Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 16.5.2013 5 K 3173/10 =
SIS 14 02 72 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr (2006)
zwecks Korrektur der unterlassenen Auflösung einer
Ansparabschreibung nebst Gewinnzuschlag gemäß § 173
Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden
kann.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger), der im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau - der
Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) - zur
Einkommensteuer veranlagt wurde, ist Arzt. Seine Einkünfte aus
freiberuflicher Tätigkeit ermittelte er durch
Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung -
EStG - ).
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In seiner Gewinnermittlung für das
Jahr 2004 hatte der Kläger eine Betriebsausgabe in Höhe
von 25.500 EUR mit dem Zusatz „Zuführung Rücklage
nach § 7g (3) EStG“ erfasst. Diese Ansparabschreibung
löste er weder im Jahr 2005 noch im Streitjahr auf, was sowohl
bei der erstmaligen Steuerfestsetzung für das Streitjahr als
auch in dem Einkommensteueränderungsbescheid 2006 vom
28.5.2008 unbeachtet blieb. Erst im Rahmen der bei der Bearbeitung
der Einkommensteuererklärung 2008 durchgeführten
Verprobung der vom Kläger gebildeten und aufgelösten
Ansparabschreibungen stellte der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) fest, dass die im Jahr 2004 gebildete
Ansparabschreibung nicht aufgelöst worden war. Das FA
erließ daraufhin am 30.3.2010 unter Verweis auf § 173
Abs. 1 Nr. 1 AO einen Einkommensteueränderungsbescheid
für das Jahr 2006, in dem es die Einkünfte aus
selbständiger Arbeit des Klägers um 28.560 EUR (25.500
EUR Auflösung Ansparabschreibung zzgl. 3.060 EUR
Gewinnzuschlag) erhöhte.
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Die nach erfolglosem Einspruch erhobene
Klage der Kläger führte zur Aufhebung des
Änderungsbescheides vom 30.3.2010. Das Finanzgericht (FG) war
der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Änderung
gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO seien nicht gegeben. Es
sah den Umstand, dass der Kläger in seiner Gewinnermittlung
die im Jahr 2004 gebildete Ansparabschreibung nicht aufgelöst
hatte, als Tatsache i.S. des § 173 AO an, ließ aber
offen, ob diese Tatsache dem FA nachträglich bekannt geworden
war. Den Erlass des Änderungsbescheides hielt es nach dem
Grundsatz von Treu und Glauben für ausgeschlossen.
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Mit seiner hiergegen gerichteten Revision
rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Das FA beantragt, das mit der Revision
angefochtene FG-Urteil vom 16.5.2013 5 K 3173/10 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend
auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet.
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat im Ergebnis zutreffend erkannt,
dass eine Änderung des bestandskräftigen
Einkommensteuerbescheides vom 28.5.2008 ausgeschlossen ist. Es
fehlt bereits an einer nachträglich bekannt gewordenen
rechtserheblichen Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.
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1. Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit
Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die
zu einer höheren Steuer führen.
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a) Tatsache in diesem Sinne ist alles, was
Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes
sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und
Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen
i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind demgegenüber
Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen
(ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 19.2.2013 IX R 24/12, BFHE 240, 265, BStBl II 2013, 484 =
SIS 13 11 50, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 26.6.2014 VI R 94/13, BFHE
246, 182, BStBl II 2014, 864 = SIS 14 21 82). Nachträglich
bekannt geworden ist eine Tatsache, wenn sie das Finanzamt beim
Erlass des zu ändernden Steuerbescheids noch nicht kannte
(z.B. BFH-Urteil vom 13.1.2011 VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II
2011, 479 = SIS 11 06 54). Die Tatsache muss für die auf
§ 173 AO gestützte Korrektur erheblich sein.
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b) Die „Nichtanschaffung“
jener Wirtschaftsgüter, für die der Kläger die
Ansparabschreibung im Jahr 2004 gebildet hatte, ist in Bezug auf
§ 7g Abs. 4 Satz 2 EStG keine rechtserhebliche Tatsache in
diesem Sinne.
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aa) Eine gemäß § 7g Abs. 1,
Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG gebildete Ansparabschreibung ist in
Höhe von 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
gewinnerhöhend aufzulösen, sobald für das
begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden
dürfen (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG). Ist die Rücklage
am Ende des zweiten auf die Bildung folgenden Wirtschaftsjahres
noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt ebenfalls
gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 Satz 2 EStG)
und der Gewinn für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die
Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten
Rücklagebetrages zu erhöhen (§ 7g Abs. 5 EStG).
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bb) Danach sieht der Tatbestand des § 7g
Abs. 4 EStG die Auflösung einer Ansparabschreibung vor, sobald
für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen
vorgenommen werden dürfen (Satz 1), was eine
planmäßig erfolgte Investition voraussetzt. Daneben
schreibt die Regelung (Satz 2) die zwangsweise Auflösung der
Ansparabschreibung nach Ablauf der Investitionsfrist vor. Dabei
knüpft das Gesetz ausdrücklich und ausschließlich
an das Fortbestehen der Rücklage am Ende der Investitionsfrist
an und stellt nicht auf die - negative Tatsache der -
„Nichtanschaffung“ des Wirtschaftsgutes oder
andere tatsächliche Umstände ab. Dementsprechend ist die
Ansparabschreibung, sofern sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung
folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, unabhängig
davon gewinnerhöhend aufzulösen, ob die begünstigten
Anlagegüter später angeschafft oder hergestellt worden
sind, die Investition geringer ausgefallen ist als geplant oder gar
völlig ausbleibt (z.B. Senatsbeschluss vom 31.3.2008 VIII B
212/07, BFH/NV 2008, 1322 = SIS 08 28 14).
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Zwingt das Gesetz jedoch mit Fristablauf
unabhängig von der „Nichtanschaffung“ des
Wirtschaftsgutes zur Auflösung der Ansparabschreibung, ist die
„Nichtanschaffung“ des Wirtschaftsgutes -
entgegen der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung
der Finanzgerichte (vgl. FG Münster, Urteil vom 18.1.2012 11 K
2552/10 E, EFG 2012, 1271 = SIS 12 11 74; FG
Baden-Württemberg, Urteil vom 29.1.2008 4 K 123/06, EFG 2008,
662 = SIS 08 15 62; FG München, Urteil vom 21.5.2014 8 K
3645/12 = SIS 14 30 88; FG Nürnberg, Urteil vom 30.7.2015 4 K
638/14, EFG 2015, 1897 = SIS 15 25 19; FG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 7.5.2015 10 K 10167/11, EFG 2015, 1451 = SIS 15 17 50,
beim BFH anhängig unter X R 21/15; jeweils unter Verweis auf
BFH-Urteil vom 10.4.1997 IV R 47/96, BFH/NV 1997, 757 = SIS 97 23 33, zu §§ 6b, 6c EStG) - kein tatsächlicher Vorgang,
der die Auflösung einer Ansparabschreibung nach sich zieht und
damit den Ansatz einer Betriebseinnahme gebietet. Die
„Nichtanschaffung“ ist daher kein Merkmal des
gesetzlichen Tatbestandes des § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG und
somit keine rechtserhebliche Tatsache.
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Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu
der von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Begründung
ihrer Auffassung herangezogenen Entscheidung des IV. Senats (in
BFH/NV 1997, 757 = SIS 97 23 33), die den Fall einer unterlassenen
Auflösung eines Gewinnabzuges gemäß § 6c EStG
betraf. Dessen Auflösung war jedoch - anders als im Fall des
§ 7g Abs. 4 EStG - nicht zwangsläufig mit Ablauf der
Investitionsfrist im Streitjahr vorzunehmen, sondern davon
abhängig, dass der Steuerpflichtige bei Fristablauf weder
Reinvestitionen vorgenommen noch mit der Errichtung eines
Gebäudes auf einem seiner Grundstücke begonnen hatte. Die
Pflicht zur Auflösung des Gewinnabzuges hing demzufolge nicht
allein vom Fristablauf ab.
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cc) Die in § 7g Abs. 5 EStG vorgesehene
Regelung zum sog. Gewinnzuschlag, die zwischen dem Fall der
Auflösung der Ansparabschreibung nach planmäßiger
Investition einerseits und der zwangsweisen Auflösung einer am
Ende des Investitionszeitraumes noch vorhandenen Rücklage
andererseits differenziert, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Denn auch sie knüpft weder ausdrücklich an die
„Nichtanschaffung“ von Wirtschaftsgütern
an, noch stellt sie auf andere tatsächliche Umstände ab.
Vielmehr ordnet die Norm für den Fall der zwangsweisen
Auflösung einer am Ende des Investitionszeitraumes noch
vorhandenen Ansparabschreibung i.S. des § 7g Abs. 4 Satz 2
EStG den automatischen Ansatz eines Gewinnzuschlages an. Aus der
Rechtmäßigkeit der zwangsweisen Auflösung der
Ansparabschreibung folgt zugleich die Rechtmäßigkeit des
Gewinnzuschlages.
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c) Der Umstand, dass der Kläger die
Rücklage nicht durch Berücksichtigung einer
entsprechenden Betriebseinnahme in seiner Gewinnermittlung
aufgelöst hat, ist ebenfalls keine nachträglich
bekanntgewordene rechtserhebliche Tatsache i.S. des § 173 Abs.
1 Nr. 1 AO. Ob der Steuerpflichtige die Betriebseinnahme in seiner
Einnahmenüberschussrechnung erfasst oder nicht, ist für
die Entstehung des Gewinns ohne Bedeutung. Denn die Rücklage
ist - wie ausgeführt - kraft gesetzlicher Anordnung in §
7g Abs. 4 Satz 2 EStG im zweiten Jahr nach ihrer Bildung
gewinnerhöhend aufzulösen. Die diesbezüglich
fehlerhafte Gewinnermittlung des Klägers für das zweite
Jahr nach ihrer Bildung kann danach keine für die Besteuerung
erhebliche Tatsache sein.
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d) Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass
die Voraussetzungen einer anderen Norm erfüllt sind, auf die
der angefochtene Änderungsbescheid gestützt werden
könnte. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür,
dass der Kläger arglistig i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Buchst. c AO gehandelt hat (vgl. zu den Voraussetzungen der
arglistigen Täuschung etwa BFH-Urteil vom 8.7.2015 VI R 51/14,
BFHE 250, 322 = SIS 15 21 19).
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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