne nähere Prüfung stattgegeben, sofern
dies verwaltungsinternen Anweisungen entspricht. Deshalb brauchen
auch bei einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 165
Abs. 1 Satz 2 AO andere als die die Ungewissheit betreffenden
Tatsachen nicht berücksichtigt werden, auch wenn sie den
Finanzbehörden zum Zeitpunkt dieser Änderung bekannt sind
oder als Bestandteil der Akten des zu veranlagenden
Steuerpflichtigen als bekannt gelten (Senatsurteile in BFHE 238,
295, BStBl II 2013, 5 = SIS 12 28 18, und vom 13.1.2011 VI R 61/09,
BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479 = SIS 11 06 54, jeweils m.w.N).
Vielmehr ist insoweit auch nach der
Vorläufigkeitserklärung noch eine Änderung nach
§ 173 AO möglich (Frotscher in Schwarz, AO, § 173 Rz
114; von Wedelstädt, a.a.O., AO § 173 Rz 49; Forchhammer,
a.a.O., § 173 Rz 18; Klein/Rüsken, a.a.O., § 173 Rz
57; FG Düsseldorf vom 18.9.1996 7 K 1562/91 GE, EFG 1997,
140).
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2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG
zutreffend entschieden, dass der Einkommensteuerbescheid 2004 vom
15.6.2009 durch das FA nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
geändert werden durfte und der Änderungsbescheid 2004 vom
9.3.2010 rechtmäßig ist.
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a) Zutreffend gehen die Beteiligten
übereinstimmend davon aus, dass der geldwerte Vorteil aus der
Überlassung eines betrieblichen PKW auch zur privaten Nutzung
eine Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist.
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b) Entgegen der Auffassung der Revision ist
diese Tatsache dem FA erst nach dem Erlass des
Einkommensteuer(änderungs)bescheids vom 15.6.2009 und damit
nachträglich bekannt geworden. Denn vorliegend hat das FA die
(mehrfach geänderte) Einkommensteuerfestsetzung 2004 mit
Bescheid vom 15.6.2009 lediglich insoweit geändert, als es die
ursprüngliche Steuerfestsetzung im Hinblick auf beim BVerfG
und beim BFH anhängige Musterverfahren gemäß §
165 Abs. 1 Satz 2 AO für vorläufig erklärt hat. Zu
einer über die Rechtmäßigkeit dieser Änderung
hinausgehenden materiellen Überprüfung dieses
Steuerbescheids war das FA dabei nicht verpflichtet. Damit gelten
die Erkenntnisse aus der Prüfungsmitteilung vom 6.3.2008 als
neu, auch wenn diese zum Zeitpunkt der punktuellen Änderung
der Steuerfestsetzung mit Bescheid vom 15.6.2009 bereits Inhalt der
Akten waren.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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