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Verluste aus der Veräußerung einer fondsgebundenen Lebensversicherung

Verluste aus der Veräußerung einer fondsgebundenen Lebensversicherung: Die mit der Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) bedingen eine tatsächliche Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht. Sie gilt auch hinsichtlich von Verlusten aus der Veräußerung einer Lebensversicherung. - Urt.; BFH 14.3.2017, VIII R 38/15; SIS 17 14 55

Kapitel:
Privatbereich > Kapitaleinkünfte
Fundstellen
  1. BFH 14.03.2017, VIII R 38/15 (ECLI:DE:BFH:2017:U.140317.VIIIR38.15.0)
    BStBl 2017 II S. 1040
    DStR 2017 S. 1867

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 27.10.2017
    M. Weiss in NWB 36/2017 S. 2728
    D. Welker in NWB 52/2017 S. 4011
    F. Werth in BFH/PR 11/2017 S. 349
    -/- in NWB 35/2017 S. 2640
Normen
[EStG] § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 23.10.2015, SIS 16 06 16, Veräußerungsverlust, Lebensversicherung, Überschusserzielungsabsicht
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 24.11.2023, SIS 24 03 39, Bindungswirkung eines gegenüber einer GbR erlassenen Feststellungsbescheids über die Steuerpflicht von Zi...
  • FG München 27.10.2023, SIS 24 01 98, Keine steuerbaren Kapitaleinkünfte beim Tausch von auf Basiswert Gold bezogenen Wandelschuldverschreibung...
  • BFH 20.6.2023, SIS 23 13 61, Berücksichtigung des Verlusts aus einer stehen gelassenen Gesellschafterbürgschaft nach § 20 Abs. 2 des E...
  • BFH 3.5.2023, SIS 23 12 58, Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Gestaltungsmis...
  • BFH 16.3.2023, SIS 23 08 20, Steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten im Falle des sog. Bondstripping: 1. Nach d...
  • FG Düsseldorf 19.1.2023, SIS 23 15 98, Berücksichtigung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bei Ausfall eines Gesellschafterdarle...
  • BFH 30.11.2022, SIS 23 03 45, Steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten im Falle des sog. Bondstripping: 1. Nach d...
  • BFH 30.11.2022, SIS 23 03 48, Steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten im Falle des sog. Bondstripping: 1. Nach d...
  • FG Münster 24.8.2022, SIS 22 18 26, Einkünfte aus Kapitalvermögen aus einem zwischen Angehörigen geschlossenen Darlehensvertrag: 1. Ein unbes...
  • BMF 7.6.2022, SIS 22 10 34, Ertragsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen (§ 17 Absatz 2 a EStG), Bürgschaftsregress- ...
  • BMF 19.5.2022, SIS 22 08 12, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer, Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens: Das Bundesfinanzministerium hat...
  • FG Nürnberg 30.3.2022, SIS 22 15 32, Abgeltungssteuer, Berücksichtigung von Verlusten bei der Veräußerung von TecDax-Zertifikaten an eine GmbH...
  • FG Nürnberg 18.11.2021, SIS 23 09 54, Keine Berücksichtigung von Werbungskostenüberschüssen bei Kapitaleinkünften ohne Vermögenseinlage: 1. Ohn...
  • FG Düsseldorf 11.11.2021, SIS 22 01 23, Insolvenz einer Kapitalgesellschaft, Verlust aus Kapitalvermögen, Abgrenzung zum Auflösungsverlust aus Be...
  • FG Münster 3.11.2021, SIS 21 21 08, Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes nach § 17 EStG: 1. Ein Auflösungsverlust nach § ...
  • BFH 1.7.2021, SIS 21 15 91, Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalve...
  • BFH 27.10.2020, SIS 21 09 34, Ausfall einer privaten Darlehensforderung: 1. Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20...
  • FG Münster 29.9.2020, SIS 20 20 83, Kein Gesamtplan bei An- und Verkauf verschiedener EURO-STOXX-Zertifikate in unterschiedlichen Veranlagung...
  • FG München 29.9.2020, SIS 20 17 85, Missbrauch der Missbrauchsvorschrift § 32 d Abs. 2 Nr. 1 b EStG: Eine teleologische Reduktion des § 32 d ...
  • FG Köln 5.8.2020, SIS 21 03 94, Verfassungsmäßigkeit des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG: Das Werbungskostenabzu...
  • FG Düsseldorf 28.1.2020, SIS 19 21 98, Ausfall eines nicht eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens, Verlustberücksichtigung bei den Eink...
  • FG Münster 5.9.2019, SIS 19 16 11, Einkünfteerzielungsabsicht bei Kapitaleinkünften, Bondstripping und nachfolgende Veräußerung von Anleihem...
  • BFH 9.7.2019, SIS 19 18 51, Ausfall von Gesellschafterdarlehen und Refinanzierungszinsen: 1. Die Hingabe von Gesellschafterdarlehen a...
  • OFD Frankfurt 1.2.2019, SIS 19 02 08, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Fortgeschriebene Fassung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur Abgeltu...
  • BFH 20.11.2018, SIS 18 22 41, Gesonderte und einheitliche Feststellung von Kapitaleinkünften in sog. Mischfällen: 1. Kapitaleinkünfte g...
  • FG Düsseldorf 15.5.2018, SIS 18 11 40, Einkünfteerzielungsabsicht eines Pensionssicherungsvereins, Erfüllung der Pensionsverpflichtungen als Geg...
  • OFD Frankfurt 16.4.2018, SIS 18 06 72, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Fortgeschriebene Fassung des BMF-Schreibens zu Einzelfragen zur Abgeltu...
  • BMF 12.4.2018, SIS 18 04 92, Einzelfragen zur Abgeltungsteuer: Das BMF-Schreiben vom 18.1.2016 (BStBl 2016 I S. 85 = SIS 16 02 36, geä...
Fachaufsätze
  • LIT 03 48 25 M. Jachmann-Michel, DStR 35/2017 S. 1849: Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei Einkünften aus Kapitalvermögen - Lit.; M. Jachmann-Michel, DStR 35/201...

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23.10.2015 1 K 2011/13 E aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.5.2013 dahin geändert, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers ein Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung in Höhe von 46.198 EUR anerkannt wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr (2009) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war Versicherungsnehmer einer vom 1.9.1999 bis zum 1.9.2011 laufenden fondsgebundenen Lebensversicherung. Versicherte Person war seine Ehefrau, die Klägerin. Die Versicherungssumme im Todesfall betrug 320.250 DM (163.741,22 EUR). Im Erlebensfall sollte das Deckungskapital, d.h. der Wert der gutgeschriebenen Fondsanteile, fällig werden. Am 1.3.2009 verkaufte der Kläger seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die Klägerin. Der am 2.6.2009 fällige Kaufpreis betrug 67.517,92 EUR und entsprach dem Wert des Deckungskapitals zum 28.2.2009. Mit Vertrag vom 5.6.2009 gewährte der Kläger seiner Ehefrau ein zinsloses Darlehen in Höhe des Kaufpreises. Dieses Darlehen war am 31.12.2011 in einer Summe zurückzuzahlen.

 

 

2

Da der Kläger zum Zeitpunkt des Verkaufs die auf 60 Monate beschränkten Beiträge in Höhe von insgesamt 222.396 DM (113.709,27 EUR) vollständig gezahlt hatte, ergab sich für ihn ein Veräußerungsverlust in Höhe von 46.198 EUR. Diesen Verlust machte er in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) geltend.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erkannte den Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung wegen Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 der Abgabenordnung) nicht an. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) urteilte, eine Berücksichtigung des Veräußerungsverlusts bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG scheitere zwar nicht an den Grundsätzen zur Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, aber an der fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Unter Berücksichtigung der Gesetzeshistorie des § 20 EStG und des zum 1.1.2009 eingetretenen Systemwechsels bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften habe der Kläger weder zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags im Jahr 1999 noch zum Zeitpunkt der Veräußerung der Versicherungsansprüche im Streitjahr die Absicht gehabt, steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen. Für den Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags werde dies bereits durch die tatsächlich gewählte Vertragsgestaltung indiziert, da die Laufzeit des Vertrags (zwölf Jahre) und die Dauer der Beitragszahlung (fünf Jahre) unter Berücksichtigung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (EStG a.F.) gerade auf die Vermeidung steuerlich relevanter Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgerichtet gewesen sei. Seit dem 1.1.2009 würden gemäß § 20 Abs. 2 EStG zwar auch Veräußerungsvorgänge und damit die Vermögenssphäre in die Besteuerung einbezogen, so dass unter weiterer Berücksichtigung des beschränkten und pauschalisierten Werbungskostenabzugs gemäß § 20 Abs. 9 EStG von einer typisierten Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Dies könne aber frühestens ab dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung in die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht einbezogen werden. Außerdem könne die typisierte Einkünfteerzielungsabsicht nicht für vor dem 1.1.2009 geschlossene Versicherungsverträge gelten. Vielmehr sei im Streitfall zu berücksichtigen, dass der Kläger lediglich seinen Verlust habe begrenzen wollen. Ein steuerlich relevanter Überschuss sei - auch theoretisch - nicht mehr möglich gewesen. Insofern könne der Rechtsgedanke herangezogen werden, der für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen entwickelt worden sei und eine solche Zuordnung ausschließe, wenn zum Zeitpunkt der Einlage die Entstehung eines Verlusts feststehe. Die Gründe sind in EFG 2016, 377 = SIS 16 06 16 veröffentlicht.

 

 

5

Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, dass es für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht unter Berücksichtigung des Urteils des FG Nürnberg vom 11.2.2014 1 K 1465/13 (EFG 2014, 1671 = SIS 14 23 24) allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankomme. Dabei seien auch nicht steuerbare Einnahmen einzubeziehen, so dass die Einkünfteerzielungsabsicht im Streitfall gegeben sei. Auch wenn der Senat dieser Auffassung nicht folgen sollte, könne daraus für den Streitfall kein Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht abgeleitet werden. Insofern sei auf die Unterschiede zwischen dem hiesigen Sachverhalt und dem Sachverhalt, der dem Urteil des FG Nürnberg in EFG 2014, 1671 = SIS 14 23 24 zugrunde gelegen habe, hinzuweisen. Im Streitfall entfalle die Steuerpflicht erst nach Ablauf von zwölf Jahren. Dies könne mit der Spekulationsfrist für private Veräußerungsgeschäfte i.S. des § 23 Abs. 1 EStG verglichen werden, bei denen typisierend von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen sei. Zudem werde der überwiegende Teil der Kapitallebensversicherungen vorzeitig gekündigt. Schließlich hätte ein Veräußerungsgewinn aufgrund der Gesetzesänderung zum 1.1.2009 der Besteuerung unterlegen. Dem entsprechend müssten aber auch Verluste als negative Einkünfte berücksichtigt werden. Anderenfalls käme es zu einem Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. Aus der Begründung des Finanzausschusses zur Anwendungsregelung des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG (BTDrucks 16/5491, S. 21) folge, dass der Veräußerungsgewinn - und damit auch der Veräußerungsverlust - aus der vollen Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und den bis zum Zeitpunkt der Veräußerung entrichteten Beiträgen zu ermitteln sei.

 

 

6

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.5.2013 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers ein Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung in Höhe von 46.198 EUR anerkannt wird.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

8

Es folgt der Begründung des FG und weist ergänzend darauf hin, dass der Verlust des eingesetzten Kapitals nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage der privaten Vermögensebene zuzurechnen gewesen sei, da sich die Besteuerung grundsätzlich auf die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen beschränkt habe (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F.). Die Veräußerung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die Klägerin innerhalb von zwölf Jahren nach Vertragsschluss könne auch unter Berücksichtigung des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG nicht zu einer Verlagerung von Veräußerungsverlusten in die steuerlich relevante Ertragsebene führen. Vielmehr müsse die Formulierung „sofern“ in § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG im Sinne von „soweit“ ausgelegt werden, um einen Gleichlauf mit dem Rückkauf zu erreichen.

 

 

9

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Die Vorentscheidung des FG wird aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.5.2013 dahin geändert, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers ein Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung in Höhe von 46.198 EUR anerkannt wird (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

10

Die Vorentscheidung widerspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Die Nichtberücksichtigung des Verlusts des Klägers aus der Veräußerung der Ansprüche aus der fondsgebundenen Lebensversicherung wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht verstößt gegen § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG; sie ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.

 

 

11

1. Das FG geht zutreffend davon aus, dass für die Veräußerung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gemäß § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG (mittlerweile § 52 Abs. 28 Satz 14 EStG n.F.) im Streitfall § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) anwendbar ist. Denn der zweite Halbsatz des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG dehnt die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG auch auf die Veräußerung der Ansprüche aus vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Alt-Verträgen aus, „sofern bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 in der am 31.12.2004 geltenden Fassung steuerpflichtig wären“.

 

 

12

a) Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Ein Rückkauf der fondsgebundenen Lebensversicherung des Klägers zum Veräußerungszeitpunkt im Jahr 2009 wäre nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage steuerpflichtig gewesen. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a.F., der über Satz 5 der Vorschrift auch für fondsgebundene Lebensversicherungen galt, sah grundsätzlich eine Steuerpflicht für rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen vor. Zwar machte Satz 2 hiervon eine Ausnahme. Die Voraussetzungen dieser Steuerbefreiung wären im Streitfall jedoch nicht erfüllt, da der Verkauf im Jahr 2009 und damit vor Ablauf der Mindestlaufzeit von zwölf Jahren nach Vertragsschluss stattfand.

 

 

13

b) Die Formulierung „sofern“ in § 52a Abs. 10 Satz 5 Halbsatz 2 EStG kann nicht einschränkend im Sinne von „soweit“ ausgelegt werden.

 

 

14

Nach der Stellungnahme des Bundesrats vom 11.5.2007 (BRDrucks 220/07, S. 17, zurückgehend auf die Empfehlungen der Ausschüsse vom 30.4.2007, BRDrucks 220/1/07, S. 25 f.) ist der zweite Halbsatz des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG eingefügt worden, um sicherzustellen, dass die Erträge aus vor dem 1.1.2005 geschlossenen Alt-Verträgen, „die nach derzeitigem Recht steuerpflichtig wären, auch nach dem 01.01.2009 zu steuerpflichtigen Einkünften führen“, d.h. die streitige Anwendungsregelung zielte primär auf die Zinsen aus den Sparanteilen, die bereits nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. steuerpflichtig waren. Darüber hinaus verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, zur Vermeidung einer Besteuerungslücke eine Gleichbehandlung des Veräußerungsfalls mit dem Erlebensfall und dem Rückkauf zu erreichen (vgl. hierzu BTDrucks 16/5491, S. 21), für die § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG (mittlerweile § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG n.F.) weiterhin die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. und damit abweichend zu § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 4 EStG lediglich die Besteuerung der Zinsen aus den Sparanteilen vorsieht (vgl. auch Rengier, DB 2007, 1771, 1775).

 

 

15

Daraus kann aber nicht auf eine einschränkende Auslegung des § 52a Abs. 10 Satz 5 Halbsatz 2 EStG geschlossen werden. Denn diese Zielvorstellungen des Gesetzgebers haben keinen Ausdruck im Gesetz gefunden. Vielmehr regelt der eindeutige Wortlaut des § 52a Abs. 10 Satz 5 Halbsatz 2 EStG die uneingeschränkte Anwendbarkeit des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG, sofern - wie im Streitfall - der Rückkauf im Veräußerungszeitpunkt nach dem EStG a.F. steuerpflichtig gewesen wäre. Auf den Umfang dieser Steuerpflicht kommt es nicht an. Dies entspricht auch der Begründung des Finanzausschusses zur endgültigen Fassung des § 52a Abs. 10 Satz 5 EStG, in der von einer Besteuerung des vollen Veräußerungsgewinns „in Höhe des Unterschieds zwischen dem Veräußerungserlös und den bis zum Zeitpunkt der Veräußerung entrichteten Beiträgen“ (BTDrucks 16/5491, S. 21) ausgegangen wird, d.h. keine Beschränkung auf die im Fall des Rückkaufs steuerpflichtigen Bestandteile erfolgt.

 

 

16

2. Der Kläger hat durch die Veräußerung der Ansprüche aus der fondsgebundenen Lebensversicherung die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG erfüllt. Gemäß § 20 Abs. 4 EStG ergibt sich daraus ein Verlust in Höhe von 46.198 EUR.

 

 

17

a) Das FG durfte die steuerliche Anerkennung dieses Verlusts nicht wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht versagen.

 

 

18

aa) Das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht ist auch bei Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG grundsätzlich zu prüfen und für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu beurteilen (stellvertretend Senatsurteil vom 14.5.2014 VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883 = SIS 14 29 95). Das Erfordernis der Einkünfteerzielungsabsicht gilt grundsätzlich für alle Einkunftsarten, allerdings unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Besonderheiten hinsichtlich der Einkünfteermittlung.

 

 

19

Die durch das UntStRefG 2008 mit der Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen bedingen eine tatsächliche (widerlegbare) Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht (Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 18.1.2016 IV C 1 - S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 125; Moritz/Strohm in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 20 EStG n.F. Rz 62; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 463; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 36. Aufl., § 20 Rz 12; Haisch/Krampe, DStR 2011, 2178, 2183; vgl. auch Blümich/Ratschow, § 20 EStG Rz 45; Jochum, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz K 46). So sollten mit der Abgeltungsteuer in § 20 EStG umfassend alle in Betracht kommenden Kapitalanlagen erfasst werden (vgl. Gesetzesbegründung zum UntStRefG 2008 in BTDrucks 16/4841, S. 33), insbesondere auch realisierte Wertsteigerungen des Kapitalstamms (§ 20 Abs. 2 EStG). Hinzu kommen die Einschränkungen des objektiven Nettoprinzips durch das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG und die Verlustabzugsbeschränkungen gemäß § 20 Abs. 6 EStG. Zudem entscheiden Währungspolitik und Aktienkurs über den Ertrag aus Zinsen und Dividenden.

 

 

20

bb) Im Streitfall fehlen relevante Anhaltspunkte für eine Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um den Verkauf eines Alt-Vertrages handelt, bei dem die Zwölf-Jahresfrist nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. vor Einführung des Alterseinkünftegesetzes vom 5.7.2004 (BGBl I 2004, 1427) noch nicht abgelaufen war und deshalb ein Rückkauf zu steuerpflichtigen Zinsen aus den Sparanteilen geführt hätte. Ein Verkauf war dagegen erst nach dem 31.12.2008 mit Einführung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG durch das UntStRefG 2008 in Form des Unterschiedsbetrags zwischen Einnahmen und Anschaffungskosten/entrichteten Beiträgen steuerbar.

 

 

21

Mit dieser - den relevanten Steuertatbestand erst verwirklichenden - Veräußerung hat der Kläger seine ursprüngliche Investitionsplanung geändert. Dass er damit seinen Verlust minimieren wollte (vgl. dazu BFH-Urteil vom 29.6.1995 VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722 = SIS 95 19 15), rechtfertigt ebenso wenig die Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht wie das bloße Vorliegen eines Verlusts. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG regelt auch den Verlustfall. Dabei liegt es gerade in der wirtschaftlichen Typik der Einkünfte aus Kapitalvermögen, dass der Anleger auf eine negative Entwicklung einer Anlage nur dadurch reagieren kann, dass er sie durch eine andere austauscht, d.h. sich von ihr trennt. Unter welchen Umständen ggf. das Festhalten an einer Anlage, die keinerlei positive Entwicklung mehr nehmen kann, die Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht rechtfertigen könnte, kann vorliegend dahinstehen. Die Veräußerung im Streitfall jedenfalls erfolgte nicht unter Umständen, die eine Widerlegung rechtfertigen könnten.

 

 

22

b) Hinsichtlich der Grundsätze über die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist der Senat an die tatsächliche Würdigung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

 

 

23

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.