Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 18.01.2017 - 10 K 3615/14
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, ist die
Konzernobergesellschaft der A-Gruppe. Im Jahr 2006 (Streitjahr) war
sie mittelbar zu 100 % an der A B.V. (BV) mit Sitz in den
Niederlanden beteiligt. Daneben hielt sie u.a. eine 100 %ige
Beteiligung an der A GmbH (GmbH), welche ihrerseits zu 49,99 % an
der A AG (AG) beteiligt war. Die restlichen 50,01 % der Anteile an
der AG wurden unmittelbar von der Klägerin gehalten.
|
|
|
2
|
Die bei der Klägerin
durchgeführte steuerliche Betriebsprüfung betreffend die
Jahre 2005 bis 2007 führte u.a. zu folgenden
Feststellungen:
|
|
|
3
|
Am … Juli 2004 war durch die BV eine
Umtauschanleihe ausgegeben worden. Aufgrund Ersetzungsvertrags vom
… September 2004 übernahm die Klägerin
sämtliche Verpflichtungen aus der Emittentenstellung im Wege
der befreienden Schuldübernahme. Nach den Anleihebedingungen
handelte es sich bei der ausgegebenen Anleihe um eine mit 2,65 %
p.a. niedrig verzinste Umtauschanleihe (Kombination aus niedrig
verzinslicher Anleihe und Anspruch auf Erwerb von Aktien) in einem
Gesamtbetrag von ca. … EUR (… Schuldverschreibungen im
Nennbetrag zu je … EUR) mit einer vorgesehenen Laufzeit von
drei Jahren, d.h. bis zum … Juli 2007. Zum Ende dieser
Laufzeit waren die Schuldverschreibungen an die
Anleihegläubiger zurückzuzahlen. Alternativ dazu hatten
die Anleihegläubiger das Recht, ihre Schuldverschreibungen
innerhalb eines bestimmten Ausübungszeitraums zu einem fest
vereinbarten, dem damaligen Kurswert der Aktien entsprechenden
Umtauschkurs von … EUR (bzw. ab Mai 2006 … EUR) je
Aktie in Stückaktien der AG umzutauschen. Sämtliche
für einen derartigen Umtausch der Schuldverschreibungen
vorgesehenen Aktien der AG befanden sich zum Zeitpunkt der Begebung
der Umtauschanleihe noch in der Hand der GmbH. Diese hatte die
Aktien ihrerseits ursprünglich zu einem Kurs von … EUR
je Aktie erworben und mit diesem Wert in ihrer Steuerbilanz
ausgewiesen. Mit der wirksamen Ausübung des Umtauschrechts
endeten nach den Anleihebedingungen die Rechte des ausübenden
Anleihegläubigers aus der Anleihe. Die Klägerin hatte
ihrerseits das Recht, bei Ausübung des Umtauschrechts durch
die Anleihegläubiger anstelle der Lieferung von Aktien einen
sog. „Barausgleichsbetrag“ an die Gläubiger zu
zahlen. Ferner war die Klägerin berechtigt, die
Schuldverschreibungen aus Gründen einer dauerhaften Steigerung
des Aktienkurses der Aktien vorzeitig zu kündigen und an die
Anleihegläubiger zurückzuzahlen. Die Ausgabe der
Umtauschanleihe in 2004 bildete die Klägerin handels- sowie
steuerbilanziell zunächst durch Passivierung einer
Anleiheverbindlichkeit in Höhe des Nominalwerts der insgesamt
ausgegebenen Schuldverschreibungen von … EUR ab.
|
|
|
4
|
Nach Begebung der Umtauschanleihe kam es zu
erheblichen Wertsteigerungen der Aktien der AG. Zum 31.12.2005
hatten die Aktien bereits einen durchschnittlichen Kurswert von ca.
je … EUR. Nach einem zwischenzeitlichen Teilrückkauf von
Schuldverschreibungen in Höhe eines Nominalbetrags von …
EUR im Oktober 2005 nahm die Klägerin aufgrund der
Kurswertentwicklung der Aktie in ihrer zusammen mit der
Körperschaftsteuererklärung für 2005 beim Beklagten
und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) eingereichten
Steuerbilanz auf den 31.12.2005 eine aufwandswirksame Aufstockung
der Anleiheverbindlichkeit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3
i.V.m. Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr
geltenden Fassung (EStG) um … EUR auf den höheren
Teilwert von … EUR vor.
|
|
|
5
|
Handelsrechtlich bildete die Klägerin
zum 31.12.2005 eine Bewertungseinheit zwischen den in ihrem Bestand
befindlichen Aktien der AG und der aus der Umtauschanleihe
resultierenden Anleiheverbindlichkeit. Dementsprechend belief sich
der Ausweis der Anleiheverbindlichkeit - abweichend von der
Steuerbilanz - weiterhin auf … EUR. Aufgrund der gebildeten
Bewertungseinheit verzichtete die Klägerin handelsrechtlich
auf die Bildung einer darüber hinausgehenden Rückstellung
für ungewisse Verbindlichkeiten aus der
Umtauschanleihe.
|
|
|
6
|
Bis Juli 2006 war der Kurswert der Aktien
noch weiter auf durchschnittlich … EUR je Aktie angestiegen.
Aus diesem Grunde machte die Klägerin am 3.7.2006 von ihrem
Recht zur vorzeitigen Kündigung der Schuldverschreibungen
wegen dauerhafter Steigerung des Aktienkurses Gebrauch. Die
Anleihegläubiger hatten daraufhin bis zum 24.7.2006 die
Möglichkeit, ihr Umtauschrecht wahrzunehmen und ihre
Schuldverschreibungen in Aktien umzutauschen. Diese
Möglichkeit nutzten fast alle Anleihegläubiger, lediglich
hinsichtlich … Schuldverschreibungen wurde das Umtauschrecht
nicht ausgeübt, so dass die Klägerin diese am 31.7.2006
zum Nominalwert von rd. … EUR an die Gläubiger
zurückzahlte.
|
|
|
7
|
Zur Erfüllung ihrer hinsichtlich der
übrigen Schuldverschreibungen nach Ausübung des
Umtauschrechts gegenüber den Gläubigern bestehenden
Aktienlieferungsverpflichtung erwarb die Klägerin von der GmbH
im Juni/Juli 2006 insgesamt … Aktien der AG gemäß
den Bedingungen eines bereits am 12.5.2006 geschlossenen
Aktienlieferungsvertrags. Danach hatte sich die Klägerin
gegenüber der GmbH zur Zahlung eines Kaufpreises in Höhe
des aktuellen Marktkurses der Aktien am Liefertag verpflichtet. Der
von ihr geschuldete Kaufpreis belief sich auf … EUR.
|
|
|
8
|
Zum 3.7.2006 nahm die Klägerin in
ihrer Steuerbilanz eine weitere aufwandswirksame Aufstockung der
bei ihr bislang mit … EUR ausgewiesenen
Anleiheverbindlichkeit auf einen Teilwert von nunmehr … EUR
vor. Der handelsbilanzielle Ausweis der Anleiheverbindlichkeit mit
… EUR blieb hingegen weiterhin unverändert.
|
|
|
9
|
Mit Verschmelzungsvertrag vom 28.8.2006
wurde die GmbH gemäß §§ 11 ff. des
Umwandlungssteuergesetzes 2006 (UmwStG 2006) mit Rückwirkung
zum 1.1.2006 (handelsrechtlich) bzw. 31.12.2005 (steuerrechtlich)
zu Buchwerten auf die Klägerin verschmolzen. Aufgrund der
Buchwertverschmelzung der GmbH entsprach der steuerliche Wertansatz
der für die Erfüllung des Umtauschrechts vorgesehenen
Aktien der AG im Zeitpunkt der Ausübung dieses Rechts bei der
Klägerin dem bislang bei der GmbH ausgewiesenen Buchwert der
Aktien in Höhe von (… Aktien x … EUR
Anschaffungskosten je Aktie =) … EUR. Die Verschmelzung wurde
jeweils am 30.8.2006 im Handelsregister der GmbH und der
Klägerin eingetragen.
|
|
|
10
|
Die Klägerin löste die in ihrer
Steuerbilanz mit dem Teilwert von … EUR passivierte
Anleiheverbindlichkeit im Zeitpunkt der Erfüllung des
Aktienlieferungsanspruchs der Gläubiger ertragswirksam auf.
Zugleich buchte sie die zur Erfüllung des Umtauschrechts
vorgesehenen und von der GmbH erworbenen Aktien mit erfolgter
Aktienlieferung zum Buchwert von … EUR aus. In Höhe der
Differenz zwischen der weggefallenen, mit dem Marktwert der Aktien
zum Lieferzeitpunkt ausgewiesenen Anleiheverbindlichkeit und dem
Buchwert der Aktien, d.h. in Höhe von … EUR,
erklärte sie in ihrer Körperschaftsteuererklärung
für das Streitjahr einen außerordentlichen Ertrag und
deklarierte diesen als nach § 8b Abs. 2 und 3 des
Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden
Fassung (KStG) zu 95 % steuerfreien
Aktienveräußerungsgewinn. Handelsrechtlich ergab sich
für sie aufgrund der Ausbuchung der Anleiheverbindlichkeit mit
dem in der Handelsbilanz beibehaltenen Nominalwert von … EUR
gegen den Buchwert der erworbenen Aktien von … EUR unter
Berücksichtigung der Rückzahlung von …
Schuldverschreibungen zum Nennwert demgegenüber lediglich ein
Ertrag in Höhe von … EUR.
|
|
|
11
|
Die Betriebsprüfer vertraten die
Auffassung, dass nur ein außerordentlicher Ertrag in
Höhe von … EUR § 8b Abs. 2 KStG unterfalle. Im
Übrigen liege ein voll steuerpflichtiger Ertrag vor. Das FA
folgte dem und erließ am 6.3.2014 u.a. geänderte
Bescheide über Körperschaftsteuer für 2005 und
2006.
|
|
|
12
|
Die Einsprüche gegen die vorgenannten
Körperschaftsteuerbescheide blieben erfolglos. Während
der Körperschaftsteuerbescheid für 2005 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 28.11.2014, welchem ein Ansatz der
Anleiheverbindlichkeit mit einem Wert von … EUR zugrunde lag,
bestandskräftig wurde, erhob die Klägerin gegen den
Körperschaftsteuerbescheid des Streitjahres Klage.
Während des Klageverfahrens erging am 29.9.2015 ein aus hier
nicht streitbefangenen Gründen geänderter
Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr, welcher
gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum
Gegenstand des Verfahrens wurde. Das Finanzgericht (FG) Köln
wies die Klage als unbegründet ab (EFG 2017, 1012 = SIS 17 11 42).
|
|
|
13
|
Dagegen richtet sich die Revision der
Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts
geltend macht.
|
|
|
14
|
Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG Köln vom 18.1.2017 - 10 K 3615/14 aufzuheben und den
Bescheid für 2006 über Körperschaftsteuer vom
6.3.2014 in Form der Einspruchsentscheidung vom 28.11.2014 und des
Änderungsbescheids vom 29.9.2015 mit der Maßgabe zu
ändern, dass ein zusätzlicher nach § 8b Abs. 2 KStG
steuerfreier Gewinn aus den Aktienübertragungen im
Zusammenhang mit der Umtauschanleihe in Höhe von … EUR
berücksichtigt wird.
|
|
|
15
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
16
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist im
Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das von der
Klägerin im Streitjahr zu versteuernde Einkommen nicht um
einen zusätzlichen nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien
Gewinn aus den Aktienübertragungen im Zusammenhang mit der
Umtauschanleihe in Höhe von … EUR herabzusetzen ist.
|
|
|
17
|
1. Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben
bei der Ermittlung des Einkommens u.a. Gewinne aus der
Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft
oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu
Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a
EStG gehören, außer Ansatz.
Veräußerungsgewinn i.S. des Satzes 1 ist nach Satz 2 der
Vorschrift der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder
der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der
Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich
nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im
Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert).
|
|
|
18
|
2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass
sich im Streitjahr im Zuge der vorzeitigen Kündigung der
Umtauschanleihe und der anschließenden Aktienlieferung an die
Anleihegläubiger infolge der Ausbuchung der aus der
Umtauschanleihe resultierenden Anleiheverbindlichkeit gegen den
Buchwert der an die Anleihegläubiger gelieferten Aktien dem
Grunde nach ein Veräußerungsgewinn i.S. des § 8b
Abs. 2 KStG ergeben hat. Es entspricht insoweit der ganz
herrschenden Meinung, dass bei Umtauschanleihen im Fall der Option
auf Aktienlieferung durch die Anleihegläubiger die
Anleiheverbindlichkeit gegen den Buchwert der abgegebenen Aktien
auszubuchen ist. Sofern der Ansatz der Anleiheverbindlichkeit den
Buchwert der (im Deckungsbestand gehaltenen) Aktien
übersteigt, entsteht ein Gewinn, der § 8b Abs. 2 KStG
unterfällt (vgl. Häuselmann/ Wagner, BB 2002, 2431, 2434;
Eilers/Teufel in Eilers/Rödding/ Schmalenbach,
Unternehmensfinanzierung, 2. Aufl., A Rz 104; Fischer/Lackus in
Bösl/ Schimpfky/von Beauvais, Fremdfinanzierung für den
Mittelstand, 2014, § 9 Rz 106; Fischer, Convertible Bonds und
Exchangeables, 2012, S. 217; Fischer in Bösl/Sommer, Mezzanine
Finanzierung, 2006, S. 230; Häger/Müller in
Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2.
Aufl., Rz 973; a.A. Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im
Ertragsteuerrecht, 2006, S. 309). Dies ergibt sich mit dem FG
bereits daraus, dass der Begriff der
„Veräußerung“ i.S. des § 8b Abs.
2 KStG allgemein als Übertragung des rechtlichen oder
wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen „gegen
Entgelt“ verstanden wird. Entgelt kann dabei jede
Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinne sein (vgl. Gosch, KStG, 3.
Aufl., § 8b Rz 182, m.w.N.), wozu unzweifelhaft auch der
Wegfall einer Verbindlichkeit - vorliegend der aus der
Umtauschanleihe resultierenden Anleiheverbindlichkeit der
Klägerin - gehört.
|
|
|
19
|
3. Mit den vorgenannten Ausführungen ist
die Auffassung des FA, wonach die Anwendung des § 8b Abs. 2
KStG bezogen auf den sich aus der Ausbuchung der
Anleiheverbindlichkeit ergebenden Gewinn insgesamt ausgeschlossen
sei, unvereinbar. Das FA hat im Übrigen selbst dem
angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid des Streitjahres in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.11.2014 und des
Änderungsbescheids vom 29.9.2015 einen nach § 8b Abs. 2
KStG begünstigten Veräußerungsgewinn aus der
Übertragung der Aktien der AG auf die Gläubiger der
Umtauschanleihe zugrunde gelegt. Der Versagung der Steuerbefreiung
des § 8b Abs. 2 KStG auch für diesen Betrag stünde
das im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachtende
Verböserungsverbot (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1
Satz 2 FGO) entgegen. Zu entscheiden ist danach nur noch
darüber, ob sich über den vom FA anerkannten Betrag
hinaus ein höherer Veräußerungsgewinn nach §
8b Abs. 2 KStG deshalb ergeben haben kann, weil die auszubuchende
Anleiheverbindlichkeit statt mit ihrem Nennwert mit einem
höheren, dem Marktwert der Aktien im Lieferzeitpunkt
entsprechenden Wert anzusetzen war.
|
|
|
20
|
4. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG
i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hatte die
Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen
anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist.
Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen
des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften
für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. des
Handelsgesetzbuchs (HGB) und werden für Kapitalgesellschaften
ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264 ff. HGB.
Zu den handelsrechtlichen GoB gehört u.a. die Pflicht des
Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines
Geschäftsjahres seine Verbindlichkeiten (Schulden)
vollständig auszuweisen (vgl. §§ 240 Abs. 1 und 2,
242 Abs. 1, 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Insoweit hat der
Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach ausgesprochen, dass die für die
Bewertung von Verbindlichkeiten in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG
angeordnete sinngemäße Anwendung des
Anschaffungswertprinzips (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) dahin zu
verstehen ist, dass ihre Bilanzierung - nach den im Steuerrecht zu
beachtenden GoB - grundsätzlich zum Nennwert oder zum
höheren Teilwert zu erfolgen hat (vgl. § 253 Abs. 1 Satz
2 HGB; Senatsurteil vom 4.5.1977 - I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl
II 1977, 802 = SIS 77 04 47; BFH-Urteile vom 31.1.1980 - IV R
126/76, BFHE 130, 372, BStBl II 1980, 491 = SIS 80 02 58; vom
22.11.1988 - VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359 = SIS 89 06 15). Teilwert ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz
3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen
des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut unter
der Prämisse der Fortführung des Betriebs ansetzen
würde. Für den Ansatz eines höheren Teilwerts ist
auch bei Verbindlichkeiten eine voraussichtlich dauernde
Werterhöhung erforderlich; ein höherer Teilwert kann
mithin nur dann angesetzt werden, wenn er aufgrund einer
voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als
der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag (vgl. BFH-Urteil vom
23.4.2009 - IV R 62/06, BFHE 224, 564, BStBl II 2009, 778 = SIS 09 19 43).
|
|
|
21
|
5. Die vorgenannten Ausführungen gelten
grundsätzlich auch für den steuerbilanziellen Ausweis
einer Verbindlichkeit aus einer Umtauschanleihe.
|
|
|
22
|
a) Umtauschanleihen (sog. Exchangeables) sind
Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern
regelmäßig ein Umtausch- oder (eher selten) ein
Bezugsrecht auf Aktien einer dritten Gesellschaft eingeräumt
wird, wobei diese Gesellschaft nicht die Sicherstellung dieses
Umtausch- oder Bezugsrechts übernimmt (Groß in
Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4.
Aufl., Rz 51.18; Brandt in Kümpel/Wittig, Bank- und
Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rz 15.651; Wegner, Die handels- und
steuerbilanzielle Behandlung elementarer und strukturierter
hybrider Finanzinstrumente, 2017, S. 29; Fischer, a.a.O., S. 52
ff.; Müller-Eising in Eilers/Rödding/Schmalenbach,
a.a.O., D Rz 85; Haisch in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz
1090; Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2433). Vielmehr
hält der Emittent der Umtauschanleihe die zur Sicherung des
Umtauschs- oder Bezugsrechts erforderlichen - existierenden und
börsenzugelassenen - (Alt-)Aktien in der Regel bereits
(Groß, ebenda) oder verpflichtet sich, diese Aktien - etwa
wie im Streitfall von einem konzernzugehörigen Unternehmen -
zu erwerben. Zivilrechtlich handelt es sich um eine einheitliche
Schuldverschreibung i.S. der §§ 793 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs, die ausschließlich
Gläubigerrechte vermittelt, während mitgliedschaftliche
Rechte erst mit Aufgabe der Gläubigerstellung infolge der
Ausübung des Umtauschrechts entstehen (Wegner, a.a.O., S. 29;
auch Rau, DStR 2014, 2201, 2202 f.).
|
|
|
23
|
b) Umtauschanleihen sind in der Steuerbilanz
bei ihrer Begebung - wie auch im Streitfall praktiziert - als
einheitliche Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag zu
passivieren; die Bilanzierung zusätzlicher
Stillhalterpositionen aus Verkaufsoptionen bzw. eine Aufspaltung in
einen Anleiheanteil und eine Optionsprämie kommt angesichts
der Einheitlichkeit der eingegangenen Verpflichtungen nicht in
Betracht (Haisch, ebenda; Haisch/Helios, Rechtshandbuch
Finanzinstrumente, 2011, § 2 Rz 165; Eilers/Teufel, ebenda;
Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 378; Häger/Müller
in Häger/Elkemann-Reusch, a.a.O., Rz 965; Fischer, a.a.O., S.
215 f.; Fischer in Bösl/Sommer, a.a.O., S. 229; Fischer/Lackus
in Bösl/Schimpfky/von Beauvais, a.a.O., § 9 Rz 106;
Briesemeister, a.a.O., S. 267 f.; Häuselmann/Wagner, BB 2002,
2431, 2433).
|
|
|
24
|
c) Soweit für die der Anleihe zugrunde
liegende Aktie kein Deckungsbestand unterhalten wird, scheidet bei
Kurssteigerung der noch zu beziehenden Aktien in der Folgebewertung
- soweit das Umtauschrecht noch nicht ausgeübt wurde - eine
Teilwerterhöhung aus, weil bis zur Ausübung des
Umtauschrechts lediglich eine Verpflichtung des Emittenten oder
derjenigen Person, die - wie die Klägerin - die
Emittentenverpflichtungen übernommen hat, zur Tilgung der
Verbindlichkeit in Höhe des Nennbetrages besteht
(Neitz-Hackstein, EFG 2017, 1019; a.A. Prinz, FR 2017, 735, 736).
Der Risikoüberhang bezogen auf die potentielle Ausübung
des Umtauschrechts ist vielmehr - bei Vorliegen der entsprechenden
Tatbestandsvoraussetzungen - durch Ausweis einer
Verbindlichkeitsrückstellung abzubilden
(Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 37. Aufl., § 5 Rz 270
„Umtauschanleihe“; Haisch, ebenda;
Haisch/Helios, a.a.O., § 2 Rz 167; Eilers/ Teufel, ebenda;
Fischer, a.a.O., S. 216; Briesemeister, a.a.O., S. 310;
Häger/Müller in Häger/Elkemann-Reusch, a.a.O., Rz
967; Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2433). Für den -
steuerlich nach § 5 Abs. 4a EStG unzulässigen - Ausweis
einer Drohverlustrückstellung (dafür aber Fischer in
Bösl/Sommer, ebenda; Fischer/Lackus, ebenda; auch Mihm in
Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am
Kapitalmarkt, 3. Aufl., § 15 Rz 74) ist hingegen mangels
Aufspaltbarkeit der eingegangenen Verpflichtungen kein Raum
(zutreffend Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2434; Haisch/
Helios, a.a.O., § 2 Rz 167; Briesemeister, a.a.O., S.
310).
|
|
|
25
|
d) Hält der Emittent bzw. Übernehmer
der Emittentenverpflichtungen zum Zwecke der Befriedigung der
potentiellen Umtauschabsicht des Investors hingegen einen
Deckungsbestand an zum Umtausch bestimmten Aktien vor, so ist das
Risiko der Inanspruchnahme seitens des Investors durch diesen
Bestand abgedeckt und scheidet - jedenfalls soweit eine
Bewertungseinheit mit den zur Deckung vorgehaltenen Aktien gebildet
wird - der Ausweis einer Verbindlichkeitsrückstellung bezogen
auf den aus einer Kurserhöhung sich ergebenden
(vermeintlichen) Risikoüberhang ebenso aus
(Häger/Müller in Häger/Elkemann-Reusch, a.a.O., Rz
968; Fischer, a.a.O., S. 216; Eilers/Teufel, ebenda; Haisch/Helios,
a.a.O., § 2 Rz 166) wie eine Verbindlichkeitenzuschreibung
(Haisch/ Helios, ebenda).
|
|
|
26
|
6. Nach den vorstehenden Grundsätzen kann
bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach §
8b Abs. 2 KStG die Anleiheverbindlichkeit nicht mit einem über
dem Nennwert liegenden Teilwert berücksichtigt werden, weil
dem die von der Klägerin in der Handelsbilanz des Streitjahres
beibehaltene und erst im Zeitpunkt der Geltendmachung des
Aktienlieferungsanspruchs durch die Gläubiger aufgelöste
Bewertungseinheit zwischen der Anleiheverbindlichkeit und den im
Bestand der Klägerin gehaltenen AG-Aktien entgegensteht. Nach
§ 5 Abs. 1a EStG sind die Ergebnisse der in der
handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung
finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten auch
für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.
|
|
|
27
|
a) Es steht nach den für den Senat nach
§ 118 Abs. 2 FGO bindenden und nicht mit Revisionsrügen
angegriffenen Feststellungen des FG außer Zweifel, dass die
Klägerin über einen eigenen Bestand an AG-Aktien
verfügte und zwischen der Anleiheverbindlichkeit und diesen
Aktien eine Bewertungseinheit zum 31.12.2005 gebildet hatte. Damit
hat sie nach außen zu erkennen gegeben, dass sie diese
eigenen Aktien zur Absicherung der ggf. aus der Umtauschanleihe
resultierenden Aktienlieferungsansprüche der Gläubiger
einsetzen wollte. Der Senat kann es insoweit offen lassen, ob
bezogen auf Umtauschanleihen und mangels Aufspaltbarkeit in
Anleihe- und Optionsprämie bereits handelsrechtlich ein Zwang
zur Bildung einer solchen Bewertungseinheit oder lediglich ein
entsprechendes Wahlrecht bestand (dazu Häuselmann/Wagner, BB
2002, 2431, 2433; Schumacher, Steuerberater-Jahrbuch 2002/2003,
441, 462; Briesemeister, a.a.O., S. 193, 266 f.; Eilers/Teufel in
Eilers/Rödding/Schmalenbach, a.a.O., A 104; Fischer, a.a.O.,
S. 214 f.; Fischer/Lackus in Bösl/Schimpfky/von Beauvais,
a.a.O., § 9 Rz 106; Haisch/Helios, a.a.O., § 2 Rz 166).
Ebenso braucht er nicht der Frage nachzugehen, ob der entsprechende
handelsbilanzielle Ausweis in 2005 trotz der Tatsache, dass §
5 Abs. 1a EStG erst ab dem Veranlagungszeitraum 2006 anzuwenden ist
(Senatsurteil vom 2.12.2015 - I R 83/13, BFHE 253, 104, BStBl II
2016, 831 = SIS 16 11 19), auf die Steuerbilanz des Jahres 2005
durchschlagen konnte.
|
|
|
28
|
b) Jedenfalls hat die Klägerin die einmal
gebildete Bewertungseinheit in das Jahr 2006 übernommen und
ist nach § 5 Abs. 1a EStG an ihren Ausweis in der
Handelsbilanz gebunden, auch dann, wenn sie die in ihrem eigenen
Bestand vorhandenen AG-Aktien aufgrund der handelsrechtlich
rückwirkend auf den 1.1.2006 vollzogenen Verschmelzung der
GmbH auf sich selbst durch gattungsgleiche Aktien aus dem
vormaligen Bestand der GmbH ersetzt haben sollte.
|
|
|
29
|
aa) Der Einlassung der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung, wonach sie die zuvor gebildete
Bewertungseinheit in 2006 aufgelöst habe, stehen die
eindeutigen Feststellungen des FG entgegen: Das FG hat
zunächst festgestellt, dass die Klägerin in ihrer
Handelsbilanz auf den 31.12.2005 eine Bewertungseinheit zwischen
den in ihrem Bestand befindlichen AG-Aktien und der Umtauschanleihe
gebildet hatte. Diese Bewertungseinheit war damit zum 1.1.2006
Gegenstand des bilanziellen Anfangsvermögens der
Klägerin. Die in das Jahr 2006 übernommene
Bewertungseinheit ist auch erst nach Ausübung der
Umtauschoption buchhalterisch aufgelöst worden; nur so ist
erklärbar, dass die Ausbuchung der Anleiheverbindlichkeit nach
den FG-Feststellungen mit dem „in der Handelsbilanz
beibehaltenen Nominalwert“ vollzogen und ein Ertrag von
(nur) … EUR ausgewiesen wurde.
|
|
|
30
|
bb) Dem steht nicht entgegen, dass die
Klägerin ausgeführt hat, sie habe die im eigenen Bestand
vorgehaltenen AG-Aktien nicht zur Deckung der Umtauschanleihe
vorgesehen. Abgesehen davon, dass sie sich mit diesem Vortrag in
Widerspruch zu der von ihr in der Handelsbilanz auf den 31.12.2005
vorgenommenen Bildung einer Bewertungseinheit mit dem eigenen
Aktienbestand setzt, kommt hinzu, dass sie unter dem Gesichtspunkt
ihrer wirtschaftlichen Absicherung und bezogen auf die drohende
Verpflichtung zur Aktienlieferung nach Ausübung der
Umtauschoption (hier: im Juni/Juli 2006) die ursprünglich im
Eigentum der GmbH stehenden AG-Aktien mittels Verschmelzung
handelsrechtlich rückwirkend auf den 1.1.2006 erworben und
somit den eigenen Bestand an AG-Aktien jedenfalls gattungsgleich
ersetzt hatte; eine erhöhte Inanspruchnahme durch die
Gläubiger drohte ihr danach zu keinem Zeitpunkt.
|
|
|
31
|
cc) Den vorstehenden Ausführungen steht
§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 nicht entgegen, wonach das
Einkommen und das Vermögen der übertragenden
Körperschaft sowie der Übernehmerin so zu ermitteln sind,
als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des
Stichtages der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde
liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), ganz oder teilweise
auf die Übernehmerin übergegangen wäre.
|
|
|
32
|
(1) Die Norm enthält nach der
Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.1.2018 - I R 27/16, BFHE
261, 1, BStBl II 2018, 449 = SIS 18 06 19) eine Fiktion, wonach
bezogen auf die übertragende Körperschaft sowie die
Übernehmerin die Einkommens- und Vermögensermittlung so
vorzunehmen ist, als wäre die Übertragung des
betreffenden Vermögens von der übertragenden
Körperschaft auf die Übernehmerin bereits mit Ablauf des
vorangegangenen steuerlichen Übertragungsstichtages vollzogen
worden. Für steuerrechtliche Zwecke wird danach ein
Übertragungsstichtag fingiert, der von der zivilrechtlichen
Regelung über die Wirksamkeit des Übertragungsvorgangs
abweicht und sich stattdessen am Stichtag der letzten - nach §
17 Abs. 2 Satz 4 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) bis zu acht Monaten
vor der Registeranmeldung liegenden - handelsrechtlichen
Schlussbilanz orientiert.
|
|
|
33
|
(2) Nach dem insoweit eindeutigen
Gesetzeswortlaut erstreckt sich die Fiktionswirkung - anders als es
insoweit das FG (ebenso Müller, FR 2017, 1054, 1055) gesehen
hat - zwar nur auf die steuerliche Behandlung des angesprochenen
übertragenen Vermögens und damit nicht auf
Wirtschaftsgüter, die nicht in der Bilanz der
Überträgerin ausgewiesen sind. Dies folgt daraus, dass es
sich bei der Bilanz, welche dem Vermögensübergang
zugrunde liegt, um die in § 17 Abs. 2 UmwG genannte
Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft handelt, die
der Anmeldung zur Eintragung in das Register beizufügen ist
(BFH-Urteil vom 24.4.2008 - IV R 69/05, BFH/NV 2008, 1550 = SIS 08 32 34; Senatsurteil vom 7.4.2010 - I R 96/08, BFHE 229, 179, BStBl
II 2011, 467 = SIS 10 20 96) und die sich nur auf das dort
ausgewiesene Vermögen beziehen kann (Senatsurteil in BFHE 261,
1, BStBl II 2018, 449 = SIS 18 06 19). Auch wenn die
Rückwirkungsfiktion danach lediglich die Zuordnung des
Einkommens und des Vermögens des übertragenden
Rechtsträgers betrifft, gelten indessen ab dem
handelsrechtlichen Umwandlungsstichtag die Handlungen des
übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des
übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen und werden die
Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum und das
Einkommen steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger
zugerechnet (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom
11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 = SIS 11 41 63, Tz. 02.13). In den
Fällen der Verschmelzung werden deshalb Liefer- und
Leistungsbeziehungen zwischen dem übertragenden und dem
übernehmenden Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum
für ertragsteuerliche Zwecke nicht berücksichtigt. Im
Hinblick auf die in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 geregelte
Fiktionswirkung handelt es sich insoweit mit dem FG (fiktiv) um
rein innerbetriebliche Vorgänge bei der Übernehmerin
(vgl. van Lishaut in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG,
2. Aufl., § 2 Rz 51; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/
Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz. 8. Aufl.,
§ 2 UmwStG Rz 65; Dötsch/Werner in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer,
§ 2 UmwStG Rz 44; Blümich/Klingberg, § 2 UmwStG 2006
Rz 43; Slabon in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl.,
§ 2 Rz 70; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, §
2 UmwStG Rz 260; alle m.w.N.). Veräußert die
übertragende Körperschaft im Rückwirkungszeitraum
ein (bis dahin in ihrer Bilanz ausgewiesenes) Wirtschaftsgut an die
Übernehmerin, so ist der in der Buchführung ausgewiesene
Gewinn des Veräußerers mithin für steuerrechtliche
Zwecke zu stornieren und das Wirtschaftsgut beim Erwerber mit dem
bisherigen Buchwert des Veräußerers auszuweisen. Nur
diese Sichtweise entspricht der in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG
2006 angeordneten Rückwirkungsfiktion (van Lishaut in
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 2 Rz 52;
Hörtnagl, ebenda).
|
|
|
34
|
(3) (Mittelbare) Folge der vorgenannten
Betrachtungsweise und der danach erforderlichen Neutralisierung ist
es, dass die sich am 31.12.2005 zivilrechtlich noch in der Hand der
GmbH befindlichen und für den Umtausch vorgesehenen AG-Aktien
zum steuerlichen Übertragungsstichtag bei der erwerbenden
Klägerin mit dem bisher bei der GmbH angesetzten Buchwert
auszuweisen waren (ebenso Dötsch/Werner in Dötsch/
Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 2 UmwStG Rz 24;
Neitz-Hackstein, EFG 2017, 1019, 1020; Müller, FR 2017, 1054,
1055; a.A. Prinz, FR 2017, 735, 736). Dies führt dazu, dass
nach Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister von einem
Deckungsbestand der Klägerin an AG-Aktien auszugehen war. Der
- ohne Berücksichtigung der rückwirkenden Verschmelzung -
zunächst bei der GmbH realisierte Ertrag in Höhe von
… EUR aus der Aktienlieferung nach dem am 12.5.2006 und damit
im Rückwirkungszeitraum geschlossenen Aktienlieferungsvertrag
zwischen Klägerin und GmbH war steuerrechtlich zu
neutralisieren.
|
|
|
35
|
7. Auch die Bestandskraft des
Körperschaftsteuerbescheids 2005 und die dortige Anerkennung
der ersten Zuschreibung der Klägerin auf die
Anleiheverbindlichkeit stehen den vorstehenden Ausführungen
nicht entgegen. Selbst wenn man von einer zutreffenden
(Höher-)Bewertung der Anleiheverbindlichkeit in der
Steuerbilanz auf den 31.12.2005 ausgeht, wäre aufgrund des
Inkrafttretens des § 5 Abs. 1a EStG mit Wirkung ab dem
Veranlagungszeitraum 2006 die in 2005 vorgenommene Wertzuschreibung
- hier bezogen auf den Veräußerungszeitpunkt in 2006 -
zu korrigieren, weil aufgrund der im Streitjahr fortgeführten
Bewertungseinheit nunmehr jedenfalls durch die Neuregelung des
§ 5 Abs. 1a EStG der handelsbilanziell ausgewiesene Nennwert
maßgeblich geworden war. Demgemäß kann sich die
Klägerin (bezogen auf die stichtagsbezogene
Veräußerungsgewinnermittlung nach § 8b Abs. 2 KStG)
auch nicht auf die Bestandskraft des
Körperschaftsteuerbescheids für 2005 berufen.
|
|
|
36
|
8. Der von der Klägerin realisierte
Ertrag aus der Erfüllung ihrer aus der Umtauschanleihe
resultierenden Anleiheverbindlichkeit beträgt bei
Zugrundelegung zutreffender steuerbilanzieller
Bewertungsansätze lediglich … EUR.
|
|
|
37
|
a) Bestätigung findet dieses Ergebnis in
dem Umstand, dass sich die Klägerin durch die mit den
Gläubigern verbindlich vereinbarten Anleihebedingungen von
Anfang an einer über den Betrag von … EUR hinausgehende
Gewinnchance begeben hatte, weil der Tilgungswert der
auszukehrenden Aktien auf den Nominalbetrag der
Anleiheverbindlichkeit festgeschrieben war. Eine darüber
hinausgehende „Wertsteigerung“ war mithin ihrem
Verfügungsbereich entzogen und konnte deshalb auch nicht
Gegenstand einer (von der Klägerin verwirklichten)
Gewinnrealisierung sein.
|
|
|
38
|
b) Abweichendes ergibt sich weder nach §
6 Abs. 6 Satz 1 EStG noch aus den von der Klägerin
angestellten weiteren Erwägungen.
|
|
|
39
|
aa) Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege
des Tausches übertragen, so bemessen sich zwar die
Anschaffungskosten des eingetauschten (erhaltenen) Wirtschaftsguts
gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG nach dem gemeinen Wert
des hingegebenen Wirtschaftsguts. Im Streitfall hat die
Klägerin aber kein Wirtschaftsgut gegen Hingabe eines anderen
Wirtschaftsguts erworben, welches nach § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG
zu bewerten wäre, sondern lediglich Aktien zur Erfüllung
der sie treffenden Anleiheverbindlichkeit hingegeben. Die Befreiung
von einer Verbindlichkeit stellt aber keine auf einen Tausch
gründende Anschaffung eines Wirtschaftsguts i.S. des § 6
Abs. 6 Satz 1 EStG dar (Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431,
2433).
|
|
|
40
|
bb) Nichts anderes ergibt sich, soweit sich
die Klägerin darauf berufen hat, der Ansatz des Marktwerts der
Aktien im Übertragungszeitpunkt werde durch die in den
Anleihebedingungen vorgesehene gleichwertige
Erfüllungsmöglichkeit „Barausgleich“
bestätigt und ergebe sich unter Berücksichtigung
hypothetischer Handlungsoptionen (z.B. Veräußerung der
Aktien an Dritte vor Ausübung des Umtauschrechts). Das
anhängige Verfahren ist nicht nach den möglicherweise
eintretenden Rechtsfolgen eines gedachten, sondern nach den
für den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt
einschlägigen Rechtsvorschriften zu entscheiden (vgl.
Senatsurteil vom 24.1.2018 - I R 48/15, BFHE 261, 8, BStBl II 2019,
45 = SIS 18 08 39).
|
|
|
41
|
9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|