1
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, entstand im Jahr 1990 durch Umwandlung
der X. Gegenstand ihres Unternehmens war die Stahl- und
Metallverarbeitung.
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2
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Durch notariellen Vertrag vom 11.8.1999
wurde die Klägerin umfirmiert und ihr Unternehmensgegenstand
geändert. Unternehmensgegenstand war seither der Erwerb und
die Veräußerung von Grundstücken, Gebäuden und
baulichen Anlagen, der Vertrieb von flüssigen und anderen
technischen Gasen als Agentur sowie der Groß- und
Einzelhandel in diesen und ähnlichen Branchen. Zugleich sollte
der Teilbetrieb Stahl- und Metallbearbeitung auf eine neu
gegründete GmbH, die S-GmbH, abgespalten werden.
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Es wurde ein Spaltungsplan auf den
Spaltungsstichtag 1.1.1999 festgestellt. Der S-GmbH wurden gegen
Gewährung von Gesellschaftsanteilen
Vermögensgegenstände und Arbeitsverträge der
Klägerin übertragen. Ausdrücklich nicht
übergehen sollten die Grundstücke, auf denen die S-GmbH
ihren Fertigungsbetrieb unterhielt. Diese blieben im Eigentum der
Klägerin, die sie mit aufstehenden Gebäuden an die S-GmbH
vermietete. Der Mietvertrag lief auf unbestimmte Zeit und konnte
nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unter Einhaltung
einer Frist von 12 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres
gekündigt werden.
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Die S-GmbH setzte die übernommenen
Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert an. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) ging davon aus, dass
die nach § 15 des Umwandlungssteuergesetzes - UmwStG 1995 -
für eine Buchwertfortführung erforderliche
Übertragung eines Teilbetriebes nicht vorliege, weil die von
der S-GmbH genutzten Grundstücksteile, Gebäude und
baulichen Anlagen nicht übertragen worden seien. Die
Übereignung von Wirtschaftsgütern an die S-GmbH sei
deshalb steuerlich als eine Sachausschüttung an deren
Gesellschafter zu behandeln. Diese hätten die
Wirtschaftsgüter sodann im Rahmen einer Einlage in die S-GmbH
eingelegt.
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Der gegen die entsprechend geänderten
Bescheide gerichteten Klage gab das Sächsische FG mit Urteil
vom 9.9.2008 3 K 1996/06, veröffentlicht in EFG 2009, 65 = SIS 08 40 63, statt.
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6
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Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung formellen und materiellen Rechts. Es beantragt, das
Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das dem Verfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keinen Antrag gestellt,
sich in der Sache aber grundsätzlich dem FA
angeschlossen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
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1. Das FG hat zu Recht die S-GmbH nicht zum
Verfahren beigeladen.
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a) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind
Dritte zum finanzgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen, wenn
diese an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt
sind, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihnen gegenüber
nur einheitlich ergehen kann. Das ist der Fall, wenn die
Entscheidung nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts
notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des
Dritten gestaltet, bestätigt, verändert oder zum
Erlöschen bringt (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
19.4.1988 VII R 56/87, BFHE 153, 472, BStBl II 1988, 789 = SIS 88 17 33). Die notwendige Beiladung soll sicherstellen, dass eine
Sachentscheidung, die die Rechte eines Dritten in der
vorbezeichneten Weise betrifft und aus diesem Grunde auch ihm
gegenüber nur einheitlich ergehen kann, nicht ohne Beteiligung
dieses Dritten erlassen wird (z.B. BFH-Urteil vom 12.1.2001 VI R
49/98, BFHE 194, 6, BStBl II 2001, 246 = SIS 01 06 13).
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b) Die Voraussetzungen einer notwendigen
Beiladung i.S. von § 60 Abs. 3 FGO liegen danach nicht
vor.
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Zwar ist die S-GmbH gemäß § 15
Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 und § 4 Abs. 1 UmwStG 1995
verpflichtet, die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter
mit den in der steuerlichen Schlussbilanz der Klägerin
enthaltenen Werten zu übernehmen, falls das auf die S-GmbH
übertragene Vermögen als Teilbetrieb zu beurteilen sein
sollte. Die Entscheidung hierüber ist aber erst im
Körperschaftsteuerbescheid der S-GmbH zu treffen. Der hier
vorliegende Rechtsstreit kann daher nicht unmittelbar gestaltend in
die Rechte der S-GmbH eingreifen; vielmehr bedarf es gegenüber
der S-GmbH eines weiteren Steuerbescheides (vgl. BFH-Beschluss vom
16.3.1999 VIII B 90/98, BFH/NV 1999, 1232 = SIS 99 50 53).
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c) Eine einfache Beiladung gemäß
§ 60 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG in nicht zu beanstandender
Weise jedenfalls deshalb abgelehnt, weil durch die erst in der
mündlichen Verhandlung beantragte Beiladung eine wesentliche
Verfahrensverzögerung eingetreten wäre. Eine Beiladung
gemäß § 174 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) hat das
FA nicht beantragt.
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2. Soweit das FA geltend macht, vom FG sei zu
Unrecht angenommen worden, die Klage habe sich nicht gegen die
Zinsfestsetzungen sowie die Festsetzung eines
Solidaritätszuschlages bezogen, ist eine Beschwer des FA nicht
erkennbar. Dem FA sind insoweit keine Kosten auferlegt worden. Auch
ist nicht dargetan, dass ihm außergerichtliche Auslagen in
diesem Zusammenhang entstanden sein könnten.
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3. Der Senat kann anhand der Feststellungen
des FG nicht abschließend beurteilen, ob das FG zu Recht
angenommen hat, § 351 Abs. 2 AO stehe der
Berücksichtigung der materiellen Einwendungen der
Klägerin gegen den Bescheid über die gesonderte
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1996) nicht entgegen. Da das
FG die Revision gegen sein Urteil einschränkungslos zugelassen
hat, ist die Revision des FA insoweit statthaft. Das FG hat
ausgeführt, zwar sei der Körperschaftsteuerbescheid
Grundlagenbescheid für die gesonderte Feststellung nach §
47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG 1996. Dies gelte jedoch nicht, soweit
für Ausschüttungen der verwendbare Teil des Nennkapitals
i.S. des § 29 Abs. 3 KStG 1996 nach § 47 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 KStG 1996 betroffen gewesen sei; in diesem Fall weise das
Gesetz dem Körperschaftsteuerbescheid keine Funktion eines
Grundlagenbescheides zu. Das FA wendet hiergegen zu Recht ein, dass
das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die
Klägerin über Nennkapital verfügt, das durch
Umwandlung von Rücklagen entstanden ist. Die Revision des FA
führt daher insoweit zur Zurückverweisung der Sache an
das FG.
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4. Das FG hat zu Unrecht angenommen, die
Abspaltung der Wirtschaftsgüter auf die S-GmbH habe sich
erfolgsneutral vollzogen.
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a) Geht Vermögen einer Körperschaft
durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung
auf andere Körperschaften über, gelten die §§
11 bis 13 UmwStG 1995 vorbehaltlich des § 16 UmwStG 1995
entsprechend, wenn auf die Übernehmerinnen ein Teilbetrieb
übertragen wird (§ 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995). Im
Falle der Abspaltung oder Teilübertragung muss das der
übertragenden Körperschaft verbleibende Vermögen
ebenfalls zu einem Teilbetrieb gehören (§ 15 Abs. 1 Satz
2 UmwStG 1995).
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Wird ein Teilbetrieb übertragen,
können in der steuerlichen Schlussbilanz für das letzte
Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft die
übergegangenen Wirtschaftsgüter insgesamt mit dem Wert
angesetzt werden, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften
über die Gewinnermittlung ergibt, soweit sichergestellt ist,
dass die in dem übergegangenen Vermögen enthaltenen
stillen Reserven später bei der übernehmenden
Körperschaft der Körperschaftsteuer unterliegen und eine
Gegenleistung nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten
besteht (§ 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1
UmwStG 1995).
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b) Aus dieser Regelung folgt, dass die
Spaltung grundsätzlich zum gemeinen Wert zu erfolgen hat
(Frotscher in Frotscher/ Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 15 UmwStG
Rz 45). Nur wenn ein Teilbetrieb übertragen wird, besteht
unter den weiteren Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 UmwStG 1995
ein Wahlrecht, die Buchwerte oder höhere Werte anzusetzen.
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c) Die Klägerin hat auf die S-GmbH keinen
Teilbetrieb übertragen. Denn sie hat funktional wesentliche
Betriebsgrundlagen (Betriebsgrundstück mit aufstehenden
Gebäuden und Anlagen) zurückbehalten und diese der S-GmbH
nur mietweise überlassen.
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des
BFH ist unter einem Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit
einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des
Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein funktions-
bzw. lebensfähig ist (BFH-Urteil vom 4.7.2007 X R 49/06, BFHE
218, 316, BStBl II 2007, 772 = SIS 07 28 44; BFH-Beschluss vom
18.10.1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 = SIS 00 01 42). Ein Teilbetrieb wird nur übertragen, wenn die
Tätigkeit endgültig eingestellt wird und sämtliche
zum Teilbetrieb gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen auf
den Erwerber übergehen (BFH-Urteile vom 20.1.2005 IV R 14/03,
BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395 = SIS 05 18 65; in BFHE 218, 316,
BStBl II 2007, 772 = SIS 07 28 44). Dabei ist grundsätzlich
auf die Situation aus der Sicht des Übertragenden zum
Zeitpunkt der Übertragung abzustellen (BFH-Beschluss in BFHE
189, 465, BStBl II 2000, 123 = SIS 00 01 42, unter C.V.2.a;
BFH-Urteil vom 15.3.2007 III R 53/06, BFH/NV 2007, 1661 = SIS 07 27 64; BFH-Beschluss vom 15.10.2008 X B 170/07, BFH/NV 2009, 167 = SIS 09 02 60).
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bb) Der Begriff der wesentlichen
Betriebsgrundlagen ist normspezifisch entsprechend dem jeweiligen
Gesetzeszweck auszulegen (BFH-Urteil vom 2.10.1997 IV R 84/96, BFHE
184, 425, BStBl II 1998, 104 = SIS 98 04 26; Schmidt/Wacker, EStG,
29. Aufl., § 16 Rz 100). Während er als
Tatbestandsmerkmal des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
- entsprechend dem Zweck der §§ 16, 34 EStG nur die
zusammengeballte Realisierung der stillen Reserven tariflich zu
begünstigen - nach ständiger Rechtsprechung im Sinne
einer kombinierten funktional-quantitativen Betrachtungsweise
verstanden wird (vgl. BFH-Urteile vom 13.2.1996 VIII R 39/92, BFHE
180, 278, BStBl II 1996, 409 = SIS 96 14 26; in BFHE 184, 425,
BStBl II 1998, 104 = SIS 98 04 26; vom 10.11.2005 IV R 7/05, BFHE
211, 312, BStBl II 2006, 176 = SIS 06 03 67), sind im Rahmen der
übrigen Vorschriften, in denen an die Übertragung eines
Teilbetriebes bestimmte steuerrechtliche Folgen geknüpft sind,
nur diejenigen Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen
für den Teilbetrieb erforderlich sind, als wesentliche
Betriebsgrundlagen anzusehen (BFH-Urteil in BFHE 184, 425, BStBl II
1998, 104 = SIS 98 04 26; Senatsurteil vom 25.11.2009 I R 72/08,
BFHE 227, 445 = SIS 10 02 48, m.w.N.; BMF-Schreiben vom 16.8.2000,
BStBl I 2000, 1253 = SIS 00 10 78). Als funktional wesentlich sind
dabei alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den
Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die
Fortführung des Betriebes notwendig sind oder dem Betrieb das
Gepräge geben (BFH-Urteile vom 19.1.1983 I R 57/79, BFHE 137,
487, BStBl II 1983, 312 = SIS 83 06 09; vom 24.8.1989 IV R 135/86,
BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014 = SIS 89 23 25).
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Ein Grundstück ist für den Betrieb
wesentlich, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage
für die Geschäftstätigkeit bildet und es dem
Unternehmen ermöglicht, seinen Geschäftsbetrieb
aufzunehmen und auszuüben (BFH-Urteil vom 14.2.2007 XI R
30/05, BFHE 216, 559, BStBl II 2007, 524 = SIS 07 16 56, m.w.N.).
Demzufolge ist grundsätzlich jedes vom Betrieb genutzte
Grundstück eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, es
sei denn, es ist im Einzelfall ausnahmsweise nur von geringer
wirtschaftlicher Bedeutung für den Betrieb (vgl. BFH-Urteile
vom 13.7.2006 IV R 25/05, BFHE 214, 343, BStBl II 2006, 804 = SIS 06 38 93; vom 19.3.2009 IV R 78/06, BFHE 224, 428, BStBl II 2009,
803 = SIS 09 16 47; vom 3.9.2009 IV R 61/06, BFH/NV 2010, 404 = SIS 10 05 74).
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cc) Das von der Klägerin
zurückbehaltene Grundstück und die aufstehenden
Gebäude sind danach als wesentliche Betriebsgrundlagen des
Teilbetriebs der Stahlverarbeitung anzusehen; denn die S-GmbH
betreibt auf dem Grundstück und in den Gebäuden ihren
Betrieb. Dies hat das FG ebenfalls so gesehen. Es war aber der
Auffassung, dennoch sei ein Teilbetrieb übertragen worden.
Denn die Klägerin habe das Grundstück nebst aufstehenden
Gebäuden an die S-GmbH vermietet, so dass diese in der Lage
gewesen sei, den Betrieb fortzuführen. Ferner sei die
Erfassung der stillen Reserven in dem übergegangenen
Vermögen bei der S-GmbH sichergestellt. Dem ist nicht zu
folgen.
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aaa) § 15 UmwStG 1995 begünstigt
nicht jedwede betriebliche Umstrukturierung, sondern nur die im
Gesetz genannte Übertragung von Sachgesamtheiten. Das
Steuerrecht folgt dem Handelsrecht somit nicht
uneingeschränkt. Während § 123 Abs. 2 des
Umwandlungsgesetzes (UmwG 1995) auch eine Abspaltung einzelner
Wirtschaftsgüter zulässt (z.B. Goutier in Goutier/Knopf/
Tulloch, Kommentar zum Umwandlungsrecht, § 123 UmwG Rz 12 f.;
Teichmann in Lutter, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2009, § 123
Rz 12, 23; Asmus in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 3.
Aufl., § 15 Rz 13; BTDrucks 12/6885, S. 22) und damit dem
Rechtsträger im Ergebnis ein Wahlrecht einräumt,
Wirtschaftsgüter durch Einzelrechtsnachfolge zu
veräußern oder durch Sonderrechtsnachfolge abzuspalten,
ermöglicht das Steuerrecht eine erfolgsneutrale Abspaltung nur
bei der Übertragung eines Teilbetriebs. Werden hingegen nur
einzelne Wirtschaftsgüter übertragen, bleibt es beim
Grundsatz, dass stille Reserven aufzudecken und vom bisherigen
Rechtsträger zu versteuern sind (BTDrucks 12/6885, S. 22).
Demgemäß ist der Umstand, dass die Besteuerung der
stillen Reserven in der Zukunft gesichert ist und die wesentlichen
Betriebsgrundlagen weiterhin von einem der beiden Rechtsträger
betrieblich genutzt werden, zwar eine notwendige, nicht aber eine
hinreichende Voraussetzung für die Gewährung des
Wahlrechts nach § 11 Abs. 1 UmwStG 1995.
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bbb) Die für die Anwendung des § 15
Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 maßgebliche
„Übertragung eines Teilbetriebs“ liegt
vielmehr nur dann vor, wenn auf den übernehmenden
Rechtsträger alle Wirtschaftsgüter übertragen
werden, die bis zum Übertragungsvorgang zu den funktional
wesentlichen Betriebsgrundlagen des betreffenden Teilbetriebs
gehört haben. Daran fehlt es, wenn einzelne dieser
Wirtschaftsgüter nicht übertragen werden, sondern der
übernehmende Rechtsträger insoweit nur ein
obligatorisches Nutzungsrecht erhält (a.A. Kutt/Pitzal, DStR
2009, 1243, m.w.N.). Denn in diesem Fall beendet der
übertragende Rechtsträger seine gewerbliche
Tätigkeit mit den wesentlichen Betriebsgrundlagen des
Teilbetriebes nicht. Zugleich erhält der übernehmende
Rechtsträger nur einen Teil jener Betriebsgrundlagen. Es kann
daher nicht von einer Übertragung des Teilbetriebes durch die
übertragende Körperschaft und von einer Fortführung
durch die übernehmende Körperschaft gesprochen werden (so
zutr. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz,
Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., § 15
UmwStG Rz 69). Dementsprechend hat der Senat zu § 20 UmwStG
1977, dem kein abweichender Teilbetriebsbegriff zugrunde liegt,
entschieden, dass die bloße Vermietung oder Verpachtung einer
wesentlichen Betriebsgrundlage die Übertragung nicht ersetzen
kann (Senatsurteil vom 16.2.1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl II
1996, 342 = SIS 96 14 30).
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ccc) Ob von der Übertragung eines
Teilbetriebes dann ausgegangen werden kann, wenn das aufnehmende
Unternehmen durch die Gestaltung der Nutzungsüberlassung
wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer des überlassenen
Wirtschaftsgutes wird (Schaumburg/Schumacher in Lutter, a.a.O.,
Anh. 1 nach § 151 Rz 17; Hörtnagl in
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 15 UmwStG Rz 69,
m.w.N.; Schumacher in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, UmwStG,
§ 15, Rz 146; Frotscher in Frotscher/ Maas, a.a.O., § 15
UmwStG Rz 61), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Die
Klägerin kann den Mietvertrag über das Grundstück
nach den Feststellungen des FG mit einer Frist von einem Jahr
kündigen, so dass die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der
S-GmbH ausscheidet. An dieser Einschätzung änderte auch
nichts, wenn - so der Vortrag der Klägerin im
Revisionsverfahren - die Mindestlaufzeit des Mietvertrages
später auf fünf und danach auf 15 Jahre verlängert
worden sein sollte. Denn ungeachtet der Frage, ob diese
späteren Änderungen berücksichtigt werden
könnten, ist auch bei einer derartigen Kündigungsfrist
die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der S-GmbH
ausgeschlossen.
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ddd) Für die Beurteilung des Streitfalles
kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin ihr Gewerbe auf
demselben Grundstück betreibt wie die S-GmbH die Stahl- und
Metallverarbeitung. Veräußert nämlich ein
Steuerpflichtiger einen von mehreren auf demselben
Betriebsgrundstück unterhaltenen Teilbetrieben, belässt
er jedoch das beiden Teilbetrieben dienende Betriebsgrundstück
in vollem Umfang in seinem Betriebsvermögen, so liegt keine
steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung vor, wenn
das Betriebsgrundstück zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen
des veräußerten Teilbetriebs gehört. Das gilt auch
dann, wenn das zurückgehaltene Betriebsgrundstück
überwiegend von dem Restbetrieb genutzt wird (BFH-Urteil in
BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409 = SIS 96 14 26). Ob diese zu
§ 16 EStG ergangene Entscheidung uneingeschränkt auch
für die Anwendung des § 15 UmwStG 1995 gilt oder ob eine
wesentliche Betriebsgrundlage, wenn sie von mehreren Betrieben
genutzt wird, demjenigen Teilbetrieb zugeordnet werden kann, der
sie überwiegend nutzt (Hörtnagl in
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 15 UmwStG Rz 76;
Krebs, BB 1998, 2082; weitergehend Frotscher in Frotscher/Maas,
a.a.O., § 15 UmwStG Rz 62), kann unter den Gegebenheiten des
Streitfalls offenbleiben. Die Klägerin hat der S-GmbH eine
Grundstücksfläche von 9.617 m² vermietet, sodass
eine untergeordnete Nutzung des Grundstücks durch die S-GmbH
nicht vorliegt, zumal ihr auch mehrere Gebäude, die dem
metallverarbeitenden Betrieb dienen, zur ausschließlichen
Nutzung überlassen wurden.
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dd) Die Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom
23.7.1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen,
Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den
Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener
Mitgliedstaaten betreffen (Fusionsrichtlinie - FRL - ), ist
für § 15 UmwStG 1995 nicht einschlägig. Davon
abgesehen ist nicht ersichtlich, dass Art. 2 Buchst. i FRL ein
abweichender Begriff des Teilbetriebs zu Grunde liegt. Ein
Teilbetrieb ist danach die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil
einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven
Wirtschaftsgüter, die in organisatorischer Hinsicht einen
selbständigen Betrieb darstellen. Daraus folgert der
Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), dass das
selbständige Funktionieren des Betriebes in erster Linie unter
einem funktionellen Aspekt zu beurteilen ist. Die übertragenen
Unternehmensteile müssten als selbständiges Unternehmen
funktionsfähig sein, ohne dass es hierfür
zusätzlicher Investitionen oder Einbringungen bedürfe.
Die Funktionsfähigkeit müsse also durch die vorhandenen
Eigenmittel des Betriebsteils sichergestellt werden (EuGH-Urteil
vom 15.1.2002 C-43/00 „Andersen og Jensen“, Slg.
2002, I-379 = SIS 02 04 16, Rz 34 und 35). Dies kann nur so
verstanden werden, dass eine Teilbetriebsübertragung nach der
FRL ebenfalls grundsätzlich die Übertragung aller
wesentlichen Betriebsgrundlagen voraussetzt (gl.A. Hörtnagl in
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 15 UmwStG Rz 71;
Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., §
15 Rz 145; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 15 UmwStG Rz
61; a.A. Blumers, DB 2001, 722, 725).
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c) Da ein Teilbetrieb nicht übertragen
wurde, ist im Streitfall das Bewertungswahlrecht des § 11 Abs.
1 UmwStG 1995 nicht entsprechend anwendbar. Die übertragenen
Wirtschaftsgüter sind vielmehr mit dem gemeinen Wert
anzusetzen (§ 9 des Bewertungsgesetzes; Senatsurteil vom
7.10.1970 I R 1/68, BFHE 100, 245, BStBl II 1971, 69 = SIS 71 00 39). Es handelt sich insoweit um eine Sachausschüttung
(verdeckte Gewinnausschüttung) der Klägerin an ihre
Gesellschafter, die die Wirtschaftsgüter gegen Gewährung
von Beteiligungsrechten (§ 123 Abs. 2 UmwG) in die S-GmbH
eingelegt haben (BMF-Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268 =
SIS 98 09 38, Tz. 15.11; Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van
Lishaut, a.a.O., § 15 Rz 56 und 63; Asmus in Haritz/Menner,
a.a.O., § 15 Rz 10).
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5. Das FA hat zutreffend den Gewinn im
Streitjahr 1998 erfasst.
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a) Nach den Feststellungen des FG war im
Spaltungsplan vom 11.8.1999 der Spaltungsstichtag auf den 1.1.1999
festgelegt worden. Diese gemäß § 125 Satz 1 i.V.m.
§ 17 Abs. 2 UmwG 1995 zulässige rückwirkende
Bestimmung des Spaltungsstichtages ist auch steuerlich
nachzuvollziehen. Das folgt aus § 2 Abs. 1 UmwStG 1995. Nach
dieser Vorschrift sind das Einkommen und das Vermögen der
übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin so
zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit
Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem
Vermögensübergang zu Grunde liegt (steuerlicher
Übertragungsstichtag), ganz oder teilweise auf die
Übernehmerin übergegangen wäre.
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Nach allgemeiner Auffassung handelt es sich
bei der Bilanz, „die dem Vermögensübergang zu
Grunde liegt“ um die in § 17 Abs. 2 UmwG 1995
genannte Schlussbilanz, die der Anmeldung zur Eintragung in das
Register beizufügen ist (BFH-Urteil vom 24.4.2008 IV R 69/05,
BFH/NV 2008, 1550 = SIS 08 32 34, m.w.N., unter II.1.a aa). Nach
den Feststellungen des FG ist der Spaltung als Schlussbilanz
gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG 1995 die Bilanz der
Klägerin zum 31.12.1998 zugrunde gelegt worden, so dass dieses
Datum auch der steuerliche Übertragungsstichtag ist. Es bedarf
daher keiner Ausführungen dazu, ob die Schlussbilanz i.S. des
§ 17 Abs. 2 UmwG 1995 stets auf den Schluss des Tages, der dem
Umwandlungsstichtag vorausgeht, zu erstellen oder ob er frei
wählbar ist (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 1550 = SIS 08 32 34, m.w.N.; vom 22.9.1999 II R 33/97, BFHE 189, 533, BStBl II 2000,
2 = SIS 99 23 30).
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b) § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 ist auch auf
Abspaltungen anwendbar, bei denen keine Teilbetriebe
übertragen werden (gl.A. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 =
SIS 98 09 38, Tz. 15.11 Satz 6; Dötsch/ van Lishaut/Wochinger,
DB Beilage 7/1998, 28; Schwedhelm/ Streck/Mack, GmbHR 1995, 100;
Haritz in Haritz/ Benkert, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl.,
§ 15 Rz 27; a.A. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht,
§ 15 UmwStG Rz 169; Knopf/Hill in Goutier/Knopf/Tulloch,
a.a.O., § 15 UmwStG Rz 86; Hörtnagl in
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 15 UmwStG Rz 98). Nach
§ 1 Abs. 4 UmwStG 1995 gelten der fünfte bis siebte Teil
des Umwandlungssteuergesetzes für alle Aufspaltungen und
Abspaltungen i.S. des § 123 Abs. 1 und 2 UmwG 1995, mithin
auch für Abspaltungen, in denen nur einzelne
Wirtschaftsgüter übertragen wurden. Weder § 2 Abs. 1
UmwStG 1995 noch § 15 UmwStG 1995 enthalten
Einschränkungen des Inhalts, dass die steuerliche
Rückwirkung auf den Übertragungsstichtag dann nicht
gelten soll, wenn lediglich einzelne Wirtschaftsgüter
abgespalten wurden. Vielmehr bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 1
UmwStG 1995 nur, dass die §§ 11 bis 13 UmwStG 1995 keine
Anwendung finden sollen, wenn die Voraussetzungen für eine
steuerneutrale Abspaltung nicht vorliegen. Die gesetzliche
Anordnung, dass die Vorschriften des dritten Teils des
Umwandlungssteuergesetzes keine entsprechende Anwendung finden,
lässt jedoch die Anwendung der allgemeinen Vorschriften
unberührt.
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Dieses Ergebnis entspricht auch dem Willen des
Gesetzgebers, nach dem § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 für
sämtliche in § 1 UmwStG 1995 bezeichneten Fälle des
Vermögensübergangs gelten soll (BTDrucks 12/6885, S. 16),
demnach auch für die Abspaltung einzelner
Wirtschaftsgüter nach § 123 Abs. 2 UmwG 1995. Es steht
überdies mit dem Zweck der Vorschrift in Einklang. Die
steuerrechtliche soll ebenso wie die handelsrechtliche
Rückwirkung der übertragenden Körperschaft
ermöglichen, die Bilanz des letzten Geschäftsjahres als
Schlussbilanz zu verwenden (BTDrucks 12/6885, S. 24). Von diesem
Ziel werden nicht nur Fälle erfasst, in denen Teilbetriebe,
sondern auch einzelne Wirtschaftsgüter abgespalten werden
(Bünning, BB 2008, 2679). Denn auch in diesen Fällen
wäre ohne eine steuerliche Rückwirkung eine Abspaltung
kaum praktikabel, da andernfalls allein für steuerliche Zwecke
eine Zwischenbilanz zum Zeitpunkt der Registereintragung erstellt
werden müsste.
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6. Das FA hat aber zu Unrecht die
Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 1
i.V.m. Abs. 3 Satz 2 KStG 1996 bereits im Jahr 1998 hergestellt.
Wie das BMF zutreffend vorgetragen hat, regelt § 2 Abs. 1
UmwStG 1995 seinem Wortlaut und Zweck nach nur die Ermittlung des
Einkommens und des Vermögens der übertragenden sowie der
übernehmenden Körperschaft. Bezogen auf die Verteilung
des Einkommens an die Gesellschafter der übertragenden
Körperschaft enthält er keine Bestimmung. Die
Rückwirkungsfiktion gilt daher nur für die an der
Spaltung beteiligten Rechtsträger, nicht hingegen für
deren Gesellschafter. Für diese bleibt es vielmehr bei dem im
Steuerrecht geltenden Grundsatz, dass Sachverhalte
grundsätzlich nicht auf zurückliegende Zeitpunkte
zurückwirken. Die Herstellung der Ausschüttungsbelastung
bei dem übertragenden Rechtsträger ist daher erst zum
Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses - also zum Zeitpunkt der
zivilrechtlichen Wirksamkeit der Abspaltung - vorzunehmen (vgl.
Senatsurteil vom 14.7.2004 I R 16/03, BFHE 207, 147, BStBl II 2004,
1010 = SIS 04 38 11).
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7. Das FG ist von anderen rechtlichen
Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben und
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen. Die Feststellungen des FG lassen kein
abschließendes Urteil darüber zu, ob der vom FA
angesetzte Aufschlag von 137.834 DM, den das FA zusätzlich zu
den Werten des Gutachtens der Handwerkskammer Dresden vorgenommen
hat, zutreffend ist.
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