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I. Streitig ist der Erlass von
Säumniszuschlägen.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) entwickelt
Computerprogramme. In ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für
Januar bis Dezember 1998 sowie für Januar bis September 1999
meldete sie Umsätze zum ermäßigten Steuersatz nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999
(UStG) von 7 % an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) unterwarf die Umsätze der Klägerin
demgegenüber dem jeweiligen Regelsteuersatz und setzte die
Umsatzsteuervorauszahlungen entsprechend fest. Auf Antrag der
Klägerin setzte das FA die Vollziehung dieser
Vorauszahlungsbescheide in Höhe des Unterschiedsbetrages aus,
der sich zwischen der Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes und der Anwendung des Regelsteuersatzes ergab.
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In den Umsatzsteuerjahresbescheiden 1998
und 1999 hielt das FA an seiner Rechtsauffassung fest und unterwarf
diese Umsätze der Klägerin dem Regelsteuersatz.
Die festgesetzte Jahresumsatzsteuer
entsprach der Summe der vom FA festgesetzten monatlichen
Vorauszahlungen.
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Nachdem das FA zunächst - wie in den
Vorauszahlungsbescheiden für die Streitjahre - auch die
Vollziehung des Umsatzsteuerjahresbescheides 1998 in Höhe der
Differenz zwischen der Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes und der des Regelsteuersatzes ausgesetzt hatte,
widerrief es mit Verfügung vom 9.2.2001 die Aussetzung der
Vollziehung (AdV) des Jahressteuerbescheides für 1998 mit
Wirkung zum 12.3.2001 und lehnte den Antrag auf AdV des
Jahressteuerbescheides für 1999 am 7.2.2001 ab.
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Auf Antrag der Klägerin setzte das
Finanzgericht (FG) durch Beschluss vom 23.5.2001 5 V 124/01 (EFG -
EFG - 2001, 1228) die Vollziehung der Umsatzsteuerjahresbescheide
1998 und 1999 in Höhe der Differenz zwischen der Anwendung des
ermäßigten und der des Regelsteuersatzes aus. Auf
Beschwerde des FA hob der Bundesfinanzhof (BFH) diese Entscheidung
auf und lehnte den Antrag auf AdV ab (BFH-Beschluss vom 22.11.2001
V B 100/01, BFH/NV 2002, 519 = SIS 02 58 58). Zur Begründung
führte der Senat aus, die Beschränkung der Berechtigung
zur AdV nach § 69 Abs. 2 Satz 8 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) auch in den Fällen, in denen die festgesetzten
Vorauszahlungen noch nicht entrichtet worden seien, sei
verfassungsgemäß, denn der Gesetzgeber habe für
Fälle, in denen durch die Vollziehung der angefochtenen
Steuerbescheide die wirtschaftliche oder persönliche Existenz
des Steuerpflichtigen unmittelbar und ausschließlich bedroht
sei, Vorkehrungen getroffen. Eine hiergegen von der Klägerin
erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung
angenommen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom
30.1.2002 1 BvR 66/02).
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In der Hauptsache (Klage gegen die
Jahressteuerfestsetzungen) hat der BFH der Klage stattgegeben, weil
die Umsätze der Klägerin dem ermäßigten
Steuersatz von 7 % unterliegen und hat die Umsatzsteuer
entsprechend niedriger festgesetzt (BFH-Urteil vom 25.11.2004 V R
26/04, BFHE 208, 479, BStBl II 2005, 419 = SIS 05 17 01).
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Im Folgenden machte das FA
Säumniszuschläge für den Zeitraum zwischen dem
Widerruf bzw. der Ablehnung der AdV (1.3.2001 bzw. 12.3.2001) bis
zum Zeitpunkt der Zahlung (9.10.2002) in Höhe von 837.314,91
EUR geltend.
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Den Antrag auf Erlass der
Säumniszuschläge lehnte das FA unter Hinweis auf die zum
BFH eingelegte Beschwerde gegen die Gewährung der AdV durch
das FG ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies es nach Ergehen
der Beschwerdeentscheidung zurück (BFH-Beschluss in BFH/NV
2002, 519 = SIS 02 58 58).
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Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen
Erfolg. Zur Begründung seines Urteils hat das FG im
Wesentlichen ausgeführt, die Erhebung von
Säumniszuschlägen widerspreche auch dann nicht der
Billigkeit, wenn die Steuerforderung später aufgehoben worden
sei, denn der Gesetzgeber habe in § 240 Abs. 1 Satz 4 der
Abgabenordnung (AO) ausdrücklich geregelt, dass spätere
Ermäßigungen der festgesetzten Steuer nicht zu
berücksichtigen seien. Er habe damit in Kauf genommen, dass
Säumniszuschläge auf unberechtigte Steuerforderungen zu
zahlen seien. Etwas anderes gelte nach der Rechtsprechung des BFH
nur dann, wenn das Rechtsmittel gegen die Steuerfestsetzung Erfolg
gehabt habe und der Steuerpflichtige alles getan habe, um die AdV
zu erreichen und diese von der Finanzbehörde „obwohl
möglich und geboten“ abgelehnt worden sei. Das sei
jedoch nicht der Fall, denn - wie sich aus dem BFH-Beschluss
über die Ablehnung der AdV ergebe - sei eine AdV in Höhe
der in den Vorauszahlungsbescheiden festgesetzten Steuer nach
§ 361 Abs. 2 Satz 4 FGO rechtlich nicht möglich
gewesen.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
der Revision. Ein Erlass gemäß § 227 AO sei
geboten, weil die Steuerfestsetzung aufgehoben worden sei und sie,
die Klägerin, alles getan habe, um die AdV zu erreichen. Es
komme nicht darauf an, ob die Aussetzung rechtlich
„möglich und geboten“ gewesen sei. Entscheidend
sei allein, dass die Steuerfestsetzungen schließlich
aufgehoben worden seien. Zudem habe das FA zu Unrecht
Säumniszuschläge auch für den Zeitraum berechnet, in
dem das FG die Vollziehung der Jahresbescheide ausgesetzt hatte
(BFH-Beschluss vom 14.9.1978 V R 35/72, BFHE 126, 9, BStBl II 1979,
58 = SIS 79 00 34).
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA
zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom
7.8.2001 sowie der Einspruchsentscheidung vom 12.4.2002
Säumniszuschläge in Höhe von 837.314,91 EUR zu
erlassen,
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hilfsweise, das FA zu verpflichten,
über den Erlassantrag ermessensfehlerfrei zu
entscheiden.
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Das FA erklärt sich bereit, den
Differenzbetrag zwischen 837.314,91 EUR und 605.507,57 EUR zu
erlassen und beantragt im Übrigen die Zurückweisung der
Revision.
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Säumniszuschläge, die auf den
Zeitraum der durch das FG gewährten AdV entfallen (der
Differenzbetrag zwischen 837.314,91 EUR und 605.507,57 EUR =
231.806,74 EUR) seien zu erlassen. Im Übrigen komme ein Erlass
von Säumniszuschlägen nach Aufhebung der materiell
rechtswidrigen Steuerforderung nur dann in Betracht, wenn eine AdV
vom FA versagt worden war, obwohl diese „möglich und
geboten“ gewesen sei. Die Aussetzung im beantragten Umfang
sei jedoch wegen der Regelung des § 361 Abs. 2 Satz 4 AO bzw.
§ 69 Abs. 2 Satz 8 FGO nicht möglich gewesen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der
Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
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Das FG hat das Vorliegen der Voraussetzungen
eines Erlasses der Säumniszuschläge nach § 227 AO zu
Unrecht abgelehnt. Säumniszuschläge, die auf einer
materiell rechtswidrigen und deswegen aufgrund eines Rechtsbehelfs
des Steuerpflichtigen geänderten Jahressteuerfestsetzung
beruhen, sind aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen,
wenn der Steuerpflichtige insoweit die AdV der
Vorauszahlungsbescheide erreicht hat und die - weitere - AdV dieser
Beträge nach Ergehen des Jahressteuerbescheides allein an den
Regelungen der §§ 361 Abs. 2 Satz 4 AO und 69 Abs. 2 Satz
8 FGO scheitert.
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1. Gemäß § 227 AO können
die Finanzbehörden Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren
Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Zu
diesen Ansprüchen gehören auch Ansprüche auf
steuerliche Nebenleistungen einschließlich der nach §
240 Abs. 1 AO entstehenden Säumniszuschläge.
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a) Die Entscheidung über ein
Erlassbegehren ist eine Ermessensentscheidung, die von den
Gerichten nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen
überprüft werden kann (Beschluss des Gemeinsamen Senats
der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19.10.1971 GmS-OGB
3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 = SIS 72 03 54). Nach
dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass
ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen
Beschwerdeentscheidung darauf beschränkt, ob die Behörde
bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in
einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise
Gebrauch gemacht hat. Gleichwohl kann das Gericht ausnahmsweise
eine Verpflichtung des FA zum Erlass aussprechen (vgl. § 101
FGO), wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart
eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in
Betracht kommt (vgl. zur sog. Ermessensreduzierung auf Null: z.B.
BFH-Urteile vom 21.1.1992 VIII R 51/88, BFHE 168, 500, BStBl II
1993, 3 = SIS 92 20 35; vom 11.1.2006 XI R 31/04, BFH/NV 2006, 943
= SIS 06 17 40). Das war hier der Fall.
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b) Ein Erlass von Säumniszuschlägen
aus sachlichen Billigkeitsgründen ist geboten, wenn ihre
Einziehung im Einzelfall, insbesondere mit Rücksicht auf den
Zweck der Säumniszuschläge, nicht zu rechtfertigen ist,
obwohl der Sachverhalt zwar den gesetzlichen Tatbestand
erfüllt, die Erhebung der Säumniszuschläge aber den
Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft (BFH-Urteile vom
29.8.1991 V R 78/86, BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906 = SIS 91 21 41; vom 16.7.1997 XI R 32/96, BFHE 184, 193, BStBl II 1998, 7 = SIS 98 04 80; BFH-Beschluss vom 14.5.2008 II B 49/07, BFH/NV 2008, 1438
= SIS 08 31 52). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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aa) § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bestimmt u.a.
für den Fall der Aufhebung oder Änderung einer
Steuerfestsetzung, dass bis dahin verwirkte
Säumniszuschläge unberührt bleiben. Der Grundsatz
der Akzessorietät, nach dem Säumniszuschläge als
steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) grundsätzlich
vom Bestehen der ihnen zugrunde liegenden Steuerschuld
abhängig sind, wird durch diese Vorschrift nach dem
ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 7/4292
S. 39) durchbrochen (z.B. Heuermann in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 240 AO Rz 71,
m.w.N.).
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bb) Diese Regelung ist im Hinblick auf den
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8.12.1975 GrS 1/75
(BFHE 117, 352, BStBl II 1976, 262 = SIS 76 01 41) geschaffen
worden, wonach sich im Anwendungsbereich
der Reichsabgabenordnung die verwirkten Säumniszuschläge
ermäßigten, wenn in einem Rechtsbehelfsverfahren die
für die Bemessung der Säumniszuschläge
maßgebende Steuer herabgesetzt wurde. Der Gesetzgeber hat mit
der Regelung in § 240 Abs. 1 Satz 4 AO daher zwar bewusst in Kauf genommen, dass
Säumniszuschläge auch dann zu entrichten sind, wenn sich
die Steuerfestsetzung später als unrechtmäßig
erweist (BFH-Urteile vom 7.7.1999 X R 87/96, BFH/NV 2000, 161 = SIS 00 51 01; vom 30.3.2006 V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612
= SIS 06 23 05, unter II.2.a). § 240 Abs. 1 Satz 4 AO ist aber
- wie das BVerfG im Beschluss vom 30.1.1986 2 BvR 1336/85 (nur z.T.
veröffentlicht in Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst 1986, 101)
betont - nur deshalb verfassungsgemäß, weil dem
Rechtsschutzbedürfnis des Steuerpflichtigen durch die
Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die
Steuerfestsetzung selbst hinreichend Genüge getan
ist.
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c) Ein Erlass
verwirkter Säumniszuschläge aus sachlichen
Billigkeitsgründen kommt demnach nicht allein deshalb in
Betracht, weil die Steuerfestsetzung zugunsten des
Steuerpflichtigen herabgesetzt worden ist oder möglicherweise
geändert werden wird (vgl. BFH-Urteile in BFHE 165, 178, BStBl
II 1991, 906 = SIS 91 21 41; in BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612 =
SIS 06 23 05). Dagegen ist nach ständiger Rechtsprechung die
Erhebung der Säumniszuschläge dann eine unbillige
Härte i.S. des § 227 AO, wenn das Rechtsmittel des
Steuerpflichtigen gegen die Steuerfestsetzung Erfolg hatte und der
Steuerpflichtige gegenüber der Finanzbehörde alles getan
hat, um die AdV eines Steuerbescheids zu erreichen, und diese,
obwohl an sich möglich und geboten, von der Finanzbehörde
abgelehnt wurde (BFH-Urteil in BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906 =
SIS 91 21 41; BFH-Beschlüsse vom 4.2.1999 IX B 170/98, BFH/NV
1999, 908 = SIS 98 58 32; vom 18.3.2003 X B 66/02, BFH/NV 2003, 886
= SIS 03 32 33).
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d) Aufgrund dieser
Erwägungen ist im vorliegenden Fall die Entstehung von
Säumniszuschlägen sachlich unbillig. Die Klägerin
hat alles getan, um die AdV der rechtswidrigen
Umsatzsteuerjahresbescheide zu erreichen. Sie hat sowohl - mit
Erfolg - die AdV der Vorauszahlungsbescheide für die
Streitjahre in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem
ermäßigten Steuersatz für ihre Umsätze und dem
vom FA angewandten jeweiligen Regelsteuersatz wie auch in derselben
Höhe - im Ergebnis erfolglos - die AdV der
Umsatzsteuerjahresbescheide beantragt. Deren Aussetzung war dem
Grunde nach auch möglich und geboten. Denn im beantragten
Umfang bestanden - wie der Erfolg ihrer Klage bestätigt -
weiterhin ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Anwendung des Regelsteuersatzes für ihre Umsätze und der
darauf entfallenden Umsatzsteuer. Die AdV der
Umsatzsteuerjahresbescheide ist allein deshalb nicht möglich
gewesen, weil ihr die durch das Jahressteuergesetz 1997 (JStG) vom
20.12.1996 (BGBl I 1996, 2049) eingeführte Regelung des §
361 Abs. 2 Satz 4 AO entgegenstand.
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aa) Gemäß § 361 Abs. 2 Satz 4
AO sind bei Steuerbescheiden die Aussetzung und die Aufhebung der
Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die
anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende
Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen
beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder
Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint. Die Einführung dieser
verfassungsgemäßen Regelung (BFH-Beschluss vom 24.1.2000
X B 99/99, BFHE 192, 197, BStBl II 2000, 559 = SIS 01 02 23) war
eine Reaktion des Gesetzgebers auf den Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 3.7.1995 GrS 3/93 (BFHE 178, 11, BStBl II 1995,
730 = SIS 95 21 96), wonach im Wege der Aufhebung der Vollziehung
auch eine Auskehrung bereits einbehaltener oder vorausgezahlter
Steuerbeträge zu erreichen sein sollte. Mit der
Einführung des § 361 Abs. 2 Satz 4 AO wollte der
Gesetzgeber der Gefahr von Steuerausfällen entgegentreten, die
bei der Auskehrung von Steuerabzugsbeträgen nach
gewährter Aufhebung der Vollziehung und einem späteren
Misserfolg in der Hauptsache entstehen konnten (Begründung zum
Entwurf einer Abgabenordnung, BTDrucks 13/5359 S. 131).
Darüber hinaus wurde in der Gesetzesfassung nicht nur die
Auskehrung tatsächlich gezahlter Vorauszahlungen über die
Aufhebung der Vollziehung ausgeschlossen, sondern auf die
festgesetzten Vorauszahlungen abgestellt, um eine Besserstellung
derjenigen Steuerpflichtigen zu vermeiden, die ihre
Vorauszahlungsschulden pflichtwidrig nicht getilgt hatten
(eingehend zur Gesetzgebungsgeschichte der §§ 361 Abs. 2
Satz 4 AO und 69 Abs. 2 Satz 8 FGO vgl. BFH-Beschluss vom 2.11.1999
I B 49/99, BFHE 190, 59, BStBl II 2000, 57 = SIS 00 03 10).
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bb) Dieser Gesetzeszweck des § 361 Abs. 2
Satz 4 AO wird jedoch bei einer im Vorauszahlungsverfahren vom FA
gewährten AdV nicht berührt; denn wegen der bereits
gewährten AdV kann es zu einer - nach dem Gesetzeszweck zu
vermeidenden - Auskehrung von Steuervorauszahlungen nicht kommen.
Auch handelt es sich - soweit Vorauszahlungsbescheide ausgesetzt
worden sind (wie im Streitfall bei der Klägerin) - nicht um
einen säumigen Steuerpflichtigen, der seinen Zahlungspflichten
zur Tilgung der Vorauszahlungsschuld pflichtwidrig nicht
genügt hat und nach dem Regelungszweck keine Besserstellung
gegenüber dem pünktlichen Steuerzahler erhalten sollte.
Im Streitfall hatte das FA vielmehr die Vorauszahlungsschuld im
streitigen Umfang ausgesetzt und hatte anschließend das FG im
entsprechenden Umfang durch den Beschluss vom 23.5.2001 5 V 124/01
die Vollziehung der Umsatzsteuerjahresbescheide ausgesetzt. Zu
einer Säumnis konnte es nur deshalb kommen, weil dieser
Beschluss des FG durch den Beschluss des BFH in BFH/NV 2002, 519 =
SIS 02 58 58 mit Wirkung ex tunc aufgehoben worden ist (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 126, 9, BStBl II 1979, 58 = SIS 79 00 34;
BFH-Beschluss vom 14.2.1975 VI B 72/74, BFHE 115, 95, BStBl II
1975, 452 = SIS 75 02 67). Unter diesen Umständen führt
die Erhebung von Säumniszuschlägen, die nur auf einer
zwar dem Wortlaut, nicht aber dem Sinn und Zweck des § 361
Abs. 2 Satz 4 AO entsprechenden Beschränkung der AdV bei
Erlass eines Jahresbescheides zu einem Gesetzesüberhang, der
für den Steuerpflichtigen einen Anspruch auf Erlass der
Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen
begründet.
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2. Unter den Umständen des Streitfalles
sind die Säumniszuschläge in vollem Umfang zu
erlassen.
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a) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der
Steuerpflichtige gemäß § 237 AO bei Gewährung
einer AdV zwar grundsätzlich Aussetzungszinsen zu zahlen hat,
dies jedoch nur dann gilt, wenn er mit seinem Rechtsbehelf im
Ergebnis keinen Erfolg gehabt hat (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO).
Ist er - wie im Streitfall die Klägerin - in der Hauptsache
erfolgreich, sodass sich die gewährte AdV als berechtigte
Abwehr gegen eine rechtswidrige Steuerforderung erweist, hat er
nach § 239 Abs. 1 Satz 1 AO keine Aussetzungszinsen zu tragen.
Daraus ergibt sich, dass auch im Falle eines gesetzlichen
Ausschlusses der AdV durch § 361 Abs. 2 Satz 4 AO, der aber zu
einem mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vereinbaren
Gesetzesüberhang führt, der Steuerpflichtige so gestellt
werden muss, als hätte er eine AdV nicht nur der
Vorauszahlungen, sondern auch der Jahressteuerschuld in derselben
Höhe erlangt (im Ergebnis so auch BFH-Urteil in BFHE 126, 9,
BStBl II 1979, 58 = SIS 79 00 34).
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b) Der Senat kann über den beantragten
Billigkeitserlass unabhängig davon entscheiden, ob
möglicherweise in dem Zeitraum der vom FG gewährten
vorübergehenden AdV (zwischen dem 23.5.2001 bis zum
19.12.2001) die Säumniszuschläge bereits nicht entstanden
sind (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 23.11.1994 V B 166/93, BFH/NV
1995, 662, m.w.N.; Rüsken in Klein, AO, 10. Aufl., § 240
Rz 18) und ob dieser Einwand statt im vorliegenden Erlassverfahren
nicht vielmehr im Abrechnungsverfahren nach § 218 AO zu
verfolgen wäre (vgl. nunmehr BFH-Urteil vom 18.4.2006 VII R
77/04, BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578 = SIS 06 23 08, m.w.N.).
Denn das Billigkeitsverfahren nach § 227 AO und das
Abrechnungsverfahren nach § 218 AO stehen selbständig
nebeneinander (BFH-Beschlüsse vom 31.7.2007 VIII B 42/05,
BFH/NV 2007, 2305 = SIS 08 01 27; vom 30.4.2003 XI B 175/02, BFH/NV
2003, 1393 = SIS 03 45 62), deshalb muss das Billigkeitsverfahren
auch nicht ausgesetzt werden, wenn möglicherweise die
Säumniszuschläge aus anderen Gründen bereits nicht
entstanden sind.
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c) Durch die Erklärung des FA in der
mündlichen Verhandlung, es sei bereit,
Säumniszuschläge zu erlassen, soweit sie den Zeitraum der
AdV durch das FG betreffen, hat sich der Rechtsstreit nicht
teilweise erledigt. Abgesehen davon, dass eine teilweise Erledigung
der Hauptsache nur hinsichtlich eines abtrennbaren Teils des
Streitgegenstands eintreten und nur insoweit zur Beendigung des
Verfahrens führen kann (BFH-Beschluss vom 5.3.1979 GrS 3/78,
BFHE 127, 155, BStBl II 1979, 378 = SIS 79 01 84) fehlt es im
Streitfall bereits daran, dass kein Abhilfebescheid des FA vorliegt
und im Hinblick auf die möglicherweise in der Erklärung
zu sehende Zusage keine übereinstimmenden
Erledigungserklärungen abgegeben worden sind.
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d) Da das dem FA eingeräumte Ermessen nur
in der Weise fehlerfrei ausgeübt werden kann, dass die
verwirkten Säumniszuschläge zu erlassen sind
(Ermessensreduzierung auf Null), war das FG-Urteil aufzuheben und
das FA zum Erlass der Säumniszuschläge zu
verpflichten.
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