Auf die Revision der Kläger werden das
Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 27.8.2014 4 K 1617/13 und
die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 15.7.2013
aufgehoben.
Die Einkommensteuer 2010 wird unter Abänderung des
Einkommensteuerbescheids vom 21.4.2011 auf den Betrag festgesetzt,
der sich nach Maßgabe der Gründe ergibt.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr (2010)
zusammenveranlagt. Der Kläger bezog aus einer 40%igen
Beteiligung an der X-GmbH (GmbH) am 30. November des Streitjahres
eine Gewinnausschüttung in Höhe von 18.000 EUR, die die
GmbH dem Kapitalertragsteuerabzug unterworfen hatte. Die GmbH hatte
dem Kläger hierüber eine Steuerbescheinigung
erteilt.
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Die Kläger erstellten die
Einkommensteuererklärung des Streitjahres ohne Inanspruchnahme
einer steuerlichen Beratung. Nach den Feststellungen des
Finanzgerichts (FG) stand dem Kläger beim Ausfüllen der
Anlage KAP die amtliche Anleitung mit dem Stand August 2010 zur
Verfügung.
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Die Einnahme aus der
Gewinnausschüttung der GmbH trug der Kläger in Zeile 7
seiner Anlage KAP in der Rubrik „Kapitalerträge, die dem
inländischen Steuerabzug unterlegen haben“ ein. Die dort
angegebenen Kapitalerträge in Höhe von 20.457 EUR setzten
sich aus der Dividende der GmbH in Höhe von 18.000 EUR und
weiteren bescheinigten Kapitalerträgen des Klägers in
Höhe von 2.457 EUR zusammen.
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In den Zeilen 22 bis 25 der Anlage KAP zum
Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung
(EStG) machte der Kläger keine Angaben und stellte auch keine
Anträge. Auch die Zeilen 55 bis 57 („Anzurechnende
Steuern zu Erträgen in den Zeilen 22 bis 25, 47 und 48 und aus
anderen Einkunftsarten“) füllte er nicht aus. In Zeile 4
ihrer Anlage KAP beantragten die Kläger jeweils, die
Günstigerprüfung für sämtliche
Kapitalerträge durchzuführen.
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Dem Kläger waren bei Anfertigung der
Erklärung sowohl die Existenz des Antragsrechts
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als auch dessen
Ausübbarkeit neben einem Antrag auf Günstigerprüfung
unbekannt. Ferner steht fest, dass der Kläger bei Anfertigung
der Steuererklärung die Ausführungen in der amtlichen
Anleitung zu den Zeilen 24 und 25 der Anlage KAP nicht zur Kenntnis
genommen hat.
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Die Kläger reichten die
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beim
Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) ein. Die
Steuerbescheinigung der GmbH war der Erklärung
beigefügt.
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Das FA setzte mit Bescheid vom 21.4.2011
die Einkommensteuer für das Streitjahr ohne Vorbehalt der
Nachprüfung fest. Die Günstigerprüfung führte
zu dem Ergebnis, dass die Besteuerung der Kapitalerträge der
Kläger im Rahmen der tariflich zu besteuernden Einkünfte
vorteilhafter war. Die Kapitalerträge des Klägers wurden
im Bescheid unter Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 EUR in
Höhe von 19.656 EUR (d.h. ohne Anwendung der anteiligen
Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d
EStG für die Ausschüttung) als tariflich zu besteuernde
Einkünfte berücksichtigt.
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Die Kläger erhoben am 24.5.2011
Einspruch. In einem Schriftsatz vom 27.5.2011 beantragten sie die
Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3
Satz 4 EStG gemäß § 110 der Abgabenordnung (AO).
Der Kläger habe das Antragsrecht und die Frist des § 32d
Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht gekannt und wegen der komplizierten
Abfragelogik des Formulars auch nicht erkannt, dass er diesen
Antrag neben einem Antrag auf Günstigerprüfung habe
stellen müssen, um eine Nullfestsetzung zu erreichen. Er habe
geglaubt, mit dem Antrag auf Günstigerprüfung alle
notwendigen Anträge gestellt zu haben, um die für ihn
günstigste Besteuerung zu erreichen. Der Antrag
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG wurde im Schreiben
vom 27.5.2011 nachgeholt.
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Das FA wies den Einspruch als
unbegründet zurück. Es versagte die Wiedereinsetzung, da
der Kläger beim Ausfüllen der Anlage KAP einem Irrtum
über den Inhalt des materiellen Rechts unterlegen habe. Die
Unkenntnis des Antragsrechts in § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG sei
schuldhaft, weil der Kläger die Erläuterungen zu den
Zeilen 24 und 25 der Anleitung zur Anlage KAP beim Ausfüllen
der Erklärung nicht gelesen habe.
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Die anschließend erhobene Klage blieb
erfolglos. Das FG sah die Versagung der Wiedereinsetzung des
Klägers in die Antragsfrist durch das FA als
rechtmäßig an. Der Kläger habe nicht darauf
vertrauen dürfen, mit dem Eintrag der Dividendeneinkünfte
in Zeile 7 der Anlage KAP und dem Antrag auf
Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 Satz
1 EStG sämtliche einschlägigen und günstigen
Anträge gestellt zu haben. Zwar habe er die Möglichkeit
und Notwendigkeit, einen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG
neben einem Antrag auf Günstigerprüfung zu stellen, nicht
gekannt. Diese Unkenntnis des materiellen Rechts sei vermeidbar
gewesen und vom Kläger verschuldet. Hätte der Kläger
den Erklärungsvordruck und die Anleitung zu den Zeilen 24 und
25 der Anlage KAP gelesen, hätten ihm Zweifel kommen
müssen, ob nicht auch ein Eintrag in Zeile 24 der Anlage KAP
erforderlich gewesen sei. Diese Zweifel hätten ihn zumindest
zur Einholung einer qualifizierten Beratung oder einer kurzen (z.B.
telefonischen) Erläuterung des FA veranlassen
müssen.
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Mit der Revision verfolgen die Kläger
ihr Begehren weiter. Das Urteil des FG verletze materielles
Bundesrecht in Gestalt des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG und des
§ 110 AO.
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Das FG habe nicht erkannt, dass die
Kläger mit dem im Rahmen der Einkommensteuererklärung
gestellten Antrag auf Günstigerprüfung gemäß
§ 32d Abs. 6 EStG konkludent auch einen Antrag
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt
hätten.
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Werde dem nicht gefolgt, sei jedenfalls dem
Antrag auf Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 32d Abs.
2 Nr. 3 Satz 4 EStG stattzugeben gewesen. Die Unkenntnis des
Klägers, einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3
EStG spätestens mit der Einkommensteuererklärung neben
einem Antrag auf Günstigerprüfung gemäß §
32d Abs. 6 EStG stellen zu können und im Streitfall auch zu
müssen, sei trotz unterbliebener Lektüre der Anleitung
zur Anlage KAP unverschuldet.
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Die Kläger beantragen
sinngemäß, das FG-Urteil vom 27.8.2014 4 K 1617/13 und
die Einspruchsentscheidung des FA vom 15.7.2013 aufzuheben und
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 21.4.2011
die Einkommensteuer 2010 auf Null EUR festzusetzen.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Ein Antrag gemäß § 32d Abs.
2 Nr. 3 EStG sei im Rahmen der Einkommensteuererklärung nicht
konkludent gestellt worden. Hierfür hätte für das FA
sowohl erkennbar sein müssen, dass die Beteiligung des
Klägers eine unternehmerische Beteiligung i.S. des § 32d
Abs. 2 Nr. 3 EStG sei, als auch, dass der Kläger mit einer
Bindung an die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für
die nächsten vier Veranlagungszeiträume einverstanden
gewesen sei. Dies habe der Einkommensteuererklärung nicht
entnommen werden können.
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Das FG habe zu Recht auch die
Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in die Antragsfrist
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG verneint. Es
liege ein verschuldeter Rechtsirrtum des Klägers über den
Inhalt des materiellen Rechts vor. Die Würdigung des FG, der
Kläger habe fahrlässig gehandelt, weil er den
Erklärungsvordruck samt der Anleitung nicht vollständig
gelesen habe, sei nicht zu beanstanden.
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II. Die Revision ist begründet.
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Das FG hat zwar zu Recht einen rechtzeitig
gestellten Antrag der Kläger gemäß § 32d Abs.
2 Nr. 3 Satz 4 EStG und die Gewährung der anteiligen
Steuerfreistellung gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst.
d EStG für die Dividendeneinkünfte des Klägers
allein auf Grundlage der Günstigerprüfung verneint (s.
unter II.1. und II.2.). Es hat aber zu Unrecht die Versagung der
Wiedereinsetzung des Klägers in die Antragsfrist des §
32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.V.m. § 110 AO durch das FA als
rechtmäßig angesehen (s. unter II.3.). Die Sache ist
spruchreif. Die Vorentscheidung wird aufgehoben und der Klage
stattgegeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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1. Der Kläger hat für die Dividenden
aus der GmbH-Beteiligung im Rahmen der
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr weder einen
ausdrücklichen noch einen konkludenten Antrag gemäß
§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG gestellt.
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a) Der Senat hält an seiner im
Senatsurteil vom 28.7.2015 VIII R 50/14 (BFHE 250, 413, BStBl II
2015, 894 = SIS 15 21 52) geäußerten Auffassung fest,
dass eine konkludente Antragstellung gemäß § 32d
Abs. 2 Nr. 3 EStG bei nicht fachkundig beratenen Steuerpflichtigen,
die - wie die Kläger - die Steuererklärung selbst
erstellen, in Betracht kommt.
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b) Das FG hat das Vorliegen eines konkludenten
Antrags gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht
geprüft. Daher darf der Senat die Auslegung der
Einkommensteuererklärung als Willenserklärung nachholen,
da das FG diese nicht selbst vorgenommen hat, die Auslegung aber
notwendig ist und das FG alle notwendigen Umstände für
die Auslegung festgestellt hat (vgl. z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30.7.1991 IX R 43/89, BFHE 165, 245,
BStBl II 1991, 918 = SIS 91 21 06, unter 1.a, zur unterlassenen
Auslegung eines privatrechtlichen Vertrags; zur Geltung gleicher
Auslegungsgrundsätze für privatrechtliche
Willenserklärungen und Willenserklärungen gegenüber
dem FA s.a. Werth in Beermann/Gosch, FGO § 118 Rz 64). Das FG
hat auf die in der Einkommensteuerakte der Kläger abgelegte
Einkommensteuerklärung für das Streitjahr samt
Steuerbescheinigung der GmbH in der Vorentscheidung Bezug genommen
und damit sämtliche darin enthaltenen Angaben inhaltlich
festgestellt.
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c) Allerdings ist im Streitfall nicht von
einem konkludent gestellten Antrag des Klägers
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG auszugehen.
Ein solcher Antrag ergibt sich nicht allein aus der in der
Einkommensteuererklärung beantragten
Günstigerprüfung und der Beifügung der
Steuerbescheinigung der GmbH. Es fehlt vor allem daran, dass das FA
aus den Angaben des Klägers nicht alle Voraussetzungen zur
Beteiligungshöhe erkennen konnte, die für einen Antrag
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG notwendig wären.
Weder war dem FA ersichtlich, ob der Kläger an der GmbH zu
mindestens 25 % beteiligt war noch ob er zu mindestens 1 %
beteiligt und für die GmbH beruflich tätig war. Für
eine konkludente Antragstellung müssen in der Erklärung
des Steuerpflichtigen jedoch alle tatsächlichen Angaben
enthalten sein, die für die materiell-rechtlichen
Voraussetzungen eines Antrags oder Abzugstatbestands erforderlich
sind (BFH-Urteile vom 30.10.2003 III R 24/02, BFHE 204, 10, BStBl
II 2004, 394 = SIS 04 09 27, und vom 18.8.2015 V R 47/14, BFHE 251,
287 = SIS 15 23 76). Ob für eine konkludente Antragstellung
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG - wie das FA meint -
neben den Angaben zur Beteiligungshöhe oder beruflichen
Tätigkeit für die Gesellschaft auch ersichtlich sein
muss, dass der Steuerpflichtige sich der fünfjährigen
Bindung eines solchen Antrags unterwerfen will, ist im Streitfall
nicht erheblich und daher nicht zu entscheiden.
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2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass allein aufgrund des erfolgreichen Antrags auf
Günstigerprüfung keine anteilige Steuerbefreiung für
die Dividendeneinkünfte des Klägers aus der GmbH
gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG zu
gewähren ist.
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Die Günstigerprüfung bewirkt im
Streitfall nur, dass gemäß § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG
die Kapitalerträge der Kläger einschließlich der
Beteiligungserträge des Klägers (§ 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG) den regelbesteuerten Einkünften hinzuzurechnen sind.
Für die hinzugerechneten Beteiligungserträge kann die
anteilige Steuerbefreiung des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG
gemäß § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG nicht in Anspruch
genommen werden, da es sich um Beteiligungseinkünfte im
Privatvermögen handelt. Erst ein Antrag gemäß
§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG eröffnet für diese die
anteilige Steuerfreistellung, da § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2
EStG für diesen Fall bestimmt, dass § 3 Nr. 40 Satz 2
EStG keine Anwendung findet.
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3. Das FG hat jedoch zu Unrecht eine
Wiedereinsetzung des Klägers gemäß § 110 AO in
die Ausschlussfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG
verneint.
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a) Von der Anwendbarkeit des § 110 AO auf
die Antragsfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG für
nicht fachkundig vertretene Steuerpflichtige gehen sowohl der Senat
(Senatsurteil in BFHE 250, 413, BStBl II 2015, 894 = SIS 15 21 52)
als auch die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen vom 18.1.2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306,
BStBl I 2016, 85 = SIS 16 02 36, Rz 141) aus.
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b) Gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1
AO ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert ist, eine
gesetzliche Frist einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag hierzu ist innerhalb
eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die
Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der
Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu
machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung
nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Danach ist
dem Kläger entgegen der Auffassung des FG die Wiedereinsetzung
in die Antragsfrist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG zu
gewähren.
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aa) Der Senat geht trotz Fehlens einer
ausdrücklichen Prüfung durch das FG mit den Beteiligten
von einem gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 AO rechtzeitig
gestellten Wiedereinsetzungsantrag des Klägers aus. Es ist im
Verfahren unstreitig, dass die Unkenntnis des Klägers sowohl
über das Antragsrecht aus § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als
auch über die Möglichkeit, den Antrag neben einem Antrag
auf Günstigerprüfung stellen zu können und im
Streitfall auch stellen zu müssen, erst durch die Belehrung
des Prozessbevollmächtigten entfallen ist und der
Wiedereinsetzungsantrag vom 27.5.2011 rechtzeitig erfolgte.
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bb) Den Kläger trifft kein Verschulden
daran, weder das Antragsrecht und die Frist des § 32d Abs. 2
Nr. 3 EStG noch die Notwendigkeit gekannt zu haben, für das
günstigste Besteuerungsergebnis im Streitjahr diesen Antrag
neben einem Antrag auf Günstigerprüfung stellen zu
müssen.
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aaa) Nach der Rechtsprechung des BFH handelt
schuldhaft i.S. des § 110 AO, wer die für einen
gewissenhaft und sachgemäß handelnden
Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen
zumutbare Sorgfalt nicht beachtet (ständige Rechtsprechung des
BFH, vgl. z.B. Urteile vom 29.11.2006 VI R 48/05, BFH/NV 2007, 861
= SIS 07 61 38; vom 17.3.2010 X R 57/08, BFH/NV 2010, 1780 = SIS 10 27 10, m.w.N.; vom 29.2.2012 IX R 3/11, BFH/NV 2012, 915 = SIS 12 12 92). Zudem ist im Rahmen des § 110 AO - anders als im
Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO - bereits bei einem leicht
fahrlässigen Verhalten eine Wiedereinsetzung zu versagen
(BFH-Urteil vom 27.8.1998 III R 47/95, BFHE 187, 134, BStBl II
1999, 65 = SIS 99 03 60, unter 2.a). Die Rechtsprechung sieht nach
diesem Maßstab - worauf sich auch das FG gestützt hat -
die Unkenntnis des materiellen Rechts grundsätzlich schon dann
als verschuldet an, wenn für diese Unkenntnis ein Verhalten
des Steuerpflichtigen mitursächlich ist (vgl. z.B. BFH-Urteil
in BFH/NV 2012, 915 = SIS 12 12 92; zur Investitionszulage
BFH-Beschluss vom 28.7.2003 III B 129/02, BFH/NV 2003, 1610 = SIS 03 50 13, m.w.N.).
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Irrtümer über eine
verfahrensrechtliche Frist oder deren formale Einhaltung
können bei fehlendem Verschulden hingegen zur Wiedereinsetzung
berechtigen (BFH-Urteil vom 3.7.1986 IV R 133/84, BFH/NV 1986, 717;
s.a. die Nachweise zur Rechtsprechung oben unter II.3.b bb aaa).
Ein entschuldbarer Irrtum über den materiell-rechtlichen
Gehalt einer Rechtsvorschrift kann anknüpfend hieran nach der
Rechtsprechung zur Wiedereinsetzung führen, wenn dieser einen
Irrtum über deren verfahrensrechtliche Folge nach sich zieht
und die Fristversäumnis darauf beruht (BFH-Beschluss vom
28.8.2003 VII B 98/03, BFH/NV 2004, 376 = SIS 04 10 20). Danach
kann auch die Unkenntnis eines fristgebundenen Antragsrechts als
Grund der Fristversäumung unverschuldet sein und zur
Wiedereinsetzung berechtigen (s.a. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 861 =
SIS 07 61 38, unter II.2.b zu § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, sowie
BFH-Urteile vom 22.5.2006 VI R 51/04, BFHE 214, 145, BStBl II 2006,
833 = SIS 06 37 20, unter II.2.a; vom 25.3.2015 X R 20/14, BFHE
249, 475, BStBl II 2015, 709 = SIS 15 15 46, Rz 34). Diese
Grundsätze sind auch bei Unkenntnis des Antragsrechts und der
Frist in § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG und bei Unkenntnis,
Anträge gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG und
gemäß § 32d Abs. 6 EStG kombinieren zu können
bzw. zu müssen, anwendbar.
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bbb) Im Streitfall hat der Kläger mit der
Angabe der Beteiligungserträge aus der GmbH in Zeile 7 der
Anlage KAP bei den „Kapitalerträgen, die dem
inländischen Steuerabzug unterlegen haben“, und dem
Antrag auf Günstigerprüfung zutreffende und
zulässige Angaben gemacht. Er durfte davon ausgehen, mit
diesen Eintragungen alle notwendigen Angaben gemacht zu haben, um
das für ihn günstigste Besteuerungsergebnis zu erreichen.
Ein Anlass für weitere Eintragungen in Bezug auf die
Beteiligungserträge - insbesondere in Zeile 24 und 25 - ergab
sich daher nicht für den Kläger.
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Der Kläger muss sich entgegen der Ansicht
des FG nicht entgegenhalten lassen, die amtliche Anleitung zur
Anlage KAP nicht vollständig gelesen zu haben. Zur
Günstigerprüfung enthält die Anleitung die - in
dieser Absolutheit unvollständige und damit irreführende
- Aussage, aufgrund des Antrags werde „das Finanzamt
prüfen, ob sich eine niedrigere Besteuerung Ihrer
Kapitalerträge ergibt“. In der Anleitung fehlt zudem
ein Hinweis auf die Möglichkeit, kumulative Anträge
gemäß § 32d Abs. 6 EStG und gemäß §
32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellen zu können sowie zu den
Rechtsfolgen, die sich bei einer Kombination der Anträge
ergeben. Auch die vollständige Lektüre der Anleitung
hätte dem Kläger daher nicht mit hinreichender Sicherheit
vermittelt, dass er im Streitfall sowohl einen Antrag
gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als auch einen Antrag
gemäß § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG hätte stellen
müssen, um eine niedrigere Besteuerung als mit einem
isolierten Antrag auf Günstigerprüfung zu erreichen. Bei
dieser Sachlage kann ihm im Hinblick auf die unterbliebene
Lektüre der Anleitung kein Verschuldensvorwurf gemacht werden
(s.a. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 861 = SIS 07 61 38, unter II.2.b
zu § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG; zur Wiedereinsetzung nach
Falschangaben eines Steuerpflichtigen aufgrund fehlerhafter Angaben
in einem Erklärungsvordruck s.a. das BFH-Urteil vom 9.6.2015 X
R 14/14, BFHE 250, 19, BStBl II 2015, 931 = SIS 15 18 59, Rz
28).
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4. Die Sache ist spruchreif.
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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid
für das Streitjahr vom 21.4.2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 15.7.2013 ist rechtswidrig, verletzt die
Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) und ist
wie folgt zu ändern.
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Da der Kläger im Rahmen seines
Wiedereinsetzungsantrags vom 27.5.2011 das Wahlrecht in § 32d
Abs. 2 Nr. 3 EStG ausgeübt hat, sind - unabhängig von dem
daneben gestellten Antrag auf Günstigerprüfung - die
Beteiligungserträge aus der GmbH in Höhe von 18.000 EUR
unter Anwendung der anteiligen Steuerbefreiung aus § 3 Nr. 40
Satz 1 Buchst. d EStG in Höhe von 10.800 EUR als tariflich zu
besteuernde Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen.
Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der bezogenen Dividende
stehen, hat der Kläger nicht geltend gemacht.
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Die weiteren Kapitalerträge des
Klägers (2.457 EUR), die dem gesonderten Steuerabzug
gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, sind um den
Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 EUR zu mindern und in
Höhe von 1.656 EUR aufgrund der Günstigerprüfung
gemäß § 32d Abs. 6 EStG den tariflich zu
besteuernden Einkünften des Klägers aus
Kapitalvermögen hinzuzurechnen. Für die Einkünfte
der Klägerin aus Kapitalvermögen gilt dies ebenfalls, was
im angefochtenen Bescheid bereits berücksichtigt worden
ist.
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Zudem hat das FA im Streitfall bei der
Ermittlung des Betrags der zumutbaren Belastung der Kläger die
geänderte Rechtsprechung des BFH zu dessen Berechnungsweise zu
beachten (BFH-Urteil vom 19.1.2017 VI R 75/14, BFHE 256, 339, BStBl
II 2017, 684 = SIS 17 04 29).
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5. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer
wird dem FA übertragen. Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 135 Abs. 1 FGO.
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