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Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags: Die Erhebung des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer für 2007 ist verfassungsgemäß. - Urt.; BFH 21.7.2011, II R 52/10; SIS 11 25 93

Kapitel:
Verschiedenes > Solidaritätszuschlag
Fundstellen
  1. BFH 21.07.2011, II R 52/10
    BStBl 2012 II S. 43
    NJW 2011 S. 3264
    LEXinform 0927900

    Anmerkungen:
    M.B. in NWB 31/2011 S. 2593
    jh in StuB 16/2011 S. 636
    -/- in NWB 33/2011 S. 2763
    Ch.M.H. in HFR 9/2011 S. 1011
    H.J.K. in FR 19/2011 S. 901
    M.B. in NWB 41/2011 S. 3474
    KAM in Stbg 2/2012 S. M 17
Normen
[SolZG] § 1 ff.
[GG] Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 105 Abs. 2, Art. 106 Abs. 1 Nr. 6, Art. 106 Abs. 3
[EStG 2007] § 35
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 14.01.2010, SIS 10 14 48, Solidaritätszuschlag, Verfassungsmäßigkeit
  • vor: FG Köln, 14.01.2010, SIS 10 14 48, Solidaritätszuschlag, Verfassungsmäßigkeit
  • nach: 2 BvR 2121/11 (BVerfG), Solidaritätszuschlag, Ergänzungsabgabe, Befristung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BVerfG 7.6.2023, SIS 23 11 33, Verfassungsrechtliche Prüfung, ob das Solidaritätszuschlaggesetz vom 23.6.1993 in der für das Streitjahr ...
  • BFH 17.1.2023, SIS 23 01 68, Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags: 1. Der Solidaritätszuschlag war in den Jahren 2020 und 20...
  • FG Baden-Württemberg 16.5.2022, SIS 22 11 11, Erhebung des Solidaritätszuschlags im Jahr 2020 bzw. ab 2021 weiter verfassungsrechtlich zulässig: 1. Das...
  • FG Nürnberg 16.9.2020, SIS 20 15 95, Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschafts...
  • FG Nürnberg 29.7.2020, SIS 20 14 02, Keine Verfassungswidrigkeit der Erhebung des Solidaritätszuschlages für die Veranlagungszeiträume 2020 un...
  • BFH 14.11.2018, SIS 18 22 35, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer: Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Bemess...
  • BFH 14.11.2018, SIS 19 20 50, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer: Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Bemess...
  • BFH 3.5.2017, SIS 17 11 92, Verzinsung von hinterzogenem Solidaritätszuschlag, zur Übertragung eines Rechtsstreits auf einen Einzelri...
  • FG Berlin-Brandenburg 25.11.2016, SIS 17 13 05, Verzinsung nach § 235 AO von hinterzogenem Solidaritätszuschlag als "Steuer" nicht verfassungswidrig: 1. ...
  • BFH 15.6.2016, SIS 16 13 91, Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags: 1. Die Vollziehung eines B...
  • FG Baden-Württemberg 26.6.2014, SIS 16 06 24, Verfassungsmäßigkeit des § 35 EStG in der ab 2008 geltenden Fassung, Verfassungsmäßigkeit der Berechnung ...
  • Niedersächsisches FG 21.8.2013, SIS 14 14 67, Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlages 1995, Aussetzung und Vorlagebeschluss an das Bundesverfa...
Fachaufsätze
  • LIT 02 25 17 M. Balke, NWB 41/2011 S. 3474: Mehrfache Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags - Mit kritischen Anmerkungen zur aktuellen höch...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte im Bescheid vom 20.1.2009 gegenüber der Klägerin den Solidaritätszuschlag für 2007 ausgehend von der als Bemessungsgrundlage maßgebenden Körperschaftsteuer auf ... EUR fest.

 

 

2

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, die Erhebung des Solidaritätszuschlags sei verfassungswidrig, blieben ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2010, 1063 = SIS 10 14 48 veröffentlicht.

 

 

3

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2 und 3, Art. 105 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes (GG). Der als Ergänzungsabgabe erhobene Solidaritätszuschlag habe spätestens im Jahr 2005 seine verfassungsmäßige Berechtigung verloren. Die immanente Befristung des Solidaritätszuschlags ergebe sich aus dem ursprünglichen Gesetzeszweck. An einen Fortbestand des Solidaritätszuschlags über das Jahr 2005 hinaus sei nicht gedacht gewesen. Deshalb sei das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23.6.1993 (BGBl I 1993, 944, 975, BStBl I 1993, 510, 523) sowie der Neufassung vom 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4130, BStBl I 2002, 1154) und der Änderung durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) - SolZG - für das Streitjahr 2007 verfassungswidrig.

 

 

4

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Bescheid über den Solidaritätszuschlag für 2007 vom 20.1.2009 sowie die Einspruchsentscheidung vom 20.3.2009 aufzuheben.

 

 

5

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

6

II. Die Revision ist unbegründet und war deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für das Streitjahr 2007 zutreffend als rechtmäßig angesehen. Das SolZG in der für den Veranlagungszeitraum 2007 geltenden Fassung ist nicht verfassungswidrig. Eine Anrufung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist nicht geboten.

 

 

7

1. Nach § 1 SolZG wird zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer ein Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe erhoben. Der Solidaritätszuschlag bemisst sich, soweit eine Veranlagung zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, grundsätzlich nach der nach § 3 Abs. 2 SolZG berechneten Einkommensteuer oder der festgesetzten Körperschaftsteuer für Veranlagungszeiträume ab 1998, vermindert um die anzurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag verbleibt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG). Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 % der Bemessungsgrundlage (§ 4 Satz 1 SolZG).

 

 

8

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der gegenüber der Klägerin festgesetzte Solidaritätszuschlag für 2007 den einfachgesetzlichen Bestimmungen des SolZG entspricht.

 

 

9

2. Die angefochtenen Vorschriften des SolZG verstoßen nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Das Grundrecht, nur aufgrund solcher Vorschriften mit einem Nachteil belastet zu werden, die formell und materiell verfassungsgemäß sind (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.12.1970 1 BvR 559, 571, 586/70, BVerfGE 29, 402, BStBl II 1971, 39 = SIS 71 00 24), gilt zwar auch für die Klägerin als juristische Person (Art. 19 Abs. 3 GG). Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt aber nicht vor. Das SolZG ist verfassungsgemäß zustande gekommen. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes umfasst die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe in Höhe von 5,5 % der Bemessungsgrundlage für Veranlagungszeiträume ab 1998.

 

 

10

a) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Steuern (mit Ausnahme der Zölle und Finanzmonopole), wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht (Art. 105 Abs. 2 GG). Da nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG dem Bund das Aufkommen der Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer zusteht, hat er hierfür auch die Gesetzgebungshoheit.

 

 

11

b) Der Begriff der Ergänzungsabgabe ist im Grundgesetz nicht definiert. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 9.2.1972 1 BvL 16/69, BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39) handelt es sich bei der Ergänzungsabgabe um eine „Steuer vom Einkommen“ i.S. des Art. 105 Abs. 2 Nr. 2 GG in der Fassung vor der Änderung durch das Finanzreformgesetz (FRefG) vom 12.5.1969 (BGBl I 1969, 359). Nach dieser mit Wirkung ab 1.1.1970 geänderten Vorschrift hatte der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Steuern vom Einkommen, Vermögen, von Erbschaften und Schenkungen. Im Rahmen der Neufassung durch das FRefG wurde Art. 105 Abs. 2 GG durch die bis heute geltende Generalklausel ersetzt; der Bund hat jetzt die konkurrierende Gesetzgebung über die „übrigen“ Steuern (vgl. Vogel/Walter in: Dolzer/ Vogel/Graßhof (Hg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rz 6). Daraus ergibt sich jedoch keine Änderung für die Einordnung der Ergänzungsabgabe als Steuer vom Einkommen. Auch der Einleitungssatz des Art. 106 Abs. 1 GG, nach dem der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden „Steuern“ dem Bund zustehen, deutet darauf hin, dass die in Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG genannte Ergänzungsabgabe eine Steuer ist. Der aufgrund des SolZG vom 24.6.1991 (BGBl I 1991, 1318, BStBl I 1991, 640) erhobene Solidaritätszuschlag für die Veranlagungszeiträume 1991 und 1992 ist ebenfalls als (verfassungsgemäße) Steuer angesehen worden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.2.1996 XI R 83, 84/94, BFH/NV 1996, 712, die Verfassungsbeschwerde wurde im BVerfG-Beschluss vom 19.11.1999 2 BvR 1167/96, HFR 2000, 134 = SIS 00 01 96, nicht zur Entscheidung angenommen).

 

 

12

c) Die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 GG zur Einführung einer Ergänzungsabgabe als einer besonderen Steuer vom Einkommen unterliegt jedoch wegen des Charakters einer solchen Abgabe gewissen Einschränkungen. Der Bund darf unter der Bezeichnung „Ergänzungsabgabe“ keine Steuer einführen, die den erkennbaren Vorstellungen des Verfassungsgebers zur Ergänzungsabgabe widerspricht (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39). Insbesondere darf durch die Ergänzungsabgabe das finanzielle Ausgleichssystem zu Lasten der Länder nicht verändert werden. Der Bund ist deshalb nicht berechtigt, eine Ergänzungsabgabe einzuführen, die wegen ihrer Ausgestaltung, vor allem wegen ihrer Höhe die Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehende Einkommen- und Körperschaftsteuer (Art. 106 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GG) aushöhlen würde (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39).

 

 

13

d) Mit dem Erlass des SolZG hat der Bund seine Gesetzgebungszuständigkeit nicht überschritten. Der als Ergänzungsabgabe (vgl. § 1 Abs. 1 SolZG) für Veranlagungszeiträume ab 1998 erhobene Solidaritätszuschlag entspricht den Anforderungen, die verfassungsrechtlich an eine Ergänzungsabgabe zu stellen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 28.6.2006 VII B 324/05, BFHE 213, 573, BStBl II 2006, 692 = SIS 06 31 53, betr. Solidaritätszuschlag für 2002, die Verfassungsbeschwerde wurde im BVerfG-Beschluss vom 11.2.2008 2 BvR 1708/06, DStZ 2008, 229 = SIS 08 45 08, nicht zur Entscheidung angenommen; BFH-Beschlüsse vom 24.7.2008 II B 38/08, BFH/NV 2008, 1817 = SIS 08 37 95, betr. Solidaritätszuschlag für 1995 bis 2001, und vom 28.4.2009 I B 199/08, nicht veröffentlicht = SIS 09 40 47, betr. Solidaritätszuschlag 2004; Urteil des FG Münster vom 8.12.2009 1 K 4077/08 E, EFG 2010, 588 = SIS 12 30 71, betr. Solidaritätszuschlag 2007, rechtskräftig nach Rücknahme der Revision II R 20/10; Hilgers/ Holly, DB 2010, 1419; Hidien/Tehler, Steuerberater Woche - StBW - 2010, 993, unter II.1.; Dötsch in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, SolZG, Rz 2; Brinkmeier in Gosch/Schwedhelm/Spiegelberger, GmbH-Beratung, Körperschaftsteuer, Tz. 5 Solidaritätszuschlag; a.A. Beschluss des Niedersächsischen FG vom 25.11.2009 7 K 143/08, EFG 2010, 1071 = SIS 10 17 06; Schemmel, Verfassungswidriger Solidaritätszuschlag, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Heft 102, 2008).

 

 

14

aa) Durch die Erhebung des Solidaritätszuschlags wird die Finanzordnung des Grundgesetzes nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt. Der Zuschlagsatz, der bei der (erneuten) Einführung des Solidaritätszuschlags zunächst 7,5 % der Bemessungsgrundlage betrug (§ 4 Satz 1 SolZG in der für die Veranlagungszeiträume 1995 bis einschließlich 1997 geltenden Fassung), wurde ab dem Veranlagungszeitraum 1998 auf 5,5 % der Bemessungsgrundlage vermindert (vgl. § 4 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 SolZG in der Fassung des Gesetzes zur Senkung des Solidaritätszuschlags vom 21.11.1997, BGBl I 1997, 2743, BStBl I 1997, 967). Damit ist der - auch für das Streitjahr 2007 geltende - Zuschlagsatz von 5,5 % nur geringfügig höher als die vom Bundesrat während der Beratungen des Finanzverfassungsgesetzes vergeblich angestrebte Begrenzung von Ergänzungsabgaben auf 5 % der Einkommen- und Körperschaftsteuer (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, m.w.N.).

 

 

15

Das BVerfG hat bisher noch nicht die Grenze festgelegt, bei der eine Ergänzungsabgabe eine verfassungswidrige Aushöhlung der Bund und Ländern nach Art. 106 Abs. 3 Satz 2 GG gemeinschaftlich zustehenden Steuern bewirken würde. In der Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39 wird lediglich ausgeführt, durch eine Ergänzungsabgabe in Höhe von 3 % werde diese Grenze offensichtlich nicht überschritten. Die primär am Steuersatz messbare Aushöhlungsschwelle lässt sich nur schwer betragsmäßig bestimmen (vgl. Hidien in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rz 1433). Eine Aushöhlung der Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehenden Einkommen- und Körperschaftsteuer setzt aber schon vom Begriff her eine schwerwiegende Belastung durch die dem Bund allein zustehende Ergänzungsabgabe voraus.

 

 

16

Der Solidaritätszuschlag i.S. des § 4 Satz 1 SolZG in Höhe von 5,5 % ist keine solche Belastung. Er steht in einem angemessenen Verhältnis zur Einkommen- und Körperschaftsteuer und ist damit verfassungsgemäß. Zum einen liegt der Zuschlagsatz nahe der vom Bundesrat ursprünglich vorgeschlagenen, letztendlich aber nicht durchgesetzten Begrenzung für Ergänzungsabgaben. Zum anderen knüpft der Solidaritätszuschlag an die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer als Bemessungsgrundlage an (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG). Eine höhere Einkommen- oder Körperschaftsteuer führt also zu einem höheren Solidaritätszuschlag. Die unterschiedliche Beteiligung des Bundes am Aufkommen der Einkommen- und Körperschaftsteuer einerseits und des Solidaritätszuschlags andererseits bewirkt keine verfassungswidrige Benachteiligung der Länder. Dies belegen auch die kassenmäßigen Steuereinnahmen nach der Verteilung auf Bund, Länder und Gemeinden (Art. 106 Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 5 GG). So beliefen sich im Kalenderjahr 2007 die jeweiligen Einnahmen des Bundes und der Länder aus Lohn- und veranlagter Einkommensteuer - nach Abzug von Kindergeld - auf 66,640 Mrd. EUR, aus nicht veranlagten Steuern vom Ertrag und Körperschaftsteuer - nach Abzug von Erstattungen des Bundeszentralamts für Steuern - auf 18,360 Mrd. EUR und aus der Abgeltungsteuer auf 4,918 Mrd. EUR, also insgesamt jeweils auf 89,918 Mrd. EUR; die Einnahmen des Bundes aus dem Solidaritätszuschlag betrugen dagegen nur 12,349 Mrd. EUR (vgl. Statistisches Jahrbuch 2010 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 578 f.). Auch wenn der Bund mit dem Solidaritätszuschlag erhebliche Einnahmen erhält, werden dadurch die Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehenden Steuern nicht ausgehöhlt.

 

 

17

bb) Die fehlende zeitliche Befristung des Solidaritätszuschlags beim Erlass des SolZG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, eine Ergänzungsabgabe von vornherein zu befristen oder sie nur für einen kurzen Zeitraum zu erheben (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39; in HFR 2000, 134 = SIS 00 01 96; vom 8.9.2010 2 BvL 3/10, BFH/NV 2010, 2217 = SIS 10 30 99). Die Ergänzungsabgabe hat die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der Verbrauchsteuern zu decken. Dadurch soll die Vorrangigkeit der Einkommen- und Körperschaftsteuer für die Finanzierung des öffentlichen Haushalts auch dann sichergestellt werden, wenn sich ein ausschließlicher Mehrbedarf des Bundes ergibt, für dessen Deckung die Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer keine befriedigende Lösung darstellt und eine zusätzliche Anhebung der Verbrauchsteuern unerlässlich ist (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2000, 134 = SIS 00 01 96).

 

 

18

Der ab 1995 eingeführte Solidaritätszuschlag sollte zur Abdeckung der im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung entstandenen finanziellen Belastungen dienen (BTDrucks 12/4401, S. 4 f., 51). In der Gesetzesbegründung wird hierzu ausgeführt, dass ein solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen zur Finanzierung der Vollendung der Einheit Deutschlands unausweichlich sei. Deshalb werde mit Wirkung ab 1.1.1995 ein - mittelfristig zu überprüfender - Zuschlag zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer für alle Steuerpflichtigen vorgeschlagen. Dies sei auch unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit der richtige Lösungsweg. Der Zuschlag ohne Einkommensgrenzen belaste alle Steuerpflichtigen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit. Mehrfachbelastungen würden vermieden.

 

 

19

Die Angabe in der Gesetzesbegründung, dass der Solidaritätszuschlag wegen der Bewältigung der durch die Wiedervereinigung entstandenen Finanzierungslasten eingeführt werde, und die Auflistung der ab 1995 zu lösenden finanziellen Probleme mit einem Volumen in Höhe von insgesamt 110 Mrd. DM (BTDrucks 12/4401, S. 1 ff.) reichen aus, um darzustellen, dass auch ein ausschließlicher Mehrbedarf des Bundes zur Finanzierung der Lasten vorhanden war. Die Anforderungen an die Begründung sind insoweit nicht zu hoch zu stecken (vgl. Hidien, a.a.O., Art. 106 Rz 1431). Es war deshalb nicht erforderlich, im Einzelnen anzugeben, welche konkreten Ausgaben mit den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag finanziert werden und inwieweit andere Maßnahmen (z.B. die Neuverteilung der Umsatzsteueranteile) ebenfalls die vom Bund zu tragenden zusätzlichen Ausgaben abdecken sollten.

 

 

20

Der Entscheidung des BVerfG (in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39) kann nicht entnommen werden, dass die Erhebung einer Ergänzungsabgabe nur dann zulässig ist, wenn ein Finanzbedarf für eine bestimmte Aufgabe ausschließlich beim Bund und nicht zusätzlich bei den Ländern entsteht.

 

 

21

cc) Unerheblich ist, ob die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag zweckgebunden für den „Aufbau Ost“ verwendet wurden. Der Solidaritätszuschlag ist eine Steuer, die dem Bund zur Deckung seiner Ausgaben zur Verfügung steht. Die Entscheidung darüber, welche Aufgaben in Angriff genommen werden und wie sie finanziert werden sollen, gehört zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die sich grundsätzlich der gerichtlichen Nachprüfung entzieht (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39). Außerdem wurde der Solidaritätszuschlag nicht nur zur Finanzierung des Aufholprozesses in den neuen Bundesländern eingeführt. Er dient vielmehr der allgemeinen Einnahmeverbesserung zur Abdeckung der im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung entstehenden Ausgaben; dazu gehören u.a. auch die sog. Erblastschulden (vgl. BTDrucks 12/4401, S. 1 ff.).

 

 

22

dd) Der Begriff „Solidaritätszuschlag“ ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht irreführend, so dass die gesetzlichen Regelungen insoweit nicht unbestimmt sind (vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2000, 134 = SIS 00 01 96). Der Solidaritätszuschlag stellt ein solidarisches Opfer aller Bevölkerungsgruppen dar (BTDrucks 12/4401, S. 51). Dies wird durch den Begriff deutlich gemacht. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 und 2 GG) liegt deshalb insoweit ebenfalls nicht vor.

 

 

23

3. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, das SolZG wegen der fehlenden zeitlichen Befristung mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2007 aufzuheben. Das SolZG ist nicht durch Zeitablauf verfassungswidrig geworden.

 

 

24

a) Der Solidaritätszuschlag kann als Ergänzungsabgabe für eine längere Zeit erhoben werden (vgl. BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2010, 2217 = SIS 10 30 99, unter II.2.b). Schon bei den Beratungen zum Finanzverfassungsgesetz ist bedacht worden, dass sich aus der Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern auch für längere Zeit ein Mehrbedarf des Bundes ergeben könne (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.c). Selbst während des Laufes einer eingeführten Ergänzungsabgabe können sich für den Bund neue Aufgaben ergeben, für deren Erfüllung die bei der allgemeinen Verteilung des Steueraufkommens zur Verfügung stehenden Einnahmen nicht ausreichen, so dass die erneute Einführung der Ergänzungsabgabe und damit auch die Fortführung einer bereits bestehenden gerechtfertigt wäre (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39; BFH-Beschluss in BFHE 213, 573, BStBl II 2006, 692 = SIS 06 31 53). Ob sich ein verfassungsrechtlicher Zwang zur Aufhebung der Ergänzungsabgabe ergeben würde, wenn die Voraussetzungen für die Erhebung dieser Abgabe evident entfielen, etwa weil die dem Bund im vertikalen Finanzausgleich zufallenden Steuern, möglicherweise nach einer grundsätzlichen Steuer- und Finanzverfassungsreform, zur Erfüllung seiner Aufgaben für die Dauer offensichtlich ausreichen, ist bisher nicht entschieden (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39).

 

 

25

Eine zeitliche Begrenzung einer nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG unbefristet erhobenen Ergänzungsabgabe kann sich allerdings daraus ergeben, dass die Ergänzungsabgabe nach ihrem Charakter den Zweck hat, einen vorübergehenden aufgabenbezogenen Mehrbedarf des Bundes zu finanzieren, und sie damit kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung sein darf (vgl. Hidien/ Tehler, StBW 2010, 458; Birk, FR 2010, 1002). Ein dauerhafter Finanzbedarf ist regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken. Deshalb kann eine verfassungsgemäß beschlossene Ergänzungsabgabe dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für die Einführung maßgebend waren, grundlegend ändern, z.B. weil der mit der Erhebung verfolgte Zweck erreicht ist und die Ergänzungsabgabe nicht wegen eines anderen Zwecks fortgeführt werden soll oder weil insoweit eine dauerhafte Finanzierungslücke entstanden ist (vgl. Hidien/Tehler, StBW 2010, 458, unter II.5.c). Die Verfassungsmäßigkeit der Ergänzungsabgabe wird in diesen Fällen aber erst zweifelhaft, wenn die Änderung der Verhältnisse eindeutig und offensichtlich feststeht.

 

 

26

b) Danach war es verfassungsrechtlich nicht geboten, den Solidaritätszuschlag ab dem 1.1.2007 nicht mehr zu erheben. Zu diesem Zeitpunkt waren zwar schon insgesamt zwölf Veranlagungszeiträume (1995 bis einschließlich 2006) abgelaufen, für die ein Solidaritätszuschlag festzusetzen war. Wegen des im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung weiterhin bestehenden Finanzbedarfs des Bundes konnte aber der Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum 2007 noch festgesetzt werden. Die Erhebung des Solidaritätszuschlags über einen Zeitraum von 13 Jahren (1995 bis einschließlich 2007) widerspricht - gemessen an dem mit seiner Einführung verbundenen Zweck - nicht dem Wesen einer zur Deckung von Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt dienenden Ergänzungsabgabe. Im Jahr 2007 bestand auch noch ein Finanzbedarf des Bundes. Zum Ausgleich der teilungsbedingten Sonderlasten, zum Abbau der bestehenden Infrastrukturlücke sowie zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft sollen die „neuen“ Bundesländer bis 2019 Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen in Höhe von 105 Mrd. EUR erhalten; außerdem hat der Bund für den gleichen Zeitraum überproportionale Leistungen mit einer Zielgröße von 51,1 Mrd. EUR in Form von besonders aufbauwirksamen Programmen und Maßnahmen zugesagt (vgl. Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2005, BTDrucks 15/6000, S. 11, 22, zum sog. Solidarpakt II). Die Umsetzung des Solidarpaktes II wurde auch später nicht in Frage gestellt (vgl. Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2007, BTDrucks 16/6500, S. 5). Aus § 11 Abs. 3 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern ist zu entnehmen, dass sich die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen seit 2005 von Jahr zu Jahr mindern. Im Jahr 2005 betrugen sie 10.532.613.000 EUR und im Jahr 2007 10.379.225.000 EUR. Im Jahr 2019 vermindern sie sich auf nur noch 2.096.297.000 EUR. Daraus ist ersichtlich, dass der Bund von einem sinkenden Finanzbedarf ausgeht. Für einen dauernden, nicht mehr durch eine Ergänzungsabgabe abdeckbaren Finanzbedarf im Jahr 2007 ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte.

 

 

27

Eine den Vorstellungen des Gesetzgebers zu entnehmende Befristung des Solidaritätszuschlags auf zehn Jahre ist ebenfalls nicht erkennbar. Soweit die Klägerin vorträgt, bei der Einführung des Solidaritätszuschlags sei nicht mit einer Erhebung des Solidaritätszuschlags über das Jahr 2005 hinaus zu rechnen gewesen, lässt dies nicht den Schluss zu, der Solidaritätszuschlag habe ab einem bestimmten Zeitpunkt wegfallen sollen. Hätte der Gesetzgeber eine derartige Befristung des Solidaritätszuschlags auf zehn Jahre beabsichtigt, hätte er wie beim SolZG vom 24.6.1991 (BGBl I 1991, 1318, BStBl I 1991, 640, zum Solidaritätszuschlag für 1991 und 1992) die Befristung gesetzlich geregelt.

 

 

28

Da der ursprüngliche Gesetzeszweck für die Einführung des Solidaritätszuschlags auch im Streitjahr 2007 noch nicht entfallen war, weil weiterhin ein Mehrbedarf des Bundes zur Finanzierung der Ausgaben im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit bestanden hat, liegt - entgegen der Auffassung der Klägerin - keine implizite Umwidmung des Solidaritätszuschlags für andere Zwecke vor. Unerheblich ist, wie sich die (geförderten) Aufbaumaßnahmen in den „neuen“ Bundesländern seit 2005 wirtschaftlich auswirken und ob sie im Einzelnen geeignet, wirksam oder sinnvoll sind. Ebenso unbeachtlich ist, ob mit Hilfe des Solidaritätszuschlags die gewünschten Ziele der Annäherung der Lebensverhältnisse in den „alten“ und „neuen“ Bundesländern noch erreicht werden können.

 

 

29

c) Die in den Gesetzesmaterialien geäußerte Absicht, den Solidaritätszuschlag mittelfristig zu überprüfen (BTDrucks 12/4401, S. 51), begründet im Zusammenhang mit der Beibehaltung des Solidaritätszuschlags keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des SolZG ab 2007. Der Gesetzgeber hat das SolZG mehrmals geändert (vgl. Dötsch, a.a.O., SolZG, Rz 1, Zusammenstellung der Gesetzesänderungen) und im Gesetz zur Senkung des Solidaritätszuschlags vom 21.11.1997 (BGBl I 1997, 2743, BStBl I 1997, 967) den Zuschlagsatz mit Wirkung ab 1998 auf 5,5 % abgesenkt. Zu einer weiteren Herabsetzung des Zuschlagsatzes oder einer Aufhebung des SolZG hat sich der Gesetzgeber bisher nicht veranlasst gesehen. Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die Überprüfung des SolZG im Rahmen der Änderungsgesetze stattgefunden, aber nicht zu einem für die Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis geführt hat.

 

 

30

4. Die Erhebung des Solidaritätszuschlags für 2007 verletzt die Klägerin auch sonst nicht in den nach Art. 19 Abs. 3 GG auf sie anwendbaren Grundrechten.

 

 

31

a) Der Solidaritätszuschlag für 2007 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

 

 

32

aa) Der Zuschlag wird von allen einkommensteuerpflichtigen natürlichen Personen und körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (vgl. § 2 SolZG) gleichermaßen erhoben. Eine Ungleichbehandlung von Personengruppen liegt insoweit nicht vor. Da der Zuschlag mit 5,5 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt wird (vgl. § 4 Satz 1 SolZG), ergeben sich zwar für die Steuerpflichtigen abhängig von ihrem Einkommen und damit von ihrer Leistungsfähigkeit unterschiedliche Belastungen. Die stärkere Belastung höherer Einkommen ist aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit beim betroffenen Steuerpflichtigen - wie im Streitfall bei der Klägerin - nach Abzug der Steuerbelastung ein hohes frei verfügbares Einkommen bleibt, das die Privatnützigkeit des Einkommens sichtbar macht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 18.1.2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 = SIS 06 16 42).

 

 

33

bb) Der Gleichheitssatz wird auch nicht dadurch verletzt, dass sich bei steuerpflichtigen Einzelunternehmern oder Mitunternehmern, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielen, nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SolZG i.V.m. § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag im Hinblick auf die Gewerbesteuerbelastung durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 2007 geltenden Fassung (EStG 2007) mindert, während u.a. die Klägerin als Kapitalgesellschaft eine solche Steuerermäßigung nicht beanspruchen kann.

 

 

34

Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 SolZG kann zwar mit einem Rechtsbehelf gegen den Solidaritätszuschlag weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden. Der Steuerbescheid ist insoweit Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags (vgl. BFH-Urteil vom 27.1.2011 III R 90/07, BFHE 232, 485, BStBl II 2011, 543 = SIS 11 13 60). Ungeachtet dessen ist aber die Nichtberücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG bei Kapitalgesellschaften verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden. Die Beschränkung der Steuerermäßigung des § 35 EStG 2007 auf gewerbliche Einkünfte von Einzelunternehmern und Mitunternehmern verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Die damit verbundene Ungleichbehandlung dieser Einkünfte gegenüber dem Einkommen einer Kapitalgesellschaft ist durch das mit der Einführung der Steuerermäßigung verfolgte Ziel der Entlastung von Personengesellschaften und Einzelunternehmen gerechtfertigt.

 

 

35

(1) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG-Beschluss vom 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschluss vom 8.6.2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 = SIS 04 36 31). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschluss vom 11.1.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164 = SIS 05 30 28). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen.

 

 

36

Wählt der Gesetzgeber für verschiedene Arten von Einkünften unterschiedliche Tarifverläufe, obwohl die Einkünfte nach der gesetzgeberischen Ausgangsentscheidung die gleiche Leistungsfähigkeit repräsentieren, muss diese Ungleichbehandlung besonderen Rechtfertigungsanforderungen genügen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60).

 

 

37

Der Steuergesetzgeber ist jedoch grundsätzlich nicht gehindert, nichtfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60, m.w.N.). Dann aber muss der Förderungs- und Lenkungszweck von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen und gleichheitsgerecht ausgestaltet sein. Dabei ist dem Gesetzgeber hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Diagnose und Prognose sowie bei der Wahl sachgerechter Mittel, insbesondere auch bei der Antwort auf die Frage, wie der Kreis der Begünstigten sachgerecht abzugrenzen ist, ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.1.2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = SIS 08 25 65, m.w.N.).

 

 

38

(2) Die Minderung der Einkommensteuer durch eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer in Form einer Steuerermäßigung nach § 35 EStG wurde im Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) eingeführt, um Einzelunternehmen und Personengesellschaften von der Gewerbesteuer zu entlasten und damit im Ergebnis gewerbliche Einkünfte mit solchen aus selbständiger Arbeit gleichzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 27.9.2006 X R 25/04, BFHE 215, 176, BStBl II 2007, 694 = SIS 07 07 63; Gosch in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 35 Rz 1). Zudem sollte durch die Steuerermäßigung eine im Verhältnis zu den Kapitalgesellschaften gleichwertige Entlastung für Personengesellschaften und Einzelunternehmen geschaffen werden (BTDrucks 14/2683, S. 97). Für Kapitalgesellschaften wurde der Körperschaftsteuersatz ab 2001 auf 25 % (§ 23 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) abgesenkt (BTDrucks 14/2683, S. 1), während für Einkommensteuerpflichtige wesentlich höhere Höchststeuersätze galten (vgl. § 32a EStG in der jeweils geltenden Fassung: ab 1.1.2001 48,5 %, ab 1.1.2003 47 %, ab 1.1.2005 42 %; Siegel in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 32a EStG Rz 4, zur Entwicklung der Tarifstruktur). Daneben sollte durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG der Weg für eine rechtsformneutrale Besteuerung geebnet werden (BTDrucks 14/2683, S. 97). Da das Einkommen einer Kapitalgesellschaft nur mit Körperschaftsteuer in Höhe von 25 % belastet wurde, war es aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erforderlich, Kapitalgesellschaften neben dem Abzug der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe auch eine mit § 35 EStG vergleichbare Steuerermäßigung einzuräumen. Bei Kapitalgesellschaften ist die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag bereits wegen des geltenden Körperschaftsteuersatzes niedrig.

 

 

39

b) Der Gesetzgeber hat mit der Gesetzesbegründung, dass der Solidaritätszuschlag mittelfristig zu überprüfen sei (BTDrucks 12/4401, S. 51), keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, durch den er verpflichtet gewesen wäre, den Solidaritätszuschlag ab dem Veranlagungszeitraum 2007 herabzusetzen. Die unveränderte Fortführung des Solidaritätszuschlags bewirkt insoweit keine Grundrechtsverletzung.

 

 

40

Allein wegen der Ankündigung, dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags mittelfristig überprüft werde, können Steuerpflichtige nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber den Solidaritätszuschlag ab einer bestimmten Zeit herabsetzen oder aufheben werde. Die Ankündigung bezog sich nur auf eine Überprüfung und nicht auf ein bestimmtes damit verbundenes Ergebnis. Außerdem konnte diese Ankündigung im Gesetzgebungsverfahren keinen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz begründen. Da Steuerpflichtige grundsätzlich nicht darauf vertrauen können, dass der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er zu sozial- oder wirtschaftspolitischen Zwecken gewährt, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (vgl. BVerfG-Beschluss vom 4.11.2010 1 BvR 1981/07, HFR 2011, 209 = SIS 11 04 64), können sie auch nicht darauf vertrauen, dass belastende Regelungen wieder aufgehoben werden.

 

 

41

c) Die Belastung durch den Solidaritätszuschlag für 2007 verletzt die Klägerin nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG. Die Steuerbelastung fällt zwar in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97 = SIS 06 16 42). Der Zugriff auf das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil die Regelungen des SolZG als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Belastung mit einem Solidaritätszuschlag ermöglichen.

 

 

42

Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers wird - auch bei der Auferlegung von Steuerlasten - durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Danach muss die Beeinträchtigung durch Steuerlasten geeignet, erforderlich und im Rahmen einer Gesamtabwägung zwischen den beteiligten individuellen Belangen und denen der Allgemeinheit angemessen sowie zumutbar sein (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97 = SIS 06 16 42). Allerdings bietet die Belastung mit Steuern den im Verhältnismäßigkeitsprinzip enthaltenen Geboten der Eignung und der Erforderlichkeit kaum greifbare Ansatzpunkte für eine Begrenzung. Jenseits „erdrosselnder“, die Steuerquelle selbst vernichtender Belastung, die schon begrifflich kaum noch als Steuer qualifiziert werden kann, werden Steuern mit dem Zweck, Einnahmen zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs zu erzielen, gemessen an diesem Zweck grundsätzlich immer geeignet und erforderlich sein (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97 = SIS 06 16 42).

 

 

43

Auch der nach § 1 SolZG erhobene Solidaritätszuschlag ist gemessen an dem mit seiner Einführung bezweckten Ziel, Einnahmen des Bundes zur Abdeckung des sich aus der Wiedervereinigung ergebenden Haushaltsmehrbedarfs zu schaffen, geeignet und erforderlich. Die Eignung kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht deshalb verneint werden, weil mit Hilfe des Solidaritätszuschlags eine Annäherung der Lebensverhältnisse in den „alten“ und den „neuen“ Bundesländern erreicht werden sollte und spätestens im Jahr 2005 die Erkenntnis eingetreten sei, dass dieses Ziel bisher verfehlt worden sei.

 

 

44

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Denn die Revision der Klägerin war erfolglos. Die Kosten können nicht deshalb dem FA auferlegt werden, weil es dem Antrag der Klägerin im Einspruchsverfahren, das Verfahren ruhen zu lassen, nicht entsprochen hatte. Eine Billigkeitsentscheidung ist - anders als bei einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache nach § 138 Abs. 1 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 29.4.2003 VI R 140/90, BFHE 202, 49, BStBl II 2003, 719 = SIS 03 27 08) - im Rahmen des § 135 Abs. 2 FGO nicht möglich.