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Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG

Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG: 1. Abweichend von der bisherigen (durch die Rechtsprechung gebilligten) Verwaltungsauffassung, wonach sich die Höhe der zumutbaren Belastung ausschließlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet, ist die Regelung so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird. - 2. Der Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung ist nicht um Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu kürzen. Insbesondere ist die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an den Gesamtbetrag der Einkünfte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. - Urt.; BFH 19.1.2017, VI R 75/14; SIS 17 04 29

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 19.01.2017, VI R 75/14 (ECLI:DE:BFH:2017:U.190117.VIR75.14.0)
    BStBl 2017 II S. 684
    DStR 2017 S. 719
    NJW 2017 S. 1500
    BFH/NV 2017 S. 675

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 1.6.2017
    -/- in NWB 14/2017 S. 988
    S. Geserich in BFH/PR 6/2017 S. 189
    S. Geserich in DB 15/2017 S. 815
    B. Kaminski in Stbg 10/2017 S. M 15
    F. Loschelder in NJW 20/2017 S. 1500
    J. Schiffers in DStZ 9/2017 S. 302
Normen
[GG] Art. 3 Abs. 1
[EStG] § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 33 Abs. 1, § 33 Abs. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • nach: 2 BvR 1205/17 (BVerfG), Altersvorsorgeaufwendung, Außergewöhnliche Belastung, Sonderausgabe, Zumutbare Belastung
  • vor: FG Baden-Württemberg, 24.11.2014, SIS 15 04 23, Außergewöhnliche Belastung, Zumutbare Belastung, Krankheitskosten, Nettoprinzip, Verfassung
Zitiert in... / geändert durch...
  • Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder 7.4.2022, SIS 22 05 21, Zurückweisung von Einsprüchen und Änderungsanträgen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Abzugs einer z...
  • BMF 28.3.2022, SIS 22 04 75, Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 Satz 2 AO), Aussetzu...
  • FG Münster 26.8.2020, SIS 22 06 64, Aufwendungen für die Errichtung einer Lärmschutzwand: 1. Bei den Aufwendungen für die Errichtung der Lärm...
  • BFH 13.8.2020, SIS 20 16 75, Prozesskosten nur bei Gefährdung der materiellen Existenzgrundlage als außergewöhnliche Belastungen abzie...
  • BFH 28.5.2020, SIS 20 12 88, Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, obwohl die Tatsache bei einem vorangegangenen Änderungsbescheid bere...
  • BFH 4.9.2019, SIS 20 00 13, Berücksichtigung von Beitragsnachzahlungen für Vorjahre im Rahmen der Öffnungsklausel: Konnte der Steuerp...
  • FG Köln 20.3.2019, SIS 19 11 00, Fahrtkosten eines am Asperger-Syndrom sowie an einer hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens (ADHS)...
  • Niedersächsisches FG 20.2.2019, SIS 19 03 31, Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten bei Erstattungs-Verzicht: Krankheitskosten, die ein Steuerpflichtig...
  • BFH 20.2.2019, SIS 19 05 41, Staffeltarif in der Erbschaftsteuer: 1. Die Prozenttarife der Erbschaftsteuer sind auf den gesamten Erwer...
  • BFH 21.11.2018, SIS 18 22 56, Kein Abzug von Kfz-Aufwendungen eines Schwerbehinderten als außergewöhnliche Belastung: Kfz-Aufwendungen ...
  • FG Köln 13.9.2018, SIS 19 01 01, Krankheitskosten, glutenfreie Diätverpflegung: Aufwendungen für glutenfreie Diätverpflegung können auch b...
  • FG Baden-Württemberg 18.7.2018, SIS 18 15 01, Ermittlung des für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgeblichen Steuersatzes, § 19 Abs. 1 ErbStG keine...
  • FG Berlin-Brandenburg 4.7.2018, SIS 18 13 22, Kosten für nachträglichen Anschluss eines Hauses an öffentliches Trink- und Schmutzwassernetz nicht als a...
  • FG München 7.5.2018, SIS 18 17 92, Prozesskosten von Eltern für Umgangsrechtsstreit betreffend das gemeinsame minderjährige Kind als außerge...
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  • Niedersächsisches FG 16.4.2018, SIS 21 10 47, Verteilung der Zuzahlung des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines betrieblichen Kfz: 1. Die Über...
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  • FG Baden-Württemberg 19.1.2018, SIS 19 08 15, Von einem Arbeitnehmer nach einem Autounfall auf dem Weg zur Arbeit selbst getragene Behandlungs- und Ope...
  • FG Münster 11.12.2017, SIS 18 03 15, Kosten für einen privaten Sicherheitsdienst als außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen für einen priv...
  • FG Köln 6.12.2017, SIS 18 04 08, Keine ermäßigte Besteuerung von Aufstockungsbeträgen zum Transferkurzarbeitergeld: 1. Zahlungen zur Aufst...
  • BFH 29.11.2017, SIS 18 04 56, Selbst getragene Krankheitskosten können nicht im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für Krankenversicherung...
  • BFH 4.10.2017, SIS 17 21 51, Aufwendungen für die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim, Ansatz einer Haushaltsersparnis für be...
  • BFH 29.8.2017, SIS 17 21 28, Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gemäß § 32 d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG bei nicht fachkundig beratenen...
  • BFH 23.8.2017, SIS 17 21 23, Doppelte Belastung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, Ermittlung der Höhe der früheren, au...
  • BFH 27.7.2017, SIS 17 21 25, Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags, Kinderfreibetrags, Betreuungsfreibetrags und Freibetrags für d...
  • BFH 18.5.2017, SIS 17 19 16, Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach Änderung des § 33 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG: ...
  • BFH 18.5.2017, SIS 17 14 30, Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach Änderung des § 33 EStG durch das AmtshilfeRLUmsG: ...
  • BFH 25.4.2017, SIS 17 12 81, Aufwendungen für ein im Rahmen mehrerer Einkunftsarten genutztes häusliches Arbeitszimmer: Der gemäß § 4 ...
  • Hessisches FG 4.4.2017, SIS 18 03 24, Aufwendungen zur Sanierung einer Grabstätte als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen des Erben zur...
  • BFH 30.3.2017, SIS 17 11 98, Aufwendungen für die Beschäftigung von privaten Arbeitskräften durch eine vollstationär untergebrachte Pe...
Fachaufsätze
  • LIT 03 46 13 W. Radschun, NWB 30/2017 S. 2290: Zumutbare Belastung - Unterschiedliche Höhe bei Arbeitnehmern und Beamten (Verfassungsbeschwerde eingeleg...
  • LIT 03 48 80 D. Krohn, AktStR 3/2017 S. 421: Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG - Lit.; D. Krohn, AktStR 3/2017 S. 421; EStG § ...

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24.11.2014 10 K 798/14 aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid 2006 des Beklagten vom 1.2.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.2.2014 wird dahingehend geändert, dass die zumutbare Belastung mit 1.409 EUR berücksichtigt wird.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Kläger zu 40 % und der Beklagte zu 60 % zu tragen.

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist verheiratet und wurde für das Streitjahr (2006) mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Er erzielte u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als rentenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer.

 

 

2

Im Streitjahr leistete der Kläger Beiträge in Höhe von 19.463 EUR an eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Der Betrag setzte sich zusammen aus dem Regelpflichtbeitrag sowie freiwilligen Beiträgen in Höhe von je 12.285 EUR abzüglich des Arbeitgeberzuschusses in Höhe von 5.106 EUR. In der Einkommensteuererklärung der Eheleute machte der Kläger die Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten zu den zukünftigen Rentenzahlungen geltend. Außerdem erklärten die Eheleute 4.148 EUR Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die Krankheitskosten im Einkommensteuerbescheid 2006 nach Abzug der zumutbaren Belastung noch mit 2.069 EUR. Auf den zunächst aus anderen Gründen erhobenen Einspruch des Klägers erging ein geänderter Einkommensteuerbescheid, in dem das FA die Beiträge an das Versorgungswerk im Rahmen der Sonderausgabenhöchstbetragsberechnung berücksichtigte. Im Laufe des fortdauernden Verfahrens erweiterte der Kläger sein Einspruchsbegehren dahin, dass zusätzliche außergewöhnliche Belastungen von 1.104 EUR zu berücksichtigen seien, da die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung um die von ihm geleisteten Beiträge an das Versorgungswerk zu kürzen sei. Der Einspruch war in einem anderen Punkt erfolgreich. Im Hinblick auf die zusätzlich begehrten Krankheitskosten wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

 

 

4

Die Klage hatte aus den in EFG 2015, 648 = SIS 15 04 23 veröffentlichten Gründen keinen Erfolg.

 

 

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er ist der Ansicht, die Berechnung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verstoße im Zusammenwirken mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und Abs. 3 Satz 5 EStG gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), da die von angestellten Arbeitnehmern geleisteten Altersvorsorgebeiträge nur als Sonderausgaben abgezogen, während bei Beamten die „fiktiven“ Beiträge zur Altersvorsorge von vornherein nicht berücksichtigt würden. Hieraus ergäbe sich bei Beamten ein niedrigerer Gesamtbetrag der Einkünfte und eine entsprechend geringere zumutbare Belastung, was letztlich zu höheren abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen führe.

 

 

6

Der Kläger beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.2.2014 dahingehend zu ändern, dass zusätzlich ein Betrag in Höhe von 1.102 EUR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten.

 

 

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet und führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) sowie zur Stattgabe der Klage, als bei der Einkommensteuerfestsetzung 2006 die zumutbare Belastung mit 1.409 EUR anzusetzen ist und damit zusätzliche Krankheitskosten in Höhe von 664 EUR als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

 

 

10

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird nach § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Abs. 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Die zumutbare Belastung wird dabei in drei Stufen (bis 15.340 EUR, bis 51.130 EUR und über 51.130 EUR) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte und abhängig von Familienstand und Kinderzahl bemessen. Gesamtbetrag der Einkünfte ist nach der Definition in § 2 Abs. 3 EStG die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Abs. 3 EStG.

 

 

11

a) Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Dementsprechend geht der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach (stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig) noch der Höhe nach (Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall) geprüft (zuletzt Senatsurteil vom 2.9.2015 VI R 32/13, BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151 = SIS 15 28 94, m.w.N.).

 

 

12

b) Die Aufwendungen sind weiter nur insoweit zu berücksichtigen, als sie die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) übersteigen.

 

 

13

aa) Die Rechtsprechung geht davon aus, dass durch den Ansatz der - nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Kinderzahl - gestaffelten zumutbaren Belastung dem Steuerpflichtigen entsprechend seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit zugemutet werden soll, einen Teil der Belastung selbst zu tragen (BFH-Urteile vom 14.12.1965 VI 235/65 U, BFHE 85, 83, BStBl III 1966, 242 = SIS 66 01 41; vom 15.11.1991 III R 30/88, BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179 = SIS 92 03 05; vom 26.3.2009 VI R 59/08, BFHE 224, 453, BStBl II 2009, 808 = SIS 09 16 40; in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151 = SIS 15 28 94; BFH-Beschlüsse vom 17.9.1999 III B 38/99, BFH/NV 2000, 315 = SIS 00 52 19; vom 8.12.1999 III B 72/99, BFH/NV 2000, 704 = SIS 00 55 27). Die zumutbare Belastung beträgt in Abhängigkeit vom Gesamtbetrag der Einkünfte der Steuerpflichtigen und in Abhängigkeit davon, ob bei den Steuerpflichtigen der Grundtarif oder das Splittingverfahren zur Anwendung kommt sowie ob mehr oder weniger als drei Kinder zu berücksichtigen sind, zwischen 1 % und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte. Bei Steuerpflichtigen, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden, und bei Steuerpflichtigen, die Kinder zu versorgen haben, bestimmt das Gesetz geringere Prozentsätze. Der Vorschrift liegt damit ersichtlich die Wertung zugrunde, dass Steuerpflichtige mit einem höheren Gesamtbetrag der Einkünfte wirtschaftlich leistungsfähiger sind und es ihnen deshalb zugemutet werden kann, auch einen höheren Anteil der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG hieraus selbst zu tragen.

 

 

14

bb) Die Finanzverwaltung legt diese Bestimmung dahingehend aus, dass - sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet - sich die zumutbare Belastung insgesamt nach dem höheren Prozentsatz richtet. Dieser Berechnung ist die Rechtsprechung des BFH, ohne sich damit ausdrücklich auseinanderzusetzen, bisher stillschweigend gefolgt. Der BFH äußerte sich nur allgemein zur Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung durch „den Ansatz einer - nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Kinderzahl - gestaffelten zumutbaren Belastung“, ohne allerdings zu den Einzelheiten der Berechnung Stellung zu nehmen (z.B. BFH-Urteile vom 13.12.2005 X R 61/01, BFHE 212, 195, BStBl II 2008, 16 = SIS 06 16 44; in BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179 = SIS 92 03 05; s.a. Senatsurteil in BFHE 224, 453, BStBl II 2009, 808 = SIS 09 16 40).

 

 

15

c) An dieser Ermittlung der zumutbaren Belastung hält der erkennende Senat nicht mehr fest. § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG ist vielmehr so zu verstehen, dass nur der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird (ebenso Blümich/Heger, § 33 EStG Rz 136).

 

 

16

aa) Der Wortlaut des § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG steht mit dieser Auslegung im Einklang. So heißt es im Gesetz:

 

 

17

„Die zumutbare Belastung beträgt

 

 

 

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte

bis
15.340 EUR

über
15.340 EUR
bis
51.130 EUR

über
51.130 EUR

 

 

1.

bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer

 

 

 

 

 

 

a) nach § 32a Abs. 1,

5

6

7

 

 

 

b) nach § 32a Abs. 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6

 

 

2.

bei Steuerpflichtigen mit

 

 

 

 

 

 

a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4

 

 

 

b) drei oder mehr Kindern

1

1

2

 

 

 

 

vom Hundert des Gesamtbetrags der Einkünfte.“

 

 

 

18

§ 33 Abs. 3 Satz 1 EStG stellt für die Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes des Gesamtbetrags der Einkünfte also gerade nicht auf den „gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte“ ab. Der Gesetzeswortlaut legt es vielmehr nahe, dass sich der gesetzlich festgelegte Prozentsatz nur auf den Gesamtbetrag der Einkünfte in der Spalte der Tabelle bezieht, in der sich auch die jeweilige Prozentzahl befindet. Bei wörtlichem Verständnis des Gesetzes ist daher z.B. gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG „bis 15.340 EUR“ Gesamtbetrag der Einkünfte eine zumutbare Belastung von 5 % „des Gesamtbetrags der Einkünfte“ und für den darüber hinausgehenden Betrag „über 15.340 EUR bis 51.130 EUR“ eine zumutbare Belastung von 6 % „des Gesamtbetrags der Einkünfte“ anzusetzen. Der gesetzlich vorgesehenen Staffelung des Gesamtbetrags der Einkünfte und der Zuweisung bestimmter Prozentsätze „des Gesamtbetrags der Einkünfte“ - nicht des „gesamten“ Gesamtbetrags der Einkünfte - zu den jeweiligen Beträgen sind daher zu entnehmen, dass die Prozentsätze auf den Gesamtbetrag der Einkünfte anzuwenden sind, in dessen Spalte sie aufgeführt sind. So gilt der Prozentsatz von 6 gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur für den Gesamtbetrag der Einkünfte „über 15.340 EUR bis 51.130 EUR“. Eine gesetzliche Grundlage, diesen Prozentsatz auch auf den Gesamtbetrag der Einkünfte „bis 15.340 EUR“ anzuwenden, enthält der Gesetzeswortlaut gerade nicht. Denn für einen Gesamtbetrag der Einkünfte „bis 15.340 EUR“ enthält § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG vielmehr einen abweichenden Prozentsatz von 5.

 

 

19

bb) Die vorgenannte Auslegung wird auch dem Zweck der Vorschrift gerecht. Der Ansatz einer zumutbaren Belastung ist zwar dem Grunde nach nicht zu beanstanden, soweit es sich nicht um Aufwendungen für Leistungen handelt, die Sozialhilfeempfängern allgemein ohne weitere Gegenleistung gewährt werden (vgl. Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151 = SIS 15 28 94), und sofern dem Steuerpflichtigen nach Abzug ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem Existenzminimum liegt (BFH-Urteile in BFHE 212, 195, BStBl II 2008, 16 = SIS 06 16 44; in BFHE 166, 159, BStBl II 1992, 179 = SIS 92 03 05). Es begegnet auch keinen Bedenken, dass mit steigendem Gesamtbetrag der Einkünfte den Steuerpflichtigen zugemutet wird, einen höheren Prozentsatz ihrer Einkünfte für zwangsläufige und außergewöhnliche Privataufwendungen einzusetzen. Dies muss jedoch schrittweise in folgerichtig gestalteten Übergängen geschehen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 25.9.1992 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413 = SIS 92 21 01). Die bisherige Auslegung der Vorschrift führt indes in manchen Fällen zu Grenzsteuersätzen, die mit dem Ziel einer Einkommensbesteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren sind (vgl. die Beispiele bei Kosfeld, FR 2013, 359). Denjenigen Steuerpflichtigen, deren Gesamtbetrag der Einkünfte die jeweiligen gesetzlichen Grenzen nur geringfügig überschreitet, werden nicht nur die zusätzlich erwirtschafteten Einkünfte in voller Höhe besteuert, ihnen bleibt überdies nach Steuern ein geringeres Einkommen als Steuerpflichtigen mit Einkünften knapp unterhalb des jeweiligen Grenzbetrags. Diese Folge wird vermieden, wenn bei der Berechnung der zumutbaren Belastung entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift nur auf die den jeweiligen Grenzbetrag übersteigenden Einkünfte der höhere Prozentsatz angewandt wird.

 

 

20

cc) Ein diesem Auslegungsergebnis entgegenstehender gesetzgeberischer Wille ist nicht erkennbar. Seit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18.8.1980 - Steueränderungsvereinfachungsgesetz - (BGBl I 1980, 1537) bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nicht mehr nach dem um bestimmte Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nrn. 1, 1a, 4 bis 7 EStG a.F.) und Spenden (§ 10b EStG a.F.) verminderten, sondern nach dem ungekürzten Gesamtbetrag der Einkünfte. Die Beschränkung der Bemessungsgrundlage auf den fortan ungekürzten Gesamtbetrag der Einkünfte ging einher mit einer Reduzierung der Prozentsätze sowie einer Verringerung und Neugliederung der Einkommensgruppen. Die Änderung diente neben der Vereinfachung auch der Vermeidung unbilliger Ergebnisse, da es nun unerheblich war, ob Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (sog. Realsplitting) oder als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG steuerlich berücksichtigt wurden (zur Entstehungsgeschichte s. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 33 EStG Rz 2 und 215; Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz A 29 ff.). Es gibt - soweit ersichtlich - keine Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren, dass § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG in dem hier streitigen Punkt i.S. der bisherigen Verwaltungsauffassung zu verstehen sei (vgl. insbesondere BTDrucks 7/1470, S. 282; BTDrucks 7/2180, S. 20; BTDrucks 8/3688, S. 19). Auch ist - anders als beispielsweise bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (vgl. § 19 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes) - kein Härteausgleich bei geringfügigem Übersteigen einer Wertgrenze vorgesehen, der den gesetzgeberischen Willen erkennen lässt, dass grundsätzlich ein einheitlicher Prozentsatz auf den gesamten Wert des steuerpflichtigen Erwerbs anzuwenden ist.

 

 

21

dd) Der erkennende Senat weicht mit diesem Urteil nicht von einer anderen Entscheidung des BFH ab, was die übrigen mit Ertragsteuern befassten Senate auf Anfrage bestätigt haben. Der vor dem erkennenden Senat für die außergewöhnlichen Belastungen zuständige III. Senat des BFH hat zudem mitgeteilt, dass er der hier vertretenen Auffassung folge.

 

 

22

2. Nach diesen Grundsätzen ist es zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die streitbefangenen Zahlungen Krankheitskosten darstellen und daher grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. Die Krankheitskosten sind allerdings nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, als sie den Betrag der nach § 33 Abs. 3 EStG ermittelten zumutbaren Belastung überschreiten. Denn § 33 Abs. 3 EStG differenziert bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung nicht zwischen Krankheitskosten und anderen Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind; der Wortlaut ist insoweit eindeutig. Die Kürzung der Krankheitskosten um die anzurechnende zumutbare Belastung dem Grunde nach stellt der Kläger auch nicht in Frage (zur Verfassungsmäßigkeit des Ansatzes der zumutbaren Belastung vgl. Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151 = SIS 15 28 94).

 

 

23

FA und FG haben den Betrag der nach Abzug der zumutbaren Belastung noch berücksichtigungsfähigen Krankheitskosten - entsprechend dem bisherigen Verständnis - unter Berücksichtigung des sich bei Überschreiten der letzten Staffel ergebenden Prozentsatzes ermittelt. Nach den Ausführungen unter II.1.c ist die zumutbare Belastung bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 51.835 EUR im Streitfall jedoch wie folgt zu berechnen:

 

 

 

bis 15.340 EUR

2 %

306,80 EUR

 

 

bis 51.130 EUR

3 %

1.073,70 EUR

 

 

bis 51.835 EUR

4 %

 28,20 EUR

 

 

zumutbare Belastung

1.408,70 EUR.

 

 

 

24

Bei Krankheitskosten in Höhe von 4.148 EUR und einer bisher berücksichtigten zumutbaren Belastung in Höhe von 2.073 EUR ergeben sich somit zusätzlich zu berücksichtigende außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 664 EUR.

 

 

25

3. Eine Minderung des Gesamtbetrags der Einkünfte um die von dem Kläger geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen kommt nach den gesetzlichen Regelungen nicht in Betracht.

 

 

26

Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sind zwar den Sonderausgaben zugewiesen, ihrer Rechtsnatur nach sind sie aber in erster Linie vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (BFH-Urteile vom 9.12.2009 X R 28/07, BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348 = SIS 10 00 38; vom 18.4.2012 X R 62/09, BFHE 237, 434, BStBl II 2012, 721 = SIS 12 19 47). Diese Zuweisung ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG-Beschluss vom 14.6.2016 2 BvR 323/10, HFR 2016, 829 = SIS 16 18 72, Rz 55 ff.). Geht man vom Charakter der Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG als vorweggenommene Werbungskosten aus, entspräche deren mindernde Berücksichtigung bei der Bemessung der zumutbaren Belastung dem Gesetzeszweck des § 33 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG. Denn das Gesetz geht, indem es als Ausgangspunkt für die Bemessung der zumutbaren Belastung den Gesamtbetrag der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 3 EStG wählt, davon aus, dass es einem Steuerpflichtigen nur zugemutet werden kann, aus seinen Einkünften, also dem Gewinn oder dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 EStG), einen eigenen Anteil an außergewöhnlichen Belastungen zu tragen. Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG steht indes einer einfachrechtlichen Auslegung dahingehend, dass die Altersvorsorgeaufwendungen den Gesamtbetrag der Einkünfte als gesetzlichen Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der zumutbaren Belastung mindern, entgegen. Denn aus diesem, insbesondere der ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 8 bis 9a EStG, folgt, dass in den Gesamtbetrag der Einkünfte nur Aufwendungen eingehen, die das Einkommensteuerrecht als Werbungskosten i.S. der §§ 9 f. EStG (oder als Betriebsausgaben) und nicht als Sonderausgaben qualifiziert, ohne dass es auf deren materielle Einordnung ankäme.

 

 

27

4. Entgegen der Ansicht des Klägers ist darüber hinaus eine von den geltenden Vorschriften des § 33 Abs. 1 und Abs. 3 EStG abweichende Ermittlung der Bezugsgröße für den Ansatz einer zumutbaren Belastung verfassungsrechtlich nicht geboten. Der erkennende Senat erachtet die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage für die außergewöhnlichen Belastungen an den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht für verfassungswidrig.

 

 

28

a) Der Gesamtbetrag der Einkünfte dient seit dem Einkommensteuerreformgesetz vom 5.8.1974 (BGBl I 1974, 1769) als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zumutbaren Belastung (zur systematischen Einordnung s. Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des BMF Heft 17, S. 162, Rz 426). Seit dem Steueränderungsvereinfachungsgesetz bestimmt sich die Bemessungsgrundlage - wie unter II.1.c cc ausgeführt - nicht mehr nach dem um bestimmte Sonderausgaben und Spenden verminderten, sondern aus Vereinfachungsgründen nach dem ungekürzten Gesamtbetrag der Einkünfte (BTDrucks 8/3688, S. 19). Bedenken hiergegen wurden weder von Seiten der Rechtsprechung (BFH-Beschluss vom 10.1.2003 III B 26/02, BFH/NV 2003, 616 = SIS 03 22 10; FG Hamburg, Urteil vom 10.11.1998 III 196/97) noch von Seiten der Literatur (Stuhrmann, DStR 1980, 487 (490); Kieschke/Höllig/Völzke, DB 1980, 1287 (1290); Uelner, DStZ 1980, 341 (345); Buob, Die Steuerberatung 1981, 49) geäußert.

 

 

29

Vorsorgeaufwendungen - insbesondere Altersvorsorgeaufwendungen - hatten demgegenüber noch nie Einfluss auf die zumutbare Belastung (anders der Vorschlag im Gutachten der Steuerreformkommission 1971, a.a.O., S. 178 f., Rz 497 ff.).

 

 

30

b) Das BVerfG hat ebenfalls die Einschätzung des BFH geteilt, dass gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung, wie ihn § 33 Abs. 3 EStG vorsieht, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, soweit dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem Regelsatz für das Existenzminimum liegt (BVerfG-Beschluss vom 29.10.1987 1 BvR 672/87, HFR 1989, 152). Mit Beschlüssen vom 14.3.1997 2 BvR 861/92 (Die Information über Steuer und Wirtschaft 1997, 543) und vom 30.5.2005 2 BvR 923/03, nicht veröffentlicht) hat das BVerfG erneut Verfassungsbeschwerden, die sich gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG wandten, nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 704 = SIS 00 55 27). Der III. Senat des BFH vertrat ebenfalls die Auffassung, die Anknüpfung des Gesetzes an den Gesamtbetrag der Einkünfte begegne bei dem dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Beschluss in BFH/NV 2003, 616 = SIS 03 22 10).

 

 

31

c) Auch wenn die Literatur die Nichtberücksichtigung der Sonderausgaben, insbesondere der Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG, bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung teilweise durchaus kritisch sieht (insbesondere Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 33 Rz 49; Stöcker in Lademann, EStG, § 33 EStG Rz 260; Arndt, a.a.O., § 33 Rz D2), führen die hiergegen geäußerten Bedenken nach Ansicht des erkennenden Senats nicht zur Verfassungswidrigkeit des Gesamtbetrags der Einkünfte als Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der zumutbaren Belastung (s.a. Blümich/Heger, § 33 EStG Rz 134 und 136; HHR/Kanzler, § 33 EStG Rz 216; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 33 Rz 201; Endert in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 33 Rz 43; Schmidt/Loschelder, EStG, 35. Aufl., § 33 Rz 28; C.P. Steger, Die außergewöhnliche Belastung im Steuerrecht, Baden-Baden 2008, S. 191 f. und 212). Die Einbeziehung u.a. der Vorsorgeaufwendungen in die Ermittlung der zumutbaren Belastung mag zwar insgesamt sach- und systemgerechter sein. Der Senat sieht die Entscheidung des Gesetzgebers, an den ungekürzten Gesamtbetrag der Einkünfte anzuknüpfen, jedoch als von dem diesem eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielraum gedeckt an. Insoweit darf zudem nicht außer Acht gelassen werden, dass der Gesetzgeber auch auf die Berücksichtigung die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen steigernder Faktoren (wie insbesondere steuerfreie oder dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte) verzichtet.

 

 

32

§ 33 EStG fungiert damit als gleichheitsgerechte und folgerichtige Ergänzung der allgemeinen Freibeträge und Sonderausgaben, soweit diese typisierungsbedingt die verfassungsrechtlichen und einkommensteuerlichen Systemvorgaben zur Steuerfreistellung des Existenzminimums noch nicht vollständig umsetzen (vgl. Amann, Standortbestimmung der außergewöhnlichen Belastungen, Stuttgart 2014, S. 107).

 

 

33

d) Die von dem Kläger insoweit gerügte Ungleichbehandlung von rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern und Beamten liegt tatsächlich nicht vor, da der Anknüpfungspunkt - wie vom FG zutreffend ausgeführt - mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte für alle Steuerpflichtigen derselbe ist.

 

 

34

aa) Eine Ungleichbehandlung folgt insbesondere nicht aus dem BVerfG-Urteil vom 6.3.2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618 = SIS 02 04 93). Auch insoweit führt die Vorinstanz richtig aus, dass die Entscheidung vor dem Hintergrund der komplexen Analyse der bis dato gegebenen unterschiedlichen Besteuerung von Versorgungsbezügen der Ruhestandsbeamten einerseits und von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits zu sehen ist. Die Ausführungen des BVerfG zu den lediglich „fiktiven“ Beiträgen der Beamten zu ihrer späteren Altersversorgung bedeutet jedoch auch i.S. einer Folgerichtigkeit nicht, dass nunmehr die Altersvorsorgeaufwendungen des Klägers aus Gleichbehandlungsgründen von seinem Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen wären. So liegt in dem „niedrigeren“ Gesamtbetrag der Einkünfte eines Beamten keine unvereinbare Privilegierung.

 

 

35

bb) Im Urteil in BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348 = SIS 10 00 38 hat sich der X. Senat des BFH u.a. ausdrücklich mit der auch vom Kläger in diesem Verfahren vorgebrachten Argumentation auseinandergesetzt, die Behandlung als Sonderausgaben bewirke, dass die Altersvorsorgebeiträge bei der Bemessungsgrundlage für die zumutbare Eigenbelastung bei den außergewöhnlichen Belastungen i.S. des § 33 EStG unberücksichtigt blieben. Der X. Senat des BFH hat dies jedoch im Gesamtzusammenhang als sachlich gerechtfertigt angesehen. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

 

 

36

Das BVerfG hat die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde mit Beschluss in HFR 2016, 829 = SIS 16 18 72 nicht zur Entscheidung angenommen. Es hat im Nichtannahmebeschluss in HFR 2016, 829 = SIS 16 18 72 ausgeführt, die Zuweisung zu den Sonderausgaben durch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG bewirke keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern und Beamten. Zwar würden dem rentenversicherten Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber abgeführten Beiträge zunächst als Lohnbestandteil zugerechnet, während die Umschichtung von (wirtschaftlichen) Beiträgen der aktiven Beamten zu Versorgungsbezügen der Pensionäre innerhalb des öffentlichen Haushalts des Dienstherrn stattfinde, indem der Dienstherr entsprechend geringere Bezüge auszahle. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei es jedoch unerheblich, ob die Leistungen zum Aufbau einer Versorgungs- oder Rentenanwartschaft den Einkünften von vornherein nicht zugerechnet würden oder ob sie als Einkünfte behandelt und als Sonderausgaben vom Einkommen abgezogen werden könnten. Das finanzielle Ergebnis sei in beiden Fällen gleich.

 

 

37

Möglicherweise entstehende mittelbare Nachteile für Arbeitnehmer bei der Abzugsfähigkeit außergewöhnlicher Belastungen durch Berechnung der zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG auf der Basis des Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) und nicht des Einkommens (§ 2 Abs. 4 EStG) habe der BFH zu Recht nicht isoliert, sondern im Kontext mit anderen mittelbaren, teils vorteilhaften, teils nachteiligen Folgen der Qualifikation der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben betrachtet.

 

 

38

Die damit im Einklang mit der Verfassung stehende Entscheidung des Gesetzgebers, die Altersvorsorgeaufwendungen den Sonderausgaben zuzuweisen, bedingt damit zugleich deren Nichtberücksichtigung bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung (s.a. BFH-Urteil in BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348 = SIS 10 00 38, Rz 106; BVerfG-Beschluss vom 30.9.2015 2 BvR 1066/10, HFR 2016, 72 = SIS 15 29 14, Rz 41).

 

 

39

e) Da es für die verfassungsrechtliche Würdigung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausschließlich auf die einkommensteuerliche Belastung ankommt, die die relevanten Normen (gegebenenfalls im Verbund mit anderen Normen des Einkommensteuerrechts) bei verschiedenen Steuerpflichtigen bewirken, und Be- und Entlastungswirkungen, die sich jenseits der einkommensteuerlichen Belastung erst aus dem Zusammenspiel mit den Normen des Besoldungs-, Versorgungs- und Sozialversicherungsrechts ergeben, außerhalb der verfassungsrechtlich maßgeblichen Vergleichsperspektive liegen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618 = SIS 02 04 93, C.II.), geht schließlich auch die Rüge des Klägers, die beamtenrechtlichen Beihilferegelungen führten dazu, dass bei Beamten Krankheitskosten für Leistungen, die über dem sozialversicherungsrechtlichen Niveau lägen, steuerfrei berücksichtigt würden, von vornherein ins Leere - zumal das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG bereits ausdrücklich bestätigt hat (Beschluss vom 19.2.1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395).

 

 

40

5. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

 

 

41

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.