Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts München vom 29.09.2020 - 5 K 2870/19 =
SIS 20 17 85 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Auf die Revision der Kläger werden das
Urteil des Finanzgerichts München vom 29.09.2020 - 5 K 2870/19
und die Einspruchsentscheidung vom 13.11.2019 aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid für 2016 vom
12.04.2019 wird dahingehend geändert, dass bei den
Kapitaleinkünften, die dem gesonderten Tarif nach § 32d
Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes unterliegen, Kapitalerträge
des Klägers (nach Abzug des Sparerpauschbetrags) in Höhe
von 469.480 EUR und bei den Einkünften des Klägers, die
dem Regeltarif gemäß § 32a des
Einkommensteuergesetzes unterliegen, negative Kapitaleinkünfte
in Höhe von 3.496.735,04 EUR angesetzt werden.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten
auferlegt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt
der Beklagte.
1
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I. Die Kläger, Revisionsbeklagten und
Revisionskläger (Kläger) werden für das Jahr 2016
(Streitjahr) vom Beklagten, Revisionskläger und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt.
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2
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Der Kläger erzielte im Streitjahr aus
der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen
(Kommanditanteilen) Veräußerungsgewinne gemäß
§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im
Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) in Höhe von 5.894.809
EUR.
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3
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Er erwarb im Oktober des Streitjahres
sämtliche Anteile an der A-GmbH.
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Ferner erwarb der Kläger am 02.11. des
Streitjahres folgende Schuldverschreibungen zu einem Nennwert von
je 3.600.000 EUR in seinem schweizerischen Depot:
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- 72 Stück Reverse Convertible Bonds
Precious Metals Opportunity 1,40 % Notes Suncap SCOOPS.A., ISIN: XS
1511904309 (PMO-Anleihe) zu einem Kaufpreis von 3.644.695,04
EUR;
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- 72 Stück Reverse Convertible Bonds
Gold Short 1,60 % Notes Ardilla Segur S.A., ISIN: XS1511907237
(GS-Anleihe) zu einem Kaufpreis von 3.645.401,76 EUR.
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Das Finanzgericht (FG) hat zu den
Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen festgestellt, dass
es sich jeweils um festverzinsliche, betrags- und
laufzeitidentische Indexanleihen handelte. Die Rückzahlung auf
die Anleihen war jeweils von der Entwicklung des NYSE ARCA Gold
Bugs Index (Basiswert), einem Index für Aktien internationaler
Goldproduzenten und Gold fördernder Bergbauunternehmen in
US-Dollar, innerhalb des identischen Referenzzeitraums beider
Anleihen vom 02.11. bis 18.11. des Streitjahres abhängig. Die
Zinsen der Anleihen waren zum Fälligkeitsdatum (dem 01.12. des
Streitjahres) zu zahlen.
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6
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Bei einem Anstieg des Basiswerts innerhalb
des Referenzzeitraums nach den Emissionsbedingungen hatte die
Emittentin bei der PMO-Anleihe am Fälligkeitstag einen Betrag
in Höhe von 214 % des Nennwerts der Anleihe zu zahlen oder
konnte dem Kläger in Höhe von 196 % des Nennwerts
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen oder Anteile am iShares Core DAX
UCITS ETF (DE) (WKN: 593393; im Folgenden: ETF) andienen. Bei einem
unverändertem Basiswert bis zum Ablauf des Referenzzeitraums
war der Nennwert der Anleihe in Höhe von 100 %
zurückzuzahlen. Unterschritt der Basiswert mit Ablauf des
Referenzzeitraums den Basiswert zu Beginn des Referenzzeitraums,
hatte die Emittentin an den Kläger entweder einen Betrag in
Höhe von 10 % des Nennwerts der Anleihe zu zahlen oder konnte
ihm in Höhe von 4 % des Nennwerts
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen oder ETF-Anteile andienen.
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7
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Die GS-Anleihe war gegenläufig
ausgestaltet. Bei einem Anstieg des Basiswerts innerhalb des
Referenzzeitraums hatte die Emittentin am Fälligkeitstag (dem
01.12. des Streitjahres) einen Betrag in Höhe von 10 % des
Nennwerts der Anleihe zu zahlen oder durfte dem Kläger in
Höhe von 4 % des Nennwerts der Anleihe
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen oder ETF-Anteile andienen. Bei
einem unverändertem Basiswert bis zum Ablauf des
Referenzzeitraums war der Nennwert der Anleihe in Höhe von 100
% zurückzuzahlen. Unterschritt der Basiswert mit Ablauf des
Referenzzeitraums den Basiswert zu Beginn des Referenzzeitraums,
hatte die Emittentin an den Kläger entweder einen Betrag in
Höhe von 215 % des Nennwerts zu zahlen oder konnte ihm in
Höhe von 196 % des Nennwerts Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
oder ETF-Anteile andienen.
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Der Basiswert der PMO-Anleihe sank im
Referenzzeitraum. Vor dem Fälligkeitstag am 01.12. des
Streitjahres veräußerte der Kläger die PMO-Anleihe
am 24.11. mit Wirkung zum 25.11. des Streitjahres zu einem
Kaufpreis von 147.960 EUR an die A-GmbH. Der Kaufpreis entsprach
nach den Feststellungen des FG dem von der Emittentin festgelegten
Rücknahmepreis von 4,11 % pro Stück der
Schuldverschreibung (4,11 % von 50.000 EUR x 72 Stück). Dem
Kläger entstand ein Veräußerungsverlust in
Höhe von 3.496.735,04 EUR (3.644.695,04 EUR ./. 147.960 EUR).
Die PMO-Anleihe wurde bei der A-GmbH entsprechend den
Emissionsbedingungen durch die Andienung von 1.512 Stück der
ETF-Anteile erfüllt.
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Die GS-Anleihe wurde bei Fälligkeit am
01.12. des Streitjahres eingelöst, indem dem Kläger von
der Emittentin 197.064 Stück Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
angedient und geliefert wurden. Der Wert der
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen zu diesem Zeitpunkt betrug
7.050.949,92 EUR (35,78 EUR/Stück).
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Die erhaltenen
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen veräußerte der
Kläger im Streitjahr nicht. Das Kursrisiko der
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen sicherte er durch den Erwerb von
jeweils 6.025 Call- und Put-Optionen ab.
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In dem unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) stehenden Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr vom 21.09.2018 behandelte das FA den Verlust aus der
Veräußerung der PMO-Anleihe in Höhe von 3.496.736
EUR gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG
als tariflichen Veräußerungsverlust. Während des
Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr wegen anderer Streitpunkte durch den Bescheid vom
19.10.2018 geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb
bestehen.
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12
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Aufgrund einer Außenprüfung
gelangte das FA zu der Auffassung, dass der Verlust aus der
Veräußerung der PMO-Anleihe nicht als tariflicher
Veräußerungsverlust des Klägers, sondern als dem
gesonderten Tarif unterliegender Verlust gemäß §
32d Abs. 1 EStG einzuordnen sei. Hinsichtlich der GS-Anleihe habe
der Kläger durch die Einlösung und Andienung der
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen einen
Veräußerungsgewinn gemäß § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 7 EStG in Höhe von (7.050.949,92 EUR ./.
Anschaffungskosten von 3.645.401,76 EUR =) 3.405.548,16 EUR
erzielt, der ebenfalls dem gesonderten Tarif unterliege. Das FA
verrechnete den Veräußerungsverlust aus der PMO-Anleihe
und den Gewinn aus der Einlösung der GS-Anleihe und gelangte
hieraus zu einem Verlust des Klägers in Höhe von 91.187
EUR (3.405.548,16 EUR ./. 3.496.735,04 EUR), den es von den
weiteren Kapitalerträgen des Klägers in Höhe von
471.019 EUR abzog, die unter den gesonderten Tarif fielen. Es
erließ noch während des Einspruchsverfahrens am
12.04.2019 einen auch wegen anderer Streitpunkte gemäß
§ 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid
für das Streitjahr und hob den Vorbehalt der Nachprüfung
auf. Den Einspruch wies es als unbegründet
zurück.
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13
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Die anschließend erhobene Klage hatte
teilweise Erfolg. Das FG ordnete den Verlust aus der
Veräußerung der PMO-Anleihe an die A-GmbH in Höhe
von 3.496.735,04 EUR als tariflichen negativen Kapitalertrag ein.
Aus der Einlösung der GS-Anleihe habe der Kläger
Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7,
Abs. 2 Satz 2 EStG in Höhe von 3.405.548,16 EUR erzielt, die
dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG
unterlägen. Die Lieferung der Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
könne nicht gemäß § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG als
steuerneutrale Einlösung der GS-Anleihe behandelt werden. Die
Begründung des FG ist in EFG 2021, 111 = SIS 20 17 85 wiedergegeben.
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14
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Das FA und die Kläger verfolgen ihre
Begehren jeweils mit der Revision weiter.
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15
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Das FA rügt die Verletzung materiellen
Bundesrechts durch das FG in Gestalt des § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 7, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG und § 42
AO.
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16
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG München vom
29.09.2020 - 5 K 2870/19 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Revision des FA als unbegründet
zurückzuweisen.
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Die Kläger rügen mit ihrer
Revision die Verletzung materiellen Bundesrechts durch das FG in
Gestalt des § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG.
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19
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Die Kläger beantragen
sinngemäß,
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das Urteil des FG München vom
29.09.2020 - 5 K 2870/19 und die Einspruchsentscheidung vom
13.11.2019 aufzuheben sowie den Bescheid zur Einkommensteuer 2016
vom 12.04.2019 dergestalt zu ändern, dass Einkünfte aus
Kapitalvermögen wegen der Veräußerung der
PMO-Anleihe in Höhe von ./. 3.496.735,04 EUR als negative
tarifliche Kapitalerträge berücksichtigt und die
Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Tarif
gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, aufgrund der
nicht steuerbaren Einlösung der GS-Anleihe unter Andienung der
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen ermittelt und somit gegenüber
dem Ansatz im angefochtenen Bescheid um 91.187 EUR erhöht
werden.
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20
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Das FA beantragt,
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die Revision der Kläger als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend den
Veräußerungsverlust des Klägers aus der PMO-Anleihe
in Höhe von 3.496.735,04 EUR als tariflichen Kapitalertrag
behandelt (unter II.1.). Die Revision der Kläger ist
begründet. Das FG hat zu Unrecht einen Einlösungsgewinn
des Klägers der Besteuerung unterworfen (unter II.2.). Die
Sache ist auch spruchreif. Der Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr ist wie unter II.3. dargelegt zu ändern (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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22
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1. Das FG hat den
Veräußerungsverlust der Kläger aus der PMO-Anleihe
zu Recht in Höhe von 3.496.735,04 EUR als gemäß
§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG tariflich zu
besteuernde negative Kapitaleinkünfte des Klägers
eingeordnet.
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23
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a) Bei der PMO-Anleihe handelt es sich - wie
vom FG der Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt - um eine
sonstige Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7
Satz 1 und 2 EStG.
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24
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aa) Unter den Begriff der Kapitalforderung im
Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen alle auf eine
Geldleistung gerichteten Forderungen, deren Steuerbarkeit sich
nicht bereits aus einem anderen Tatbestand im Sinne des § 20
Abs. 1 Nr. 1 bis 6 oder Nr. 8 bis 11 EStG ergibt, und zwar ohne
Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den
Rechtsgrund des Anspruchs. Nicht darunter fallen Ansprüche auf
die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine
Sachleistung gerichtete Forderungen (Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 16.06.2020 - VIII R 7/17, BFHE 269, 188, BStBl II 2021, 9
= SIS 20 15 24, Rz 11).
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bb) Eine Schuldverschreibung ist in diesem
Sinne auf eine Sachlieferung (hier: von Gold) gerichtet, wenn sie
die zugrunde liegende Sache verkörpert, sodass der
Gläubiger bei der Einlösung, abgesehen von besonderen
Ausnahmefällen, einerseits ausschließlich und
unmittelbar die physische Sachlieferung und andererseits weder die
Rückzahlung des zugrunde liegenden Kapitals noch Geldzahlungen
statt der Sachlieferung verlangen kann (vgl. zu
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen BFH-Urteile vom 12.05.2015 - VIII
R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834 = SIS 15 19 52, Rz 14;
vom 06.02.2018 - IX R 33/17, BFHE 260, 485, BStBl II 2018, 525 =
SIS 18 02 28, Rz 17, 18; zu Investmentanteilen an einem Gold-ETF
vom 12.04.2021 - VIII R 15/18, BFHE 273, 17, BStBl II 2021, 913 =
SIS 21 13 48, Rz 18). Ist der in einer Schuldverschreibung
verbriefte Anspruch ein solcher Sachlieferungsanspruch, wird er
auch nicht dadurch zur sonstigen Kapitalforderung, dass die
Schuldverschreibung am Sekundärmarkt veräußert
werden kann, denn eine solche Veräußerung begründet
lediglich ein weiteres Rechtsverhältnis, das unabhängig
vom schuldrechtlichen Lieferungsanspruch, der Gegenstand der
Schuldverschreibung ist, zu beurteilen ist (BFH-Urteile vom
16.06.2020 - VIII R 7/17, BFHE 269, 188, BStBl II 2021, 9 = SIS 20 15 24, Rz 14; vom 12.05.2015 - VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II
2015, 834 = SIS 15 19 52, Rz 14).
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26
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cc) Danach handelt es sich bei der PMO-Anleihe
- wie zu Recht zwischen den Beteiligten unstreitig ist - um eine
auf die Zahlung von Geld gerichtete sonstige Kapitalforderung. Die
Anleihe ist nicht unmittelbar und ausschließlich auf die
Lieferung von physischem Gold gerichtet, sondern der Emittent hatte
lediglich im Fall der Einlösung die Wahl, den am
maßgeblichen Stichtag (Calculation Date) zu bestimmenden
Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Nennwerts der
Anleihe oder eines übersteigenden oder geringeren Betrags
durch einen Geldbetrag oder die Andienung der in den
Emissionsbedingungen näher bezeichneten
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen oder der ETF-Anteile am
Fälligkeitstag zu erfüllen. Der Senat hat bereits
entschieden, dass das Recht des Gläubigers der Anleihe, eine
Goldlieferung statt der Rückzahlung der Kapitalanlage oder des
Rücknahmepreises eines Investmentanteils verlangen zu
können, nicht zur Einordnung als verbriefter
Sachlieferungsanspruch auf Gold führt (vgl. BFH-Urteil vom
12.04.2021 - VIII R 15/18, BFHE 273, 17, BStBl II 2021, 913 = SIS 21 13 48, Rz 19). Gleiches gilt, wenn wie hier neben einer
Geldzahlung ein Andienungsrecht des Emittenten für die
Lieferung eines verbrieften Sachlieferungsanspruchs auf Gold oder
auf Lieferung eines Investmentanteils vereinbart ist.
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dd) Auch die weiteren Voraussetzungen des
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind erfüllt. Die Norm erfasst
Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des
Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die
Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt
oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der
Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis
abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der
zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Die PMO-Anleihe
ist festverzinslich, sodass ein Entgelt für die
Überlassung des Anleihebetrags zugesagt ist. Der Umstand, dass
die PMO-Anleihe als Indexanleihe ausgestaltet ist, sodass der
Rückzahlungsbetrag von der Entwicklung des Basiswerts
abhängt, spricht ebenfalls nicht gegen die Einordnung als
sonstige Kapitalforderung, da ein Entgelt in Gestalt des Zinses und
in jedem Fall eine geringe Rückzahlung des Nennbetrags (hier:
4,11 %) zugesagt sind (s. zur Einbeziehung von
Vollrisikozertifikaten BFH-Urteil vom 29.10.2019 - VIII R 16/16,
BFHE 266, 550, BStBl II 2020, 254 = SIS 20 02 87, Rz 14, 15,
m.w.N.).
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28
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b) Die Veräußerung der PMO-Anleihe
an die A-GmbH hat zu einem steuerbaren
Veräußerungsverlust des Klägers gemäß
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG im
Streitjahr geführt. Dass der Veräußerungstatbestand
verwirklicht ist, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Ebenso ist die
Höhe des erzielten Verlusts nicht streitig. Es fehlt auch
nicht an der für die Steuerbarkeit des
Veräußerungsverlusts erforderlichen
Einkünfteerzielungsabsicht.
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aa) Die Einkünfteerzielungsabsicht ist
nach der gefestigten Senatsrechtsprechung tatsächlich
(widerlegbar) zu vermuten (BFH-Urteil vom 14.03.2017 - VIII R
38/15, BFHE 258, 240, BStBl II 2017, 1040 = SIS 17 14 55, Rz 19).
Diese Vermutung gilt unabhängig davon, ob die sich ergebenden
negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen (hier: der
Veräußerungsverlust gemäß § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 7 EStG) in einem zweiten Schritt gemäß §
32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG aus dem gesonderten Tarif
ausgeschlossen werden. Die Ausschlussregelung des § 32d Abs. 2
Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG wirkt nicht in die
Einkünfteermittlung selbst hinein (BFH-Urteil vom 30.11.2022 -
VIII R 15/19, BFHE 279, 85, BStBl II 2023, 632 = SIS 23 03 45, Rz
31).
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bb) Die Vermutung der
Einkünfteerzielungsabsicht ist im Streitfall auch nicht
ausnahmsweise widerlegt. Im maßgeblichen Zeitpunkt des
Erwerbs der PMO-Anleihe stand nach den Feststellungen des FG nicht
von vornherein fest, dass der Kläger hieraus keinen Gewinn
erzielen werde können. Der Senat nimmt zur Vermeidung von
Wiederholungen auf das Senatsurteil vom 16.03.2023 - VIII R 36/19
(BFH/NV 2023, 808 = SIS 23 08 20) Bezug.
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31
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c) Der Veräußerungsverlust (§
20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG) aus der Abtretung der
PMO-Anleihe an die Q-GmbH unterliegt - wie vom FG zutreffend
erkannt - nicht dem gesonderten Tarif gemäß § 32d
Abs. 1 EStG. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des
Verlusts gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b
EStG sind erfüllt, da der Kläger zu mindestens 10 % an
der A-GmbH beteiligt ist. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b
EStG in der bis zum Jahressteuergesetz (JStG) 2020 vom 21.12.2020
(BGBl I 2020, 3096) geltenden Fassung ist nicht dergestalt
teleologisch zu reduzieren, dass die Norm keine Anwendung findet,
wenn durch die Veräußerung einer Kapitalforderung im
Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG an eine
Kapitalgesellschaft, an der der Steuerpflichtige zu mindestens 10 %
beteiligt ist, ein Verlust entsteht. Der Senat verweist auch hier
zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf seine gefestigte
Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 16.03.2023 - VIII R 36/19, BFH/NV
2023, 808 = SIS 23 08 20, Rz 33 bis 36, m.w.N.).
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32
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d) Die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1
Satz 1 Buchst. b EStG ist entgegen der Auffassung des FA auch nicht
deshalb ausgeschlossen, weil ein Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO vorliegt.
Die gesetzgeberische Entscheidung, dass die Veräußerung
einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7
EStG an eine Kapitalgesellschaft, an der der Steuerpflichtige zu
mindestens 10 % beteiligt ist, zu einem tariflichen
Veräußerungsgewinn oder -verlust führt, darf nicht
dadurch unterlaufen werden, dass in einem solchen Fall von einer
Umgehungsgestaltung gemäß § 42 AO ausgegangen wird.
Der Kläger hat nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene
Wertung verstoßen, sondern lediglich von einer ihm durch das
Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht. An
dieser Sichtweise ändert sich nichts dadurch, dass ein
Verlustgeschäft vorliegt, denn auch
Veräußerungsverluste werden folgerichtig vom
Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG erfasst
(s. zur Vermeidung von Wiederholungen BFH-Urteile vom 30.11.2022 -
VIII R 15/19, BFHE 279, 85, BStBl II 2023, 632 = SIS 23 03 45 und
vom 30.11.2022 - VIII R 30/20, BFHE 279, 99, BStBl II 2023, 638 =
SIS 23 03 48, Rz 25; vom 16.03.2023 - VIII R 36/19, BFH/NV 2023,
808 = SIS 23 08 20, Rz 37; vom 14.06.2023 - VIII R 17/22, BFH/NV
2023, 1302 = SIS 23 15 30, Rz 18).
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33
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2. Das Urteil des FG ist jedoch
rechtsfehlerhaft und aufzuheben, soweit das FG angenommen hat, der
Kläger habe einen steuerpflichtigen Einlösungsgewinn aus
der GS-Anleihe erzielt, auf den § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG keine
Anwendung finden könne.
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a) Es handelt sich bei der GS-Anleihe wie bei
der PMO-Anleihe um eine sonstige Kapitalforderung im Sinne des
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (s. unter II.1.). Die GS-Anleihe ist
ebenso als umgekehrte (unechte) Index-Umtauschanleihe mit einem
Emittentenwahlrecht ausgestaltet, so dass dem Inhaber statt der
Zahlung des geschuldeten Geldbetrags die in den
Emissionsbedingungen festgelegten Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
oder ETF-Anteile angedient werden können.
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b) Die Einlösung der GS-Anleihe unter
Andienung und Lieferung der Xetra-Gold-Schuldverschreibungen durch
die Emittentin erfüllt grundsätzlich den Tatbestand
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2
EStG.
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Entgegen der Auffassung des FA liegt in der
Einlösung kein Tausch der Anleiheforderung gegen die
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen und damit keine
Veräußerung der GS-Anleihe gemäß § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG an die Emittentin. Die Forderung des
Klägers auf Rückzahlung des vom Emittenten geschuldeten
Geldbetrags (des Nennbetrags, geringeren oder höheren Betrags)
wird durch die Andienung und Lieferung der
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen erfüllt und erlischt damit.
Sie geht nicht als solche auf den Emittenten über. Der Vorgang
kann nur als Einlösung gemäß § 20 Abs. 2 Satz
2 EStG der Besteuerung unterliegen.
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37
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Zwar kann die Einlösung einer
Wandelanleihe auf Aktien mit Ausgabe der Aktien als zivilrechtlich
einheitlicher Vorgang steuerrechtlich nicht als Einlösung,
sondern als Anschaffungsvorgang zu betrachten sein (BT-Drucks.
16/10189, S. 50). Dies gilt jedoch nicht für die GS-Anleihe
als umgekehrte Umtauschanleihe (mit Emittentenwahlrecht, sogenannte
Reverse Exchangeable). Der Kläger als Gläubiger der
Anleihe erhält mit den Xetra-Gold-Schuldverschreibungen vom
Emittenten ein anderes Wirtschaftsgut (anders als bei der
Wandelanleihe: keine aus einer bedingten Kapitalerhöhung
stammenden Aktien), sodass sich die Einlösung der GS-Anleihe
mit Andienung der gelieferten Xetra-Gold-Schuldverschreibungen als
veräußerungsähnlicher Vorgang darstellt (s. zur
Rechtslage vor und nach 2009 Bron/Seidel, DStZ 2009, 268 [273],
Hamacher, DB 2000, 2396 [2397]; Schumacher, Steuerberater-Jahrbuch
2002/2003, 441 [462, 463], a.A. Dreyer/Herrmann, BB 2001, 705
[708], zur Diskussion Korn, FR 2003, 1101 [1103 ff., 1106]) und den
Tatbestand der Einlösung gemäß § 20 Abs. 2
Satz 2 EStG erfüllt.
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38
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c) Da die Emittentin vom Andienungsrecht
Gebrauch gemacht und die Xetra-Gold-Schuldverschreibungen geliefert
hat, hat der Kläger als Anleihegläubiger aufgrund der
Einlösung eine Sacheinnahme im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG
in Höhe des Werts der angedienten
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen zum Zeitpunkt der Lieferung
erzielt. Aus der Einlösung entsteht dem Kläger
gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG - vorbehaltlich der
Sonderregelung in § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG (s. unter II.2.d) -
ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der
erhaltenen Xetra-Gold-Schuldverschreibungen und dem geleisteten
Nennbetrag der Anleihe als Anschaffungskosten in der zwischen den
Beteiligten unstreitigen Höhe von (7.050.949,92 EUR ./.
3.645.401,76 EUR =) 3.405.548,16 EUR.
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39
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d) Entgegen der Auffassung des FA und des FG
ist auf die Einlösung der GS-Anleihe jedoch § 20 Abs. 4a
Satz 3 EStG anzuwenden. Nach dieser Regelung ist bei der Ermittlung
des Einlösungsgewinns das Entgelt des Klägers für
den Erwerb der GS-Anleihe (3.645.401,76 EUR) statt des Werts der
erhaltenen Xetra-Gold-Schuldverschreibungen (7.050.949,92 EUR) als
Veräußerungspreis anzusetzen, wodurch sich aufgrund der
gleich hohen Anschaffungskosten gemäß § 20 Abs. 4
Satz 1 EStG kein Einlösungsgewinn ergibt. Zudem bildet der
Erwerbspreis der GS-Anleihe (3.645.401,76 EUR) die
Anschaffungskosten für die eingetauschten
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen.
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40
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Besitzt bei sonstigen Kapitalforderungen im
Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Inhaber das Recht, bei
Fälligkeit anstelle der Zahlung eines Geldbetrags vom
Emittenten die Lieferung von Wertpapieren zu verlangen oder besitzt
der Emittent das Recht, bei Fälligkeit dem Inhaber anstelle
der Zahlung eines Geldbetrags Wertpapiere anzudienen und macht der
Inhaber der Forderung oder der Emittent von diesem Recht Gebrauch,
ist abweichend von Abs. 4 Satz 1 das Entgelt für den Erwerb
der Forderung als Veräußerungspreis der Forderung und
als Anschaffungskosten der erhaltenen Wertpapiere anzusetzen; Satz
2 gilt entsprechend (§ 20 Abs. 4a Satz 3 EStG).
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41
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e) Soweit das FA in der
Revisionsbegründung vorbringt, die Anwendung von § 20
Abs. 4a Satz 3 EStG sei (aufgrund einer erweiternden oder
entsprechenden Auslegung) der Regelung in § 20 Abs. 8 Satz 2
EStG ausgeschlossen, ist dem nicht zu folgen. § 20 Abs. 8 Satz
1 EStG nimmt nur auf die betrieblichen Einkunftsarten Bezug und
regelt in Satz 2, dass § 20 Abs. 4a EStG
„insoweit“ nicht anzuwenden ist.
Nach Wortlaut, Sinn und Zweck setzt § 20 Abs. 8 Satz 2 EStG
voraus, dass derselbe Lebenssachverhalt (hier: die Einlösung
der GS-Anleihe) sowohl zu einer Betriebseinnahme als auch zu einem
Kapitalertrag gemäß § 20 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG
führt. Im Streitfall fehlt es aber bereits an einer parallelen
Steuerbarkeit der Einlösung im Rahmen des § 20 Abs. 2
Satz 2 EStG und einer anderen Einkunftsart. Im Rahmen von § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wäre erst eine spätere
Veräußerung der Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
steuerbar.
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42
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f) Die Voraussetzungen von § 20 Abs. 4a
Satz 3 EStG sind erfüllt. Wie schon dargelegt, handelt es sich
bei der GS-Anleihe um eine sonstige Kapitalforderung, die mit einem
Andienungsrecht des Emittenten für die Lieferung von
Wertpapieren statt der Zahlung eines Geldbetrags verbunden war. Bei
den Xetra-Gold-Schuldverschreibungen handelt es sich um Wertpapiere
im Sinne der Norm.
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43
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§ 20 Abs. 4a Satz 3 EStG stellt auf den
allgemeinen Wertpapierbegriff in § 2 Abs. 1 des
Wertpapierhandelsgesetzes (WphG) ab. Gemäß § 2 Abs.
1 WphG sind Wertpapiere im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes,
auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle
Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von
Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten
handelbar sind, insbesondere nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a
WpHG auch Schuldtitel, insbesondere unter anderem
Inhaberschuldverschreibungen und Orderschuldverschreibungen. Hierzu
gehören auch solche Inhaberschuldverschreibungen, die Tausch-
oder Erwerbsrechte vermitteln (Assmann in
Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl.
2023, § 2 WpHG, Rz 31). Die Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
als Inhaberschuldverschreibungen, die börsenfähig sind
und dem Inhaber das Recht auf die Auslieferung einer bestimmten
Menge Gold vermitteln, fallen - wie auch zwischen den Beteiligten
nicht streitig ist - unter den Wertpapierbegriff des
Wertpapierhandelsgesetzes (s.a. BFH-Urteil vom 12.05.2015 - VIII R
4/15, BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835 = SIS 15 19 53).
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44
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g) Der Senat sieht anders als das FG weder
Raum für eine normspezifische Auslegung des Merkmals der
erhaltenen Wertpapiere noch für eine teleologische Reduktion
der Rechtsfolge aus § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG in der Weise,
dass die Norm nur auf eingetauschte Wertpapiere Anwendung finden
kann, die im Rahmen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz
2 EStG einer durchgehenden Verstrickung eines späteren
Veräußerungsgewinns und gemäß § 20 Abs.
2 Satz 2 EStG gleichgestellten Gewinns unterliegen.
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aa) Der Senat legt seiner Prüfung die
nachstehenden methodischen Auslegungsvorgaben zugrunde.
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46
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Maßgebend für die Interpretation
eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte
Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des zum Ausdruck
gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die
Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung),
aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck
(teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der
Entstehungsgeschichte (historische Auslegung); zur Erfassung des
Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen
Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen.
Insbesondere bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut ist zu
berücksichtigen, dass diese nur eine von mehreren anerkannten
Auslegungsmethoden ist, zu denen auch die systematische Auslegung
zählt. Nach Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne
Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen
Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren
sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind. Ziel jeder
Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich
aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie
hineingestellt ist (BFH-Urteile vom 13.09.2023 - II R 49/21, BFHE
282, 313 = SIS 23 20 26, Rz 17; vom 24.05.2023 - X R 22/20, BFHE
280, 476, BStBl II 2023, 866 = SIS 23 12 38, Rz 11; vom 18.12.2014
- IV R 22/12, BFHE 248, 354, BStBl II 2015, 606 = SIS 15 08 57, Rz
24).
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47
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Eine Regelungslücke ist vom Gericht durch
eine Analogie, teleologische Extension oder teleologische Reduktion
zu schließen (vgl. zur Lückenfüllung BFH-Urteil vom
11.02.2010 - V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873 = SIS 10 15 98, Rz 23). Eine Regelungslücke liegt vor, wenn ein
bestimmter Sachbereich zwar gesetzlich geregelt ist, jedoch keine
Vorschrift für Fälle enthält, die nach dem
Grundgedanken und dem System des Gesetzes hätten mitgeregelt
werden müssen. Von einer Regelungslücke ist danach
auszugehen, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck
unvollständig, das heißt ergänzungsbedürftig
ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber
beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände
widerspricht. Die Unvollständigkeit muss sich bereits aus der
dem Gesetz immanenten Zwecksetzung ergeben und nicht nur aus einer
selbständigen kritischen Würdigung des Gesetzes. Auch bei
einem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann eine Gesetzeslücke
vorliegen. Dies ist in Abgrenzung zum lediglich rechtspolitisch
fehlerhaften oder verbesserungsbedürftigen Gesetz unter
Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes in Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und die
Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist (vgl.
BFH-Urteil vom 11.02.2010 - V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II
2010, 873 = SIS 10 15 98, Rz 21, 22).
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48
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bb) Eine einschränkende Auslegung des
Merkmals „Wertpapiere“ in §
20 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG dergestalt, dass nicht
durchgehend gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2
Satz 2 EStG steuerverstrickte Wertpapiere wie
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen vom sachlichen Anwendungsbereich
auszugrenzen sind, kommt angesichts der historischen Entwicklung
der Regelung nicht in Betracht.
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49
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aaa) Die Entstehungsgeschichte gibt zu
erkennen, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG
bewusst sämtliche Wertpapiere erfassen wollte, die unter den
allgemeinen zivilrechtlichen Wertpapierbegriff fallen.
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50
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Im Gesetzesentwurf des Jahressteuergesetzes
2009 (BT-Drucks. 16/10189, S. 9) war zunächst vorgesehen,
einen § 20 Abs. 4a Satz 2 EStG für die Andienung und
Lieferung (nur) von Aktien einzufügen, weil der Gesetzgeber
bei Umtausch- und Aktienanleihen einen Gleichlauf mit der
Wandelanleihe im Sinne des § 221 des Aktiengesetzes erreichen
wollte, die die Wandlung als einheitlichen Vorgang und als
steuerliches Anschaffungsgeschäft behandelt (BT-Drucks.
16/10189, S. 50). Nach einer Prüfbitte des Bundesrats
(BT-Drucks. 16/10494, S. 7 f.), die sich auf andere
Tatbestände des § 20 Abs. 4a EStG bezog, wurde die
geplante Regelung als neuer § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG auf
Empfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 16/11108, S. 16)
über die Andienung von Aktien hinaus auf die Andienung von
„anderen Wertpapieren“
ausgedehnt, da auch bei derartigen Rechten die Vereinfachung des
Steuerabzugs gerechtfertigt sei. Mit Art. 1 Nr. 16 Buchst. c
Doppelbuchst. bb JStG 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) wurde
§ 20 Abs. 4a Satz 3 EStG nochmals erweitert. Seitdem
müssen sich das Recht des Gläubigers und das
Andienungsrecht des Emittenten nicht mehr auf die Andienung einer
„vorher festgelegten Anzahl von
Wertpapieren“ statt der
„Rückzahlung des Nominalbetrags der
Anleihe“ beziehen, sondern findet die Norm
Anwendung, wenn Wertpapiere statt der „Zahlung eines
Geldbetrags“ geliefert werden. Der
Tatbestand wurde vom Gesetzgeber auf Vollrisikozertifikate mit
einem Andienungsrecht erweitert, bei denen die Rückzahlung des
Kapitals und das Erzielen von Erträgen von der Entwicklung
eines Basiswerts abhängig sind (BR-Drucks. 318/10, S. 79; im
Vorgriff auf die Neuregelung schon Schreiben des Bundesministeriums
der Finanzen - BMF - vom 22.12.2010, BStBl I 2010, 94 = SIS 09 37 93, Tz. 103 bis 105; unverändert übernommen im
BMF-Schreiben vom 09.10.2012, BStBl I 2012, 953 = SIS 12 30 48).
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51
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bbb) Der Anwendungsbereich des § 20 Abs.
4a Satz 3 EStG wurde erst für nach dem 31.12.2020 angediente
Wertpapiere (§ 52 Abs. 28 Satz 19 EStG) auf Wertpapiere im
Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG eingeschränkt, ohne dass
das Gesetz Rückwirkung für das Streitjahr entfaltet (Art.
1 Nr. 9 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Gesetzes vom 21.12.2020,
BGBl I 2020, 3096). Begründet wurde dies in den
Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 19/25160, S. 190) mit der
Ausnutzung der Norm für missbräuchliche
Steuergestaltungen, bei denen es das Ziel sei, bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen einerseits voll
abzugsfähige Verluste und andererseits steuerfreie Gewinne in
ähnlicher Höhe zu erzeugen. Zur Verhinderung sei §
20 Abs. 4a Satz 3 EStG - entsprechend der ursprünglichen
Zielrichtung - auf den Umtausch in Aktien zu beschränken. Aus
den Gesetzesmaterialien geht aus Sicht des Senats hervor, dass es
sich um eine konstitutive und nicht um eine deklaratorische
Einschränkung des Anwendungsbereichs für Fälle
handelt, in denen die Zuteilung (Andienung) der Wertpapiere nach
dem 31.12.2020 erfolgt (vgl. z.B. Fissenewert in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz J 21-3, 21-4; BeckOK
EStG/Schmidt, 18. Ed. [15.03.2024], EStG § 20 Rz 1350.3;
Brandis/Heuermann/Ratschow, § 20 EStG Rz 435a).
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52
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cc) Auch die Voraussetzungen für eine
teleologische Reduktion und Eingrenzung des sachlichen
Anwendungsbereichs auf durchgehend gemäß § 20 Abs.
2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG steuerverstrickte Wertpapiere
sind nicht erfüllt.
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53
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aaa) Zwar ist den Gesetzesmaterialien zum
Jahressteuergesetz 2009 (BT-Drucks. 16/10189, S. 50 und BT-Drucks.
16/11108, S. 16) zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Wandlung,
den Umtausch und die Andienung von Wertpapieren statt der
Rückzahlung des Nominalbetrags der Anleihe als steuerneutral
behandeln wollte, um allein die spätere Veräußerung
der erhaltenen Wertpapiere der Besteuerung zu unterwerfen. Zum
Jahressteuergesetz 2010, in dem § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG neu
gefasst wurde, betont die Gesetzesbegründung nochmals
(BR-Drucks. 318/10, S. 79), dass zur Gleichstellung mit der
Wandelanleihe die Steuerneutralität auch bei Umtauschanleihen
gewährt werden solle, weil sich allein die spätere
Veräußerung der erhaltenen Wertpapiere für die
Einkommensteuerfestsetzung oder den Quellensteuerabzug auswirken
solle. Der Gesetzgeber wollte mithin in § 20 Abs. 4a Satz 3
EStG eine Regelung schaffen, die einen Besteuerungsaufschub im
Zeitpunkt der Wandlung einer Wandelanleihe, des Umtauschs oder der
Andienung von Wertpapieren im Fall von Umtauschanleihen
gewährleistete, für die erhaltenen Wertpapiere zugleich
aber eine Besteuerung im Veräußerungszeitpunkt
sicherstellen.
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54
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bbb) Zudem enthält § 20 Abs. 4a Satz
3 EStG in systematischer Hinsicht eine Ausnahmevorschrift, die im
Wandlungs-, Umtausch- und Andienungszeitpunkt einen eigentlich
entstandenen Einlösungsgewinn im Sinne des § 20 Abs. 2
Satz 2 EStG nicht zur Entstehung kommen lässt, ohne dass der
Rechtsanwender zwischen den verschiedenen Ausgestaltungen der
Schuldverschreibung als Wandelanleihe oder Umtauschanleihe
differenzieren muss. Das gesetzliche Grundprinzip bilden § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG und § 20 Abs. 2
Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG ab. Nach dem 31.12.2008
angeschaffte sonstige Kapitalforderungen und Wertpapiere
unterliegen nach diesen Regelungen hinsichtlich sämtlicher
positiver und negativer Wertveränderungen bei der
Veräußerung oder der Verwirklichung eines
gleichgestellten Tatbestands im Gewinn- und Verlustfall der
Besteuerung (vgl. zu Kapitalforderungen BFH-Urteil vom 24.10.2017 -
VIII R 13/15, BFHE 259, 535, BStBl II 2020, 831 = SIS 17 22 45, Rz
11; zu Aktien BFH-Urteil vom 03.12.2019 - VIII R 34/16, BFHE 267,
232, BStBl II 2020, 836 = SIS 20 04 05, Rz 29, 30, m.w.N.). Der
Gesetzgeber verzichtet nach dem systematischen Sinnzusammenhang der
Regelung in § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG für Wandelanleihen
sowie Umtauschanleihen mit Gläubigerwahlrechten und
Andienungsrechten des Emittenten auf eine Besteuerung des
Einlösungsgewinns aus der Anleihe nur deshalb, weil er davon
ausgeht, dass der spätere Veräußerungsgewinn oder
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gleichgestellte
Gewinn aus den erhaltenen Wertpapieren der Besteuerung
unterliegt.
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55
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ccc) Es fehlt für eine Auslegung der
Regelung in § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG entgegen ihrem Wortlaut,
der weder eine Beschränkung des Merkmals
„Wertpapiere“ noch der
Rechtsfolge enthält, oder für eine teleologische
Reduktion der Regelung daran, dass die gesetzgeberische Vorstellung
einer durchgehenden Verstrickung der umgetauschten Wertpapiere im
System des § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG im
Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden hat und die Anwendung der
Vorschrift auf den Umtausch in Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt. Eine teleologische
Reduktion der Norm scheidet mangels einer planwidrigen
Regelungslücke aus. § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG stellt sich
auch aus Sicht des Senats zwar als rechtspolitisch fehlerhaft und
verbesserungsbedürftig dar. Nach den unter II.2.d aa
dargelegten Auslegungsvorgaben ist den Gerichten eine
einschränkende teleologische Auslegung einer Norm in einem
solchen Fall jedoch untersagt. Rechtspolitisch unerwünschte
Effekte der Regelung in § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG können
keine Grundlage für eine teleologische Reduktion der Norm sein
(vgl. auch FG München, Urteil vom 27.10.2023 - 8 K 797/22, EFG
2024, 565 = SIS 24 01 98, Rz 61 bis 71, Revision anhängig:
VIII R 33/23; vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2022 - VIII R 27/19, BFHE
278, 570, BStBl II 2023, 330 = SIS 23 01 67, Rz 26).
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56
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Da der Wortlaut und Normzweck des § 20
Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG nur auf die Einlösung der
Anleihe mit Andienungs- und Umtauschrecht hin ausgerichtet ist,
wird das Gesetz nicht dadurch sinnwidrig, dass es keine
Steuerbarkeit der erhaltenen Wertpapiere gemäß § 20
Abs. 2 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG als Voraussetzung normiert
hat. Nach den Gesetzesmaterialien zum Jahressteuergesetz 2009 (s.
BT-Drucks. 16/10189, S. 50 und BT-Drucks. 16/11108, S. 16) und zum
Jahressteuergesetz 2010 (s. BR-Drucks. 318/10, S. 79) ist Normzweck
die Vereinfachung des Steuerabzugs für die depotführenden
Institute im Zeitpunkt der Einlösung einer sonstigen
Kapitalforderung unter Umtausch und Andienung anderer Wertpapiere.
Dieser Normzweck wird auch gewährleistet, wenn eine Anleihe
vom Emittenten unter Andienung von Xetra-Gold-Schuldverschreibungen
eingelöst wird. Denn auch in diesem Fall kann das
depotführende Institut des Anleihegläubigers von einer
Wertermittlung der Xetra-Gold-Schuldverschreibungen absehen und
muss keinen Einlösungsgewinn oder -verlust ermitteln. Zudem
sind die Einlösung und Veräußerung der
Xetra-Gold-Schuldverschreibung innerhalb der Jahresfrist des §
23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ab der Einlösung steuerbar, sodass
auch ein Übergang der Anschaffungskosten von der
ursprünglichen Anleihe auf die
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen in diesem Fall eintritt, was der
Regelungsintention des Gesetzgebers entspricht.
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57
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Dass der Gesetzgeber von der Vorstellung
ausgegangen ist, der Gewinn aus der späteren
Veräußerung der umgetauschten Wertpapiere unterliege
stets gemäß § 20 Abs. 2 EStG der Besteuerung, ist
im Hinblick auf die Xetra-Gold-Schuldverschreibungen somit eine
Fehlvorstellung. Denn die Besteuerung wird nicht bis zur
systemgerechten Veräußerung der Wertpapiere
aufgeschoben, sondern durch den Wechsel in das Besteuerungssystem
des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in das Belieben des
Steuerpflichtigen gestellt (vgl. BFH-Beschluss vom 28.05.2015 - X B
171/14, BFH/NV 2015, 1243 = SIS 15 16 59, Rz 13; BFH-Urteil vom
18.10.2006 - IX R 28/05, BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44, unter II.2.b bb bbb (1) [Rz 23]). Diese gesetzgeberische
Fehlvorstellung berechtigt den Senat jedoch nicht dazu, den
Norminhalt des § 20 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG zu Lasten
des Wortlauts einzuschränken.
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58
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h) Ein Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO liegt
bezogen auf die Einlösung der GS-Anleihe nicht vor.
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59
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Der Erwerb und die Veräußerung der
PMO-Anleihe sind wie unter II.1.d dargelegt kein Missbrauch,
sondern die Inanspruchnahme eines gesetzlich vorgesehenen
Steuervorteils. Aus Sicht des Senats scheidet schon deshalb die vom
FA geforderte Gesamtbetrachtung und Missbrauchsprüfung
für beide Anleihen aus.
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60
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Der Senat sieht hinsichtlich des Erwerbs und
der Einlösung der GS-Anleihe ebenfalls keinen
Gestaltungsmissbrauch, da sich der Erwerb der Anleihe als
marktkonforme Kapitalanlage darstellt, keine künstliche oder
gekünstelte Gestaltung ist und letztlich die Emittentin und
nicht der Kläger entschieden hat, dem Kläger
Xetra-Gold-Schuldverschreibungen statt ETF-Anteile zu liefern. Dass
die Regelung in § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG die Einlösung
und Andienung der Xetra-Gold-Schuldverschreibungen als
steuerneutralen Vorgang behandelt, den Besteuerungszeitpunkt
hinausschiebt und der Kläger die Haltefrist nach § 23
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausnutzen kann, um eine Besteuerung ganz
zu vermeiden, ist kein Verstoß gegen eine vom Gesetzgeber
vorgegebene Wertung, sondern lediglich das Ausnutzen der vom Gesetz
angeordneten Rechtsfolgen und eingeräumten Möglichkeiten.
Der Kläger nutzt auch bei der GS-Anleihe keine gesetzlich
nicht vorgesehenen Steuervorteile aus (vgl. auch FG München,
Urteil vom 27.10. 2023 - 8 K 797/22, EFG 2024, 565 = SIS 24 01 98,
Rz 94, 99, Revision anhängig: VIII R 33/23).
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61
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3. Die Sache ist spruchreif. Der
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 12.04.2019 ist,
da das teilweise stattgebende Urteil des FG aufzuheben ist, vom
Senat wie folgt zu ändern:
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Der Verlust aus der Veräußerung der
PMO-Anleihe ist in Höhe von 3.496.735,04 EUR als
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG
tariflich zu besteuernder negativer Kapitalertrag zu
berücksichtigen. Er berührt nicht die Ermittlung der
Kapitaleinkünfte, die dem gesonderten Tarif unterliegen.
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62
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Bei den Kapitalerträgen, die dem
gesonderten Tarif unterliegen, sind mangels eines steuerpflichtigen
Einlösungsgewinns aus der GS-Anleihe für den Kläger
im Streitjahr anzusetzen:
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Kapitalerträge
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465.202
EUR
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Aktiengewinne
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5.817
EUR
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./. Verlust PMO-Anleihe
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0
EUR
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zuzüglich GS-Einlösung
|
0
EUR
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Zwischensumme
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471.019
EUR
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./. Rest Sparerpauschbetrag
|
1.539
EUR
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Kapitaleinkünfte im Sinne des § 32d
Abs. 1 EStG
|
469.480
EUR
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Kapitaleinkünfte im angefochtenen
Bescheid vom 12.04.2019
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378.293
EUR
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Erhöhung
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91.187
EUR
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63
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Die Berechnung der Steuer wird dem FA
gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO auferlegt.
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64
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat das FA zu
tragen. Die Erhöhung der Kapitalerträge, die dem
gesonderten Tarif unterliegen, um 91.187 EUR führt nicht zu
einem Teilunterliegen der Kläger, da sie diese Erhöhung
beantragt hatten.
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