Einzelhandels-Filiale, Betriebsaufspaltung: Das einzelne Geschäftslokal eines Filialeinzelhandelsbetriebs ist in aller Regel auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn auf das Geschäftslokal weniger als 10 % der gesamten Nutzfläche des Unternehmens entfällt. - Urt.; BFH 19.3.2009, IV R 78/06; SIS 09 16 47
I. An der P-GmbH (im Folgenden: GmbH) waren
im Streitjahr (2000) neben Herrn M. (1 %) die Eheleute A. zu 75 %
(Frau A.) sowie zu 24 % (Herr A.) beteiligt. Die GmbH unterhielt an
verschiedenen Standorten 10 Verkaufsfilialen in angemieteten
Räumen mit einer Gesamtfläche von 1.931 qm.
Die Filiale in B. befand sich in der
X-Straße 1 und wurde ab Dezember 2000 in das Gebäude
X-Straße 7 verlegt. Das Grundstück war zuvor von den
Eheleuten A. „in Gesellschaft bürgerlichen Rechts“
zum Kaufpreis von 2,6 Mio. DM erworben worden (vermietbare
Fläche: 381 qm; davon Wohnraum 206 qm); Herr und Frau A. waren
an der GbR (Klägerin und Revisionsbeklagte - Klägerin - )
mit jeweils 50 % beteiligt. Das Erdgeschoss (Ladenlokal: 175 qm)
wurde ab November 2000 für monatlich 15.650 DM an die GmbH
verpachtet. Für das Streitjahr ergab sich hieraus ein Verlust
in Höhe von 13.452 DM.
Nach einer von Herrn A. im
finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten und vom Beklagten und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) nicht beanstandeten
Zusammenstellung entfiel von den Umsätzen der GmbH im Dezember
2000 ein Anteil von 10,05 % auf die Filiale X-Straße 7. Der
Umsatzanteil dieser Filiale ging in den folgenden Jahren von
zunächst 9,5 % (2001) schrittweise auf 8,16 % (2004)
zurück; er belief sich (in absoluten Zahlen) im Jahre 2001 auf
rd. 1,8 Mio. DM, im Jahre 2004 auf rd. 0,77 Mio. EUR.
Gemäß der Zusammenstellung hat die GmbH mit Ausnahme des
Jahres 2004 zwar Gewinne erzielt; der Filiale X-Straße 7 sind
jedoch - ohne weitere Erläuterungen - nur Verluste zugeordnet
worden.
Das FA sah das Grundstück
X-Straße 7 als wesentliche Betriebsgrundlage im Sinne der
Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung an. Die zunächst nur
gegenüber Herrn A. ergangene Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags vom 26.11.2001 wurde vom FA mit Bescheid
vom 3.6.2002 aufgehoben, nachdem Herr A. mit Schreiben vom
24.12.2001 erklärt hatte, das Grundstück sei von den
Eheleuten „in Form einer GbR“ erworben worden. Zugleich
teilte das FA am 3.6.2002 Herrn A. mit, dass es die „GbR
zwischen Ihnen und Ihrer Ehefrau“ als Besitzunternehmen
ansehe. Der darauf ergangene Bescheid vom 25.9.2002, mit dem der
Gewerbesteuermessbetrag 2000 auf 0 DM festgesetzt wurde, weist im
Anschriftenfeld die Eheleute A. (jeweils Vor- und Nachname) auf.
Der Erläuterungsteil enthält den Hinweis, dass die
„Schätzung für die Betriebsaufspaltung X-Str. 7
(erfolge)“.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen
Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Zwar sei ein
Betriebsgrundstück nur dann keine wesentliche
Betriebsgrundlage, wenn es für die Betriebsgesellschaft
wirtschaftlich keine oder nur geringe Bedeutung habe. Von Letzterem
sei aber nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 4.11.1992 XI R 1/92 (BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245
= SIS 93 04 29) deshalb auszugehen, weil die GmbH in den
verschiedenen Ladenlokalen gleichartige Tätigkeiten
ausgeübt habe und auf die Filiale X-Straße 7 - bezogen
auf die Gesamtnutzflächen der GmbH - ein Flächenanteil
von nur rd. 9 % (Verhältnis von 175 qm zu 1.931 qm) entfalle.
Auch bestehe mit Rücksicht auf den geringen und zudem
rückläufigen Umsatzanteil (unter 10 %) sowie die
anhaltenden Verluste der Filiale keine Veranlassung, dieses
Ergebnis zu korrigieren (zu weiteren Einzelheiten siehe EFG 2006,
832 = SIS 06 27 87).
Hiergegen wendet sich die vom FG
zugelassene Revision des FA, mit der im Wesentlichen geltend
gemacht wird, dass das - auf „prozentuale
Überlegungen“ gestützte - Urteil des FG den
Besonderheiten von Filialbetrieben nicht gerecht werde.
Insbesondere könne die Wesentlichkeit eines Filialbetriebs
nicht von der Anzahl der Ladengeschäfte abhängen. Hierauf
hat Herr A. namens der GbR (Klägerin) erwidert, dass die Frage
der wirtschaftlichen Bedeutung nicht im Hinblick auf die einzelne
Filiale zu beantworten sei. Auch habe die GbR durch die
Grundstücksvermietung keinen beherrschenden Einfluss auf die
GmbH ausüben können.
Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
1. Zutreffend ist das FG von der
Zulässigkeit der Klage ausgegangen.
a) Obwohl mit dem angefochtenen Bescheid der
Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM festgesetzt wurde, ist das
Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen, da die Gewerbesteuerpflicht
der GbR (zu deren Klägerstellung s. unten) schlechthin
bestritten und deshalb die ersatzlose Aufhebung der angegriffenen
Bescheide erstrebt wird (vgl. BFH-Urteile vom 18.1.1984 I R 138/79,
BFHE 140, 463, BStBl II 1984, 451 = SIS 84 10 16; vom 29.1.1997 XI
R 23/96, BFHE 182, 216, BStBl II 1997, 437 = SIS 97 10 28;
BFH-Beschluss vom 4.4.2008 IV R 91/06, BFH/NV 2008, 1298 = SIS 08 28 01, m.w.N.). Auch steht der Zulässigkeit der Klage
betreffend den Gewerbesteuermessbetrag 2000 nicht entgegen, dass
die zunächst auch gegen die Feststellung des
vortragsfähigen Verlustes gemäß § 10a des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zum 31.12.2000 gerichtete Klage
zurückgenommen worden ist. Ungeachtet dessen, dass dem
Verlustfeststellungsbescheid - als Grundlagenbescheid -
Bindungswirkung für die Ermittlung des Steuermessbetrags in
den folgenden Erhebungszeiträumen zukommt (vgl. BFH-Urteil vom
22.10.2003 I R 18/02, BFHE 204, 273, BStBl II 2004, 468 = SIS 04 05 86; Blümich/von Twickel, § 10a GewStG Rz 104, jeweils
m.w.N.), ist insoweit zu berücksichtigen, dass die personelle
Zurechnung der vortragsfähigen Fehlbeträge im
Gewerbesteuermessbescheid vorgegeben wird (BFH-Urteil vom 28.2.2001
I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293 = SIS 01 75 72) und deshalb nach
§ 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG bei Stattgabe der anhängigen
Klage auch der an die Klägerin gerichtete
Verlustfeststellungsbescheid aufzuheben wäre (vgl.
Senatsurteil vom 25.9.2008 IV R 80/05, BFH/NV 2009, 482 = SIS 09 00 48, m.w.N.).
b) Allerdings ist im Hinblick auf die
Beteiligtenbezeichnung klarzustellen und das Rubrum des
vorinstanzlichen Urteils dahin zu berichtigen, dass die Klage nicht
von den Eheleuten A., sondern von der GbR erhoben worden ist (vgl.
zur Befugnis des Revisionsgerichts zur Auslegung von
Prozesserklärungen z.B. BFH-Urteil vom 20.4.1999 VIII R 81/94,
BFH/NV 1999, 1457 = SIS 99 53 01; Senatsbeschluss vom 28.11.2008 IV
R 87/05, juris, jeweils m.w.N.).
aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist
eine Personengesellschaft, die einen Gewerbebetrieb unterhält,
Subjekt der Gewerbesteuer. Dies gilt auch für eine GbR, und
zwar insbesondere dann, wenn - wie im Streitfall - das der GbR
dienende Wirtschaftsgut (Grundstück X-Straße 7) im
Gesamthandsvermögen der Gesellschaft gehalten wird (vgl.
BFH-Urteil vom 9.9.1993 IV R 31/92, BFH/NV 1994, 266; zur
Grundbucheintragung s. Palandt/Bassenge, Bürgerliches
Gesetzbuch, 68. Aufl., Überbl v § 873 Rz 9). Ein gegen
die GbR als Steuerschuldnerin gerichteter Gewerbesteuermessbescheid
kann deshalb grundsätzlich nur von der Gesellschaft
angefochten werden. Ergeht der Bescheid hingegen - in Verkennung
der materiellen Rechtslage - gegenüber dem Gesellschafter, so
ist dieser auch befugt, im eigenen Namen Klage zu erheben
(BFH-Urteil vom 25.7.2000 VIII R 32/99, BFH/NV 2001, 178 = SIS 01 52 39, m.w.N.).
bb) Der im anhängigen Verfahren
angefochtene Gewerbesteuermessbescheid vom 25.9.2002 ist, was auch
in der Revisionsinstanz ohne Bindung an die Würdigung des FG
noch geschehen kann (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6.
Aufl., § 118 Rz 25), dahin auszulegen, dass er sich gegen die
GbR (Klägerin) als Inhaltsadressatin richtet.
(1) Die Angabe, wem gegenüber der
Einzelfall geregelt werden soll, ist für die inhaltliche
Bestimmtheit eines jeden Verwaltungsakts unverzichtbar (vgl. §
119 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ). Dementsprechend ist auch
der Gewerbesteuermessbetrag gegenüber einem bestimmten
Steuerschuldner als Inhaltsadressat eines solchen Verwaltungsakts
festzusetzen (§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO; § 157 Abs. 1 Satz 2
AO). Allerdings muss der Steuerschuldner in dem Bescheid nicht
ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Ausreichend ist
vielmehr, wenn er sich nach dem objektiven Erklärungsgehalt
des Bescheids aus der Sicht des Empfängers im Wege der
Auslegung zweifelsfrei bestimmen lässt (vgl. § 124 Abs. 1
Satz 2 AO; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom
28.1.1998 II R 40/95, BFH/NV 1998, 855 = SIS 98 11 06).
Heranzuziehen sind hierbei nicht nur die dem Bescheid
beigefügten Erklärungen (BFH-Urteil vom 27.8.2003 II R
18/02, BFH/NV 2004, 203 = SIS 04 04 87), sondern darüber
hinaus auch die dem/den Betroffenen bekannten Umstände
(BFH-Urteil vom 19.8.1999 IV R 34/98, BFH/NV 2001, 409 = SIS 01 58 01).
(2) Nach diesen Grundsätzen steht der
Bestimmung der GbR als Inhaltsadressatin des Bescheids vom
25.9.2002 nicht entgegen, dass sie in dem Verfügungsteil
dieses Verwaltungsakts nicht ausdrücklich benannt worden ist.
Zu berücksichtigen ist hierbei nicht nur, dass die im
Anschriftenfeld genannten Eheleute A. alleinige Gesellschafter der
GbR waren (vgl. zur Bezeichnung einer GbR BFH-Beschluss vom
25.2.2008 XI B 198/06, BFH/NV 2008, 744 = SIS 08 17 21). Hinzu
kommt vor allem, dass das FA auf die Erklärung von Herrn A.
vom 24.12.2001, das Grundstück sei „in Form einer GbR
gekauft“ worden, die zunächst gegenüber Herrn
A. ergangene Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags aufgehoben
und ihm gegenüber mit dem Schreiben vom 3.6.2002 erklärt
hat, von einer aus den Eheleuten gebildeten „GbR als
Besitzunternehmen“ auszugehen. Da diese
(materiell-rechtliche) Würdigung des FA aber offensichtlich
zugleich die Grundlage für den Hinweis im
Erläuterungsteil des Bescheids vom 25.9.2002
(„Schätzung ... für ... Betriebsaufspaltung
X-Straße 7“) gebildet hat, konnte aus der
maßgeblichen Sicht der Eheleute A. kein Zweifel daran
bestehen, dass das FA mit diesem Bescheid den
Gewerbesteuermessbetrag gegenüber der GbR festsetzen
wollte.
(3) Aus dem Vorstehenden ergibt sich des
Weiteren, dass die Einspruchsentscheidung des FA an die GbR als
Einspruchsführerin gerichtet war und von dieser auch die Klage
erhoben worden ist. Zudem ist - wovon auch die Revisionserwiderung
zutreffend ausgeht - auch das vorinstanzliche Urteil gegenüber
der GbR (Klägerin) ergangen und diese am Revisionsverfahren
beteiligt.
2. Die Revision hat auch in der Sache
Erfolg.
Ein Gewerbebetrieb gemäß § 2
Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 1
des Einkommensteuergesetzes (EStG) kraft Betriebsaufspaltung
erfordert neben der vorliegend unstreitigen personellen
Verflechtung von Betriebs- und Besitzunternehmen (vgl. zur sog.
Personengruppentheorie Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 15
Rz 823, m.w.N.), dass beide Unternehmen sachlich miteinander
verflochten sind (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 = SIS 72 00 39). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist im Streitfall auch
letztere Voraussetzung erfüllt.
a) Die Auffassung des FG kann sich allerdings
- im Ausgangspunkt - auf die Grundsätze des BFH-Urteils in
BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 = SIS 93 04 29 (betreffend den
Betrieb von sechs Supermärkten) stützen. Der XI. Senat
des BFH ist bei dieser Entscheidung einerseits von der
ständigen Rechtsprechung ausgegangen, nach der
Grundstücke in Innenstadt-, aber auch in Ortsrandlagen, die
zum Zwecke des Betriebs eines Einzelhandelsunternehmens
überlassen werden, angesichts der Bindung des Kundenkreises in
aller Regel eine (funktional) wesentliche Betriebsgrundlage
für das Betriebsunternehmen darstellen und deshalb geeignet
sind, die sachliche Verflechtung mit dem Besitzunternehmen zu
begründen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12.2.1992 XI R 18/90,
BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723 = SIS 92 16 20:
Getränkeeinzelhandel; vom 7.8.1990 VIII R 110/87, BStBl II
1991, 336 = SIS 91 10 21: Möbeleinzelhandel; vom 26.8.1993 IV
R 48/91, BFH/NV 1994, 265: Möbelhandel in Ortsrandlage; vom
17.11.1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233 = SIS 93 03 17: Pelzhandel einschließlich Reparatur). Andererseits
führt das BFH-Urteil in BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 =
SIS 93 04 29 aus, dass dann, wenn ein Betriebsunternehmen mehrere
von Dritten angemietete Grundstücke (im Folgenden:
Fremdgrundstücke) nutze, die Überlassung eines einzelnen
Grundstücks durch die beherrschenden Gesellschafter (im
Folgenden: Gesellschafter- oder Eigentümergrundstück) von
nur untergeordneter wirtschaftlicher - und damit nicht wesentlicher
- Bedeutung sein könne. Unter Bezugnahme auf die (damalige)
Rechtsprechung des BFH, nach der ein Grundstück keine
wesentliche Betriebsgrundlage sei, wenn das Betriebsunternehmen
jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Objekt
kaufen oder mieten könne (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.10.1991
VIII R 77/87, BFHE 166, 82, BStBl II 1992, 334 = SIS 92 03 19), sei
für die Frage der untergeordneten Bedeutung darauf
abzustellen, ob die Gesellschafter in der Lage seien, (durch die
Grundstücksüberlassung) einen beherrschenden Einfluss auf
das Betriebsunternehmen auszuüben (vgl. insbesondere
BFH-Urteil vom 12.11.1985 VIII R 342/82, BFHE 145, 396, BStBl II
1986, 299 = SIS 86 07 12, unter 4.b der Gründe). Dies wiederum
erfordere die Unterscheidung zwischen den Fällen der
unterschiedlichen Nutzung der Grundstücke sowie denjenigen der
gleichartigen Grundstücksnutzung (ebenso BFH-Urteil in BFHE
166, 82, BStBl II 1992, 334 = SIS 92 03 19). Während in der
zuerst genannten Fallgruppe die Bedeutung des
Gesellschaftergrundstücks für das Unternehmen der
Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu
beurteilen sei (sog. Funktionsrelation), sei bei gleichartiger
Nutzung von Fremd- und Gesellschaftergrundstücken - also
beispielsweise bei Einzelhandelsfilialen - darauf abzustellen,
welcher prozentuale Anteil dem Gesellschaftergrundstück an der
Gesamtfläche des Unternehmens zukomme (sog.
Größenrelation; ähnlich Senatsurteil vom 26.3.1992
IV R 50/91, BFHE 168, 96, BStBl II 1992, 830, 831 = SIS 92 17 25).
Im entschiedenen Fall hat der XI. Senat des BFH von der Festlegung
einer allgemein gültigen Größenrelation abgesehen,
jedoch mit Rücksicht auf den Flächenanteil des auf dem
Gesellschaftergrundstück unterhaltenen Supermarkts (22 %) eine
nur geringe wirtschaftliche Bedeutung verneint. Zugleich hat er
aber darauf hingewiesen, dass selbst ein Flächenanteil von 22
% dann von untergeordneter Bedeutung sein könne, wenn er
infolge außergewöhnlicher sonstiger Faktoren (z.B.
geringe Umsätze oder Gewinne) gegenüber den anderen
Betriebsteilen „aus dem Rahmen falle“ (vgl. dazu
Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 1993, 116,
118: „(Rück-)Vorbehalt“).
b) Das BFH-Urteil in BFHE 169, 452, BStBl II
1993, 245 = SIS 93 04 29 ist in der Literatur teilweise auf
Zustimmung gestoßen, wobei die Vorschläge zur Bestimmung
der „kritischen Größenrelation“
zwischen „ungefähr 20 %“ (W.G., Anm. DStR
1993, 272) und „maximal 10 %“ (Gosch, StBp 1993,
116, 117; gl.A. Anm. HFR 1993, 306) schwanken (vgl. nunmehr auch
BFH-Urteile vom 21.6.2001 III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II 2002,
537 = SIS 01 13 91: 16 % bezüglich Spielhallenvermietung nicht
untergeordnet; vom 13.12.2005 XI R 45/04, BFH/NV 2006, 1453 = SIS 06 30 39: Büroflächenanteil von 7,45 % bei Werbeagentur
in Verbindung mit Sitzverlegung unwesentlich). Andere Autoren haben
an dem Urteil des XI. Senats in BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 =
SIS 93 04 29 hingegen Kritik geübt. Zum einen wurde -
ausgehend von einer Grenzziehung in Höhe von 10 % - darauf
hingewiesen, dass die Anzahl der Fremdfilialen nicht über die
untergeordnete Bedeutung der Gesellschafterfiliale entscheiden
könne und im Übrigen das Urteil des XI. Senats insofern
nicht überzeugend sei, als mit dem Vorbehalt zugunsten einer
funktionalen Betrachtung die getroffene Zweiteilung
(unterschiedliche versus gleichartige Grundstücksnutzung)
selbst in Frage gestellt werde (SP, DStR 1993, 429). Zum Teil wird
vertreten, dass letztlich das wirtschaftliche Gewicht der
Gesellschafterfiliale den Ausschlag geben müsse und deshalb
darauf abzustellen sei, ob das vom Gesellschafter überlassene
Grundstück den Betrieb eines der Betriebsstätte
(Filialbetrieb) vergleichbaren selbständigen Unternehmens
gestatte (Kempermann, FR 1993, 593, 598). Auch sei - beispielsweise
zur Vermeidung „unfreiwilliger“ Betriebsaufgaben
(z.B. bei Eröffnung weiterer Filialen; Carlé/Bauschatz
in Korn, § 15 EStG Rz 451) - die Ansicht des XI. Senats um ein
quantitatives Merkmal (absolute Unwesentlichkeitsgrenze) zu
ergänzen (Bitz in Littmann/Bitz/ Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 15 Rz 345; Gluth in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 811).
c) Der erkennende Senat schließt sich
diesen Einwänden - nach Maßgabe der folgenden
Ausführungen - an.
aa) Auszugehen ist hierbei davon, dass nach
der jüngeren Rechtsprechung des BFH die Zuordnung eines
Grundstücks zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht daran
scheitert, dass das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein
für seine Belange gleichwertiges Objekt kaufen oder mieten
kann (vgl. BFH-Urteil vom 26.5.1993 X R 78/91, BFHE 171, 476, BStBl
II 1993, 718 = SIS 93 20 40; sog. Dachdecker-Urteil).
(1) Aus dieser - im Einvernehmen mit dem XI.
Senat vorgenommenen - Rechtsprechungskorrektur folgt zunächst,
dass die Überlassung eines Grundstücks an die
Betriebsgesellschaft auch dann die sachliche Verflechtung beider
Unternehmen zu begründen vermag, wenn - abweichend vom
Ausgangspunkt des BFH-Urteils in BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245
= SIS 93 04 29 - die Grundstücksüberlassung als solche
keinen beherrschenden Einfluss auf das Betriebsunternehmen
vermittelt. Entgegen der Einschätzung des FG ergibt sich
anderes nicht aus dem zu einem Zwischenmietverhältnis
ergangenen BFH-Urteil vom 28.11.2001 X R 50/97 (BFHE 197, 254,
BStBl II 2002, 363 = SIS 02 04 15). Zwar enthält diese
Entscheidung die - auch im BFH-Urteil vom 21.8.1996 X R 25/93 (BFHE
181, 284, BStBl II 1997, 44 = SIS 97 04 19) verwendete -
Formulierung, „die Überlassung einer wesentlichen
Betriebsgrundlage fungiere als unternehmerisches Instrument der
Beherrschung“. Diese Aussage steht jedoch (erkennbar)
ausschließlich im Zusammenhang mit der Erörterung der
zwischen den Beteiligten allein streitigen Frage nach der
personellen Verflechtung, wenn das Grundstück einem
Zwischenmieter überlassen und von diesem an das
Betriebsunternehmen weitervermietet wird. Sie will deshalb - in
verkürzter, möglicherweise missverständlicher Weise
- lediglich besagen, dass zur Begründung einer
Betriebsaufspaltung sich „der Beherrschungswille auf das
Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen
Betriebsgrundlage beziehen muss“ (BFH-Urteil in BFHE 197,
254, BStBl II 2002, 363 = SIS 02 04 15; vgl. dazu auch BFH-Urteil
vom 5.6.2008 IV R 76/05, BFHE 222, 284, BStBl II 2008, 858 = SIS 08 31 25). Weiter gehende Anforderungen an die sachliche Verflechtung
sind hiermit nicht verbunden. Insbesondere kann der wiedergegebenen
Wendung kein Anhalt dafür entnommen werden, dass der X. Senat
von den Grundsätzen seines Urteils in BFHE 171, 476, BStBl II
1993, 718 = SIS 93 20 40 (Dachdecker; s.o.) oder von der
ständigen Rechtsprechung abrücken wollte, nach der die
sachliche Verflechtung bereits bei Überlassung (nur) einer
wesentlichen Betriebsgrundlage zu bejahen ist (z.B. BFH-Urteil vom
24.8.1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014 = SIS 89 23 25; HHR/Gluth, § 15 EStG Rz 810, m.w.N.).
(2) Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils
in BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718 = SIS 93 20 40
(Dachdeckerbetrieb) ist es weiterhin auch nicht (mehr)
gerechtfertigt, das wirtschaftliche Gewicht eines
Gesellschafter-Grundstücks im Falle der gleichartigen Nutzung
weiterer Fremdgrundstücke durch die Betriebsgesellschaft
ausschließlich nach dem Nutzflächenverhältnis zu
bestimmen. Maßgeblich ist vielmehr die Frage danach, ob dem
überlassenen Gesellschafter-Grundstück im Rahmen aller
das Betriebsunternehmen kennzeichnenden Umstände (sog.
Gesamtbildbetrachtung) eine funktional nicht nur untergeordnete
Bedeutung zukommt (gl.A. z.B. BFH-Urteile vom 24.10.2001 X R
118/98, BFH/NV 2002, 1130 = SIS 02 86 85: Reisebüro; vom
13.2.1996 VIII R 39/92, BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409 = SIS 96 14 26: zu § 16 EStG betreffend dem Einzelhandel dienende
Grundstücksteile; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 808,
m.w.N.). Hiermit übereinstimmend hat der XI. Senat des BFH
selbst im Falle der Überlassung von in einem Einfamilienhaus
(EFH) belegenen Büroräumen an eine Werbeagentur deren
untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung nicht allein aus dem
quantitativen Merkmal des geringen Flächenanteils (7,45 %)
abgeleitet; tragend sei vielmehr (auch), dass der räumliche
und funktionale Mittelpunkt sich nicht mehr in dem EFH befinde
(BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1453 = SIS 06 30 39).
bb) Überträgt man diese
Grundsätze auf den Streitfall, so ist zu berücksichtigen,
dass die GmbH ein Einzelhandelsunternehmen mit im Streitjahr 10
Geschäftslokalen (örtlichen Niederlassungen) betrieben
hat. Diese Art der Unternehmensführung ist somit neben
Aspekten der Rationalisierung und Kosteneinsparung (z.B. beim
Wareneinkauf) vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht nur
die Stamm- und Laufkundschaft eines Geschäftslokals, sondern
die Käufer an den verschiedenen Standorten anspricht (vgl.
z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1130 = SIS 02 86 85: betreffend
Reisebüro). Dementsprechend sind Filialunternehmen -
jedenfalls primär - darauf gerichtet, aus der Summe der in den
einzelnen Filialen erzielten Erträge einen möglichst
hohen Gesamtgewinn zu erzielen. Zudem eröffnet diese
Betriebsstruktur die Möglichkeit, das unternehmerische Risiko
dadurch zu verringern, dass die an einem Standort angefallenen
Verluste durch die Gewinne der anderen Filialen ausgeglichen werden
(Diversifikation).
aaa) Der einzelnen Betriebsstätte kann
hiernach selbst dann keine wirtschaftlich untergeordnete Bedeutung
beigemessen werden, wenn das Gesamtunternehmen über mehr als
10 - jeweils vergleichbare - Filialen verfügt oder die
einzelne Betriebsstätte z.B. angesichts ihrer Größe
oder ihres Umsatzes einen - gemessen an der Anzahl aller Standorte
- nur unterproportionalen Erfolgsbeitrag leistet. Für diese
Einschätzung spricht nicht nur die dargelegte funktionale
Einbindung der Filialen in das unternehmerische Gesamtkonzept der
Standortverteilung. Hinzu kommt, dass auch der Entscheidung
zugunsten des einzelnen Geschäftslokals die (unternehmerische)
Prognose vorausgehen wird, in einem bestimmten örtlichen
Umfeld einen möglichst großen Kundenkreis zu gewinnen
(oder zu erhalten).
bbb) Der Senat setzt sich mit dieser
Würdigung nicht in Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, nach
der in Fällen der Hofübergabe der Rückbehalt land-
und forstwirtschaftlicher Teilflächen in geringfügigem
Umfang einer Betriebsübertragung zu Buchwerten (§ 6 Abs.
3 EStG) nicht entgegensteht. Zwar wird insoweit einem
Flächenanteil von 10 % grundsätzlich keine wesentliche
Bedeutung zugemessen. Indes ist hierin keine allgemein-gültige
Freigrenze zu sehen. Der Anteilssatz (10 %) gibt vielmehr nur
„im Allgemeinen einen Anhaltspunkt“ für das
Vorliegen wesentlicher Betriebsgrundlagen (vgl. - zusammenfassend -
Senatsurteil vom 24.2.2005 IV R 28/00, BFH/NV 2005, 1062 = SIS 05 25 86); er ist zudem auf die Verhältnisse land- und
forstwirtschaftlicher Betriebe zugeschnitten und kann schon deshalb
auf die vorliegend zu beurteilenden Besonderheiten von
Filialunternehmen nicht übertragen werden. Nichts anderes gilt
im Ergebnis im Hinblick auf die Rechtsprechung, nach der ein
gemäß den §§ 16, 34 EStG begünstigter
Veräußerungsgewinn auch dann vorliegt, wenn der
Veräußerer Kundenbeziehungen zurückbehält, auf
die in den letzten drei Jahren weniger als 10 % entfallen sind. Die
Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 14.1.2004 X R 37/02, BFHE 205,
96, BStBl II 2004, 493, 497 = SIS 04 10 81) beruht - in Verbindung
mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - auf
einer normspezifischen Auslegung des für die Inanspruchnahme
der Tarifbegünstigung (§§ 16, 34 EStG)
erforderlichen Merkmals der Beendigung der bisherigen betrieblichen
Tätigkeit (s. hierzu BFH-Urteil vom 12.6.1996 XI R 56, 57/95,
BFHE 180, 436, BStBl II 1996, 527 = SIS 96 19 14). Sie lässt
mithin - jedenfalls für den Zeitraum vor der
Betriebsveräußerung - die Zuordnung der
Kundenbeziehungen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen
unberührt und vermag somit auch nicht die Frage zu
beeinflussen, ob das für Zwecke eines Filialbetriebs genutzte
Gesellschafter-Grundstück eine sachliche Verflechtung
begründet. Im Einklang hiermit hat der BFH mit Urteil in BFHE
180, 278, BStBl II 1996, 409 = SIS 96 14 26 betont, dass das
Tarifprivileg der §§ 16, 34 EStG nicht nur die
Einstellung der gewerblichen Tätigkeit, sondern - abgesehen
vom Rückbehalt geringer Kundenbeziehungen - zusätzlich
und „ausnahmslos“ die Veräußerung
aller wesentlichen Betriebsgrundlagen erfordert (Schmidt/ Wacker,
a.a.O., § 16 Rz 100).
ccc) Der Senat stimmt mithin der im Schrifttum
vertretenen Ansicht (Kempermann, FR 1993, 593, 598) zu, nach der
bei Filialunternehmen (jedenfalls) dann von einer wesentlichen
Betriebsgrundlage auszugehen ist, wenn das überlassene
Grundstück den Betrieb eines - der Filiale vergleichbaren -
eigenständigen Unternehmens gestattet. Aber selbst dann, wenn
dies - entsprechend der im finanzgerichtlichen Verfahren
vorgelegten Zusammenstellung, nach der in der Filiale
X-Straße 7 ab der Zeit ihres Bestehens (12/2000) bis
einschließlich 2004 nur Verluste erzielt worden sind -
mangels hinreichender Ertragskraft nicht der Fall gewesen sein
sollte, wäre im Streitfall gleichwohl die sachliche
Verflechtung zu bejahen. Zum einen deshalb, weil der Umstand, dass
ein solches (verlustbringendes) Geschäftslokal nicht
geschlossen wird, regelmäßig den Schluss zulässt,
dass nach dem (maßgeblichen; s.o.) Betriebskonzept der GmbH
gerade die Präsenz des Unternehmens an diesem Standort (B.)
für das Gesamtunternehmen von nicht untergeordneter
wirtschaftlicher Bedeutung ist. Zum anderen ist zu
berücksichtigen, dass die Filiale X-Straße 7 im Dezember
2000 in einer Entfernung von nur 50 m vom bisherigen und seit 1990
bestehenden Standort (X-Straße 1) eröffnet wurde und
auch diese Entscheidung nur den Schluss zulässt, dass die neue
Filiale (X-Straße 7) nach Einschätzung aus Sicht des
Betriebsunternehmens einen signifikanten (d.h. wirtschaftlich nicht
untergeordneten) Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten werde.
ddd) Wenngleich es somit für die Annahme
der sachlichen Verflechtung weder auf den exakten
Nutzflächenanteil der Filiale X-Straße 7 noch auf deren
Umsatzanteil oder die Höhe der dort erzielten Gewinne/Verluste
ankommt, weist der Senat zur Vermeidung von Missverständnissen
darauf hin, dass die zu letzteren Kennzahlen eingereichte
Zusammenstellung den Senat nicht bindet (§ 118 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Abgesehen davon, dass das FG keine
Feststellungen zu den mit der Eröffnung der Filiale
X-Straße 7 erwarteten Umsätzen und Gewinnen getroffen,
sondern seiner Entscheidung lediglich die tatsächlich in den
Jahren 2000 bis 2004 erzielten Werte zugrunde gelegt hat, kann der
Aufstellung bereits deshalb keine Bindungswirkung zukommen, weil
sie jegliche Erläuterung zum Maßstab der Verteilung des
Gesamtgewinns auf die einzelnen Filialen vermissen lässt (vgl.
dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 55, m.w.N.). Zudem
hätte es - ausgehend von den eingereichten Daten - der
Aufklärung bedurft, ob die Ertragssituation in der Filiale
X-Straße 7 durch eine nicht fremdübliche Miete
beeinflusst worden ist.
eee) Der Senat kann gleichfalls offenlassen,
ob die Überlassung einzelner Gesellschafter-Grundstücke
an das im Übrigen auf Fremdgrundstücken betriebene
Filialunternehmen einer (Betriebs-)Gesellschaft unter bestimmten
Voraussetzungen von wirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sein
kann. Dies könnte (ausnahmsweise) in quantitativer Hinsicht zu
erwägen sein, wenn in Fällen der gemischten
Grundstücksnutzung der der/n Gesellschafterfiliale/n
zuzuordnende Anteil die in § 8 der
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) genannten
Grenzen nicht unterschreitet (offen Senatsurteil vom 13.7.2006 IV R
25/05, BFHE 214, 343, BStBl II 2006, 804 = SIS 06 38 93, unter 3.
der Gründe; bejahend Kempermann, HFR 2006, 1213;
zurückhaltend Pfützenreuter, juris PR-SteuerR 46/2006
Anm. 4). Ebenso könnte unter qualitativen Gesichtspunkten eine
Ausnahme in Betracht kommen, wenn das
Gesellschafter-Grundstück der nur kurzfristigen
Überbrückung bis zum Bezug des endgültigen
Filialstandorts dient. Im anhängigen Verfahren ist hierzu
jedoch nicht abschließend Stellung zu nehmen, da der
Streitfall - was keiner weiteren Erläuterung bedarf - keinem
der genannten Ausnahmekonstellationen entspricht.
cc) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die
Bestimmung der Wesentlichkeit des überlassenen Grundbesitzes
nach dem funktionalen Gewicht für das Betriebsunternehmen
vermag der Senat nicht zu erkennen. Demgemäß ist auch in
den Erwägungen dieses Urteils lediglich eine Konkretisierung
der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundsätze
über die Betriebsaufspaltung zu sehen (vgl. Beschlüsse
des Bundesverfassungsgerichts vom 14.1.1969 1 BvR 136/62, BStBl II
1969, 389 = SIS 69 02 50; vom 26.10.2004 2 BvR 246/98, HFR 2005, 56
= SIS 05 04 91). Zudem nimmt die Ansicht des Senats, dass im
Regelfall auch die Überlassung nur eines
Gesellschafter-Grundstücks an eine
Filial-Einzelhandelsgesellschaft (Betriebsgesellschaft) die
sachliche Verflechtung begründet, die Einwände des
Schrifttums auf und führt damit - insbesondere in Fällen
expansiver Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens -
zu größerer Rechtssicherheit (Vermeidung von
Betriebsaufgaben; vgl. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz
865).
dd) Der Senat weicht mit den vorstehenden
Ausführungen nicht von den Grundsätzen des BFH-Urteils in
BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 = SIS 93 04 29 ab. Einer Anfrage
gemäß § 11 Abs. 3 FGO bedarf es mithin nicht. Wie
bereits erläutert (vgl. Abschn. II.2.a und 2.c aa), beruht das
Urteil des XI. Senats in BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 = SIS 93 04 29 auf der früheren und - unter Zustimmung des XI. Senats -
mit BFH-Urteil in BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718 = SIS 93 20 40
(sog. Dachdecker-Urteil) aufgegebenen Rechtsprechung des BFH (vgl.
Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 11 FGO Rz
42). Hinzu kommt, dass die Ausführungen des XI. Senats zur
(vorrangigen) Maßgeblichkeit der sog.
Größenrelation bei gleichartiger Grundstücksnutzung
erkennbar nicht tragend waren. Zum einen deshalb, weil das
BFH-Urteil in BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 = SIS 93 04 29 auf
die Festlegung einer allgemeinen Mindestgrenze verzichtet hat; zum
anderen hat der XI. Senat - wie gleichfalls bereits dargelegt -
auch eine funktionale Betrachtung vorgenommen und auch hiernach die
Wesentlichkeit der Grundstücksüberlassung (betreffend
Supermarkt) bejaht. Der erkennende Senat weicht ferner nicht vom
BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1453 = SIS 06 30 39 ab. Das Urteil
betrifft die Überlassung von Büroräumen mit einem
Flächenanteil von 7,45 % in Verbindung mit der Verlegung des
Betriebssitzes; vorliegend ist hingegen über ein
Einzelhandelsunternehmen in Form von Filialbetrieben und damit
über einen nicht vergleichbaren Sachverhalt zu entscheiden
(vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 11 Rz 4).