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Vorsteuerberichtigung bei Berufung auf eine Steuerfreiheit nach dem Unionsrecht

Vorsteuerberichtigung bei Berufung auf eine Steuerfreiheit nach dem Unionsrecht: Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern sich i.S. des § 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG, wenn sich der Steuerpflichtige während des Berichtigungszeitraums auf die Steuerfreiheit der gleichbleibenden Verwendungsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beruft. - Urt.; BFH 15.9.2011, V R 8/11; SIS 12 01 08

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 15.09.2011, V R 8/11
    BStBl 2012 II S. 368
    DStR 2012 S. 234
    LEXinform 0928359

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 17.4.2012
    -/- in NWB 6/2012 S. 454
    MK in DStZ 5/2012 S. 137
    S.M. in BFH/PR 4/2012 S. 125
    wt in UVR 4/2012 S. 100
    Ch.L. in HFR 4/2012 S. 433
    jh in StuB 9/2012 S. 369
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 13 Teil B Buchst. f
[UStG 1993/1999] § 15 a Abs. 1 Satz 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Hessisches FG, 10.11.2009, SIS 10 13 94, Glücksspiel, Automaten, Bestandskraft, Steuerfreiheit, Gemeinschaftsrecht, Rechtmäßigkeit, Umsetzung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 23.10.2019, SIS 19 19 22, Verzicht auf Steuerfreiheit der Vermietung: Nach § 15 Abs. 4 UStG aufteilbar sind nur gesetzlich geschuld...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • BFH 14.9.2016, SIS 16 25 85, Vorsteuerkorrektur bei nachträglicher Berufung auf unionsrechtliche Steuerbefreiung, etwaige Rückwirkung ...
  • BFH 6.7.2016, SIS 16 19 53, Zur Geschäftsveräußerung bei einem Geschäftshaus, das vom Veräußerer vollständig verpachtet war und vom E...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 05 27, Vorsteuerberichtigung, Änderung der rechtlichen Beurteilung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Verfügung zur Vor...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 12.12.2013, SIS 14 04 79, Vorsteuerberichtigung, Änderung der rechtlichen Beurteilung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Verfügung zur Vor...
  • BFH 5.9.2013, SIS 13 29 90, Grundsätzlich keine flächenbezogene Vorsteueraufteilung in Spielhallen: Der Betreiber einer Spielhalle ka...
  • OFD Karlsruhe 15.1.2013, SIS 13 11 33, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BMF 17.12.2012, SIS 12 33 87, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2012: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • FG Hamburg 10.10.2012, SIS 13 00 96, Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug aus Aktienemissionskosten: Eine Führungsholding kann die gesamten Vorsteuern...
  • OFD Karlsruhe 25.9.2012, SIS 12 29 47, Vorsteuerberichtigung, Änderung der rechtlichen Beurteilung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Verfügung zur Vor...
  • BFH 16.5.2012, SIS 12 27 89, Steuerfreie Veräußerung gebrauchter Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit: Die Veräußerung gebrauchter...

 

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in den Streitjahren 1999 bis 2003 Vorsteuerberichtigungsbeträge gemäß § 15a des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 in den jeweils anzuwendenden Fassungen (UStG) zu Lasten der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) entstanden sind.

 

 

2

Die Klägerin, eine GmbH, ist aufgrund des Vertrags vom 28.6.1998 Rechtsnachfolgerin der F-GmbH und des Einzelunternehmens B.

 

 

3

Die Klägerin sowie zuvor die F-GmbH und das Einzelunternehmen B führten in den Kalenderjahren 1994 bis 1998 unter anderem Umsätze aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit aus. In den Umsatzsteuererklärungen für diese Kalenderjahre wurden diese Umsätze als steuerpflichtig behandelt und hiermit im Zusammenhang stehende Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb sonstiger Wirtschaftsgüter und von Geldspielgeräten geltend gemacht. Für alle Kalenderjahre 1994 bis 1998 ergingen bestandskräftig gewordene Umsatzsteuerfestsetzungen. Für jedes der Kalenderjahre 1994 bis 1998 war mit Ablauf des Jahres 2004 die Festsetzungsverjährung eingetreten.

 

 

4

Mit Urteil vom 17.2.2005 entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Linneweber und Akritidis C-453/02 und C-462/02 (Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 = SIS 05 16 75), dass Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) unmittelbare Wirkung zukomme, so dass sich ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten vor den nationalen Gerichten auf die Steuerfreiheit dieser Umsätze berufen könne.

 

 

5

Die Klägerin reichte am 6.10.2005 geänderte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1999 bis 2003 ein und berief sich nunmehr auf die Steuerfreiheit der Umsätze aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit.

 

 

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) entsprach dem nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Zu Lasten der Klägerin seien in den Streitjahren dementsprechend Vorsteuerberichtigungsbeträge gemäß § 15a UStG zu berücksichtigen, soweit für die in den Kalenderjahren 1994 bis 1998 bezogenen sonstigen Wirtschaftsgüter und Geldspielgeräte die Berichtigungszeiträume in den Streitjahren noch nicht abgelaufen gewesen seien. Die Vorsteuerberichtigungsbeträge sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.

 

 

7

Die Klägerin erhob gegen die nach der Umsatzsteuer-Sonderprüfung ergangenen Änderungsbescheide erfolglos Einspruch und danach Klage. Gegenstand des Klageverfahrens wären die Änderungsbescheide für die Streitjahre 1999 bis 2003 vom 23.12.2008.

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

 

 

9

Eine „Änderung der Verhältnisse“ i.S. des § 15a Abs. 1 UStG liege vor. Im Jahr des Leistungsbezugs hätten die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger zutreffend den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten von Investitionsgütern beansprucht, da sie beabsichtigt hätten, diese für nach nationalem Recht steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden. In den Folgejahren ab 1999 berufe sich die Klägerin nunmehr auf die Steuerfreiheit der Verwendungsumsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG, so dass sich bei gleichbleibender tatsächlicher Verwendung der Investitionsgüter die rechtliche Beurteilung der Verwendungsumsätze geändert habe. Die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Fallgruppe der „rechtsfehlerhaften Beurteilung des Vorsteuerabzugs“ anerkannte Einschränkung, nach der eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG für diejenigen Folgejahre ausgeschlossen sei, in denen die Steuerfestsetzung für das jeweilige Abzugsjahr nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) verfahrensrechtlich noch geändert werden könne, greife im Streitfall nicht ein. Da die Klägerin sich erst nachträglich auf die Steuerfreiheit nach der Richtlinie 77/388/EWG berufen habe, die Steuerfestsetzungen der Kalenderjahre 1994 bis 1998 (der Jahre des Leistungsbezugs) nach nationalem Recht aber zutreffend gewesen seien, seien die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt.

 

 

10

Die Klägerin stützt ihre Revision auf die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

11

Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 15a UStG nicht erfüllt seien. Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne der Regelung liege nicht vor. Sie habe die bezogenen Wirtschaftsgüter durchgehend zur Erzielung von Umsätzen aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit verwendet. Die Entscheidungen des BFH vom 14.5.1992 V R 12/88 (BFHE 168, 468, BStBl II 1992, 931 = SIS 92 20 18) und der Folgerechtsprechung, nach denen eine Änderung der Verhältnisse auch dann vorliege, wenn sich bei gleichbleibender tatsächlicher Verwendung nur die rechtliche Beurteilung der Verwendungsumsätze ändere, gelte nur in den sog. Zwischenvermietungsfällen. Außerhalb dieser Fallgruppe und damit auch im Streitfall löse die geänderte rechtliche Beurteilung der gleichbleibenden Verwendungsumsätze keine Vorsteuerberichtigung aus. Ein missbräuchliches Verhalten liege nicht vor, weil sie aufgrund des Umsetzungsfehlers des nationalen Gesetzgebers von der Steuerpflicht der Umsätze ausgegangen sei.

 

 

12

Komme gleichwohl eine Vorsteuerberichtigung in Betracht, seien in den Streitjahren die Einschränkungen zu beachten, die der BFH für die Korrektur des Vorsteuerabzugs bei einer rechtsfehlerhaften Beurteilung des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr entwickelt habe. Die entgegenstehende Auffassung der Vorentscheidung und anderer Finanzgerichte, dass die Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG ohne diese zeitliche Begrenzung möglich sei, sei mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht vereinbar. Die fehlerhafte Beurteilung der Verhältnisse des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr sei gegeben, da die Steuerpflicht der Ausgangsumsätze nach nationalem Recht wegen eines Umsetzungsfehlers des deutschen Gesetzgebers in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG sachlich unzutreffend gewesen sei.

 

 

13

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2003 vom 23.12.2008 dergestalt zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 1999 auf ... EUR, für 2000 auf ... EUR, für 2001 auf ./. ... EUR, für 2002 auf ... EUR und für 2003 auf ... EUR festgesetzt wird.

 

 

14

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

15

Es verteidigt die Vorentscheidung und nimmt Bezug auf die Entscheidungen des FG Nürnberg vom 12.5.2009 II 262/2006 (EFG 2009, 1688 = SIS 09 27 77) und des FG Köln vom 13.5.2009 13 K 1501/07 (EFG 2009, 1604 = SIS 09 28 05). Die Klägerin könne wählen, ob sie sich auf die steuerliche Behandlung nach nationalem Recht oder auf die Steuerbefreiung nach der Richtlinie 77/388/EWG berufen wolle. Eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG müsse der Unternehmer, wenn er sich nachträglich auf die Steuerfreiheit der Richtlinie berufe und in den Vorjahren den vollen Vorsteuerabzug bei Leistungsbezug in Anspruch genommen habe, nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen.

 

 

16

II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass in den Streitjahren eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG zu Lasten der Klägerin für die von ihr und ihren Rechtsvorgängern, der F-GmbH und des Einzelunternehmens B, in den Kalenderjahren 1994 bis 1998 bezogenen Wirtschaftsgüter vorzunehmen ist.

 

 

17

1. Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I, 3794) für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Diese Regelung gilt nach § 27 Abs. 8 UStG 1999 in der Fassung des StÄndG 2003 vom 15.12.2003 (BGBl I, 2645) auch für die Kalenderjahre vor dem 1.1.2002 und damit auch für die Streitjahre 1999 bis 2001. Die rückwirkende Anwendung der Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsentscheidungen vom 7.7.2005 V R 32/04, BFHE 211, 74, BStBl II 2005, 907 = SIS 05 44 57; vom 24.9.2009 V R 6/08, BFHE 227, 506, BStBl II 2010, 315 = SIS 10 02 28). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

 

 

18

a) Die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger haben bei Leistungsbezug in den Kalenderjahren 1994 bis 1998 wegen der Absicht, die Eingangsleistungen für - nach nationalem Recht - steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden, den Vorsteuerabzug zutreffend in Anspruch genommen. Dies beruht auf dem in der ständigen Rechtsprechung des BFH anerkannten Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer gemäß § 15 Abs. 1 und Abs. 2 UStG und des Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. hierzu mit Hinweisen zur Rechtsprechung des EuGH z.B. BFH-Urteil vom 13.1.2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BFH/NV 2011, 721 = SIS 11 06 14, unter II.3.b cc). Die spätere Berufung auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung in Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG für die dem Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs nachfolgenden Besteuerungszeiträume ändert nichts daran, dass für den Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs der Vorsteuerabzug bestehen bleibt (vgl. Martin, UR 2008, 34, 39).

 

 

19

b) Im Streitfall haben sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse dadurch geändert, dass sich die Klägerin während des Berichtigungszeitraums für in den Kalenderjahren 1994 bis 1998 bezogene Wirtschaftsgüter gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG - in den Streitjahren - auf die teilweise Steuerfreiheit ihrer Ausgangsumsätze gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beruft.

 

 

20

Ändern können sich i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG sämtliche „Verhältnisse, die ... für den Vorsteuerabzug maßgebend waren“ (vgl. z.B. die BFH-Urteile vom 17.6.2004 V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858 = SIS 04 33 38, unter II.1.b bb; vom 12.6.2008 V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165 = SIS 08 44 48, unter II.1.c; vom 1.12.2010 XI R 28/08, BFHE 233, 53, DStR 2011, 1126 = SIS 11 18 66, unter II.2.). Die Vorschrift erfasst somit auch den Fall, dass Verwendungsumsätze, die nach nationalem Recht steuerpflichtig sind, innerhalb des Berichtigungszeitraums aufgrund der Berufung auf das Unionsrecht als steuerfreie Umsätze zu behandeln sind.

 

 

21

Da sich die Klägerin auf die Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG beruft, sind ihre Ausgangsumsätze aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in den Streitjahren als steuerfrei zu behandeln (BFH-Urteil vom 12.5.2005 V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 = SIS 05 33 28; zum Ausschluss für bestandskräftig veranlagte Besteuerungszeiträume vgl. z.B. die BFH-Urteile vom 16.9.2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151 = SIS 10 36 65; vom 1.12.2010 XI R 39/09, BFH/NV 2011, 411 = SIS 11 04 78). Aus Aufwendungen für Eingangsleistungen, die in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsumsätzen stehen, kommt ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 UStG und Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 232, 261, BFH/NV 2011, 721 = SIS 11 06 14, unter II.1.b bb; vom 27.1.2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BFH/NV 2011, 727 = SIS 11 06 16, unter II.2.b, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH), wenn - wie im Streitfall - die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 UStG nicht vorliegen.

 

 

22

c) Im Streitfall liegt keine rechtsfehlerhafte Beurteilung des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr vor. Daher ist die Berichtigungsmöglichkeit des FA - entgegen der Auffassung der Klägerin - gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG in den Streitjahren nicht zeitlich beschränkt.

 

 

23

aa) Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durch die Klägerin und deren Rechtsvorgänger in den Abzugsjahren - den Besteuerungszeiträumen 1994 bis 1998 - war trotz der unzureichenden Umsetzung des Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG nicht „fehlerhaft“. Entspricht das nationale Recht nicht dem ihm zugrundeliegenden Unionsrecht und besteht auch keine Möglichkeit zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts, kann sich der Steuerpflichtige auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach der Richtlinie berufen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9.8.2007 V R 27/04, BFHE 217, 314 = SIS 07 31 80, unter II.3.a bb; vom 26.1.2006 V R 36/03, BFH/NV 2006, 1525 = SIS 06 31 01, unter II.3.b; vom 11.10.2007 V R 69/06, BFHE 219, 287 = SIS 08 05 57, unter II.2.b; vom 2.3.2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456 = SIS 11 19 84, unter II.3.b). Beruft sich der Unternehmer während des Berichtigungszeitraumes auf das Unionsrecht, tritt - ähnlich wie bei der Rückgängigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung gemäß § 9 UStG - eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ein.

 

 

24

Ähnlich wie bei einem Verzicht gemäß § 9 UStG ist das FA nicht befugt, Umsätze, die nach nationalem Recht steuerpflichtig und nach der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind, gegen den Willen des Steuerpflichtigen als steuerfrei mit den entsprechenden Folgen für den Vorsteuerabzug zu behandeln (BFH-Urteile in BFHE 217, 314 = SIS 07 31 80, und in BFH/NV 2006, 1525 = SIS 06 31 01). Nur der Steuerpflichtige hat - ähnlich der Ausübung eines Wahlrechts (vgl. Martin, UR 2008, 34, 38; Tehler in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 22 Rz 277) - die Möglichkeit, sich für die Anwendung des gegenüber den Regeln im nationalen Recht günstigeren Unionsrechts zu entscheiden.

 

 

25

bb) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, bis zum EuGH-Urteil Linneweber und Akritidis in Slg. 2005, I-1131, BFH/NV Beilage 2005, 94 sei nicht vorhersehbar gewesen, dass Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG unmittelbar habe Anwendung finden können und sowohl sie als auch ihre Rechtsvorgänger sich bei Kenntnis dieser Möglichkeit in den Abzugsjahren 1994 bis 1998 durchgängig auf die Steuerfreiheit der Umsätze berufen hätten, statt den im Ergebnis niedrigeren Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen. Verfahrensrechtlich gelten keine Besonderheiten für den Fall, dass der Steuerpflichtige unter Hinweis auf die günstigere unionsrechtliche Regelung die Rechtswidrigkeit der Steuerbescheide geltend macht und deshalb ist auch die Berufung auf die Steuerfreiheit bestimmter Umsätze nach der Richtlinie 77/388/EWG innerhalb der allgemeinen Fristen zumutbar (vgl. BFH-Urteile in BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151 = SIS 10 36 65, und in BFH/NV 2011, 411 = SIS 11 04 78, jeweils m.w.N.).

 

 

26

2. Die Vorsteuerberichtigung bei der Klägerin aus den Eingangsleistungen der F-GmbH und des Einzelunternehmens B ist auch insoweit zutreffend als die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin gemäß § 15a Abs. 6a UStG (in der im Jahr 1998 anzuwendenden Fassung) in die Berichtigungszeiträume für die übergegangenen Wirtschaftsgüter eingetreten ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 6.9.2007 V R 41/05, BFHE 217, 338, BStBl II 2008, 65 = SIS 07 36 04).

 

 

27

3. Das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Berichtigungsregelung in § 15a UStG in den Streitjahren und die Höhe der jeweiligen Berichtigungsbeträge für die einzelnen Streitjahre sind zwischen den Beteiligten unstreitig.