Auf die Revision der Kläger wird das
Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23.10.2015 1 K
2011/13 E aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid für das
Jahr 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.5.2013 dahin
geändert, dass bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen des Klägers ein Verlust aus der
Veräußerung der Lebensversicherung in Höhe von
46.198 EUR anerkannt wird.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) wurden im Streitjahr (2009) zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war Versicherungsnehmer
einer vom 1.9.1999 bis zum 1.9.2011 laufenden fondsgebundenen
Lebensversicherung. Versicherte Person war seine Ehefrau, die
Klägerin. Die Versicherungssumme im Todesfall betrug 320.250
DM (163.741,22 EUR). Im Erlebensfall sollte das Deckungskapital,
d.h. der Wert der gutgeschriebenen Fondsanteile, fällig
werden. Am 1.3.2009 verkaufte der Kläger seine Ansprüche
aus dem Versicherungsvertrag an die Klägerin. Der am 2.6.2009
fällige Kaufpreis betrug 67.517,92 EUR und entsprach dem Wert
des Deckungskapitals zum 28.2.2009. Mit Vertrag vom 5.6.2009
gewährte der Kläger seiner Ehefrau ein zinsloses Darlehen
in Höhe des Kaufpreises. Dieses Darlehen war am 31.12.2011 in
einer Summe zurückzuzahlen.
|
|
|
2
|
Da der Kläger zum Zeitpunkt des
Verkaufs die auf 60 Monate beschränkten Beiträge in
Höhe von insgesamt 222.396 DM (113.709,27 EUR)
vollständig gezahlt hatte, ergab sich für ihn ein
Veräußerungsverlust in Höhe von 46.198 EUR. Diesen
Verlust machte er in der Einkommensteuererklärung für das
Streitjahr als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 des
Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden
Fassung (EStG) geltend.
|
|
|
3
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erkannte den Verlust aus der
Veräußerung der Lebensversicherung wegen
Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 der Abgabenordnung) nicht an.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
|
|
|
4
|
Das Finanzgericht (FG) urteilte, eine
Berücksichtigung des Veräußerungsverlusts bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG scheitere
zwar nicht an den Grundsätzen zur Anerkennung von
Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, aber an der
fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Unter
Berücksichtigung der Gesetzeshistorie des § 20 EStG und
des zum 1.1.2009 eingetretenen Systemwechsels bei der Besteuerung
von Kapitaleinkünften habe der Kläger weder zum Zeitpunkt
des Abschlusses des Versicherungsvertrags im Jahr 1999 noch zum
Zeitpunkt der Veräußerung der
Versicherungsansprüche im Streitjahr die Absicht gehabt,
steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen. Für den Zeitpunkt
des Abschlusses des Versicherungsvertrags werde dies bereits durch
die tatsächlich gewählte Vertragsgestaltung indiziert, da
die Laufzeit des Vertrags (zwölf Jahre) und die Dauer der
Beitragszahlung (fünf Jahre) unter Berücksichtigung von
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der bis zum 31.12.2004
geltenden Fassung (EStG a.F.) gerade auf die Vermeidung steuerlich
relevanter Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgerichtet
gewesen sei. Seit dem 1.1.2009 würden gemäß §
20 Abs. 2 EStG zwar auch Veräußerungsvorgänge und
damit die Vermögenssphäre in die Besteuerung einbezogen,
so dass unter weiterer Berücksichtigung des beschränkten
und pauschalisierten Werbungskostenabzugs gemäß §
20 Abs. 9 EStG von einer typisierten
Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Dies könne
aber frühestens ab dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung in
die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht einbezogen
werden. Außerdem könne die typisierte
Einkünfteerzielungsabsicht nicht für vor dem 1.1.2009
geschlossene Versicherungsverträge gelten. Vielmehr sei im
Streitfall zu berücksichtigen, dass der Kläger lediglich
seinen Verlust habe begrenzen wollen. Ein steuerlich relevanter
Überschuss sei - auch theoretisch - nicht mehr möglich
gewesen. Insofern könne der Rechtsgedanke herangezogen werden,
der für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum
gewillkürten Betriebsvermögen entwickelt worden sei und
eine solche Zuordnung ausschließe, wenn zum Zeitpunkt der
Einlage die Entstehung eines Verlusts feststehe. Die Gründe
sind in EFG 2016, 377 = SIS 16 06 16 veröffentlicht.
|
|
|
5
|
Mit ihrer Revision machen die Kläger
geltend, dass es für die Prüfung der
Einkünfteerzielungsabsicht unter Berücksichtigung des
Urteils des FG Nürnberg vom 11.2.2014 1 K 1465/13 (EFG 2014,
1671 = SIS 14 23 24) allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses
ankomme. Dabei seien auch nicht steuerbare Einnahmen einzubeziehen,
so dass die Einkünfteerzielungsabsicht im Streitfall gegeben
sei. Auch wenn der Senat dieser Auffassung nicht folgen sollte,
könne daraus für den Streitfall kein Fehlen der
Einkünfteerzielungsabsicht abgeleitet werden. Insofern sei auf
die Unterschiede zwischen dem hiesigen Sachverhalt und dem
Sachverhalt, der dem Urteil des FG Nürnberg in EFG 2014, 1671
= SIS 14 23 24 zugrunde gelegen habe, hinzuweisen. Im Streitfall
entfalle die Steuerpflicht erst nach Ablauf von zwölf Jahren.
Dies könne mit der Spekulationsfrist für private
Veräußerungsgeschäfte i.S. des § 23 Abs. 1
EStG verglichen werden, bei denen typisierend von einer
Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Zudem werde der
überwiegende Teil der Kapitallebensversicherungen vorzeitig
gekündigt. Schließlich hätte ein
Veräußerungsgewinn aufgrund der Gesetzesänderung
zum 1.1.2009 der Besteuerung unterlegen. Dem entsprechend
müssten aber auch Verluste als negative Einkünfte
berücksichtigt werden. Anderenfalls käme es zu einem
Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. Aus der
Begründung des Finanzausschusses zur Anwendungsregelung des
§ 52a Abs. 10 Satz 5 EStG (BTDrucks 16/5491, S. 21) folge,
dass der Veräußerungsgewinn - und damit auch der
Veräußerungsverlust - aus der vollen Differenz zwischen
dem Veräußerungserlös und den bis zum Zeitpunkt der
Veräußerung entrichteten Beiträgen zu ermitteln
sei.
|
|
|
6
|
Die Kläger beantragen
sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 21.5.2013 dahin zu ändern, dass bei
den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers ein
Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung in
Höhe von 46.198 EUR anerkannt wird.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
Es folgt der Begründung des FG und
weist ergänzend darauf hin, dass der Verlust des eingesetzten
Kapitals nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage der
privaten Vermögensebene zuzurechnen gewesen sei, da sich die
Besteuerung grundsätzlich auf die rechnungsmäßigen
und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den
Sparanteilen beschränkt habe (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
a.F.). Die Veräußerung der Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag an die Klägerin innerhalb von zwölf
Jahren nach Vertragsschluss könne auch unter
Berücksichtigung des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG nicht zu
einer Verlagerung von Veräußerungsverlusten in die
steuerlich relevante Ertragsebene führen. Vielmehr müsse
die Formulierung „sofern“ in § 52a Abs. 10 Satz 5
EStG im Sinne von „soweit“ ausgelegt werden, um einen
Gleichlauf mit dem Rückkauf zu erreichen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision der Kläger ist
begründet. Die Vorentscheidung des FG wird aufgehoben und der
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 21.5.2013 dahin geändert, dass bei
den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers ein
Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung in
Höhe von 46.198 EUR anerkannt wird (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
10
|
Die Vorentscheidung widerspricht Bundesrecht
(§ 118 Abs. 1 FGO). Die Nichtberücksichtigung des
Verlusts des Klägers aus der Veräußerung der
Ansprüche aus der fondsgebundenen Lebensversicherung wegen
fehlender Einkünfteerzielungsabsicht verstößt gegen
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 5
EStG; sie ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren
Rechten.
|
|
|
11
|
1. Das FG geht zutreffend davon aus, dass
für die Veräußerung der Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag gemäß § 52a Abs. 10 Satz 5
EStG (mittlerweile § 52 Abs. 28 Satz 14 EStG n.F.) im
Streitfall § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.8.2007
(BGBl I 2007, 1912) anwendbar ist. Denn der zweite Halbsatz des
§ 52a Abs. 10 Satz 5 EStG dehnt die Anwendung des § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG auch auf die Veräußerung der
Ansprüche aus vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen
Alt-Verträgen aus, „sofern bei einem Rückkauf
zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach §
20 Absatz 1 Nummer 6 in der am 31.12.2004 geltenden Fassung
steuerpflichtig wären“.
|
|
|
12
|
a) Diese Voraussetzung ist im Streitfall
erfüllt. Ein Rückkauf der fondsgebundenen
Lebensversicherung des Klägers zum
Veräußerungszeitpunkt im Jahr 2009 wäre nach der
bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage steuerpflichtig gewesen.
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a.F., der über Satz 5 der
Vorschrift auch für fondsgebundene Lebensversicherungen galt,
sah grundsätzlich eine Steuerpflicht für
rechnungsmäßige und
außerrechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen
vor. Zwar machte Satz 2 hiervon eine Ausnahme. Die Voraussetzungen
dieser Steuerbefreiung wären im Streitfall jedoch nicht
erfüllt, da der Verkauf im Jahr 2009 und damit vor Ablauf der
Mindestlaufzeit von zwölf Jahren nach Vertragsschluss
stattfand.
|
|
|
13
|
b) Die Formulierung
„sofern“ in § 52a Abs. 10 Satz 5 Halbsatz 2
EStG kann nicht einschränkend im Sinne von
„soweit“ ausgelegt werden.
|
|
|
14
|
Nach der Stellungnahme des Bundesrats vom
11.5.2007 (BRDrucks 220/07, S. 17, zurückgehend auf die
Empfehlungen der Ausschüsse vom 30.4.2007, BRDrucks 220/1/07,
S. 25 f.) ist der zweite Halbsatz des § 52a Abs. 10 Satz 5
EStG eingefügt worden, um sicherzustellen, dass die
Erträge aus vor dem 1.1.2005 geschlossenen Alt-Verträgen,
„die nach derzeitigem Recht steuerpflichtig wären,
auch nach dem 01.01.2009 zu steuerpflichtigen Einkünften
führen“, d.h. die streitige Anwendungsregelung
zielte primär auf die Zinsen aus den Sparanteilen, die bereits
nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. steuerpflichtig waren.
Darüber hinaus verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, zur
Vermeidung einer Besteuerungslücke eine Gleichbehandlung des
Veräußerungsfalls mit dem Erlebensfall und dem
Rückkauf zu erreichen (vgl. hierzu BTDrucks 16/5491, S. 21),
für die § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG (mittlerweile § 52
Abs. 28 Satz 5 EStG n.F.) weiterhin die Anwendung des § 20
Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. und damit abweichend zu § 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 4 EStG lediglich die Besteuerung der
Zinsen aus den Sparanteilen vorsieht (vgl. auch Rengier, DB 2007,
1771, 1775).
|
|
|
15
|
Daraus kann aber nicht auf eine
einschränkende Auslegung des § 52a Abs. 10 Satz 5
Halbsatz 2 EStG geschlossen werden. Denn diese Zielvorstellungen
des Gesetzgebers haben keinen Ausdruck im Gesetz gefunden. Vielmehr
regelt der eindeutige Wortlaut des § 52a Abs. 10 Satz 5
Halbsatz 2 EStG die uneingeschränkte Anwendbarkeit des §
20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG, sofern - wie im Streitfall - der
Rückkauf im Veräußerungszeitpunkt nach dem EStG
a.F. steuerpflichtig gewesen wäre. Auf den Umfang dieser
Steuerpflicht kommt es nicht an. Dies entspricht auch der
Begründung des Finanzausschusses zur endgültigen Fassung
des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG, in der von einer Besteuerung
des vollen Veräußerungsgewinns „in Höhe
des Unterschieds zwischen dem Veräußerungserlös und
den bis zum Zeitpunkt der Veräußerung entrichteten
Beiträgen“ (BTDrucks 16/5491, S. 21) ausgegangen
wird, d.h. keine Beschränkung auf die im Fall des
Rückkaufs steuerpflichtigen Bestandteile erfolgt.
|
|
|
16
|
2. Der Kläger hat durch die
Veräußerung der Ansprüche aus der fondsgebundenen
Lebensversicherung die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 6 EStG erfüllt. Gemäß § 20 Abs. 4 EStG
ergibt sich daraus ein Verlust in Höhe von 46.198 EUR.
|
|
|
17
|
a) Das FG durfte die steuerliche Anerkennung
dieses Verlusts nicht wegen fehlender
Einkünfteerzielungsabsicht versagen.
|
|
|
18
|
aa) Das Vorliegen einer
Einkünfteerzielungsabsicht ist auch bei Einkünften aus
Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG grundsätzlich zu
prüfen und für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu
beurteilen (stellvertretend Senatsurteil vom 14.5.2014 VIII R
37/12, BFH/NV 2014, 1883 = SIS 14 29 95). Das Erfordernis der
Einkünfteerzielungsabsicht gilt grundsätzlich für
alle Einkunftsarten, allerdings unter Berücksichtigung ihrer
jeweiligen Besonderheiten hinsichtlich der
Einkünfteermittlung.
|
|
|
19
|
Die durch das UntStRefG 2008 mit der
Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der
Einkünfte aus Kapitalvermögen bedingen eine
tatsächliche (widerlegbare) Vermutung der
Einkünfteerzielungsabsicht (Bundesministerium der Finanzen,
Schreiben vom 18.1.2016 IV C 1 - S 2252/08/10004:017, 2015/0468306,
BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 125; Moritz/Strohm in
Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 20 EStG n.F. Rz 62; Musil in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 463;
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 36. Aufl., § 20 Rz 12;
Haisch/Krampe, DStR 2011, 2178, 2183; vgl. auch
Blümich/Ratschow, § 20 EStG Rz 45; Jochum, in: Kirchhof/
Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz K 46). So sollten mit der
Abgeltungsteuer in § 20 EStG umfassend alle in Betracht
kommenden Kapitalanlagen erfasst werden (vgl.
Gesetzesbegründung zum UntStRefG 2008 in BTDrucks 16/4841, S.
33), insbesondere auch realisierte Wertsteigerungen des
Kapitalstamms (§ 20 Abs. 2 EStG). Hinzu kommen die
Einschränkungen des objektiven Nettoprinzips durch das
Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG
und die Verlustabzugsbeschränkungen gemäß § 20
Abs. 6 EStG. Zudem entscheiden Währungspolitik und Aktienkurs
über den Ertrag aus Zinsen und Dividenden.
|
|
|
20
|
bb) Im Streitfall fehlen relevante
Anhaltspunkte für eine Widerlegung der Vermutung der
Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass es sich um den Verkauf eines
Alt-Vertrages handelt, bei dem die Zwölf-Jahresfrist nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. vor Einführung des
Alterseinkünftegesetzes vom 5.7.2004 (BGBl I 2004, 1427) noch
nicht abgelaufen war und deshalb ein Rückkauf zu
steuerpflichtigen Zinsen aus den Sparanteilen geführt
hätte. Ein Verkauf war dagegen erst nach dem 31.12.2008 mit
Einführung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG durch das
UntStRefG 2008 in Form des Unterschiedsbetrags zwischen Einnahmen
und Anschaffungskosten/entrichteten Beiträgen steuerbar.
|
|
|
21
|
Mit dieser - den relevanten Steuertatbestand
erst verwirklichenden - Veräußerung hat der Kläger
seine ursprüngliche Investitionsplanung geändert. Dass er
damit seinen Verlust minimieren wollte (vgl. dazu BFH-Urteil vom
29.6.1995 VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722 = SIS 95 19 15), rechtfertigt ebenso wenig die Widerlegung der Vermutung der
Einkünfteerzielungsabsicht wie das bloße Vorliegen eines
Verlusts. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG regelt auch den
Verlustfall. Dabei liegt es gerade in der wirtschaftlichen Typik
der Einkünfte aus Kapitalvermögen, dass der Anleger auf
eine negative Entwicklung einer Anlage nur dadurch reagieren kann,
dass er sie durch eine andere austauscht, d.h. sich von ihr trennt.
Unter welchen Umständen ggf. das Festhalten an einer Anlage,
die keinerlei positive Entwicklung mehr nehmen kann, die
Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht
rechtfertigen könnte, kann vorliegend dahinstehen. Die
Veräußerung im Streitfall jedenfalls erfolgte nicht
unter Umständen, die eine Widerlegung rechtfertigen
könnten.
|
|
|
22
|
b) Hinsichtlich der Grundsätze über
die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen
ist der Senat an die tatsächliche Würdigung des FG
gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
|
|
|
23
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
|