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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) waren Anfang des Jahres 1997 (Streitjahr)
Kommanditisten der X-GmbH & Co. KG (KG). Komplementärin
war die X-GmbH, deren Gesellschafter wiederum die Kläger
waren.
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Im Streitjahr beabsichtigte der in I
beheimatete A-Konzern, Teile der auf Deutschland und einige andere
europäische Länder konzentrierten geschäftlichen
Aktivitäten der KG zu übernehmen, um damit weltweit zu
expandieren. Die Übernahme des Geschäfts wurde auf der
Grundlage von mindestens acht jeweils am ... 1997 geschlossenen
Verträgen vollzogen. In der Sache gründeten die
Kläger eine zweite GmbH & Co. KG, die Beigeladene, und
übertrugen auf diese Teile des Betriebsvermögens der KG.
Zugleich pachtete die Beigeladene die Immobilien und das bewegliche
Anlagevermögen der KG. Beide Gesellschaften schlossen
außerdem einen Lizenzvertrag, in welchem der Beigeladenen
eine unbegrenzte, unwiderrufliche und ausschließliche Lizenz
mit Gültigkeit im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland
für die Nutzung eines bestimmten Know-how der KG gewährt
wurde. Schließlich verkauften und übertrugen die
Kläger Teile ihrer Anteile an der Beigeladenen und an deren
Komplementär-GmbH an die A Holding GmbH (H-GmbH). Als
Kaufpreis für den Verkauf und die Übertragung der
Kommandit- und der GmbH-Anteile wurde insgesamt ein Barpreis in
Höhe von ... DM zuzüglich ... Stammaktien der A Ltd.
vereinbart. Die Kläger machten der H-GmbH zudem das
unwiderrufliche Angebot, die nach Unterzeichnung des Vertrags
verbleibenden Kommanditanteile und GmbH-Stammeinlagen zu
übertragen. Diese Kaufoption wurde später durch Vertrag
vom ...12.2000 mit Wirkung vom 1.1.2001 zu einem Preis von
insgesamt ... DM ausgeübt.
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In der Erklärung zur gesonderten und
einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung für das Streitjahr gab die Beigeladene
die Beteiligungsverhältnisse ihrer Komplementärin und
ihrer Kommanditisten am Ende des Jahres an. Die laufenden
Einkünfte wurden mit ... DM beziffert. Daneben erklärte
die Beigeladene einen Veräußerungsgewinn in Höhe
von ... DM.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) folgte in seinem unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheid vom 14.7.1999
zunächst der Erklärung.
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Im Rahmen einer bei der Beigeladenen
für die Jahre 1997 bis 2001 durchgeführten
Außenprüfung griff der Prüfer allerdings den
geschilderten Sachverhalt auf und ermittelte, dass die Beigeladene
von 1997 bis 2000 Lizenzgebühren in Höhe von insgesamt
... DM an die KG gezahlt hatte. Zudem ging er davon aus, dass die
KG bei der Veräußerung und Übertragung von Know-how
im Jahr 2001 einen Erlös von ... DM erzielt habe. Aufgrund
dieser Feststellungen gelangte er zu der Auffassung, dass die
Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung
(EStG) auf den Gewinn der Kläger aus der
Veräußerung der Teil-Mitunternehmeranteile an der
Beigeladenen im Streitjahr nicht anwendbar sei, weil nur ein Teil
der wesentlichen Betriebsgrundlagen von der KG auf die Beigeladene
übertragen worden sei.
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Das FA folgte dem und erließ am
14.6.2004 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
geänderten Feststellungsbescheid, in dem der erzielte
Veräußerungsgewinn nunmehr als nicht
tarifbegünstigter (laufender) Gewinn gesondert und einheitlich
festgestellt wurde.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhoben die Kläger Klage vor dem Finanzgericht (FG), der das
Gericht mit dem angefochtenen Urteil stattgab. Zur Begründung
führte das FG im Wesentlichen aus, die Kläger hätten
mit der anteiligen Veräußerung ihrer Kommanditanteile an
der Beigeladenen an die H-GmbH einen Veräußerungsgewinn
in Höhe von insgesamt ... DM erzielt, der § 34 Abs. 2 Nr.
1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG unterfalle. Der Wortlaut
dieser Normen verbiete es, die wirtschaftlichen Verhältnisse
in anderen Schwestergesellschaften mit in die Überlegungen
einzubeziehen. Damit sei es unvereinbar, wenn man im Streitfall die
Tarifbegünstigung des Veräußerungsgewinns der
Kläger für ihre quotalen Anteile an der Beigeladenen
davon abhängig machen würde, dass diese auch eine
entsprechende Quote ihrer Kommanditanteile an der KG mit
veräußerten, obwohl diese Gesellschaft in keiner
rechtlichen Verbindung zur Beigeladenen stehe. Nichts anderes folge
aus § 42 AO.
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Dagegen richtet sich die auf die Verletzung
von § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG
gestützte Revision des FA.
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Das FA beantragt, das Urteil des
Niedersächsischen FG vom 25.10.2011 15 K 10217/09 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet und
führt zur Aufhebung des FG-Urteils sowie zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der von den
Klägern durch die anteilige Veräußerung ihrer
Kommanditanteile an der Beigeladenen an die H-GmbH erzielte
Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt ... DM
§ 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1
EStG unterfällt und entsprechend festzustellen ist. Er ist
vielmehr - wie auch im mit der Klage angegriffenen geänderten
Feststellungsbescheid vom 14.6.2004 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 8.6.2009 erfolgt - als laufender Gewinn
festzustellen.
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1. In die gesonderte und einheitliche
Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a AO sind auch die Gewinne einzubeziehen, die ein
Gesellschafter aus der Veräußerung eines
Mitunternehmeranteils erzielt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 29.4.1993 IV R 107/92, BFHE 171, 23, BStBl II 1993, 666 =
SIS 93 19 19; vom 10.4.2014 III R 20/13, BFHE 244, 530 = SIS 14 16 49). Der entsprechende Veräußerungsgewinn gehört
insoweit gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu den
Einkünften des Gesellschafters aus seiner Beteiligung an der
Personengesellschaft und ist deshalb auch verfahrensrechtlich als
Bestandteil der gesondert und einheitlich festzustellenden
Einkünfte anzusehen.
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Von der Feststellung eines Gewinns i.S. des
§ 16 EStG zu unterscheiden ist die Qualifikation des Gewinns
als Bestandteil der außerordentlichen Einkünfte i.S. des
§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG (zur Selbständigkeit dieser
Feststellung: BFH-Urteile vom 9.2.2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290,
BStBl II 2011, 764 = SIS 11 20 09, und vom 30.8.2012 IV R 44/10,
BFH/NV 2013, 376 = SIS 13 04 22, jeweils m.w.N.). Die Feststellung,
dass ein bestimmter Betrag der festgestellten Einkünfte der
Personengesellschaft als außerordentliche Einkünfte i.S.
des § 34 EStG zu qualifizieren ist, ist als Feststellung einer
anderen Besteuerungsgrundlage im Zusammenhang mit der gesonderten
und einheitlichen Feststellung der einkommensteuerpflichtigen
Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu
treffen. Nicht Bestandteil dieser Feststellung ist eine
Entscheidung darüber, ob ein Mitunternehmer weitere
persönliche Merkmale erfüllt, die Voraussetzung für
die Gewährung der Tarifbegünstigung sind (z.B. die in
§ 34 Abs. 3 EStG heutiger Fassung enthaltenen
persönlichen Tatbestandsmerkmale). Über diese ist erst im
Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für den jeweiligen
Mitunternehmer zu entscheiden. Gegenstand der im Streitfall zu
treffenden Entscheidung ist danach ausschließlich, ob der
Gewinn der Kläger aus der Veräußerung von Teilen
der Mitunternehmeranteile an der Beigeladenen der
Tarifbegünstigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1
i.V.m. Abs. 1 EStG unterliegt.
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2. Erzielt der Steuerpflichtige aus der
Veräußerung eines Mitunternehmeranteils einen Gewinn
i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, so ist dieser Gewinn nach
§ 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG mit einem
ermäßigten Steuersatz zu besteuern, soweit er im Sinne
der letztgenannten Vorschriften zu außerordentlichen
Einkünften führt.
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a) Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1
EStG unterliegen in dem zu versteuernden Einkommen enthaltene
außerordentliche Einkünfte der Tarifbegünstigung
nach den Sätzen 2 bis 4. Gemäß § 34 Abs. 2
Halbsatz 1 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte
nur die enumerativ in § 34 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 EStG
aufgeführten Einkünfte in Betracht, so u.a. nach Nr. 1
Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG. Durch die
Verwendung der Worte „kommen nur in Betracht“
hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei Vorliegen der
unter den Nrn. 1 bis 3 aufgezählten Tatbestände die
Gewährung der Tarifbegünstigung zwar nahe liegt, aber
nicht zwingend ist.
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b) Ein Veräußerungsgewinn i.S. des
§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt danach der
Tarifbegünstigung nur, wenn er auch
„außerordentlich“ ist. Dies setzt bei
allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische
Zusammenballung voraus (zuletzt BFH-Urteile vom 23.10.2013 X R
3/12, BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58 = SIS 13 32 16, und vom
25.9.2014 III R 5/12, BFH/NV 2015, 104 = SIS 14 32 14, zur
amtlichen Veröffentlichung vorgesehen). Das Erfordernis der
Zusammenballung folgt aus dem Zweck der Tarifbegünstigung nach
§ 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während
vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem
progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen. Die
Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG setzt
demnach voraus, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen
Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden,
in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 18.10.1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465,
BStBl II 2000, 123 = SIS 00 01 42, m.w.N.; BFH-Urteile in BFH/NV
2013, 376 = SIS 13 04 22; in BFHE 243, 287, BStBl II 2014, 58 = SIS 13 32 16, jeweils m.w.N.).
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c) Im Streitjahr war auch die
Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils
grundsätzlich tarifbegünstigt. Zwar ist § 16 Abs. 1
Nr. 2 EStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom
20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858) mit Wirkung für nach dem
31.12.2001 erfolgte Veräußerungen in der Weise
geändert worden, dass nur noch die Übertragung des
„gesamten“ Gesellschaftsanteils zu einem nach
§ 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn
führt. Der BFH hat jedoch mehrfach entschieden, dass für
die Zeit vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes entsprechend der bis
dahin geltenden Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung an der
Steuerbegünstigung von Gewinnen aus
Teilanteilsveräußerungen festzuhalten ist (BFH-Urteile
vom 16.9.2004 IV R 11/03, BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068 = SIS 04 39 56; vom 10.11.2005 IV R 7/05, BFHE 211, 312, BStBl II 2006,
176 = SIS 06 03 67; vom 10.6.2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320,
BStBl II 2008, 863 = SIS 08 33 19; in BFH/NV 2013, 376 = SIS 13 04 22). Wird nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils übertragen,
so sind die in diesem Teilanteil gebundenen anteiligen stillen
Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufzulösen (vgl.
BFH-Urteil vom 12.4.2000 XI R 35/99, BFHE 192, 419, BStBl II 2001,
26 = SIS 01 01 33). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
umfasst dabei der Mitunternehmeranteil i.S. von § 16 Abs. 1
Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur den
Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft,
sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen (BFH-Urteile vom
19.3.1991 VIII R 76/87, BFHE 164, 260, BStBl II 1991, 635 = SIS 91 14 22; vom 24.8.2000 IV R 51/98, BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173
= SIS 00 12 50; in BFH/NV 2013, 376 = SIS 13 04 22). Die
Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung
eines Teil-Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 1 Nr. 2,
§ 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG setzt daher voraus, dass
auch das Sonderbetriebsvermögen des veräußernden
Mitunternehmers anteilig mitveräußert wird, soweit es
wesentliche Betriebsgrundlagen enthält (BFH-Urteile in BFHE
192, 419, BStBl II 2001, 26 = SIS 01 01 33; in BFHE 211, 312, BStBl
II 2006, 176 = SIS 06 03 67; in BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863 =
SIS 08 33 19; in BFH/NV 2013, 376 = SIS 13 04 22).
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d) Ausgehend von dem unter II.2.b
beschriebenen Normverständnis ist für die
Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung
einer der unter den Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3
EStG fallenden Sachgesamtheiten gemäß § 34 Abs. 1,
Abs. 2 EStG grundsätzlich eine zeitraumbezogene Betrachtung
geboten, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem
zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung der
betrieblichen Sachgesamtheit eine dieser Sachgesamtheit zugeordnete
wesentliche Betriebsgrundlage ohne Aufdeckung sämtlicher
stiller Reserven aus deren Betriebsvermögen ausgeschieden ist.
Umfasst ein „Veräußerungsplan“
mehrere Teilakte, so gebietet der Zweck der Tarifbegünstigung,
sämtliche Teilakte (hier die Veräußerung und die
Übertragung) miteinander zu verklammern und als einen
einheitlichen Vorgang im Hinblick auf die atypische Zusammenballung
der Einkünfte zu betrachten (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2013,
376 = SIS 13 04 22, und vom 5.2.2014 X R 22/12, BFHE 244, 49, BStBl
II 2014, 388 = SIS 14 08 40, jeweils m.w.N.).
Außerordentliche Einkünfte liegen daher nicht vor, wenn
durch einzelne Teilakte des einheitlich zu betrachtenden Vorgangs
nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden (vgl. BFH-Urteil in
BFH/NV 2013, 376 = SIS 13 04 22, mit umfangreichen Nachweisen zur
Rechtsprechung).
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aa) Der Senat hat diese als
„Gesamtplan-Rechtsprechung“ bezeichneten
Grundsätze allerdings - anders als die Beteiligten meinen -
alleine im Wege der teleologischen Auslegung des § 34 EStG
gewonnen und sie nicht auf § 42 AO gestützt. Soweit der
X. Senat des BFH in dem von den Beteiligten angesprochenen
Beschluss vom 19.1.2011 X B 43/10 (BFH/NV 2011, 636 = SIS 11 07 12)
die Auffassung vertreten hat, die Gesamtplan-Rechtsprechung
fuße auf § 42 AO, hat er daran in späteren
Judikaten nicht mehr festgehalten, sondern zur Begründung
ebenfalls auf den Sinn und Zweck des § 34 EStG abgestellt: So
hat er im Urteil vom 22.10.2013 X R 14/11 (BFHE 243, 271, BStBl II
2014, 158 = SIS 14 00 06) zwar ausgeführt, ein Gesamtplan sei
zu verneinen, wenn wirtschaftliche Gründe für die
einzelnen Teilschritte vorlägen und es dem Steuerpflichtigen
gerade auf die Konsequenzen dieser Teilschritte ankomme
(„Plan in Einzelakten“). Allerdings hat er
deutlich gemacht, dass die Gesamtplan-Rechtsprechung im
Anwendungsbereich der §§ 16, 34 EStG ausschließlich
der Verwirklichung des Zwecks der Tarifbegünstigung dient,
nämlich die zusammengeballte Realisierung der während
vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht dem progressiven
Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Im Urteil in BFHE 244, 49,
BStBl II 2014, 388 = SIS 14 08 40 ist der X. Senat sodann
ausdrücklich der auf den Zweck des § 34 EStG
gestützten Rechtsprechung des erkennenden Senats im Urteil in
BFH/NV 2013, 376 = SIS 13 04 22 gefolgt.
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bb) Soweit es um die Veräußerung
von Mitunternehmeranteilen nach zuvor erfolgter
Buchwert-Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen geht, hat
der Senat im Urteil vom 6.9.2000 IV R 18/99 (BFHE 193, 116, BStBl
II 2001, 229 = SIS 01 01 32) ausgeführt, die angesprochenen
Vorgänge dürften nicht isoliert voneinander betrachtet
werden, weil der „Wert“ eines
Mitunternehmeranteils, abgesehen von ggf. vorhandenem
Sonderbetriebsvermögen, vom vorhandenen
Gesellschaftsvermögen geprägt werde. Werde das
Gesellschaftsvermögen ohne entsprechende Gegenleistung auf
einen anderen Rechtsträger übertragen, so werde zugleich
dem Mitunternehmeranteil sein Wert genommen. Dies gelte auch
für die im Mitunternehmeranteil ruhenden stillen Reserven, die
bei einer unentgeltlichen Übertragung aus dem
Gesellschaftsvermögen dem Mitunternehmeranteil
vollständig entzogen werden könnten. Werde dem
Mitunternehmeranteil nur ein Teil der stillen Reserven durch
vorherige Buchwertübertragung entzogen, so entstehe bei
Veräußerung oder Aufgabe ein Gewinn durch Aufdeckung der
verbliebenen stillen Reserven. Die Gewährung der
Tarifbegünstigung für den erzielten Gewinn aus der
Anteilsveräußerung würde dann aber bedeuten, dass
sie trotz nur teilweiser Aufdeckung der stillen Reserven in
Anspruch genommen werden könne. Ein solches Ergebnis stehe
aber im Widerspruch zum Zweck der Tarifbegünstigung, die
Progressionswirkung durch die geballte Aufdeckung der stillen
Reserven zu mildern.
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cc) Der Senat ist der Auffassung, dass die
unter II.2.d bb wiedergegebenen Grundsätze auch auf Fälle
entsprechende Anwendung finden müssen, in denen wesentliche
Betriebsgrundlagen einer KG teilweise und unter Fortführung
der stillen Reserven auf eine neu gegründete KG
übertragen und anschließend Anteile an der neu
gegründeten KG veräußert werden. Denn auch in
diesen Fällen werden - wie auch in dem dem Senatsurteil in
BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229 = SIS 01 01 32 zugrunde liegenden
Fall - in der Person des Veräußerers nicht alle stillen
Reserven in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt.
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(1) Den Klägern ist zwar
einzuräumen, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG
alleine auf die „Veräußerung eines
Mitunternehmeranteils“ und damit auf das dem
veräußerten Anteil zuzurechnende Betriebsvermögen
abstellt, was dafür sprechen könnte, bezogen auf die
Tarifbegünstigung nach § 34 EStG auch nur die Aufdeckung
der stillen Reserven in eben diesem Betriebsvermögen zu
verlangen. Indessen kann es im Hinblick auf das Ziel des § 34
EStG, nur „außerordentliche
Einkünfte“ im Sinne einer zusammengeballten
Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen
Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu
erfassen, keinen Unterschied machen, ob - wie in dem dem Urteil in
BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229 = SIS 01 01 32 zugrunde liegenden
Fall - die Mitunternehmeranteile an der Personengesellschaft, die
die stillen Reserven ursprünglich erwirtschaftet hat und der
zuvor wesentliche Betriebsgrundlagen entzogen wurden, oder - wie im
Streitfall - die Mitunternehmeranteile an der neu gegründeten
KG, die nur Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen der
ursprünglichen KG übertragen bekommen hat,
veräußert werden. Denn im Ergebnis werden in beiden
Fällen nicht alle in der Person des Veräußerers
vorhandenen stillen Reserven in einem einheitlichen Vorgang
aufgedeckt.
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(2) Die Richtigkeit der vorstehenden
Erwägungen ergibt sich daraus, dass nach den Ausführungen
des Großen Senats des BFH im Beschluss in BFHE 189, 465,
BStBl II 2000, 123 = SIS 00 01 42 die für die Anwendung der
§§ 16, 34 EStG erforderliche Zusammenballung nicht
vorliegt, wenn „dem Veräußerer oder
Aufgebenden“ noch stille Reserven verbleiben, die erst in
einem späteren Veranlagungszeitraum aufgedeckt werden. Durch
das Abstellen auf die Person des Veräußerers bzw.
Aufgebenden wird deutlich, dass es für die Gewährung der
Tarifbegünstigung des § 34 EStG entscheidend darauf
ankommt, ob bei derjenigen Person, welche diese Begünstigung
in Anspruch nehmen will, stille Reserven verbleiben. Nur wenn dies
nicht der Fall ist, kann die betroffene Person
„außerordentliche Einkünfte“
beziehen. Bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen
ist insoweit auf die Gesellschafter als die der Einkommensteuer
unterliegenden Steuersubjekte abzustellen. In ihrer Person sind
aber in dem Fall, dass das Betriebsvermögen einer KG derart
aufgeteilt wird, dass Teile der wesentlichen Betriebsgrundlagen
einer neu gegründeten KG zugewiesen werden, um
anschließend Anteile an dieser neu gegründeten
Gesellschaft zu veräußern, stille Reserven in Form der
bei der ursprünglichen KG zurückbehaltenen wesentlichen
Betriebsgrundlagen anteilig nicht mit aufgedeckt worden, weshalb
die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung für den von
ihnen erzielten Gewinn aus der Anteilsveräußerung an der
neu gegründeten Gesellschaft im Widerspruch zum Zweck der
Begünstigung stünde.
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(3) Die vorstehenden Grundsätze gewinnt
der Senat durch Auslegung des § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1
EStG. Er bewegt sich damit innerhalb der Grenzen, die das Gesetz
durch seinen Wortlaut selbst zieht, und überschreitet nicht -
wie die Klägerin meint - die Grenze verfassungsrechtlich
unzulässiger Rechtsfortbildung.
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3. Da das FG von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif. Auf den von den Klägern erzielten
Veräußerungsgewinn kann die Tarifbegünstigung nach
§ 16 Abs. 1 Nr. 2, § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG
nicht angewendet werden, weshalb die auf die Gewährung der
Tarifbegünstigung gerichtete Klage keinen Erfolg haben
kann.
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a) Es steht für den Senat außer
Zweifel, dass im Streitfall nur ein Teil der wesentlichen
Betriebsgrundlagen der KG auf die Beigeladene übertragen und
also wesentliche Betriebsgrundlagen in der KG verblieben sind. Dies
folgt daraus, dass sowohl das Betriebsgrundstück als auch das
bewegliche Anlagevermögen im Eigentum der KG verblieben sind.
Diese Wirtschaftsgüter gehören aber zu den wesentlichen
Betriebsgrundlagen, denn sie waren - wie der Abschluss des
entsprechenden Pachtvertrags zeigt - für die Erreichung des
Betriebszwecks der Beigeladenen erforderlich und für deren
Betriebsführung auch von besonderem Gewicht. Außerdem
enthielten sie - was sich bereits aus den erheblichen
Pachtzahlungen sowie der Tatsache ergibt, dass das
Betriebsgrundstück stille Reserven in Höhe von ca. 1,5
Mio. DM enthielt - stille Reserven in erheblicher Höhe. Ob
daneben auch das der Beigeladenen durch Lizenzvertrag
überlassene Know-how zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen
gehörte, kann der Senat insoweit offenlassen. Soweit
vorgetragen worden ist, die Lizenzzahlungen seien verdeckter
Bestandteil des für die Teil-Mitunternehmeranteile
entrichteten Kaufpreises, muss der Senat dem deshalb nicht
nachgehen, weil das FG für den Senat nach § 118 Abs. 2
FGO bindend festgestellt hat, dass es sich bei den Lizenzzahlungen
um laufende Einkünfte gehandelt hat.
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b) Im Rahmen der Veräußerung eines
Teils der Anteile an der Beigeladenen haben die Kläger die in
der KG verbliebenen stillen Reserven nicht anteilig mit aufgedeckt.
Entsprechend lagen die Voraussetzungen von § 16 Abs. 1 Nr. 2,
§ 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG nicht vor, weil nicht
alle in der Person der Veräußerer vorhandenen stillen
Reserven anteilig aufgedeckt worden sind.
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4. Die mündliche Verhandlung war nach dem
Eingang des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 11.12.2014
nicht wiederzueröffnen.
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a) Nach § 121 Satz 1, § 93 Abs. 3
Satz 2 FGO hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen
zu entscheiden, ob eine bereits geschlossene mündliche
Verhandlung wiedereröffnet wird. Das Ermessen ist allerdings
auf Null reduziert, wenn durch die Ablehnung der
Wiedereröffnung wesentliche Prozessgrundsätze verletzt
würden, z.B. weil andernfalls der Anspruch eines Beteiligten
auf rechtliches Gehör verletzt ist (vgl. BFH-Beschluss vom
7.7.2006 IV B 94/05, BFH/NV 2006, 2266 = SIS 06 44 86, m.w.N.).
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b) Zu einer solchen Entscheidung gibt der nach
Schließung der mündlichen Verhandlung am 11.12.2014 bei
dem BFH eingereichte Schriftsatz der Kläger, soweit in ihm
überhaupt ein Antrag auf Wiedereröffnung enthalten sein
sollte, keine Veranlassung, denn der Senat kommt auch unter
Berücksichtigung der darin enthaltenen Ausführungen zu
keinem anderen Entscheidungsergebnis.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
sind nicht gemäß § 143 Abs. 1 i.V.m. § 139
Abs. 4 FGO erstattungsfähig. Denn die Beigeladene hat das
Verfahren weder schriftsätzlich gefördert noch einen
eigenen Sachantrag gestellt; entsprechend trug sie kein
Kostenrisiko (vgl. BFH-Urteil vom 16.5.2013 IV R 6/10, BFH/NV 2013,
1584 = SIS 13 25 26).
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