Dachgeschoss als wesentliche Betriebsgrundlage, Rechtsprechungsänderung während Einspruchsverfahrens: 1. Das Dachgeschoss eines mehrstöckigen Hauses ist eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es zusammen mit den übrigen Geschossen die räumliche und funktionale Grundlage für einen Betrieb bildet. - 2. Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO muss sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes bereits bei Erlass des Änderungsbescheides zulasten des Steuerpflichtigen geändert haben. Ändert sich die höchstrichterliche Rechtsprechung erst während des Einspruchsverfahrens, ist es dem FA nicht verwehrt, die Einspruchsentscheidung darauf zu stützen. - Urt.; BFH 14.2.2007, XI R 30/05; SIS 07 16 56
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erwarb im Jahr 1976 für 28.560 DM das Eigentum
an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück, an dem seine
- damalige - Ehefrau zuvor von der Veräußerin des
Grundstücks ein auf 99 Jahre laufendes Erbbaurecht gegen
Zahlung von 205.440 DM zzgl. Erbbauzins erworben hatte. Der
Kläger betrieb in dem Gebäude seine Steuerberaterkanzlei.
Ab dem 1.1.1989 schloss er sich mit zwei Kollegen zu einer GbR zur
gemeinsamen Berufsausübung zusammen, die seither Mieterin des
ganzen Gebäudes war.
Mit notariellen Verträgen vom
14.5.1991 und 30.7.1992 erwarb der Kläger von seiner
mittlerweile von ihm geschiedenen Ehefrau einen
Erbbaurechtsmiteigentumsanteil in Höhe von 25 v.H. an dem o.g.
Grundstück. Die Beteiligten teilten das Nutzungsrecht an dem
Gebäude zugleich dergestalt auf, dass die geschiedene Ehefrau
das alleinige Nutzungsrecht am Keller, Erdgeschoss sowie ersten und
zweiten Obergeschoss hatte und der Kläger am Dachgeschoss.
Diese Nutzungsaufteilung wurde gemäß § 1010 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) dinglich gesichert. Das Recht
des Klägers auf ausschließliche Nutzung des
Dachgeschosses sollte zunächst gemäß §§
31 ff. des Wohnungseigentumsgesetzes (WoEigG) gesichert werden;
mangels Abgeschlossenheit des Dachgeschosses wurde letztlich
zugunsten des Klägers eine lebenslängliche Dienstbarkeit
für das Dachgeschoss bestellt. Der Kläger ließ das
Dachgeschoss, das bislang als Archiv bzw. Lagerraum genutzt worden
war, auf seine Kosten in vier Büroräume umbauen und
vermietete es der GbR. Der Ausbau beruhte auf dem verstärkten
Einsatz von Teilzeitarbeitskräften. Die frühere Ehefrau
des Klägers vermietete der GbR Kellergeschoss, Erdgeschoss
sowie erstes und zweites Obergeschoss. Die Kanzlei hatte insgesamt
20 Mitarbeiter, im Dachgeschoss waren davon 4
untergebracht.
Im Streitjahr 1994 war der Kläger
zunächst zu 60 v.H. an der GbR beteiligt. Zum 31.12.1994
veräußerte er Teile seines Mitunternehmeranteils an
seine beiden Mitgesellschafter in der Weise, dass sich für
jeden Gesellschafter eine Beteiligung von jeweils 33 1/3 v.H.
ergab. Zum Beginn des Streitjahres 1996 übertrug er weitere 23
1/3 v.H. seiner Beteiligung, so dass sich seine Beteiligung auf 10
v.H. reduzierte. Der Kaufpreisermittlung wurde jeweils ein
Praxiswert zzgl. stiller Reserven im Anlagevermögen von
jeweils 2,3 Mio. DM zugrunde gelegt. Der Kläger
veräußerte den Anteilserwerbern weder einen Anteil an
seinem Erbbaurechtsmiteigentumsanteil noch das ausschließlich
am Dachgeschoss bestehende Nutzungsrecht.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erließ am 30.5.1996 für das
Streitjahr 1994 und am 20.1.1998 für das Streitjahr 1996 unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Feststellungsbescheide,
in denen er tarifbegünstigte Veräußerungsgewinne
feststellte.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung stellte das FA mit Bescheiden vom 12.1.1999
unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht die
Veräußerungsgewinne als laufende Gewinne fest.
Entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4.12.1997
III R 231/94 (BFH/NV 1998, 1001 = SIS 98 11 32) sei die
Sozietät auf die Büroräume im Dachgeschoss
angewiesen, denn es sei auf deren Bedürfnisse zugeschnitten
und technisch und organisatorisch den übrigen
Kanzleiräumen angegliedert.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.7.2001
wies das FA den Einspruch unter Berufung auf das mittlerweile
ergangene BFH-Urteil vom 23.5.2000 VIII R 11/99 (BFHE 192, 474,
BStBl II 2000, 621 = SIS 00 13 77) zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab
(EFG 2005, 1537 = SIS 05 42 20).
Mit der Revision rügt der Kläger
Verletzung der § 16, § 18 Abs. 3, § 34 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
der Abgabenordnung (AO).
Nach den in den Streitjahren noch
einschlägigen Bestimmungen sei eine
Teilanteilsveräußerung begünstigt gewesen.
Büroetagen seien schon aufgrund der besonderen Bedeutung der
höchstpersönlichen Arbeitsleistung des freiberuflichen
Berufsträgers keine funktional wesentlichen
Betriebsgrundlagen. Die Überlegungen, die der BFH zur
Begründung der Wesentlichkeit von Gebäuden angestellt
habe, seien bei produzierenden Unternehmen zwar einleuchtend, nicht
aber bei einer Steuerberaterpraxis, bei der der Einsatz von Kapital
und fremder Arbeitskraft in den Hintergrund trete. Auch sei die
Tätigkeit eines Steuerberaters durch Tätigkeiten am Wohn-
oder Geschäftssitz der Mandanten gekennzeichnet. Allein die
Tatsache, dass jeder Betrieb, gleich welcher Art,
Räumlichkeiten benötige, mache diese nicht bereits
funktional wesentlich im Sinne der Rechtsprechung. Unabhängig
hiervon seien reine Büro- und Verwaltungsgebäude nach der
Rechtsprechung des BFH allenfalls dann wesentlich, wenn die
Betriebsgesellschaft ein Büro- und Verwaltungsgebäude
benötige, das Gebäude für diesen Zweck geeignet und
von besonderem Gewicht für die Betriebsführung sei. Diese
Voraussetzungen erfülle das Dachgeschoss nicht. Es sei nicht
speziell auf die Bedürfnisse einer Steuerberatungskanzlei
zugeschnitten. Vornehmlich der IV. Senat des BFH habe auf Anfrage
des X. Senats, wonach letztlich jedwedes Bürogrundstück
wesentlich sei, ausdrücklich widersprochen. Die Sozietät
habe drei voll funktionsfähige Büroetagen zur
Verfügung gehabt und hätte jederzeit auch
ausschließlich in diesen Räumen betrieben werden
können. Rechtsirrig sei die Annahme des FG, jedweder 25
%-Anteil an einem betrieblich genutzten Gegenstand sei schon
funktional oder quantitativ wesentlich. Das vom FG in diesem
Zusammenhang zitierte Urteil habe den gänzlich anderen Fall
der Verkaufsfläche eines Supermarktes betroffen. Insoweit habe
das FG auch § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt. Es
hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass es weitere
Einzelheiten zur Ermittlung der Wesentlichkeit der streitigen
Büroetage hätte treffen müssen.
Die angefochtenen Bescheide verletzten
zudem in zweifacher Hinsicht § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO.
Erstmals mit Urteil vom 12.4.2000 XI R 35/99 (BFHE 192, 419, BStBl
II 2001, 26 = SIS 01 01 33) habe der BFH die quotale
Mitveräußerung von Sonderbetriebsvermögen
gefordert. Im Zeitpunkt seiner Disposition habe er, der
Kläger, diese Rechtsprechung nicht vorhersehen können.
Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984
GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08)
könne das Ergebnis einer Rechtsfortbildung eine
Rechtsprechungsänderung sein. Ferner habe sich mit Urteil in
BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621 = SIS 00 13 77 die
höchstrichterliche Rechtsprechung zur Wesentlichkeit von
Allerweltsgebäuden geändert. Es sei allerdings
zweifelhaft, ob dieser Rechtsprechungsänderung sämtliche
Senate des BFH zustimmten. Nach ursprünglicher
Verwaltungsauffassung seien reine Büro- und
Verwaltungsgebäude keine wesentlichen Betriebsgrundlagen
gewesen (so noch H 137 Abs. 5 des Amtlichen
Einkommensteuer-Handbuchs - EStH - 1997/1999 -
Büro-/Verwaltungsgebäude - ; Verfügungen der
Oberfinanzdirektion - OFD - München vom 21.12.1994 - S 2240 -
21/2 St 41, DB 1995, 118, sowie der OFD Cottbus vom 30.1.1995 - S
2240 - 2 St 111, GmbHR 1995, 319).
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung
des finanzgerichtlichen Urteils die Feststellungsbescheide 1994 und
1996 vom 12.1.1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
23.7.2001 dahingehend zu ändern, dass bezüglich der
Gewinne aus der Veräußerung der anteiligen
Mitunternehmeranteile die Steuervergünstigungen nach §
16, § 18 Abs. 3, § 34 EStG gewährt werden.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Auch der Betrieb eines Freiberuflers sei
auf Büroräume angewiesen. Notwendige Büroräume
seien wesentliche Betriebsgrundlagen. Seien die
qualitativ-funktionalen Voraussetzungen für die Annahme einer
wesentlichen Betriebsgrundlage erfüllt, seien nur noch
Räume von relativ untergeordnetem Umfang auszuscheiden. Zu
Recht habe das FG einen Anteil von 25 v.H. an der gesamten
betrieblich genutzten Fläche für wesentlich gehalten.
§ 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO sei nicht verletzt. Bei Ergehen
der streitgegenständlichen Änderungsbescheide seien die
Urteile zur Notwendigkeit der Mitveräußerung anteiligen
Sonderbetriebsvermögens noch nicht ergangen gewesen. Bei
Erlass der ursprünglichen Bescheide hätten bereits
Urteile des BFH in die Richtung der späteren Entscheidungen
gewiesen. Von einer Rechtsprechungsänderung sei daher auch der
XI. Senat des BFH in seinem Urteil in BFHE 192, 419, BStBl II 2001,
26 = SIS 01 01 33 nicht ausgegangen. Auch hinsichtlich der
Beurteilung von reinen Büro- und Verwaltungsgebäuden als
wesentliche Betriebsgrundlagen habe sich die Rechtsprechung des BFH
nicht geändert. Das Schreiben des Bundesministeriums für
Finanzen (BMF) vom 18.9.2001 IV A 6 - S 2240 - 50/01 (BStBl I 2001,
634 = SIS 01 13 06) betreffe lediglich die Betriebsaufspaltung.
Für die Wesentlichkeit von Betriebsgrundlagen im Rahmen des
§ 16 EStG gebe es keine Verwaltungsregelungen.
II. Die Revision des Klägers ist als
unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das
FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Tarifbegünstigung
nach § 34 EStG bei Veräußerung eines Teils eines
Mitunternehmeranteils nur dann gewährt wird, wenn auch
wesentliches Sonderbetriebsvermögen anteilig
mitveräußert wird und dies im Streitfall nicht geschehen
ist.
1. Der Senat geht davon aus, dass in den
Streitjahren 1994 und 1996 die Veräußerung eines
Bruchteils an einem Mitunternehmeranteil generell noch
gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 18 Abs. 3
i.V.m. § 16 EStG tarifbegünstigt war. Er schließt
sich insoweit dem Urteil des IV. Senats des BFH vom 10.11.2005 IV R
29/04 (BFHE 211, 305, BStBl II 2006, 173 = SIS 06 02 13, m.w.N.)
an.
2. Die Veräußerung des Anteils an
einem Mitunternehmeranteil war jedoch vor Inkrafttreten des §
16 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des
Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858) nicht
tarifbegünstigt, wenn der Veräußerer die zu seinem
Sonderbetriebsvermögen gehörenden wesentlichen
Betriebsgrundlagen nicht anteilig veräußerte, sondern
weiterhin der Gesellschaft zur Nutzung überließ
(Senatsurteil in BFHE 192, 419, BStBl II 2001, 26 = SIS 01 01 33;
BFH-Urteil in BFHE 211, 305, BStBl II 2006, 173 = SIS 06 02 13,
m.w.N.).
a) Zum Sonderbetriebsvermögen des
Klägers gehörte im Streitfall das von ihm der
Sozietät vermietete Dachgeschoss. Aufgrund der vertraglichen
Vereinbarungen mit seiner geschiedenen Ehefrau anlässlich des
Erwerbs des Erbbaurechtsmiteigentumsanteils beschränkte sich
sein Nutzungsrecht an dem Gebäude ausschließlich auf das
Dachgeschoss. Er konnte und hat daher auch nur dieses der
Sozietät zur Nutzung überlassen (§ 15 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG). Für die übrigen Stockwerke vom Keller bis
einschließlich zweites Obergeschoss hatte seine frühere
Ehefrau das ausschließliche Nutzungsrecht.
b) Das Dachgeschoss war wesentliche
Betriebsgrundlage für die Tätigkeit der
Steuerberatersozietät.
Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage
ist im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung im
Sinne einer kombinierten funktional-quantitativen Betrachtungsweise
auszulegen (BFH-Urteile vom 1.2.2006 XI R 41/04, BFH/NV 2006, 1455
= SIS 06 30 40, m.w.N.; vom 10.11.2005 IV R 7/05, BFHE 211, 312,
BStBl II 2006, 176 = SIS 06 03 67). Danach gehören zu den
wesentlichen Betriebsgrundlagen die Wirtschaftsgüter, die nach
der Art des Betriebes und ihrer Funktion im Betrieb für diesen
wesentlich sind, und auch die Wirtschaftsgüter, die funktional
unwesentlich sind, aber erhebliche stille Reserven enthalten
(BFH-Urteil vom 2.10.1997 IV R 84/96, BFHE 184, 425, BStBl II 1998,
104 = SIS 98 04 26).
c) Die Räume im Dachgeschoss waren
funktional wesentlich. Die Frage, ob sie zugleich quantitativ
wesentlich waren, kann dahingestellt bleiben.
aa) Eine wesentliche Betriebsgrundlage im
funktionalen Sinn liegt nach der neueren Rechtsprechung des BFH
vor, wenn das von der Betriebsgesellschaft genutzte Grundstück
für diese wirtschaftlich von nicht nur geringer Bedeutung ist.
So verhält es sich, wenn der Betrieb auf das Grundstück
angewiesen ist, weil er ohne ein Grundstück dieser Art nicht
fortgeführt werden könnte. Eine besondere Gestaltung
für den jeweiligen Unternehmenszweck der Betriebsgesellschaft
(branchenspezifische Herrichtung und Ausgestaltung) ist nicht
erforderlich; notwendig ist allein, dass das Grundstück die
räumliche und funktionale Grundlage für die
Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet und es
ihr ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen und
auszuüben (BFH-Urteile vom 13.7.2006 IV R 25/05, BStBl II
2006, 804 = SIS 06 38 93, m.w.N.; vom 3.6.2003 IX R 15/01, BFH/NV
2003, 1321 = SIS 03 41 85). Das gilt für Büroetagen
entsprechend (Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 2006, 1455 =
SIS 06 30 40).
bb) Die funktionale Wesentlichkeit ergibt sich
im Streitfall daraus, dass das Gebäude einschließlich
Dachgeschoss einheitlich von der GbR für die Zwecke der
Steuerberatungssozietät genutzt wurde. Es bildete insgesamt
die räumliche und funktionale Grundlage für die
Tätigkeit der in der GbR zusammengeschlossenen Steuerberater.
Diesen Zwecken diente auch der Ausbau im Dachgeschoss (vgl.
notarielle Vereinbarung vom 30.7.1992 Tz. I.1.a). Dem steht nicht
entgegen, dass die Räume im Dachgeschoss als
Arbeitsplätze für Teilzeitkräfte genutzt wurden.
Auch insoweit ist von einer Nutzung für Zwecke der GbR
auszugehen. Für die Wertung als wesentliche Betriebsgrundlage
ist nicht erforderlich, dass in den Räumen unmittelbar
Geschäftsleitungstätigkeiten ausgeübt werden. Denn
die Rechtsprechung stellt nur darauf ab, dass das
Bürogebäude die Grundlage für die
Geschäftstätigkeit bildet. Auch die Geschäftsleitung
erstreckt sich auf den gesamten Betrieb der Steuerkanzlei. In
diesem Sinne hat der BFH seit dem Urteil des X. Senats vom
26.5.1993 X R 78/91 (BFHE 174, 476, BStBl II 1993, 718 = SIS 93 20 40) ein Büro, das mit Werkstatt und Lager verbunden war, als
wesentliche Betriebsgrundlage angesehen. Dort hatte zwar der
Steuerpflichtige als Alleineigentümer des gesamten
Grundstücks dieses auch vollumfänglich an die
Betriebsgesellschaft vermietet. Die Tatsache, dass hier der
Kläger mangels Nutzungsrecht am unteren Teil des Gebäudes
dieses der GbR nicht überlassen konnte und auch nicht
überlassen hat, ist gleichwohl unerheblich, denn die
funktionale Wesentlichkeit ergibt sich aus der Sicht der das
Gesamtgebäude nutzenden GbR.
Hinzu kommt im Streitfall, dass sich im
Dachgeschoss immerhin ca. 20 v.H. der gesamten von der
Sozietät genutzten Büroflächen befinden (vgl.
ähnlich Urteil des erkennenden Senats vom 4.11.1992 XI R 1/92,
BFHE 169, 452, BStBl II 1993, 245 = SIS 93 04 29).
Unerheblich ist auch, dass die betrieblich
genutzten Räume im Vergleich zu dem hier anteilig
veräußerten Mandantenstamm geringere Bedeutung haben.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Urteil des
erkennenden Senats in BFH/NV 2006, 1455 = SIS 06 30 40 Bezug
genommen.
3. Dem Erlass der angefochtenen
Feststellungsänderungsbescheide stand auch nicht
Vertrauensschutz entgegen.
Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO darf
bei einer Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht
zu Ungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass
sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes
geändert hat, die bei der bisherigen Festsetzung von der
Finanzbehörde angewandt worden ist. Diese Voraussetzungen sind
weder im Hinblick auf die Notwendigkeit der anteiligen
Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen noch im
Hinblick auf die Beurteilung der Frage, inwieweit
Büroräume wesentliche Betriebsgrundlagen sind,
erfüllt.
a) Das Urteil des erkennenden Senats in BFHE
192, 419, BStBl II 2001, 26 = SIS 01 01 33, wonach der Gewinn bei
der Veräußerung eines Anteils an einem
Mitunternehmeranteil nur dann tarifbegünstigt ist, wenn auch
ein entsprechender Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens
veräußert wird, enthält keine
Rechtsprechungsänderung. Soweit sich der Kläger auf
gegenteilige Auffassungen in der Rechtsprechung der FG und im
Schrifttum beruft, ist dies nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut
des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO unmaßgeblich. Vor
Erlass der o.g. Entscheidung des erkennenden Senats gab es zu
dieser Rechtsfrage keine Entscheidung des BFH.
b) § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO stand
auch insoweit nicht dem Erlass der
Feststellungsänderungsbescheide vom 12.1.1999 entgegen, als
erst nach neuerer Rechtsprechung für Bürogebäude auf
eine branchen- bzw. betriebsspezifische Herrichtung verzichtet
wird.
aa) Zwar hat sich das FA in seiner
Einspruchsentscheidung vom 23.7.2001 auf die geänderte
rechtliche Beurteilung der funktionalen Wesentlichkeit von
Bürogebäuden im Urteil des VIII. Senats in BFHE 192, 474,
BStBl II 2000, 621 = SIS 00 13 77 berufen. Auch ist davon
auszugehen, dass die Finanzverwaltung bei Erlass der
ursprünglichen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
stehenden Feststellungsbescheide reine Bürogebäude auch
im Zusammenhang mit § 16, § 34 EStG nicht als funktional
wesentlich angesehen hat (vgl. z.B. H 139 Abs. 8 i.V.m. H 137 Abs.
5 EStH 1994 und 1996). § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO verhindert
unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes aber nicht, dass
sich das FA in der Einspruchsentscheidung auf eine seit dem Erlass
von Änderungsbescheiden eingetretene
Rechtsprechungsänderung beruft. Der Wortlaut der Vorschrift
spricht dafür, für die Frage, ob eine verschärfende
Rechtsprechung vorliegt, auf den Zeitpunkt der Aufhebung und der
Änderung des Bescheides abzustellen und nicht auf den
Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung. Die bislang
hierzu ergangenen Urteile des BFH legen der Prüfung stets den
Zeitraum zwischen Erlass des Erstbescheides und des
Änderungsbescheides zugrunde (BFH-Urteile vom 11.1.1991 III R
60/89, BFHE 163, 286, BStBl II 1992, 5 = SIS 91 11 19; vom
19.3.2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 = SIS 02 08 59). § 176 AO schützt danach nicht das Vertrauen in
die Gesetzgebung oder in die höchstrichterliche
Rechtsprechung, sondern in die Bestandskraft der Steuerfestsetzung.
Das Vertrauen in die Bestandskraft der Erstbescheide ist bereits
mit Erlass der Änderungsbescheide aufgehoben.
bb) In den Änderungsbescheiden vom
12.1.1999 hat sich das FA nicht auf eine Änderung der
Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts berufen. Das FA
bezieht sich nur auf den Betriebsprüfungsbericht, der die
Wesentlichkeit des Dachgeschosses mit dem BFH-Urteil in BFH/NV
1998, 1001 = SIS 98 11 32 begründet. Dort hatte der III. Senat
des BFH zu dem vergleichbaren Fall, in dem drei von elf
Eigentumswohnungen zu Büroräumen einer
Steuerberaterkanzlei umgebaut worden waren, unter Berufung auf die
Rechtsprechung des X. Senats (insbesondere Urteil vom 2.4.1997 X R
21/93, BFHE 183, 100, BStBl II 1997, 565 = SIS 97 15 19)
entschieden, dass grundsätzlich auch Bürogebäude bei
Unternehmen mit ausschließlich büromäßiger
Tätigkeit wesentliche Betriebsgrundlage seien. Denn auch diese
könnten nach Zuschnitt und Lage besonderes Gewicht für
das Betriebsunternehmen haben. Das FA begründet die
Änderung der Feststellungsbescheide hier folglich mit einem
besonderen Zuschnitt und der Lage des Dachgeschosses zu den
übrigen Räumen der Steuerberatersozietät. Der Senat
kann dahingestellt lassen, ob im Streitfall die Räume im
Dachgeschoss einen besonderen Zuschnitt aufwiesen. Dies ist im
Zusammenhang mit der Prüfung des § 176 Abs. 1 AO
unerheblich. Entscheidend ist, dass das FA die
Bescheidänderungen nicht auf eine geänderte
Rechtsprechung gestützt hat.
4. Da das vom Kläger ausgebaute und an
die GbR vermietete Dachgeschoss eine wesentliche Betriebsgrundlage
war und er dieses Wirtschaftsgut seines
Sonderbetriebsvermögens nicht anteilig mitveräußert
hat, war die Tarifbegünstigung schon aus diesem Grunde zu
versagen. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Klage auch
deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil der Kläger das
Grundstück, auf dem das Bürogebäude steht, nicht
anteilig mitveräußert hat. Denn da dieses
Grundstück jedenfalls im fraglichen Zeitraum im Alleineigentum
des Klägers stand, gehörte es ebenfalls zu seinem
Sonderbetriebsvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 7.4.1994 IV R
11/92, BFHE 174, 407, BStBl II 1994, 796 = SIS 94 18 16). Selbst
dann, wenn dieses Grundstück funktional gesehen keine
wesentliche Betriebsgrundlage darstellen würde, wäre die
Tarifbegünstigung auch dann zu versagen, wenn in dem
Grundstück erhebliche stille Reserven gebunden wären
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 425, BStBl II 1998, 104 = SIS 98 04 26).