1. Das Revisionsverfahren des Klägers
wird eingestellt, nachdem dieser seine Revision zurückgenommen
hat.
Die durch die Rücknahme des Rechtsmittels
verursachten Kosten trägt der Kläger.
2. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 25.05.2022 - 9 K 1278/19 = SIS 22 19 24 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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A. Der Kläger, Revisionskläger
und Revisionsbeklagte (Kläger), der bereits als
vorläufiger Insolvenzverwalter tätig geworden war, wurde
mit Beschluss des Amtsgerichts X (Insolvenzgericht) vom …
als Insolvenzverwalter im Verfahren des Insolvenzschuldners Y
(Insolvenzschuldner) bestellt. Nach Vollzug der Schlussverteilung
hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom … das
Insolvenzverfahren aufgehoben. Zugleich hat es hinsichtlich
eventueller Steuererstattungen für die Veranlagungs-
beziehungsweise Besteuerungszeiträume 2014 bis 2020 sowie
eventueller Erstattung der Umsatzsteuer aus der Vergütung des
Insolvenzverwalters die Nachtragsverteilung im Sinne des § 203
Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) angeordnet.
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Der Insolvenzschuldner war als
IT-Administrator selbständig tätig. Für das
Unternehmen des Insolvenzschuldners bestanden
Fortführungsaussichten, so dass der Kläger das
Unternehmen im Wege der fachlichen Tätigkeit des
Insolvenzschuldners, der die von Kunden erteilten Aufträge
für die Masse abwickelte, weiterführte. Der Kläger
gab Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Im Zeitraum des
Insolvenzverfahrens ergaben sich aus der fortgeführten
Tätigkeit Umsätze in Höhe von insgesamt 249.289,95
EUR. Aus der Verwertung von Gegenständen des
Privatvermögens des Insolvenzschuldners konnte der Kläger
einen Liquidationserlös in Höhe von insgesamt 178,50 EUR
erzielen.
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Es wurden Insolvenzforderungen von
insgesamt 333.809,24 EUR - einschließlich Forderungen aus
Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag (261.222,52 EUR) und
Umsatzsteuer (56.965,15 EUR) in Höhe von insgesamt 318.187,67
EUR - zur Insolvenztabelle angemeldet.
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Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom
13.02.2018 wurde dem Kläger eine Vergütung in Höhe
von 21.513,54 EUR zuzüglich 4.087,56 EUR Umsatzsteuer
bewilligt. Am gleichen Tag wurde dem Kläger für seine
Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter eine
Vergütung in Höhe von 1.150 EUR zuzüglich 218,50 EUR
Umsatzsteuer zugesprochen. Der Kläger erteilte unter dem
07.03.2018 entsprechende Rechnungen an die Insolvenzmasse.
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Am 28.11.2018 gab der Kläger als
Insolvenzverwalter eine (später berichtigte)
Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2018 ab, in welcher er
ausschließlich Vorsteuerbeträge (unter anderem die
Vorsteuer aus seinen Insolvenzverwaltervergütungen in
Höhe von 4.087,56 EUR und 218,50 EUR) anmeldete. Er nahm eine
Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der in der Zeit der
Insolvenzverwaltung erzielten betrieblich begründeten
Einnahmen zu den Gesamteinnahmen vor. Die Vorsteuer sei zu 97,37 %
abziehbar.
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Der Beklagte, Revisionsbeklagte und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) sah die Vorsteuer zu 17,06
% als abziehbar an. Die Vorsteueraufteilung sei nach dem
Verhältnis der zur Insolvenztabelle angemeldeten privaten und
unternehmerischen Insolvenzforderungen vorzunehmen. Es
berücksichtigte daher im Umsatzsteuer-Jahresbescheid für
2018 vom 01.02.2019 Vorsteuer aus den
Insolvenzverwaltervergütungen in Höhe von 17,06 % aus
4.306,07 EUR = 734,61 EUR. Die daneben berücksichtigte
Vorsteuer in Höhe von 355,26 EUR steht zwischen den
Beteiligten nicht im Streit.
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Den hiergegen eingelegten Einspruch des
Klägers wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 17.04.2019
als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
seinem in EFG 2022, 1873 = SIS 22 19 24 veröffentlichten
Urteil statt. Es ging davon aus, dass der vom Kläger
angesetzte Vorsteueraufteilungsschlüssel sachgerecht sei.
Für den Bezug von Leistungen eines Insolvenzverwalters durch
einen Insolvenzschuldner habe der Bundesfinanzhof (BFH) zwar eine
besondere Aufteilungsmethode für den Fall entwickelt, dass der
Insolvenzverwalter ausschließlich Verwertungshandlungen
vornehme. Für den hier vorliegenden Fall, dass der
Insolvenzverwalter den schuldnerischen Betrieb fortführe und
(so gut wie) keine Verwertungshandlungen vornehme, müsse sich
die Vorsteueraufteilung davon abweichend nach dem Gesamtumsatz des
Insolvenzverwalters während seiner Verwaltungszeit nach
Maßgabe der Anteile steuerpflichtiger und steuerfreier
beziehungsweise nichtwirtschaftlicher Umsätze
bestimmen.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts. Es ist der Ansicht, dass die
gemäß § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
erforderliche Vorsteueraufteilung im Verhältnis der im
Insolvenzverfahren geltend gemachten unternehmerischen zu den
privaten Verbindlichkeiten zu erfolgen habe. Die Leistung,
über deren Vorsteueraufteilung zu entscheiden sei, sei die
Insolvenzverwalterleistung. Diese einheitliche Leistung
gegenüber dem Insolvenzschuldner setze sich aus Verwaltung,
Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse zwecks
Gläubigerbefriedigung zusammen. Teilte man die Vorsteuer
dagegen im Verhältnis der im Insolvenzverfahren erzielten
Einnahmen auf, läge der Fokus der klägerischen
Tätigkeit auf dem unternehmerischen Bereich, der bezogen auf
die schuldnerischen Verbindlichkeiten vorliegend nur einen geringen
zweistelligen prozentualen Anteil ausmache.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Der Kläger tritt der Revision
entgegen. Er führt im Wesentlichen aus, dass die vom
Insolvenzverwalter erbrachte einheitliche Leistung zwar in der
Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse bestehe;
im Falle einer Betriebsfortführung beziehe sich die Leistung
des Insolvenzverwalters jedoch nicht lediglich auf die Gesamtheit
der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen, so dass diese
insoweit nicht Maßstab der vorzunehmenden Vorsteueraufteilung
sein könnten. Die Gläubigerbefriedigung hänge bei
einer Betriebsfortführung maßgeblich von den
unternehmerischen Entscheidungen des Insolvenzverwalters ab, da
sich die Quote für die Insolvenzgläubiger erhöhe,
wenn dessen unternehmerische Entscheidungen Früchte
trügen. Es sei nicht sachgerecht, die Leistungen des
Insolvenzverwalters bei einer Betriebsfortführung anders zu
beurteilen als die Leistungen eines beauftragten Sanierungsberaters
außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Dessen Leistungen
stünden ebenso wie die des beauftragten Kassenprüfers
nach dem BFH-Urteil vom 21.04.2022 - V R 18/19 (BFHE 276, 493 = SIS 22 13 96, Rz 18) in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der
(beendeten) wirtschaftlichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners
und berechtigten aus diesem Grund grundsätzlich zum
Vorsteuerabzug.
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Der Kläger hat zunächst unter dem
04.07.2022 gleichfalls Revision eingelegt und diese mit Schreiben
vom 08.08.2022 wieder zurückgenommen.
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B. Das Revisionsverfahren des Klägers
wird eingestellt, nachdem er die Revision im Verlauf des
Revisionsverfahrens zurückgenommen hat (§ 125 Abs. 1,
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Die Kostenentscheidung folgt insoweit aus
§ 136 Abs. 2 FGO (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2021 - IX R 29/19,
BFHE 274, 72, BStBl II 2023, 562 = SIS 21 17 82, Rz 49).
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C. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
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I. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter
trotz der Beendigung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen des Insolvenzschuldners
prozessführungsbefugt.
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1. Wird das Insolvenzverfahren nach der
Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO),
entfällt zwar neben der Verwaltungs- und
Verfügungsbefugnis (§ 80 Abs. 1 InsO) zugleich die
Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Wird jedoch
eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1 und 2 InsO),
bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige
Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der
Nachtragsverteilung vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden
sollen (vgl. BFH-Urteile vom 20.09.2016 - VII R 10/15, BFH/NV 2017,
442 = SIS 17 03 41, Rz 16; vom 23.09.2020 - XI R 1/19, BFHE 271, 1,
BStBl II 2021, 341 = SIS 21 01 14, Rz 19 ff.; vom 16.12.2021 - VI R
41/18, BFHE 275, 194, BStBl II 2022, 321 = SIS 22 02 84, Rz 16; vom
11.12.2024 - XI R 1/22, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt).
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2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der
Kläger befugt, den vorliegenden Prozess für den
vormaligen Insolvenzschuldner zu führen. Gegenstand des
vorliegenden Rechtsstreits ist die Vergütung der Umsatzsteuer
aus der Leistung des Insolvenzverwalters. Das Insolvenzgericht hat
hinsichtlich dieses Anspruchs mit Beschluss vom … die
Nachtragsverteilung im Sinne des § 203 Abs. 1 InsO
angeordnet.
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II. Das FG hat zu Recht dahingehend erkannt,
dass sich die nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmende
Vorsteueraufteilung ausnahmsweise nach der Gesamttätigkeit des
Unternehmens während der Zeit der Insolvenzverwaltung nach
Maßgabe der Anteile steuerpflichtiger, steuerfreier
beziehungsweise nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten bestimmt,
wenn der Insolvenzverwalter - wie im Streitfall - den Betrieb des
Insolvenzschuldners fortführt und keine (wesentlichen)
Verwertungshandlungen vorgenommen hat.
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1. Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete
Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt
worden sind, abziehen.
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a) Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug
gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für die
Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von
Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der
Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Dies
beruht unionsrechtlich auf Art. 168 Buchst. a der Richtlinie
2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL). Danach ist der Steuerpflichtige, der
„Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke
seiner besteuerten Umsätze verwendet“,
zum Vorsteuerabzug berechtigt. Hierfür muss ein direkter und
unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung
bestehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom
23.11.2023 - V R 3/22, BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 9). Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG somit voraus, dass der Unternehmer
Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9
MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen
Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1
Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL)
verwendet oder zu verwenden beabsichtigt (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23.11.2023 - V R 3/22,
BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 9; vom
18.10.2023 - XI R 21/23 (XI R 30/19), BFHE 283, 110 = SIS 24 05 66,
Rz 19; vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFHE 283, 159 = SIS 24 05 68,
Rz 31). Die Ausgangsleistungen des Unternehmers müssen zudem
steuerpflichtig oder in § 15 Abs. 3 UStG (Art. 169 MwStSystRL)
benannt sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile
vom 02.12.2015 - V R 15/15, BFHE 252, 472, BStBl II 2016, 486 = SIS 16 05 55, Rz 14; vom 09.02.2012 - V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl
II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 19 f.; vom 23.11.2023 - V R 3/22,
BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 9).
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b) Verwendet der Unternehmer einen für
sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in
Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur
Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1
UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar,
der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden
Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann
die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten
Schätzung ermitteln (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Es ist
dabei zunächst Sache des Unternehmers, welche
Schätzungsmethode er wählt; Finanzbehörden und
Finanzgerichte können aber nachprüfen, ob die
Schätzung sachgerecht ist (vgl. BFH-Urteile vom 05.09.2013 -
XI R 4/10, BFHE 243, 60, BStBl II 2014, 95 = SIS 13 29 90, Rz 29;
vom 03.08.2017 - V R 62/16, BFHE 259, 380, BStBl II 2021, 109 = SIS 17 21 50, Rz 28; vom 11.11.2020 - XI R 7/20, BFHE 271, 273, BStBl
II 2022, 746 = SIS 21 02 54, Rz 10; vom 09.11.2022 - XI R 31/19,
BFHE 279, 227 = SIS 23 02 27, Rz 12). Gemäß § 15
Abs. 4 Satz 3 UStG ist eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils
der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der
Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den
Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur
zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung
möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 11.11.2020 - XI R 7/20, BFHE
271, 273, BStBl II 2022, 746 = SIS 21 02 54, Rz 10).
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c) Im Insolvenzverfahren eines Schuldners, der
seine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit bereits vor
der Insolvenzeröffnung eingestellt hat, ist es nach der
Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt,
sachgerecht, über den Vorsteuerabzug aus der Leistung des
Insolvenzverwalters auf der Grundlage der früheren
Unternehmenstätigkeit zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteile
vom 02.12.2015 - V R 15/15, BFHE 252, 472, BStBl II 2016, 486 = SIS 16 05 55, Leitsatz 1; vom 23.11.2023 - V R 3/22, BFHE 282, 180,
BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 10). Der für den
Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare
Zusammenhang besteht zwischen der einheitlichen Leistung des
Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten
Forderungen der Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO), die auf
die frühere Umsatztätigkeit zurückzuführen
sind, so dass es auf die einzelnen Verwertungshandlungen des
Insolvenzverwalters nicht ankommt (vgl. BFH-Urteile vom 15.04.2015
- V R 44/14, BFHE 250, 263, BStBl II 2015, 679 = SIS 15 11 13, Rz
15 ff.; vom 02.12.2015 - V R 15/15, BFHE 252, 472, BStBl II 2016,
486 = SIS 16 05 55, Rz 17; vom 23.11.2023 - V R 3/22, BFHE 282,
180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 10). Eine
Berücksichtigung einzelner Verwertungshandlungen des
Insolvenzverwalters kommt danach nicht in Betracht (vgl.
BFH-Urteile vom 15.04.2015 - V R 44/14, BFHE 250, 263, BStBl II
2015, 679 = SIS 15 11 13, Rz 17; vom 21.10.2015 - XI R 28/14, BFHE
252, 460, BStBl II 2016, 550 = SIS 16 05 52, Rz 36). Auch für
Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer
nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist
§ 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 09.02.2012 - V R 40/10,
BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 25; vom
02.12.2015 - V R 15/15, BFHE 252, 472, BStBl II 2016, 486 = SIS 16 05 55, Rz 16; vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFHE 283, 159 = SIS 24 05 68, Rz 57). Daher kann ein zum Vorsteuerabzug berechtigter
Unternehmer aus der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters
nur im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten
(nichtunternehmerischen) Verbindlichkeiten, die im
Insolvenzverfahren jeweils als Insolvenzforderungen geltend gemacht
werden, die betreffende Vorsteuer anteilig abziehen (vgl.
BFH-Urteile vom 15.04.2015 - V R 44/14, BFHE 250, 263, BStBl II
2015, 679 = SIS 15 11 13, Rz 12 ff.; vom 21.10.2015 - XI R 28/14,
BFHE 252, 460, BStBl II 2016, 550 = SIS 16 05 52, Rz 30).
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d) Ob dies auch dann gilt, wenn eine
Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter vorliegt,
hat der BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung offengelassen (vgl.
BFH-Urteile vom 15.04.2015 - V R 44/14, BFHE 250, 263, BStBl II
2015, 679 = SIS 15 11 13, Rz 20; vom 02.12.2015 - V R 15/15, BFHE
252, 472, BStBl II 2016, 486 = SIS 16 05 55, Rz 18; vom 23.11.2023
- V R 3/22, BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz
10). Der Senat beantwortet diese Frage nunmehr dahin gehend, dass
der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und
unmittelbare Zusammenhang zwischen der einheitlichen Leistung des
Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten
Forderungen der Insolvenzgläubiger jedenfalls dann
ausnahmsweise nicht besteht, wenn der Insolvenzverwalter das
schuldnerische Unternehmen fortführt und dabei das
Vermögen des Insolvenzschuldners nicht verwertet.
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In einem solchen Fall besteht der direkte und
unmittelbare Zusammenhang nur zwischen der einheitlichen Leistung
des Insolvenzverwalters und der vom Insolvenzverwalter
fortgeführten wirtschaftlichen Tätigkeit des
Insolvenzschuldners. Die einheitliche Leistung des
Insolvenzverwalters wird dann ausschließlich für das
Unternehmen des Insolvenzschuldners, das sich in Insolvenz
befindet, bezogen und damit für dessen gegenwärtige und
künftig beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit zur
Erbringung entgeltlicher Leistungen verwendet. Dann kommt es
abweichend von dem Fall, dass das Unternehmen zerschlagen wird, zu
einer Vorsteueraufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG
nach Maßgabe der fortgesetzten unternehmerischen
Tätigkeit, zu der der erforderliche Leistungszusammenhang mit
der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters besteht, unter
Vernachlässigung einer nur teilweisen unternehmerischen
Begründung von zur Tabelle angemeldeten Insolvenzforderungen.
Die Insolvenzverwaltervergütung gehört dann zu den
Gemeinkosten, so dass für die Aufteilung der Vorsteuer die
allgemeinen Grundsätze gelten und es nicht auf das
Verhältnis der angemeldeten Forderungen, sondern auf das
Verhältnis der gesamten Umsätze (steuerpflichtige und
steuerfreie) im Besteuerungszeitraum ankommt (vgl. Stadie in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 693; FG
Münster, Urteil vom 15.09.2020 - 15 K 827/18 U, EFG 2020, 1806
= SIS 20 16 18, Rz 52; offengelassen BFH-Urteile vom 15.04.2015 - V
R 44/14, BFHE 250, 263, BStBl II 2015, 679 = SIS 15 11 13, Rz 20;
vom 02.12.2015 - V R 15/15, BFHE 252, 472, BStBl II 2016, 486 = SIS 16 05 55, Rz 18; vgl. auch FG Münster, Urteil vom 04.05.2020 -
5 K 546/17 U, EFG 2020, 1361 = SIS 20 11 89, Rz 35; Heuermann,
juris - Die Monatszeitschrift, 2015, 384).
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2. Das FG, das im Kern von diesen
Grundsätzen ausgegangen ist, hat danach zu Recht entschieden,
dass - in einem Sonderfall wie hier - der vom Kläger
gewählte Aufteilungsschlüssel sachgerecht ist und die
Vorsteuer aus der vom Kläger als Insolvenzverwalter erbrachten
Leistung nach der Gesamttätigkeit während der Zeit der
Insolvenzverwaltung nach Maßgabe der Anteile
steuerpflichtiger, steuerfreier beziehungsweise
nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten des Insolvenzschuldners
bestimmt werden darf.
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a) Der Kläger hat als Insolvenzverwalter
nach den nicht mit zulässigen und begründeten
Verfahrensrügen angegriffenen (und den Senat im Sinne des
§ 118 Abs. 2 FGO) bindenden Feststellungen des FG das
Unternehmen des Insolvenzschuldners, der als IT-Administrator
selbständig tätig war und seine fachliche Tätigkeit
für die Masse weiter ausführte, nicht zerschlagen,
sondern fortgeführt. Das FG hat ferner festgestellt, dass der
Kläger im Rahmen des Insolvenzverfahrens „so gut wie
keine“ Verwertungshandlungen vorgenommen hat
und das schuldnerische Unternehmen während des
Insolvenzverfahrens Aufträge in erheblichem Umfang abgewickelt
sowie Gewinne erwirtschaftetet hat. Aus den weiteren Feststellungen
des FG ergibt sich, dass der Erlös aus den - vom FG
ausnahmsweise für unerheblich erachteten -
Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters weniger als 0,07 %
der Gesamteinnahmen im Rahmen des Insolvenzverfahrens betragen
hat.
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b) Ausgehend davon hat das FG zutreffend
angenommen, dass bei einer Unternehmensfortführung wie dieser
im Streitfall über den Vorsteuerabzug aus der Rechnung des
Insolvenzverwalters nicht auf der Grundlage der früheren,
sondern der während der Dauer des Insolvenzverfahrens
ausgeübten Unternehmenstätigkeit des Insolvenzschuldners,
der seine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit nicht
eingestellt hat, zu entscheiden ist. Das hält einer
revisionsrechtlichen Prüfung stand.
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aa) Die Fortführung der bisherigen
Unternehmenstätigkeit im Sinne eines „Erhalts des
Unternehmens“ (vgl. § 1 Satz 1,
§§ 217 ff. InsO) setzt eine auf nicht lediglich im
Hinblick auf Abwicklungstätigkeiten fortbestehende
Unternehmenstätigkeit voraus (vgl. BFH-Urteile vom 21.04.1993
- XI R 50/90, BFHE 171, 129, BStBl II 1993, 696 = SIS 93 19 27,
unter II.1.; vom 19.11.2009 - V R 16/08, BFHE 227, 275, BStBl II
2010, 319 = SIS 09 39 24, unter II.2.a aa; vom 23.11.2023 - V R
3/22, BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 15).
Eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter, bei
der die Leistung des Insolvenzverwalters nicht mit den im
Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der
Insolvenzgläubiger, sondern mit der fortgesetzten
unternehmerischen Tätigkeit in einem direkten und
unmittelbaren Zusammenhang steht, kommt danach nur in Betracht,
wenn die einheitliche Leistung des Insolvenzverwalters nicht der
Befriedigung der Insolvenzgläubiger als Hauptziel des
Insolvenzverfahrens mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung
der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners dient, sondern vorrangig
darauf abzielt, das Unternehmen des Insolvenzschuldners zu erhalten
(vgl. zur nicht auf die Fortführung des Unternehmens
gerichteten „Ausproduktion“ auch FG
Münster, Urteil vom 04.05.2020 - 5 K 546/17, EFG 2020, 1361 =
SIS 20 11 89, Rz 35; zur vorübergehenden Vermietung als
„ergänzende
Verwertungsmaßnahme“ ferner BFH-Urteil
vom 23.11.2023 - V R 3/22, BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 16; zur Unternehmensfortführung dagegen z.B. FG
Münster, Urteil vom 15.09.2020 - 15 K 827/18 U, EFG 2020, 1806
= SIS 20 16 18, Rz 51). Von der Fortführung des Unternehmens
ist insbesondere dann auszugehen, wenn das Insolvenzverfahren nicht
darauf abzielt, die Gläubiger eines Schuldners zu befriedigen,
indem im Sinne des § 1 Satz 1 Halbsatz 1 InsO das
Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt
wird, sondern nach § 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO in einem
Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des
Unternehmens getroffen wird (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom
23.11.2023 - V R 3/22, BFHE 282, 180, BStBl II 2024, 501 = SIS 24 03 57, Rz 17 zum Erhalt des Unternehmens noch unter Geltung der
Konkursordnung).
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bb) Auf der Grundlage der den erkennenden
Senat im Sinne des § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen
des FG hat der Kläger das Unternehmen des Insolvenzschuldners
fortgeführt. Das FG hat zwar nicht festgestellt, dass im
Streitfall nach § 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO in einem
Insolvenzplan eine Regelung zum Erhalt des Unternehmens des
Insolvenzschuldners getroffen wurde. Aber auch ohne das Vorliegen
eines Insolvenzplans ergibt sich aus den Feststellungen des FG,
dass das Unternehmen des Insolvenzschuldners mit wirtschaftlichem
Erfolg fortgeführt wurde und der Kläger als
Insolvenzverwalter mit dem Verkauf von Gegenständen des
Privatvermögens in Höhe eines Liquidationswerts von
weniger als 0,07 % seiner Gesamteinnahmen im Rahmen des
Insolvenzverfahrens so gut wie keine Verwertungshandlungen
vorgenommen hat. Dies lässt darauf schließen, dass das
Insolvenzverfahren auf den Erhalt des schuldnerischen Unternehmens
ausgerichtet war. Dafür spricht im Übrigen auch, dass das
Unternehmen tatsächlich fortgeführt worden ist.
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cc) Ausgehend von den Ausführungen unter
C.II.1.d hat das FG im Streitfall zu Recht angenommen, dass in dem
hier vorliegenden Sonderfall die Tätigkeit des Klägers
für die Masse nicht auf Verwertungshandlungen, sondern auf die
Beaufsichtigung der weitergeführten Tätigkeit des
Schuldners unter betriebswirtschaftlicher Abwägung der Chancen
und Risiken der Aufträge, der Kostenüberwachung und
insbesondere auf die Sanierung des Unternehmens des
Insolvenzschuldners gerichtet war. Ziel war es, eine
Restschuldbefreiung zu erlangen. Das FG hat zu Recht die
Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter nach den
besonderen Umständen des Streitfalls als eine solche
angesehen, die wie bei einem externen Berater oder einem
selbständigen Geschäftsführer zu Gemeinkosten des
Unternehmens führt. „So gut wie
keine“, das heißt äußerst
geringfügige Verwertungshandlungen in Höhe von 0,07% der
Gesamteinnahmen können dann ausnahmsweise unbeachtlich
sein.
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dd) Objektive Anhaltspunkte für eine
steuerfreie oder nichtwirtschaftliche Tätigkeit des
Klägers sind mit der Vorentscheidung nicht zu erkennen. Bei
der Fortführung des Unternehmens des Insolvenzschuldners
wurden ausschließlich steuerpflichtige Umsätze
ausgeführt.
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c) Es bedarf im Streitfall im Übrigen
keiner Entscheidung darüber, ob - wie das FG in Erwägung
gezogen hat - in Fällen der Unternehmensfortführung mit
gleichzeitigen Verwertungshandlungen ein anderer alternativer
Aufteilungsmaßstab, der sowohl die im Insolvenzverfahren
geltend gemachten unternehmerischen und privaten Verbindlichkeiten
als auch die Erträge aus der fortgesetzten unternehmerischen
Tätigkeit berücksichtigt, ein im Sinne des § 15 Abs.
4 UStG sachgerechter Aufteilungsmaßstab für die
Vorsteuer aus der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters
wäre. Das FG hat vorgeschlagen, dass sich der als Vorsteuer
abziehbare Teil aus dem Verhältnis der Summe der
unternehmerischen Verbindlichkeiten und der Erlöse aus der
Betriebsfortführung zu der Summe aus den gesamten
Verbindlichkeiten und der gesamten Erlöse ergebe. Darauf kommt
es hier jedoch nicht an.
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3. Sonstige Rechtsfehler der Vorentscheidung
zu Lasten des FA sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung folgt, soweit im
Revisionsverfahren in der Sache zu entscheiden ist, aus § 135
Abs. 2 FGO (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2021 - IX R 29/19, BFHE 274,
72, BStBl II 2023, 562 = SIS 21 17 82, Rz 45).
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