1
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I. Im Streitjahr 2002 bestand eine
Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers
und Revisionsbeklagten (Kläger) und einer GmbH, an der er zu
100 % beteiligt war. Der Kläger vermietete das
Betriebsgrundstück an die GmbH; zum 31.12.2002 hatte er in
seinem Einzelunternehmen eine kumulierte Mietforderung in Höhe
von 23.008,07 EUR aktiviert. Außerdem gewährte er der
GmbH Darlehen, die seit dem 1.1.2000 zinsfrei gestellt waren
(Darlehensstand zum 31.12.2002: 241.642,42 EUR), und bürgte
für an die Gesellschaft gewährte Bankdarlehen in
Höhe von etwa 426.000 EUR.
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Die Ertragslage der GmbH hatte sich im Jahr
2002 nachhaltig verschlechtert. Sie wies zum 31.12.2002 einen
Verlustvortrag in Höhe von 568.999 EUR aus. Am 9.7.2003
erklärte der Kläger Rangrücktritte für seine
Darlehensforderungen sowie für potentielle Regressforderungen
gegen die GmbH für den Fall seiner Inanspruchnahme aus den
Bürgschaften.
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Der Kläger nahm im Jahresabschluss
seines Einzelunternehmens zum 31.12.2002 auf die Anteile an der
GmbH eine Teilwertabschreibung in Höhe von 25.563,59 EUR auf
den Erinnerungswert von 1 EUR vor. Weiterhin schrieb er seine gegen
die GmbH bestehenden Darlehensforderungen - nicht jedoch die
Mietforderungen - in vollem Umfang ab und bildete eine
Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus den
übernommenen Bürgschaften in Höhe von 400.000
EUR.
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig,
dass die Voraussetzungen für die Vornahme der
Teilwertabschreibungen und die Bildung der Rückstellung in der
Steuerbilanz gegeben sind. Im Rahmen einer das Streitjahr
umfassenden Außenprüfung sah der Prüfer unter
Verweis auf § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in
der im Streitjahr geltenden Fassung jedoch nur Teilbeträge in
Höhe von 50 % des Aufwands aus den Teilwertabschreibungen auf
die Darlehen und der Rückstellungsbildung als abziehbar an.
Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -
FA - ) in dem angefochtenen geänderten Bescheid über die
gesonderte Feststellung des Gewinns 2002 vom 27.1.2006. Der
hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in
EFG 2010, 1112 = SIS 10 14 30 veröffentlichtem Urteil statt.
Die vom Kläger vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf seine
Darlehensforderungen und die Rückstellung für eine
Inanspruchnahme aus den übernommenen Bürgschaften seien
in voller Höhe gewinnmindernd zu berücksichtigen, da das
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG nicht eingreife. Im Ergebnis
sei der für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG
erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den in § 3 Nr.
40 EStG steuerfrei gestellten Einnahmen nicht gegeben.
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Mit seiner Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die Vorschrift des
§ 3c Abs. 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Für das
Vorliegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs i.S. des § 3c
Abs. 2 EStG genüge jede objektive kausale oder objektivierbar
finale Verknüpfung. Soweit Leistungen durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien, könnten etwaige
Aufwendungen des Gesellschafters nur anteilig abgezogen werden.
Gesellschaftlich veranlasst seien unentgeltliche oder verbilligte
Leistungen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft, da ein
fremder Dritter keine Veranlassung gehabt hätte, der
Kapitalgesellschaft die Leistung unentgeltlich oder verbilligt zu
gewähren.
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Erfolge eine Darlehensgewährung zu
fremdüblichen Konditionen, stehe das Darlehen mit
vollumfänglich steuerpflichtigen Zinserträgen in
Zusammenhang, so dass der Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2
EStG nicht eröffnet sei. Erfolge die Darlehensgewährung
hingegen unentgeltlich oder teilentgeltlich, d.h. zu nicht
fremdüblichen Konditionen, stehe das Darlehen mit nach §
3 Nr. 40 EStG steuerbefreiten Beteiligungserträgen in einem
wirtschaftlichen Zusammenhang.
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Da die Darlehen des Klägers ab dem
1.1.2000 zinsfrei gewährt worden seien und eine Stellung von
Sicherheiten nicht erkennbar sei, sei von einer nicht
fremdüblichen Darlehensgewährung auszugehen. Gegen eine
Fremdüblichkeit spreche auch die Erklärung des
Rangrücktritts.
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Im Übrigen sei die Bezugnahme auf das
Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.1.2009 I R 52/08 (BFHE
224, 132, BStBl II 2009, 674 = SIS 09 09 87) abzulehnen, da dieses
ausschließlich zum Bereich der Körperschaftsteuer
ergangen sei und keine Auswirkungen auf die Anwendung des § 3c
Abs. 2 EStG habe.
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Dies gelte entsprechend für die
Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus den
übernommenen Bürgschaften. Auch hier sei ein
wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. des § 3c Abs. 2 EStG der
Bürgschaften mit Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG
gegeben.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das dem Revisionsverfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keinen Antrag
gestellt.
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In der Sache nimmt es Bezug auf das
BMF-Schreiben vom 8.11.2010 (BStBl I 2010, 1292 = SIS 10 35 37,
unter Nr. 2), dem die im Ertragssteuerrecht anzuwendende
wirtschaftliche Betrachtungsweise zu Grunde liege. Insbesondere sei
zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BFH in
Fällen der Betriebsaufspaltung Besitzunternehmen und
Betriebskapitalgesellschaft aufgrund der personellen und sachlichen
Verflechtung in funktionaler Hinsicht eine Einheit bildeten. Gerade
in dem vorliegenden Betriebsaufspaltungsfall könne es bei der
gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung keinem ernsthaften Zweifel
unterliegen, dass der Besitzunternehmer die gewährten Darlehen
nur deshalb in nicht fremdüblicher Weise zinsfrei gestellt
habe, um von dem erhöhten Gewinn der GmbH zu profitieren, und
zwar entweder durch anteilig steuerfreie Gewinnausschüttungen
nach § 3 Nr. 40 EStG oder - bei Thesaurierung der Gewinne -
durch Erhöhung der stillen Reserven. Dieser Umstand der
gesellschaftlich veranlassten Darlehensgewährung könne
nicht „ausgeblendet“ werden.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Recht hat das FG das
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf die im Streitjahr
vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen
gegenüber der GmbH sowie auf den Aufwand für die Bildung
der Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus den
übernommenen Bürgschaften nicht angewendet.
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1. Die Voraussetzungen für die
vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen
sowie für die Bildung der Rückstellung waren - insoweit
unstreitig zwischen den Beteiligten - dem Grunde nach gegeben.
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a) Die Darlehensforderungen waren
gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, § 5 Abs. 1 EStG
i.V.m. § 253 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH zu
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen in
Betriebsaufspaltungsfällen auf den Teilwert von Null
abzuschreiben.
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
kann in Fällen der Betriebsaufspaltung eine Forderung des
Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft nur nach
denselben Kriterien abgeschrieben werden, die für die
Teilwertabschreibung der Beteiligung am Betriebsunternehmen durch
das Besitzunternehmen bestehen, wofür eine Gesamtbetrachtung
der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen notwendig
ist (z.B. BFH-Urteile vom 10.11.2005 IV R 13/04, BFHE 211, 294,
BStBl II 2006, 618 = SIS 06 06 74, und vom 14.10.2009 X R 45/06,
BFHE 227, 50, BStBl II 2010, 274 = SIS 10 02 10, m.w.N.). Diese
Voraussetzungen lagen nach den bindenden Feststellungen des FG,
denen insoweit keine revisionsrechtlichen Bedenken begegnen,
vor.
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Diese Rechtsprechungsgrundsätze tragen
dem Gesichtspunkt Rechnung, dass Besitzunternehmen und
Betriebsgesellschaft aufgrund der personellen und sachlichen
Verflechtung in funktionaler Hinsicht eine Einheit bilden und
statuieren damit die zu erfüllenden Voraussetzungen für
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen in
Betriebsaufspaltungsfällen dem Grunde nach. Demgegenüber
bezieht sich die noch zu erörternde Anwendbarkeit des
Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf die Frage, in
welchem Umfang eine - dem Grunde nach zulässige -
Teilwertabschreibung auf Gesellschafterdarlehen steuerlich zu
berücksichtigen ist (vgl. im Übrigen BMF-Schreiben in
BStBl I 2010, 1292 = SIS 10 35 37, dessen Ausführungen zu
Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen unter Nr. 2 sich
allgemein auf Gesellschafterdarlehen beziehen).
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b) Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen,
dass die Verpflichtung aus den übernommenen Bürgschaften
gemäß § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 HGB als
Rückstellung zu passivieren war.
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aa) Die Voraussetzungen für die Bildung
der Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus den
vom Kläger übernommenen Bürgschaften lagen -
insofern unstreitig zwischen den Beteiligten - dem Grunde nach
vor.
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Eine Bürgschaftsverpflichtung ist als
Rückstellung zu passivieren, wenn eine Inanspruchnahme des
Bürgen droht (vgl. BFH-Urteile vom 24.7.1990 VIII R 226/84,
BFH/NV 1991, 588, und vom 15.10.1998 IV R 8/98, BFHE 187, 201,
BStBl II 1999, 333 = SIS 99 05 22). Da allein die Anwendbarkeit des
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf den Aufwand aus der
Rückstellungsbildung zwischen den Beteiligten streitig ist,
kann offenbleiben, ob die Rückgriffsforderung gegen den
Hauptschuldner (nach § 774 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs) zu aktivieren und wegen Wertminderung abzuschreiben
oder - im Falle einer rechtlich und wirtschaftlich noch nicht
entstandenen Rückgriffsforderung - bei der Bemessung der
Rückstellung betragsmindernd zu berücksichtigen war (vgl.
BFH-Urteile vom 17.2.1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993,
437 = SIS 93 12 18, m.w.N.; vom 8.2.1995 I R 72/94, BFHE 176, 575,
BStBl II 1995, 412 = SIS 95 12 14; vom 4.2.1999 IV R 54/97, BFHE
187, 418, BStBl II 2000, 139 = SIS 99 09 18, und vom 11.12.2001
VIII R 58/98, BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420 = SIS 02 05 28).
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23
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bb) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen,
dass der Bildung der Rückstellung § 5 Abs. 4a EStG nicht
entgegenstand, nach dem in Steuerbilanzen Rückstellungen
für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht
gebildet werden dürfen. Rückstellungen für Risiken
aus einseitig verpflichtenden Verträgen - wie die
Bürgschaftsverpflichtungen des Klägers - werden nach
ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschlüsse vom
11.4.2003 IV B 176/02, BFH/NV 2003, 919 = SIS 03 32 86, und vom
22.8.2006 X B 30/06, BFH/NV 2006, 2253 = SIS 06 44 76; ebenso
Oberfinanzdirektion München, Verfügung vom 12.4.2002,
DStR 2002, 1303 f.) von § 5 Abs. 4a EStG nicht erfasst, da es
insoweit an einem schwebenden Geschäft fehlt (vgl. Beschluss
des Großen Senats des BFH vom 23.6.1997 GrS 2/93, BFHE 183,
199, BStBl II 1997, 735 = SIS 97 19 27).
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cc) Im Übrigen ergeben sich aus den
Rangrücktrittserklärungen des Klägers für seine
Darlehensforderungen sowie für Rückgriffsforderungen aus
den übernommenen Bürgschaften schon aufgrund des
Stichtagsprinzips (§ 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 242 Abs. 1
Satz 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) keine steuerlichen Folgen
für den grundsätzlichen Ausweis im Streitjahr, da sie
erst am 9.7.2003 ausgesprochen worden sind.
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2. Zu Recht hat das FG entschieden, dass -
entgegen der Auffassung des FA - das Abzugsverbot des § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG auf die im Streitjahr vorgenommenen
Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen gegenüber
der GmbH keine Anwendung findet.
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a) Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG
dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben,
Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den
§ 3 Nr. 40 EStG zu Grunde liegenden
Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem
Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem
Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder
Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur
Hälfte abgezogen werden.
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b) Maßgebend für die Auslegung des
Begriffs des wirtschaftlichen Zusammenhangs i.S. des § 3c Abs.
2 Satz 1 EStG ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende
objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem
Wortlaut der Norm und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie
hineingestellt ist (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts -
BVerfG - vom 17.5.1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, unter
B.I.1.; BFH-Urteil vom 14.5.1974 VIII R 95/72, BFHE 112, 546, BStBl
II 1974, 572 = SIS 74 03 25, unter B.I.1.a, m.w.N.). Im Rahmen des
möglichen Wortsinns hat die Auslegung den
Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der
Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten (vgl. BFH-Urteil in BFHE
112, 546, BStBl II 1974, 572 = SIS 74 03 25, unter B.I.1.a;
BFH-Beschluss vom 4.12.2006 GrS 1/05, BFHE 216, 168, BStBl II 2007,
508 = SIS 07 13 20, unter C.II.2.c bb). Ergänzend kommt der
Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung
Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteil vom 7.5.1987 IV R 150/84, BFHE 150,
130, BStBl II 1987, 670 = SIS 87 18 15, unter 1.a).
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28
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aa) Aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz
1 EStG ergibt sich, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht
erforderlich ist und - im Gegensatz zu § 3c Abs. 1 EStG - auch
ein nur mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang für das
Eingreifen des Abzugsverbots ausreicht (ebenso Schmidt/Heinicke,
EStG, 31. Aufl., § 3c Rz 37; v. Beckerath, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3c Rz C 4 ff.; Otto,
Die Besteuerung von gewinnausschüttenden Körperschaften
und Anteilseignern nach dem Halbeinkünfteverfahren, Diss.
2006, S. 453 ff.; zwischen Veranlassungszusammenhang und
wirtschaftlichem Zusammenhang differenzierend Desens in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 3c EStG Rz 55).
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29
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bb) Nach dem Normzweck des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG sollen alle Ausgaben, die mit nach § 3 Nr. 40 EStG
nur hälftig besteuerten Einnahmen in Zusammenhang stehen,
ebenfalls nur hälftig steuerlich berücksichtigt werden,
um eine inkongruente Begünstigung auszuschließen.
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Der IX. Senat des BFH hat in seiner
Entscheidung vom 27.10.2005 IX R 15/05 (BFHE 211, 273, BStBl II
2006, 171 = SIS 06 01 82) zu privaten
Veräußerungsgeschäften i.S. der §§ 22 Nr.
2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darauf abgestellt, dass dem
einkommensteuerrechtlich nur zur Hälfte berücksichtigten
Veräußerungspreis auch nur die Hälfte der
korrespondierenden Anschaffungskosten gegenübergestellt werden
könne. In seinen Entscheidungen zur Frage der Anwendbarkeit
des Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 EStG im Zusammenhang mit
Einkünften aus § 17 Abs. 1 und 4 EStG (vom 25.6.2009 IX R
42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220 = SIS 09 28 49; vom
14.7.2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399 = SIS 10 05 72, und vom
18.3.2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627 = SIS 10 06 55) hat der IX. Senat auch auf den Zweck des Abzugsverbots
abgestellt, eine inkongruente Begünstigung
auszuschließen: Bei steuerbefreiten Einnahmen solle kein
doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug
von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen
erzielt werden.
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31
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Der erkennende Senat teilt die Auffassung des
IX. Senats des BFH zum Normzweck des Abzugsverbots des § 3c
Abs. 2 EStG. Da dem Halbeinkünfteverfahren die
grundsätzliche gesetzgeberische Entscheidung zu Grunde liegt,
den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer
Körperschaft wie eine Gewinnausschüttung zu besteuern,
weil „die Veräußerung einer Beteiligung einer
Totalausschüttung wirtschaftlich gleichkommt“ (so
ausdrücklich die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes
zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der
Unternehmensbesteuerung/Steuersenkungsgesetz - StSenkG -, BTDrucks
14/2683, S. 96), greift der in den Entscheidungen des IX. Senats
dargestellte Normzweck des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht nur
in Bezug auf substanzverwertende Veräußerungsfälle
i.S. von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c und j EStG, sondern
auch für den Bereich der laufenden Einnahmen i.S. von § 3
Nr. 40 Satz 1 Buchst. d bis i EStG.
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cc) Der Entstehungsgeschichte des
Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG lassen sich keine
eindeutigen Aussagen zur Auslegung des Begriffs des
wirtschaftlichen Zusammenhangs entnehmen. In der Begründung
des Entwurfs des StSenkG wird zu § 3c Abs. 2 EStG im
Wesentlichen nur der Wortlaut der Vorschrift wiedergegeben (vgl.
BTDrucks 14/2683, S. 113).
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dd) Auch der Umstand, dass im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2008 - JStG 2008 -
(BGBl I 2007, 3150) die Initiative des Bundesrats (BRDrucks 544/07
- Beschluss -, S. 10) nicht aufgegriffen worden ist, in § 3c
Abs. 2 Satz 2 EStG eine entsprechende Anwendung von § 8b Abs.
3 Sätze 4 bis 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG)
festzuschreiben, ist für die Auslegung des Abzugsverbots des
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ergiebig. Den
Gesetzesmaterialien kann nicht entnommen werden, warum § 3c
Abs. 2 EStG insoweit nicht ergänzt worden ist; außerdem
ließen sich insoweit lediglich Rückschlüsse auf das
gesetzgeberische Verständnis der Vorschrift im Jahr 2007
herleiten.
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34
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Im Schrifttum wird teilweise vertreten, die
Einfügung eines entsprechenden Verweises sei nicht
erforderlich gewesen, da sich die Anwendung des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG bereits aus dem Veranlassungszusammenhang ergebe
(Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, Kommentar zum
KStG und EStG, § 3c EStG, Rz 55; Neumann in
Neumann/Watermeyer, Die Unternehmensbesteuerung - Ubg - 2008, 748,
760). Nach anderer Auffassung spreche dieser Umstand im
Umkehrschluss dafür, dass im betrieblichen Bereich
außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8b KStG
Gewinnminderungen aufgrund von Teilwertabschreibungen auf
Darlehensforderungen weiterhin steuerlich voll abzugsfähig
seien (in diesem Sinne: Forst/Schaaf/Küpper, Der
Ertrag-Steuer-Berater 2009, 442, 443; Fuhrmann/Strahl, DStR 2008,
125; Watermeyer in Neumann/Watermeyer, Ubg 2008, 748, 758). Durch
die Nichtaufnahme der entsprechenden Anwendung von § 8b Abs. 3
Sätze 4 bis 8 KStG in § 3c Abs. 2 EStG wäre - bei
unterstellter Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen - insbesondere
das einschränkende Erfordernis einer qualifizierten
Beteiligung mit mehr als 25 % am Grund- oder Stammkapital der
Gesellschaft gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nicht
übertragbar, so dass nicht qualifiziert beteiligte
Gesellschafter - je nach Regelungsbereich - unterschiedlich
behandelt würden (vgl. Watermeyer in Neumann/ Watermeyer, Ubg
2008, 748, 760).
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35
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c) Nach Auffassung des Senats ist für die
Frage der Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen im Ausgangspunkt
entscheidend, dass Darlehensforderungen selbständige
Wirtschaftsgüter sind, welche von der Beteiligung als solcher
zu unterscheiden sind (BFH-Urteile vom 20.4.2005 X R 2/03, BFHE
210, 29, BStBl II 2005, 694 = SIS 05 36 32, und vom 14.1.2009 I R
52/08, BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674 = SIS 09 09 87, zu §
8b Abs. 3 KStG in der Fassung vor dessen Ergänzung durch das
JStG 2008; so auch im Ansatz BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292 =
SIS 10 35 37, Nr. 2).
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36
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Dies gilt auch für sog.
eigenkapitalersetzende Darlehen, die - unbeschadet ihrer
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis -
eigenständige Schuldverhältnisse und damit von der
Beteiligung zu unterscheidende Wirtschaftsgüter darstellen
(BFH-Urteil in BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674 = SIS 09 09 87;
vgl. auch Senatsurteil in BFHE 210, 29, BStBl II 2005, 694 = SIS 05 36 32).
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37
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Dem steht nicht entgegen, dass bei
Beteiligungen im Privatvermögen i.S. des § 17 EStG
Wertminderungen eigenkapitalersetzender Darlehen zu
nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung
führen können, die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur
hälftig zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteile vom
27.10.1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340 = SIS 93 07 20; vom 24.4.1997 VIII R 23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999,
342 = SIS 97 23 43, und vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480,
BStBl II 1999, 348 = SIS 99 07 23, jeweils m.w.N.). Nach der
Rechtsprechung des BFH darf dieser im Wege der extensiven Auslegung
des § 17 EStG gewonnene und am spezifischen Normzweck
orientierte erweiterte Anschaffungskostenbegriff nicht dahingehend
verallgemeinert werden, dass er auch außerhalb des
Anwendungsbereichs des § 17 EStG zur Geltung kommt (z.B.
BFH-Urteile vom 18.12.2001 VIII R 27/00, BFHE 197, 483, BStBl II
2002, 733 = SIS 02 05 27, und in BFHE 210, 29, BStBl II 2005, 694 =
SIS 05 36 32). Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 17
EStG - insbesondere in dem hier einschlägigen betrieblichen
Bereich - verbleibt es vielmehr bei dem allgemeinen
Anschaffungskostenbegriff (BFH-Urteil in BFHE 197, 483, BStBl II
2002, 733 = SIS 02 05 27).
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38
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d) Wertminderungen (Substanzverluste) eines
(eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterdarlehens, wie sie durch
Teilwertabschreibungen abgebildet werden, unterliegen -
unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der
Darlehensüberlassung und einer etwaigen gesellschaftlichen
Veranlassung - mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach
§ 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten
Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs.
2 Satz 1 EStG.
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aa) Wegen der Selbständigkeit von
Darlehensforderung und Beteiligung sind Wertminderungen getrennt
nach den für das jeweilige Wirtschaftsgut zur Anwendung
kommenden Vorschriften zu beurteilen (ebenso z.B. Eberhard, DStR
2009, 2226, 2228).
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bb) Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit nach
§ 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreiten
Beteiligungserträgen ergibt sich nicht im Hinblick darauf,
dass die Darlehen seit dem 1.1.2000 zinsfrei gestellt waren.
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(1) Wird ein Darlehen durch einen
Gesellschafter an seine Gesellschaft zu Konditionen
überlassen, die einem Fremdvergleich standhalten, ist davon
auszugehen, dass voll steuerpflichtige Zinserträge
erwirtschaftet werden sollen. Insoweit ist die
Darlehensgewährung nicht durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Eine Teilwertabschreibung
des Gesellschafters auf die Darlehensforderung ist dann
vollumfänglich abziehbar; mangels eines wirtschaftlichen
Zusammenhangs mit hälftig steuerbefreiten Einnahmen nach
§ 3 Nr. 40 EStG greift das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG nicht ein (ebenso HHR/Desens, § 3c EStG Rz 61;
Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 3c
EStG, Rz 55; BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292 = SIS 10 35 37,
Nr. 2).
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(2) Mit dem FA und dem BMF vertreten Teile des
Schrifttums die Auffassung, dass bei zinsloser Überlassung von
Gesellschafterdarlehen die Erzielung zukünftiger
Beteiligungserträge angestrebt werde, so dass damit im
wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Aufwendungen vom
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst seien
(HHR/Desens, § 3c EStG Rz 62; Dötsch/Pung in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 3c EStG, Rz 59, 55;
Herrmann in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 3c Rz 46). Am
erforderlichen Zusammenhang i.S. des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG
fehle es jedoch, wenn der Verzicht auf Zinsen für die
Darlehensgewährung dadurch motiviert sei, nach Beendigung der
Krise wieder voll steuerpflichtige Zinseinnahmen zu erzielen, also
der Zinsverzicht einem Fremdvergleich standhalte und damit nicht
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei (ebenso
Forst, Ubg 2010, 194, 197; Dötsch/Pung in
Dötsch/Jost/Pung/ Witt, a.a.O., § 3c EStG, Rz 55).
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Diese Auffassung beruft sich im Wesentlichen
auf die Rechtsprechung des BFH zur unentgeltlichen
Nutzungsüberlassung, die auf die Entscheidung des Großen
Senats vom 26.10.1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 =
SIS 88 06 13) zurückgeht. Der Große Senat hat in seinem
Beschluss in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 = SIS 88 06 13
entschieden, dass der von einem Gesellschafter einer
Kapitalgesellschaft gewährte Vorteil, ein Darlehen zinslos
nutzen zu können, steuerrechtlich kein einlagefähiges
Wirtschaftsgut sei. Der BFH hat in mehreren Folgeentscheidungen zur
Frage der Einkünfteerzielungsabsicht bzw. zur Abgrenzung
zwischen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten und privat
veranlasstem Aufwand betont, dass sich Betriebsausgaben bzw.
Werbungskosten für einen Gesellschafter bei
Nutzungsüberlassungen an seine Gesellschaft trotz der
Unentgeltlichkeit ergeben könnten. Dies beruhe auf der
Überlegung, dass der von dem Gesellschafter gewährte
Nutzungsvorteil in der Regel den Gewinn der Kapitalgesellschaft
erhöhe, an dem der Gesellschafter nach Maßgabe der
Gewinnausschüttung teilnehmen und - je nach Zuordnung zum
Betriebs- oder Privatvermögen - entsprechende betriebliche
oder private Beteiligungserträge erzielen könne (vgl.
Urteile vom 24.5.1989 I R 45/85, BFH/NV 1989, 697; vom 28.3.2000
VIII R 68/96, BFHE 191, 505 = SIS 00 10 39; vom 25.7.2000 VIII R
35/99, BFHE 193, 264, BStBl II 2001, 698 = SIS 01 02 27, und vom
2.5.2001 VIII R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668 = SIS 01 10 67).
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(3) Der erkennende Senat kann offenlassen, ob
das Zinslosstellen des Darlehens ab dem 1.1.2000 gesellschaftlich
veranlasst war. Auch kann offenbleiben, ob bzw. inwieweit § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG in den Fällen der unentgeltlichen
Gewährung von Nutzungsvorteilen anwendbar ist. Entscheidend
ist nämlich, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den in
§ 3 Nr. 40 EStG genannten Einnahmen jedenfalls bei
Substanzverlusten von Darlehensforderungen, wie sie im Wege der
Teilwertabschreibung abgebildet werden, nicht gegeben ist.
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(a) Das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz
1 EStG erstreckt sich - aufgrund der Selbständigkeit von
Darlehensforderung und Beteiligung als Wirtschaftsgüter -
nicht auf substanzbezogene Wertminderungen oder Verluste von
Gesellschafterdarlehen (ebenso: Herrmann in Frotscher, a.a.O.,
§ 3c Rz 46; Förster, GmbHR 2011, 393, 400; ders., Die
Steuerberatung - Stbg - 2010, 199, 207; Watermeyer in Neumann/
Watermeyer, Ubg 2008, 748, 759 f.; vgl. Ott, Steuern und Bilanzen -
StuB - 2011, 178, 183; vgl. Eberhard, DStR 2009, 2226, 2227 ff.;
a.A. hingegen Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/ Witt,
a.a.O., § 3c EStG, Rz 55; BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292
= SIS 10 35 37, Nr. 2).
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§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG bezieht sich auf
§ 3 Nr. 40 EStG. Die Vorschriften des § 3 Nr. 40 Satz 1
Buchst. a bis c und j EStG, die insbesondere Einnahmen aus der
Verwertung der Substanz des Kapitalanteils betreffen,
verknüpfen das Halbeinkünfteverfahren ausweislich ihres
Wortlauts nur mit dem Kapitalanteil als solchem. Substanzgewinne
aus einer Wertsteigerung oder Veräußerung einer
Darlehensforderung sind von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c
und j EStG nicht erfasst und damit voll steuerpflichtig. Umgekehrt
kann das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht
substanzbezogene Wertminderungen oder Verluste von
Darlehensforderungen erfassen (ebenso Gosch, Festschrift Herzig,
Unternehmensbesteuerung, 2010, 63, 79; Förster, GmbHR 2011,
393, 400; ders., Stbg 2010, 199, 207; Eberhard, DStR 2009, 2226,
2228; Watermeyer in Neumann/ Watermeyer, Ubg 2008, 748, 759; im
Ergebnis a.A. HHR/Desens, § 3c EStG Rz 62).
Gleichermaßen scheidet ein wirtschaftlicher Zusammenhang von
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen mit den in §
3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d bis i EStG bezeichneten laufenden
Einnahmen aus. Jedenfalls bei substanzbezogenen Wertminderungen
oder Verlusten der Darlehensforderung ist nicht erkennbar, dass
damit zukünftige Beteiligungserträge angestrebt werden
(ebenso Förster, GmbHR 2011, 393, 400; Eberhard, DStR 2009,
2226, 2228).
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(b) Für die Verneinung des
wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Beteiligungserträgen bei
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen spricht
außerdem, dass eine spätere Wertaufholung nach
vorgenommener Teilwertabschreibung in voller Höhe
steuerpflichtig wäre, da die Anwendung des
Halbeinkünfteverfahrens für einen solchen Fall nicht
vorgesehen ist. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG ist nicht
anwendbar, da dort die Wertaufholung nur in Bezug auf den Anteil
und nicht im Hinblick auf die Darlehensforderung geregelt ist
(ebenso Watermeyer in Neumann/Watermeyer, Ubg 2008, 748, 760;
Förster, GmbHR 2011, 393, 400; ders., Stbg 2010, 199,
207).
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Insbesondere die Finanzverwaltung
befürwortet insoweit eine „umgekehrte“
Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, d.h. der spätere
Gewinn aus der Wertaufholung soll nur hälftig steuerpflichtig
sein (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292 = SIS 10 35 37, Nr. 4;
Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 3c
EStG, Rz 56).
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Dieser Schritt ist nach Auffassung des
entscheidenden Senats unzulässig; der Wortlaut bleibt nicht
hinter dem vom Gesetzgeber verfolgten Normzweck zurück. Nach
ständiger Rechtsprechung des BVerfG und der Fachgerichte (vgl.
Nachweise bei Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 355) und nach der ganz
herrschenden Lehre sind die Gerichte zur (ergänzenden)
Rechtsfortbildung berechtigt und verpflichtet. Führt die
wortgetreue Auslegung des Gesetzes ausnahmsweise zu einem
sinnwidrigen Ergebnis, besteht also eine Divergenz zwischen dem
Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck, sind die Gerichte nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl.
Nachweise bei Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz
380) sogar zu einer (gesetzeswortlaut-) abändernden
Rechtsfortbildung berufen. Als Instrumente werden hierbei die
teleologische Reduktion und die - im Streitfall allenfalls -
einschlägige Extension verwendet. Eine teleologische Extension
zielt darauf ab, den zu engen Wortlaut eines Gesetzes auf dessen
weitergehenden Zweck auszudehnen (vgl. Nachweise bei Drüen in
Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz 382). Allerdings ist sie nicht
bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene
Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss
die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen
Ergebnis (BFH-Urteil vom 26.6.2007 IV R 9/05, BFHE 219, 173, BStBl
II 2007, 893 = SIS 07 31 78), zu einem der wirtschaftlichen
Vernunft widersprechenden Ergebnis (BFH-Urteil vom 12.8.1997 VII R
107/96, BFHE 184, 198, BStBl II 1998, 131 = SIS 98 03 77) oder zu
einem so unsinnigen Ergebnis führen, dass es vom Gesetzgeber
nicht gewollt sein kann (BFH-Urteil vom 17.1.1995 IX R 37/91, BFHE
177, 58, BStBl II 1995, 410 = SIS 95 10 06).
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Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs
besteht keine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und
Gesetzeszweck. Erst die Einbeziehung von Teilwertabschreibungen auf
Gesellschafterdarlehen in den Anwendungsbereich des § 3c Abs.
2 Satz 1 EStG würde zu dem Wertungswiderspruch führen,
der eine „umgekehrte“ Anwendung dieser
Vorschrift notwendig erscheinen ließe. Unterwirft man dagegen
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen nicht dem
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, stehen
Gesetzeswortlaut und Normzweck in Einklang. Auf das Vorbringen des
BMF, die „umgekehrte“ Anwendung des § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG sei keine unzulässige Analogie, da sie
für den Steuerpflichtigen günstig sei, kommt es insoweit
nicht an.
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cc) Damit begründet der
eigenkapitalersetzende Charakter des Darlehens - auch im
Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG - allenfalls
einen Zusammenhang zwischen Darlehen und Beteiligung, nicht jedoch
zwischen der substanzbezogenen Wertminderung des Darlehens, wie bei
einer Teilwertabschreibung, und nach § 3 Nr. 40 EStG
hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674 = SIS 09 09 87, zu
§ 8b Abs. 3 KStG 2002 in der Fassung vor dessen Ergänzung
durch das JStG 2008; im Ergebnis ebenso: Schmidt/Kulosa, a.a.O.,
§ 6 Rz 307; Bitz in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 15 Rz 385; Herrmann in
Frotscher, a.a.O., § 3c Rz 47; Gosch, a.a.O, 63, 78 f.;
Förster, GmbHR 2011, 393, 400; ders., Stbg 2010, 199, 206;
Forst, Ubg 2010, 194, 196; Ott, StuB 2011, 178, 183; ders., StuB
2010, 540, 541 ff.; Eberhard, DStR 2009, 2226, 2227 ff.; a.A.
BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292 = SIS 10 35 37, Nr. 2;
Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, a.a.O., § 3c
EStG, Rz 55, 59; wohl auch Schmidt/ Wacker, a.a.O., § 15 Rz
869).
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dd) Der Verneinung des wirtschaftlichen
Zusammenhangs zwischen Teilwertabschreibungen auf
Gesellschafterdarlehen und nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise
steuerbefreiten Beteiligungserträgen steht auch nicht die
finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG in Fällen der unentgeltlichen
Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen im Rahmen einer
Betriebsaufspaltung entgegen.
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(1) Der BFH hat diese Frage bislang noch nicht
entschieden.
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In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird
teilweise vertreten, dass - während der Zeit der entgeltlichen
Überlassung des Grundstücks im Rahmen einer Verpachtung -
die Grundstücksaufwendungen in Zusammenhang mit den erzielten
Pachtzinsen stünden. Mit dem durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlassten Übergang in die
unentgeltliche Überlassung durch Verzicht auf zukünftige
Pachtzahlungen ändere sich diese Veranlassung, so dass ab
diesem Zeitpunkt die Aufwendungen für das verpachtete
Grundstück nicht mehr mit etwaigen Pachtzinsen in einem
Zusammenhang stünden, sondern mit zukünftigen
Gewinnausschüttungen und Betriebsvermögensmehrungen aus
der Veräußerung oder Entnahme der Anteile an der GmbH,
die gemäß § 3 Nr. 40 EStG dem
Halbeinkünfteverfahren unterlägen. Damit dürften die
mit der Nutzungsüberlassung zusammenhängenden
Betriebsausgaben nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur noch zur
Hälfte berücksichtigt werden (so ausdrücklich das FG
Bremen in seinem Urteil vom 27.4.2006 1 K 204/05 (6), EFG 2006,
1234 = SIS 06 32 18, rkr.; im Ergebnis ebenso: FG
Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2006 6 K 202/06, EFG 2007,
568 = SIS 07 08 67, rkr.; FG Münster, Urteil vom 23.3.2011 7 K
2793/07 E, EFG 2011, 1135 = SIS 11 17 17, Rev. X R 17/11; a.A.
hingegen FG Düsseldorf, Beschluss vom 19.4.2006 15 V 346/06 A
(F), nicht veröffentlicht, juris = SIS 08 30 93, rkr.; FG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.9.2009 2 K 1486/08, EFG 2011, 861 =
SIS 11 09 92, Rev. IV R 4/11).
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In der Literatur wird vertreten, dass die
dargestellte Argumentation auf Fälle der
Darlehensgewährung übertragbar sei (Dötsch/Pung in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 3c EStG, Rz 55, 59).
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(2) Der Senat kann offenlassen, ob und
inwieweit das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf
Aufwendungen im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen
Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen anzuwenden ist.
Jedenfalls ist die dargestellte Rechtsauffassung eines Teils der
Instanzrechtsprechung aus den bereits angeführten Gründen
nicht auf Substanzverluste von Gesellschafterdarlehen, wie bei
Teilwertabschreibungen, übertragbar.
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3. Das FG hat es ebenso zu Recht verneint, die
im Streitjahr eingestellte Rückstellung für die drohende
Inanspruchnahme aus den übernommenen Bürgschaften dem
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu unterwerfen, da es
auch insoweit an dem notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang
fehlt.
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Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten,
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sei auf Teilwertabschreibungen auf
Rückgriffsforderungen aus übernommenen Bürgschaften
anwendbar, wenn die Bürgschaft durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei, insbesondere zu nicht
fremdüblichen Konditionen übernommen worden sei
(BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292 = SIS 10 35 37, Nr. 6;
Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 3c
EStG, Rz 57, 55).
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Jedoch liegen sowohl der Bürgschaft -
selbst, wenn sie eigenkapitalersetzenden Charakter hätte - als
auch der Rückgriffsforderung aus einer
Bürgschaftsinanspruchnahme eigenständige
Schuldverhältnisse zu Grunde, die unbeschadet ihrer etwaigen
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis von der
Beteiligung als solcher zu unterscheiden sind. Jedenfalls eine
substanzbezogene Wertminderung einer solchen
Rückgriffsforderung unterliegt daher - unabhängig von der
Frage der Fremdüblichkeit der Bürgschaftsbedingungen -
mangels eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr.
40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen
nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (vgl. oben
2.d bb (3); ebenso Hoffmann, Anmerkung zum BFH-Urteil vom
18.12.2001 VIII R 27/00, GmbHR 2002, 331, 334 f. = SIS 02 05 27).
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Gleiches gilt für den Aufwand aus der
Rückstellungsbildung, da dieser nicht anders behandelt werden
kann als die Teilwertabschreibung auf eine zu aktivierende
Rückgriffsforderung.
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