Auf die Revision der Kläger wird das
Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 29.07.2020 - 3 K
1098/19 = SIS 20 14 02
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die
Kläger zu tragen.
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I. Streitig ist, ob die Erhebung des
Solidaritätszuschlags nach dem Solidaritätszuschlaggesetz
1995 (SolZG 1995) durch Art. 31 des Gesetzes zur Umsetzung des
Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23.06.1993 (BGBl I
1993, 944, 975) i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des
Solidaritätszuschlaggesetzes vom 15.10.2002 (BGBl I 2002,
4130), geändert durch Art. 4 des Zweiten
Familienentlastungsgesetzes - 2. FamEntlastG - vom 01.12.2020 (BGBl
I 2020, 2616), in 2020 und 2021 gegen Verfassungsrecht
verstößt.
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus
selbständiger Tätigkeit. Mit Bescheid vom 18.02.2019
setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) u.a.
die Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag ab 2020 in
Höhe von vierteljährlich 453 EUR fest.
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3
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Mit Schreiben vom 09.05.2019 beantragten
die Kläger die Herabsetzung der Vorauszahlungen auf den
Solidaritätszuschlag ab 2020 auf 0 EUR. Zur Begründung
beriefen sie sich auf das Auslaufen der Aufbauhilfen für die
neuen Bundesländer im Jahr 2019. Da die Ergänzungsabgabe
nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes (GG) nur zur Abdeckung
von Bedarfsspitzen erhoben werden dürfe, verbiete dieser
Ausnahmecharakter eine fortdauernde Erhebung. Diesen Antrag lehnte
das FA mit Bescheid vom 28.05.2019 ab. Den gegen die Ablehnung
gerichteten Einspruch wies das FA unter Hinweis auf seine Bindung
an die Steuergesetze, von deren Verfassungsmäßigkeit es
auszugehen habe, zurück.
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Am 08.11.2019 erließ das FA einen
geänderten Vorauszahlungsbescheid, mit dem die Vorauszahlungen
auf den Solidaritätszuschlag ab 2020 auf vierteljährlich
340 EUR herabgesetzt wurden.
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Die auf Aufhebung des Ablehnungsbescheids
vom 28.05.2019 und der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2019 sowie
Herabsetzung der Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag
ab 2020 auf 0 EUR gerichtete Klage hatte nur teilweise Erfolg. Mit
dem in EFG 2020, 1771 = SIS 20 14 02 veröffentlichten Urteil vom 29.07.2020 änderte
das Finanzgericht (FG) den Vorauszahlungsbescheid vom 08.11.2019
dahingehend, dass die Vorauszahlungen auf den
Solidaritätszuschlag ab 01.01.2021 - in Übereinstimmung
mit den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen -
auf vierteljährlich 19 EUR herabgesetzt wurden. Im
Übrigen wies es die Klage unter Hinweis auf seine fehlende
Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des SolZG 1995
für Veranlagungszeiträume ab 2020 ab. Beim
Solidaritätszuschlag handele es sich um eine
Ergänzungsabgabe i.S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG, deren
Erhebung bis 2019 unstreitig nicht verfassungswidrig gewesen sei.
Dies gelte indes auch für 2020 und die Jahre ab 2021.
Insbesondere habe der Solidaritätszuschlag nicht mit Auslaufen
des sog. Solidarpakts II (und der Neuregelung des
Länderfinanzausgleichs)
„automatisch“ seine Rechtfertigung
verloren. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 14 GG
liege ebenso wenig vor.
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Dagegen richtet sich die Revision, mit der
die Kläger eine Verletzung von Verfassungsrecht rügen.
Sie sind der Auffassung, dass das SolZG 1995 seit dem Jahr 2020
keine Ermächtigungsgrundlage mehr in Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG
finde, so dass die Erhebung des verfassungsgemäß
eingeführten Solidaritätszuschlags nunmehr gegen das GG
verstoße. Die Erhebung des Solidaritätszuschlags
verletze sie zudem in ihren Grundrechten (Art. 3 Abs. 1, Art. 6
Abs. 1 GG).
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Am 11.03.2022 und 03.05.2022 hat das FA
Bescheide für 2020 über Einkommensteuer,
Solidaritätszuschlag und über die gesonderten
Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die im Zusammenhang mit
der Einkommensteuerfestsetzung durchzuführen sind, erlassen.
Danach ist der Solidaritätszuschlag für 2020 auf 2.078,61
EUR festgesetzt worden.
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Mit Bescheid vom 18.09.2020 hat das FA die
Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag ab dem 01.01.2021
in Übereinstimmung mit dem FG-Urteil auf vierteljährlich
19 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 02.12.2021 hat das FA die
Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag ab dem 01.01.2021
für 2021 auf insgesamt 57 EUR festgesetzt.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des FG Nürnberg vom
29.07.2020 - 3 K 1098/19, den Bescheid für 2020 über
Solidaritätszuschlag vom 11.03.2022 bzw. 03.05.2022 und den
Vorauszahlungsbescheid über Solidaritätszuschlag ab dem
01.01.2021 vom 02.12.2021 aufzuheben.
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Die Kläger regen an, das Verfahren
auszusetzen und nach Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen,
ob
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(1) das SolZG 1995 i.d.F. der
Bekanntmachung vom 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4130) mit seinen
zwischenzeitlichen Änderungen ab dem Veranlagungszeitraum 2020
wegen Verlusts seiner steuertypologischen Eigenschaft als
„Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur
Körperschaftsteuer“ verfassungswidrig
geworden ist und damit die mit dem Solidaritätszuschlag
belasteten Steuerpflichtigen in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit
nach Art. 2 Abs. 1 GG verletzt und
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(2) überdies das Gesetz zur
Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom
10.12.2019 (BGBl I 2019, 2115) die von ihm im Veranlagungszeitraum
2021 durch Erhebung eines Solidaritätszuschlags belasteten
Steuerpflichtigen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG
(i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG) verletzt.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Zwar sei der Solidaritätszuschlag zur
Vollendung der Finanzierung der deutschen Einheit eingeführt
worden. Eine rechtliche Verknüpfung zwischen dem Solidarpakt I
und II und dem SolZG 1995 bestehe gleichwohl - in
Übereinstimmung mit der Auffassung der Vorinstanz - nicht.
Daher dürfe er verfassungsrechtlich fortgeführt
werden.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
war dem Revisionsverfahren zunächst beigetreten. Mit Schreiben
vom 11.01.2023 hat das BMF den Beitritt
zurückgenommen.
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II. Das angefochtene Urteil ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben; einer
Zurückverweisung an das FG bedarf es nicht (dazu unter 1.). In
der Sache hat die Revision jedoch keinen Erfolg und führt zur
Klageabweisung. Denn die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen,
dass die angefochtenen Bescheide über
Solidaritätszuschlag für 2020 und Vorauszahlungen auf den
Solidaritätszuschlag für 2021 einfachgesetzlich nicht zu
beanstanden sind (dazu unter 2.). Eine Vorlage an das BVerfG ist
nicht geboten, da der erkennende Senat nicht von der
Verfassungswidrigkeit des SolZG 1995 überzeugt ist (dazu unter
3.).
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1. Da der angefochtene Vorauszahlungsbescheid
während des Revisionsverfahrens geändert worden ist, ist
das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen
aufzuheben. Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG
bedarf es nicht.
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a) Der Bescheid für 2020 über
Solidaritätszuschlag vom 11.03.2022, geändert durch den
Bescheid vom 03.05.2022, und der geänderte
Vorauszahlungsbescheid vom 02.12.2021 sind Gegenstand des
Revisionsverfahrens geworden (§ 68 i.V.m. §§ 121
Satz 1, 127 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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aa) Zwar richtete sich das Begehren der
Kläger im Verfahren vor dem FG auf Abänderung des -
(formell) bestandskräftig gewordenen - Vorauszahlungsbescheids
vom 18.02.2019, der durch den Bescheid vom 08.11.2019 ersetzt
worden ist. Damit lag der Klage ursprünglich ein
Verpflichtungsbegehren (§ 101 Satz 1 FGO) zugrunde. Da das FA
die Änderung jedoch aus materiellen Gründen - nach
Sachprüfung - und nicht allein mit verfahrensrechtlichen
Erwägungen abgelehnt hat, ist die Klage nunmehr als
Anfechtungsklage (Abänderungsklage) i.S. von § 100 Abs. 2
FGO zu verstehen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
20.12.2000 - III R 17/97, BFH/NV 2001, 914 = SIS 01 66 27, unter
II.2.; vom 22.09.2011 - IV R 8/09, BFHE 235, 287, BStBl II 2012,
183 = SIS 11 37 31, Rz 18; Krumm in Tipke/Kruse, § 40 FGO Rz
11; Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 40 FGO
Rz 95 ff.; von Beckerath in Gosch, FGO § 40 Rz 79 ff.;
Gräber/Teller, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 40 Rz
17 f., unter Hinweis auf § 110 FGO und die Erstreckung der
Rechtskraftwirkung auf den Ablehnungsgrund).
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In gleicher Weise ist der Bescheid für
2020 über Solidaritätszuschlag vom 11.03.2022,
geändert durch Bescheid vom 03.05.2022, im Hinblick auf die
Vorauszahlungen für 2020 an die Stelle des angefochtenen
Vorauszahlungsbescheids getreten. Nach ständiger
Rechtsprechung des BFH ersetzt der Jahressteuerbescheid den
Vorauszahlungsbescheid i.S. des § 68 FGO, da die Vorschrift
nicht etwa die Nämlichkeit des Streitgegenstands erfordert,
sondern lediglich voraussetzt, dass der ursprüngliche
Verwaltungsakt durch Erlass des neuen Verwaltungsakts seine Wirkung
verliert und dass sowohl Beteiligter als auch
Besteuerungsgegenstand hinsichtlich beider Verwaltungsakte
identisch sind (vgl. nur BFH-Urteil vom 19.12.2019 - III R 39/17,
BFHE 267, 415, BStBl II 2020, 397 = SIS 20 05 01, Rz 25, m.w.N.;
Schallmoser in HHSp, § 68 FGO Rz 56). Dies ist auch im
Hinblick auf den Vorauszahlungs- sowie den Jahressteuerbescheid
über Solidaritätszuschlag der Fall.
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bb) Auch der während des
Revisionsverfahrens erlassene Vorauszahlungsbescheid ab 2021 vom
02.12.2021 ist nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO
Gegenstand des Verfahrens geworden. Wenngleich die
Betragsberechnung nach § 100 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 1. Halbsatz
FGO (mangels Regelungswirkung) nicht § 68 FGO unterfällt,
tritt der vor Rechtskraft erlassene Betragsberechnungsbescheid i.S.
des § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO nach § 68 Satz 1
FGO an die Stelle des angefochtenen Bescheids (vgl. FG
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.04.2014 - 4 K 4222/10, EFG 2014,
1419 = SIS 14 17 51; Gräber/Ratschow, a.a.O., § 127 Rz 1;
Gräber/Herbert, a.a.O., § 68 Rz 43 und 50; Nothnagel,
juris PraxisReport Steuerrecht 23/2014, Anm. 5). Im Streitfall
liegt ein derartiger
„verfrühter“
Betragsberechnungsbescheid vor, da das FG dem FA die Berechnung des
Steuerbetrages nicht aufgegeben hat.
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b) Vor diesem Hintergrund ist das angefochtene
Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich
der Verfahrensgegenstand, über dessen
Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte,
geändert hat. Das vorinstanzliche Urteil ist damit
gegenstandslos geworden (§ 127 FGO). Die vom FG getroffenen
tatsächlichen Feststellungen sind hierdurch jedoch nicht
weggefallen. Einer Zurückverweisung der Sache an das FG bedarf
es nicht, da der Streitstoff unverändert geblieben und die
Sache aufgrund der fortwirkenden Feststellungen des FG spruchreif
ist. Der Senat entscheidet daher nach Maßgabe der
Feststellungen des FG in der Sache selbst (§ 121 i.V.m. §
100 FGO, vgl. nur Senatsurteil vom 04.02.2020 - IX R 7/18, BFH/NV
2020, 864 = SIS 20 07 50, Rz 22, m.w.N.; Gräber/Ratschow,
a.a.O., § 127 Rz 3).
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2. Der angefochtene Steuerbescheid für
2020 und der Vorauszahlungsbescheid für 2021 über
Solidaritätszuschlag sind einfachgesetzlich nicht zu
beanstanden. Die Klage war daher abzuweisen.
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a) Nach § 1 Abs. 1 SolZG 1995 wird ein
Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe zur
Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer erhoben. Auf die
Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags sind die
Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Ausnahme des
§ 36a EStG und des Körperschaftsteuergesetzes
entsprechend anzuwenden (§ 1 Abs. 2 Satz 1 SolZG 1995). Die
Vorauszahlungen auf den Solidaritätszuschlag sind gleichzeitig
mit den festgesetzten Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer oder
die Körperschaftsteuer zu entrichten; § 37 Abs. 5 EStG
ist nicht anzuwenden (§ 1 Abs. 4 Satz 1 SolZG 1995).
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aa) Abgabepflichtig sind u.a. natürliche
Personen, die nach § 1 EStG einkommensteuerpflichtig sind
(§ 2 Nr. 1 SolZG 1995).
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bb) Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1
SolZG 1995 bemisst sich der Solidaritätszuschlag vorbehaltlich
der Abs. 2 bis 5, soweit eine Veranlagung zur Einkommensteuer oder
Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, nach der nach Abs. 2
berechneten Einkommensteuer oder der festgesetzten
Körperschaftsteuer, vermindert um die anzurechnende oder
vergütete Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag
verbleibt. Soweit Vorauszahlungen zur Einkommensteuer oder
Körperschaftsteuer zu leisten sind, bemisst sich der
Solidaritätszuschlag nach den Vorauszahlungen auf die Steuer
(§ 3 Abs. 1 Nr. 2 SolZG 1995). Bei der Veranlagung zur
Einkommensteuer ist Bemessungsgrundlage für den
Solidaritätszuschlag die Einkommensteuer, die abweichend von
§ 2 Abs. 6 EStG unter Berücksichtigung von
Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG in allen Fällen
des § 32 EStG festzusetzen wäre (§ 3 Abs. 2 SolZG
1995).
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Nach § 3 Abs. 3 SolZG 1995 ist der
Solidaritätszuschlag von einkommensteuerpflichtigen Personen
nur zu erheben, wenn die Bemessungsgrundlage nach Abs. 1 Nrn. 1 und
2, vermindert um die Einkommensteuer nach § 32d Abs. 3 und 4
EStG, in den Fällen des § 32a Abs. 5 und 6 EStG 1.944 EUR
(für das Jahr 2020) bzw. 33.912 EUR (für das Jahr 2021) -
Nr. 1 - und in anderen Fällen 972 EUR (für das Jahr 2020)
bzw. 16.956 EUR (für das Jahr 2021) - Nr. 2 - übersteigt.
Auf die Einkommensteuer nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG ist der
Solidaritätszuschlag ungeachtet des Satzes 1 zu erheben
(§ 3 Abs. 3 Satz 2 SolZG 1995).
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cc) Der Solidaritätszuschlag beträgt
5,5 % der Bemessungsgrundlage (§ 4 Satz 1 SolZG 1995). Er
beträgt nicht mehr als 20 % (ab Veranlagungszeitraum 2021:
11,9 %) des Unterschiedsbetrages zwischen der Bemessungsgrundlage,
vermindert um die Einkommensteuer nach § 32d Abs. 3 und 4
EStG, und der nach § 3 Abs. 3 bis 5 SolZG 1995 (ab
Veranlagungszeitraum 2021: § 3 Abs. 3, 4 und 5 SolZG 1995)
jeweils maßgebenden Freigrenze (§ 4 Satz 2 SolZG 1995).
Bruchteile eines Cents bleiben außer Ansatz (§ 4 Satz 3
SolZG 1995). Der Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer
nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2021:
und auf die Lohnsteuer nach § 39b Abs. 3 EStG) beträgt
ungeachtet des Satzes 2 5,5 % (§ 4 Satz 4 SolZG 1995).
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b) Auf dieser Grundlage hat das FA zu Recht
zunächst einen Vorauszahlungsbescheid auf den
Solidaritätszuschlag ab 2020 erlassen. Die Kläger sind
abgabepflichtig. Bemessungsgrundlage und Zuschlagsatz sind nicht zu
beanstanden. Der Bescheid stellt sich - nach Maßgabe des
einfachen Rechts - als rechtmäßig dar. Dies steht
zwischen den Beteiligten zu Recht nicht in Streit.
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c) Soweit das FG die Vorauszahlungen auf den
Solidaritätszuschlag für 2021 auf insgesamt 57 EUR
herabgesetzt hat, bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken.
Auch dies entspricht den Vorgaben des SolZG 1995 und ist zwischen
den Beteiligten nicht streitig.
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3. Der erkennende Senat ist nicht von der
Verfassungswidrigkeit des SolZG 1995 überzeugt. Eine Vorlage
an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt daher nicht in
Betracht.
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a) Der Senat ist nicht zu der für eine
Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG erforderlichen
Überzeugung (dazu BVerfG-Beschluss vom 17.07.2019 - 2 BvL
10/19, juris, Rz 16) gelangt, dass der Solidaritätszuschlag in
den Streitjahren 2020 und 2021 als nicht mehr verfassungsrechtlich
zulässige Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur
Körperschaftsteuer i.S. von Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG anzusehen
ist.
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aa) Die Vorschriften des SolZG 1995
verstoßen nicht gegen das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG,
nur aufgrund solcher Vorschriften mit einem Nachteil belastet zu
werden, die formell und materiell verfassungsgemäß sind
(vgl. BVerfG-Beschluss vom 15.12.1970 - 1 BvR 559, 571, 586/70,
BVerfGE 29, 402, BStBl II 1971, 39 = SIS 71 00 24). Das SolZG 1995
ist sowohl in formeller Hinsicht als auch in materieller Hinsicht
verfassungsgemäß zustande gekommen. Der Senat
schließt sich insofern dem BFH-Urteil vom 21.07.2011 - II R
52/10 (BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 10 ff.)
an.
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32
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aaa) Die konkurrierende
Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das SolZG 1995
folgt aus Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG. Da dem Bund das Aufkommen der
Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur
Körperschaftsteuer nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG als
übrige Steuer („Steuer vom
Einkommen“, vgl. BVerfG-Beschluss vom
09.02.1972 - 1 BvL 16/69, BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.1.) zusteht, hat er hierfür auch die
konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit (BFH-Urteil in BFHE
234, 250, BStBl II 2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 10 und 11,
m.w.N.).
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bbb) Mit der Einführung des SolZG 1995
hat der Bund seine Gesetzgebungszuständigkeit nicht
überschritten.
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Zwar unterliegt die Einführung einer
Ergänzungsabgabe gewissen Einschränkungen. So darf der
Bund unter der Bezeichnung
„Ergänzungsabgabe“ keine
Steuer einführen, die den erkennbaren Vorstellungen des
Verfassungsgebers zur Ergänzungsabgabe widerspricht.
Insbesondere darf durch die Ergänzungsabgabe das finanzielle
Ausgleichssystem nicht zu Lasten der Länder verändert
werden. Der Bund ist deshalb nicht berechtigt, eine
Ergänzungsabgabe einzuführen, die wegen ihrer
Ausgestaltung, vor allem wegen ihrer Höhe, die Bund und
Ländern gemeinschaftlich zustehende Einkommensteuer und
Körperschaftsteuer (Art. 106 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GG)
aushöhlen würde (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333,
BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.2.). Dies ist jedoch
nicht der Fall. Der Solidaritätszuschlag entspricht -
jedenfalls vor dem Veranlagungszeitraum 2020 - den Anforderungen,
die verfassungsrechtlich an eine Ergänzungsabgabe zu stellen
sind.
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(1) Durch die Erhebung des
Solidaritätszuschlags mit einem Zuschlagsatz von 5,5 % wird
die Finanzordnung des GG nicht in verfassungswidriger Weise
beeinträchtigt; die
„Aushöhlungsschwelle“ ist
nicht überschritten (BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II
2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 14 ff., m.w.N.).
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(2) Ferner ist es verfassungsrechtlich nicht
geboten, eine Ergänzungsabgabe von vornherein zu befristen
oder sie nur für einen kurzen Zeitraum zu erheben
(BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 =
SIS 72 02 39; vom 19.11.1999 - 2 BvR 1167/96, HFR 2000, 134 = SIS 00 01 96, unter III.1.b aa; vom 08.09.2010 - 2 BvL 3/10, BFH/NV
2010, 2217 = SIS 10 30 99, Rz 3, 14). Die Ergänzungsabgabe hat
die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne
Erhöhung der Verbrauchsteuern zu decken. Der ab 1995
eingeführte Solidaritätszuschlag sollte der Abdeckung der
im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung entstandenen
finanziellen Belastungen dienen (BT-Drucks. 12/4401, S. 4 f.).
Diese Angabe und die Auflistung der ab 1995 zu lösenden
finanziellen Probleme mit einem Volumen in Höhe von insgesamt
110 Mrd. DM reichten aus, um darzustellen, dass auch ein
ausschließlicher Mehrbedarf des Bundes zur Finanzierung der
Lasten vorhanden war (BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II 2012,
43 = SIS 11 25 93, Rz 17 ff., m.w.N.).
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(3) Unerheblich ist zudem, ob die Einnahmen
aus dem Solidaritätszuschlag zweckgebunden für den
„Aufbau Ost“ verwendet wurden.
Die Entscheidung darüber, welche Aufgaben wann in Angriff
genommen werden und wie sie finanziert werden sollen, gehört
zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die sich
grundsätzlich einer gerichtlichen Nachprüfung entzieht
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39; BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 21).
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(4) Schließlich liegt kein Verstoß
gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG) in Gestalt
nicht hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit vor. Der Begriff
„Solidaritätszuschlag“ ist
insbesondere nicht irreführend (BFH-Urteil in BFHE 234, 250,
BStBl II 2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 22; Hilgers/Holly, DB 2010,
1419, 1421).
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bb) Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich
nicht verpflichtet, das SolZG 1995 wegen der fehlenden zeitlichen
Befristung mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2020 aufzuheben.
Das SolZG 1995 ist - jedenfalls im Streitzeitraum - auch nicht
durch bloßen Zeitablauf oder veränderte
tatsächliche Umstände verfassungswidrig geworden.
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aaa) Der Solidaritätszuschlag kann als
Ergänzungsabgabe für eine längere Zeit erhoben
werden (vgl. BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2010, 2217 = SIS 10 30 99,
beginnend Rz 15). Schon bei den Beratungen zum
Finanzverfassungsgesetz ist bedacht worden, dass sich aus der
Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern auch
für längere Zeit ein Mehrbedarf des Bundes ergeben kann
(vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.c). Selbst während der Geltung einer
eingeführten Ergänzungsabgabe können sich für
den Bund neue Aufgaben ergeben, für deren Erfüllung die
bei der allgemeinen Verteilung des Steueraufkommens zur
Verfügung stehenden Einnahmen nicht ausreichen, so dass die
erneute Einführung der Ergänzungsabgabe und damit auch
die Fortführung einer bereits bestehenden gerechtfertigt
wäre (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972,
408 = SIS 72 02 39; BFH-Beschluss vom 28.06.2006 - VII B 324/05,
BFHE 213, 573, BStBl II 2006, 692 = SIS 06 31 53). Ob sich ein
verfassungsrechtlicher Zwang zur Aufhebung einer
Ergänzungsabgabe ergeben würde, wenn die Voraussetzungen
für die Erhebung dieser Abgabe evident entfielen, etwa weil
die dem Bund im vertikalen Finanzausgleich zufallenden Steuern,
möglicherweise nach einer grundsätzlichen Steuer- und
Finanzverfassungsreform, zur Erfüllung seiner Aufgaben
für die Dauer offensichtlich ausreichen, ist bisher nicht
entschieden worden (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl
II 1972, 408 = SIS 72 02 39; BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II
2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 24).
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41
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Eine zeitliche Begrenzung einer nach Art. 106
Abs. 1 Nr. 6 GG im Grundsatz unbefristet erhobenen
Ergänzungsabgabe kann sich allerdings daraus ergeben, dass die
Ergänzungsabgabe den Zweck hat, einen vorübergehenden,
aufgabenbezogenen Mehrbedarf des Bundes zu finanzieren; sie darf
damit kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung sein (vgl.
Hidien/Tehler, Steuerberater Woche - StBW - 2010, 458; Birk, FR
2010, 1002, 1003). Ein dauerhafter Finanzbedarf ist
regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern
und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken. Deshalb
kann eine verfassungsgemäß beschlossene
Ergänzungsabgabe dann verfassungswidrig werden, wenn sich die
Verhältnisse, die für ihre Einführung
maßgebend waren, grundlegend ändern, z.B. weil der mit
der Erhebung verfolgte Zweck erreicht ist und die
Ergänzungsabgabe nicht wegen eines anderen Zwecks
fortgeführt werden soll oder weil insoweit eine dauerhafte
Finanzierungslücke entstanden ist (vgl. Hidien/Tehler, StBW
2010, 458, unter II.5.c). Die Verfassungsmäßigkeit der
Ergänzungsabgabe wird in diesen Fällen aber erst
zweifelhaft, wenn die Änderung der Verhältnisse eindeutig
und offensichtlich feststeht (BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II
2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 25).
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bbb) Danach hat es der BFH für die
Veranlagungszeiträume 2005 und 2007 verfassungsrechtlich nicht
als geboten erachtet, den Solidaritätszuschlag als
Ergänzungsabgabe zur Deckung von Bedarfsspitzen im
Bundeshaushalt - trotz fortdauernder Erhebung über einen
Zeitraum von 13 Jahren (1995 bis 2007) - nicht mehr zu erheben.
Dabei hat er maßgebend auf den wiedervereinigungsbedingt
fortbestehenden Finanzbedarf des Bundes hingewiesen, der sich in
den (geplanten) Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen an
die „neuen Bundesländer“ in
Höhe von 105 Mrd. EUR und den zugesagten
überproportionalen Leistungen in Form von besonders
aufbauwirksamen Programmen und Maßnahmen in Höhe von
51,1 Mrd. EUR (Solidarpakt II) - beides für den Zeitraum bis
2019 - manifestiert hatte. Hingegen hat der BFH keine Anhaltspunkte
für das Bestehen eines dauernden, nicht mehr durch eine
Ergänzungsabgabe abdeckbaren (vorübergehenden)
Finanzbedarfs gesehen (BFH-Urteile in BFHE 234, 250, BStBl II 2012,
43 = SIS 11 25 93, Rz 26, betreffend Körperschaftsteuer 2007;
vom 21.07.2011 - II R 50/09, BFH/NV 2011, 1685 = SIS 11 29 45,
betreffend Einkommensteuer 2005).
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43
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Dies korrespondiert mit den überwiegenden
Auffassungen im Schrifttum (vgl. nur Kube, DStR 2017, 1792, 1793;
Wernsmann, Zeitschrift für Gesetzgebung - ZG - 2020, 181; a.A.
Frank, Verfassungsmäßigkeit und Zukunft des
Solidaritätszuschlags, 2019, S. 61, 90:
Höchsterhebungsdauer von fünf Jahren - in Anlehnung an
die mehrjährige Finanzplanung des Bundes i.S. des § 9
Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft, d.h. die Erhebung des
Solidaritätszuschlags wäre seit Ablauf des
Veranlagungszeitraums 1999 verfassungswidrig).
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ccc) Diese Grundsätze hat der BFH
später auf das Streitjahr 2011 übertragen (BFH-Urteile
vom 14.11.2018 - II R 63/15, BFHE 266, 133, BStBl II 2021, 184 =
SIS 19 20 50, betreffend Einkommensteuer 2011, und II R 64/15, BFHE
263, 35, BStBl II 2019, 289 = SIS 18 22 35, betreffend
Einkommensteuer 2011). Die für die Streitjahre bis 2007
angestellten Erwägungen hatten für das Streitjahr 2011
ihre Gültigkeit behalten.
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ddd) Für die Streitjahre 2020 und 2021
gilt - wenngleich weitere neun bzw. zehn Jahre verstrichen sind -
im Ergebnis nichts anderes.
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(1) Ob die besondere Rechtfertigung für
die Erhebung der Ergänzungsabgabe für
Veranlagungszeiträume ab 2020 entfallen ist, wird nicht
einheitlich beantwortet. Die überwiegende Auffassung im
Schrifttum bejaht dies (Papier in Festschrift Lehner, 2019, S. 511;
derselbe, Zeitschrift für Rechtspolitik - ZRP - 2018, 186;
Wernsmann, ZG 2020, 181; Wissenschaftlicher Beirat Steuern der
Ernst & Young GmbH, DStR 2014, 1309; Hoch, DStR 2018, 2410; G.
Kirchhof, DB 2021, 1039; Kube, Steuer und Wirtschaft - StuW - 2022,
3, 4; Drüen in:
Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art. 106 Rz 178 [213.
Aktualisierung September 2021]; wohl auch Selmer/Hummel in
Junkernheinrich/Korioth/Lenk/Scheller/Woisin, Jahrbuch für
öffentliche Finanzen 2013, S. 365). Nach der Gegenauffassung
ist die Rechtfertigung zur Erhebung des Solidaritätszuschlags
nicht entfallen (Tappe, ZRP 2018, 186; derselbe, NVwZ 2020, 517,
519; derselbe, StuW 2022, 6, 8; derselbe, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 9, S. 2 [= S. 167 von 183 des
Protokolls]; Deutscher Finanzgerichtstag e.V., Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 2, S. 4 [= S. 111 von 183 des
Protokolls]; Hechtner, Stellungnahme zur öffentlichen
Anhörung durch den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am
04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/57,
Anlage 7, S. 5 [= S. 146 von 183 des Protokolls]). Nach einer
vermittelnden Auffassung stellt sich die Fortführung des
Solidaritätszuschlags zwar als nicht mehr folgerichtig, dessen
Abschmelzung aber als verfassungsrechtlich tragbar dar (Kube, DStR
2017, 1792).
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(2) Der erkennende Senat ist nicht davon
überzeugt, dass die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen
für die Erhebung der Ergänzungsabgabe im Streitzeitraum
entfallen sind.
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(a) Der - als fiskalische Begrenzung
fungierende (vgl. auch Hidien in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK,
Art. 106 Rz 1431 [103. Aktualisierung Dezember 2002]) - von der
Normallage abweichende Finanzbedarf des Bundes (d.h. die
fiskalische Ausnahmelage, vgl. nur Woitok, StuW 2021, 17, 23;
Wernsmann, ZG 2020, 181, 185; Bartone in Festschrift Rudolf Wendt,
2015, S. 739, 744) ist derzeit auch noch gegeben. Denn der
wiedervereinigungsbedingte Finanzbedarf des Bundes besteht auch in
den Jahren 2020 und 2021 fort. In diesem Zusammenhang hat die
Vorinstanz zu Recht auf die Ausführungen des Gesetzgebers zur
Begründung der Fortführung des (abgeschmolzenen)
Solidaritätszuschlags Ende 2019 hingewiesen. Nach der
Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum Gesetz zur
Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 hat der
Bund „weiterhin einen wiedervereinigungsbedingten
zusätzlichen Finanzierungsbedarf, etwa im Bereich der
Rentenversicherung, beim Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz, für den
Arbeitsmarkt sowie für andere überproportionale
Leistungen aus dem Bundeshaushalt für die ostdeutschen
Bundesländer (bisheriger Korb II des Solidarpakts II). Die
Mittel, die bisher zur Überwindung der Folgen der deutschen
Teilung aufgewendet worden sind, übersteigen das durch den
Solidaritätszuschlag erzielte Aufkommen. Das Aufkommen des
Solidaritätszuschlags von 1995 bis 2016 betrug etwa 275 Mrd.
Euro. Hingegen beliefen sich allein die Ausgaben des Bundes aus den
Solidarpakten I und II bis 2016, dem Bundesanteil für den
‘Fonds Deutsche Einheit’ und das vom
Bund übernommene Defizit der Treuhandanstalt auf insgesamt 383
Mrd. Euro. Die (damalige) Bundesregierung ging davon aus, dass auch
der fortgeführte Teil der Ergänzungsabgabe die
fortbestehenden Lasten nicht vollständig decken
wird.“ (BT-Drucks. 19/14103, S. 1).
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Diese legislative Begründung reicht aus
(gleicher Ansicht Deutscher Finanzgerichtstag e.V., Stellungnahme
zur öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 2, S. 4 [= S. 111 von 183 des
Protokolls]: keine eindeutigen und offensichtlich feststehenden
Anhaltspunkte für eine beabsichtigte dauerhafte Finanzierung;
Hechtner, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung durch
den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 04.11.2019,
Kurzprotokoll der 57. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 7, S. 4
[= S. 145 von 183 des Protokolls]; Tappe, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 9, S. 7 [= S. 172 von 183 des
Protokolls]). Der Gesetzgeber hat einen fortbestehenden
wiedervereinigungsbedingten erhöhten Finanzbedarf in der
Gesetzesbegründung schlüssig dargelegt (vgl. auch
BT-Drucks. 17/10933, Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine
Anfrage, Ausmaß der finanziellen Zusatzlasten durch die
Wiedervereinigung Deutschlands, S. 2: „Zur Finanzierung
des Gesamtvolumens der seitens des Bundes in vorher nicht gekannten
Dimensionen unternommenen Aufbauanstrengungen hat der
Solidaritätszuschlag jedoch zu keinem Zeitpunkt ausgereicht.
Diese Belastungen beschränken sich nicht nur auf die (...)
Bundesergänzungszuweisungen an die neuen Bundesländer,
die damit allein kein Maßstab für den Bestand des
Solidaritätszuschlags sein können. (...) Die Finanzlage
des Bundes ist weiterhin - auch aufgrund der immer noch bestehenden
Vereinigungslasten - angespannt, so dass auf die Finanzmittel aus
dem Solidaritätszuschlag nicht verzichtet werden
kann.“; s.a. Jahresbericht der
Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit, 2020, S. 15:
„Unterschiede zwischen den neuen und den alten
Ländern bestehen trotz aller Erfolge auch
fort“). Die Anforderungen an die
Begründung des Bedarfs durch den Gesetzgeber sind nicht zu
hoch zu stecken (BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43 =
SIS 11 25 93, Rz 19; Hidien in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art. 106 Rz
1431 [103. Aktualisierung Dezember 2002]; Kube, DStR 2017,
1792, 1796 und 1798; Frank, a.a.O., S. 95; vgl. auch Woitok, StuW
2021, 17, 26). Dies gilt selbst dann, wenn man angesichts der
langen Erhebungsdauer des Solidaritätszuschlags eine
gesteigerte Rechtfertigungslast des Gesetzgebers befürworten
wollte (dazu Kube, Verfassungsrechtliche Problematik der
fortgesetzten Erhebung des Solidaritätszuschlags,
Rechtsgutachten im Auftrag der Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft, 2017, S. 15; derselbe, DStR 2017, 1792, 1798;
derselbe, StuW 2022, 3; Wernsmann, ZG 2020, 181, 187; Heintzen in
von Münch/Kunig, GGK, 7. Aufl., Rz 21 zu Art. 106). Eine
„regionale Aufschlüsselung“
des Bedarfs ist - entgegen der Revision - nicht erforderlich. Dies
würde die verfassungsrechtlichen Anforderungen
überspannen. Damit kann jedenfalls in den beiden Streitjahren
2020 und 2021 nicht von einer - der weiteren Erhebung der
Ergänzungsabgabe entgegenstehenden - Zweckerreichung (durch
Wegfall des Bedarfsgrundes; vgl. Hidien/Tehler, StBW 2010, 458,
461) ausgegangen werden.
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(b) Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten
werden, dass es sich bei den vom Gesetzgeber explizit genannten
Bedarfen um sog. Daueraufgaben handelt (so aber Wernsmann, ZG 2020,
181, 186; vgl. auch Bundesrechnungshof, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 4, S. 3 [= S. 120 von 183 des
Protokolls]: „finanzverfassungsrechtliche
Normallage“ bzw. „keine
schwierige Haushaltslage“; G. Kirchhof, DB
2021, 1039, 1040: „gängige Leistungen im
solidarischen Bundesstaat“; kritisch zu
„allgemeinen Aufwendungen der Haushaltsführung des
Bundes“ auch Wissenschaftlicher Beirat
Steuern der Ernst & Young GmbH, DStR 2014, 1309, 1312). Dieser
Einwand mag für die Rentenversicherung und für das
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz berechtigt
sein, aber nicht zwangsläufig für den Arbeitsmarkt und
die in der Gesetzesbegründung angesprochenen anderen
überproportionalen Leistungen aus dem Bundeshaushalt für
die ostdeutschen Bundesländer.
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(c) Mit der Annahme eines fortbestehenden
Rechtfertigungsgrundes für die Ergänzungsabgabe
korrespondiert die dem Gesetz zur Rückführung des
Solidaritätszuschlags 1995 zugrunde liegende Erwägung
eines sinkenden Finanzbedarfs (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234, 250,
BStBl II 2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz 26). Der Mittelbedarf sollte
nach der Einschätzung des Gesetzgebers zwar bis zum Jahr 2019
erheblich sinken, aber eben noch nicht vollständig wegfallen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Rückführung des
Solidaritätszuschlags (schrittweiser Abbau durch Anhebung der
Freigrenze gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2
SolZG 1995 und der Milderungszone gemäß § 4 Satz 2
SolZG 1995) ab 2021 und der vom Gesetzgeber in Aussicht gestellte
Wegfall der Ergänzungsabgabe zu einem späteren Zeitpunkt
als folgerichtige Reaktion des Steuergesetzgebers dar (vgl. dazu -
wenngleich eine „nahtlose“
Abschmelzung ab 2020 fordernd - Kube, Verfassungsrechtliche
Problematik der fortgesetzten Erhebung des
Solidaritätszuschlags, Rechtsgutachten im Auftrag der
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, 2017, S. 16; derselbe,
Verfassungsrechtliche Würdigung der koalitionsvertraglichen
Aussagen zum Solidaritätszuschlag, Kurzgutachten im Auftrag
der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, 2018, S. 5 und DStR
2017, 1792, 1798: „Weil die Grenzen hier fließend
sein können, sich ein zunächst bestehender
Rechtfertigungsgrund zur Erhebung einer Ergänzungsabgabe also
graduell verflüchtigen kann, kommt als Rechtsfolge insoweit
auch das verfassungsrechtliche Gebot in Betracht, eine
Ergänzungsabgabe innerhalb einiger Veranlagungszeiträume
abzuschmelzen.“; Gutachten des
Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung
über den Abbau des Solidaritätszuschlags, S. 22:
gestreckter Abbau bis zum Ende des neuen Finanzplanungszeitraums im
Jahr 2023; Stellungnahme des Sachverständigen Eigenthaler in
der öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, S. 21 [= S. 21 von 183 des Protokolls]; anders
dagegen Drüen in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art. 106 Rz
178 [213. Aktualisierung September 2021]; vgl. auch Hey, NJW 2021,
2777, 2778: „nur im Kontext des Auslaufens des
Wiedervereinigungs-SolZ erklärlich“).
Auf diese Weise kann ein
„Hinübergleiten“ (Gutachten
des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der
Verwaltung über den Abbau des Solidaritätszuschlags, S.
16) bzw. „Hineinwachsen“ in die
Verfassungswidrigkeit (Meßbacher-Hönsch, HFR 2011, 1006)
vermieden werden. Hingegen führt die Abschmelzung nach Ansicht
des Senats nicht dazu, dass sie den zuvor bejahten besonderen
Finanzbedarf in grundsätzlicher Weise in Frage stellt (so aber
Loritz, Stellungnahme zum öffentlichen Fachgespräch beim
Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 27.06.2018,
Wortprotokoll der 14. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/14, Anlage 4, S. 4
[= S. 64 von 118 des Protokolls]; Hoch, DStR 2018, 2410, 2415). Ein
widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers vermag der Senat
- entgegen der Ansicht der Kläger - nicht zu erkennen.
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Dem steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber
bislang noch keine konkrete
„Ausstiegsperspektive“ genannt
hat (vgl. auch die Stellungnahmen der Sachverständigen
Holznagel und Peteranderl zur öffentlichen Anhörung durch
den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 04.11.2019,
Kurzprotokoll der 57. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/57, S. 6 [= S. 6
von 183 des Protokolls]; Bund der Steuerzahler e.V., Stellungnahme
zur öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 3, S. 3 [= S. 115 von 183 des
Protokolls]; Drüen in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art.
106 Rz 175 [213. Aktualisierung September 2021]). Aus dem Gesetz
zur „Rückführung“ des
Solidaritätszuschlags 1995 und dem vorangegangenen
Gesetzgebungsverfahren wird hinreichend deutlich, dass der
Gesetzgeber den Solidaritätszuschlag nicht zeitlich unbegrenzt
erheben will, sondern nur noch für eine Übergangszeit.
Die Zurückführung des Solidaritätszuschlags ist
erklärtermaßen „im Hinblick auf einen
späteren vollständigen Abbau des
Solidaritätszuschlags“ erfolgt (vgl.
die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung,
BT-Drucks. 19/14103, S. 2, 9 und 11; Hechtner, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 7, S. 1 [= S. 142 von 183 des
Protokolls]:
„Einstieg in den Ausstieg“.
Mit dieser Absichtserklärung bleibt der Gesetzgeber innerhalb
des ihm zustehenden (weiten) Beurteilungsrahmens (kritisch Seer in
Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl., Kap. 2,
Finanzverfassungsrechtliche Grundlagen der Steuerrechtsordnung, Rz
2.6: „unverbindliche Aussicht“;
Kube, Verfassungsrechtliche Würdigung der
koalitionsvertraglichen Aussagen zum Solidaritätszuschlag,
Kurzgutachten im Auftrag der Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft, 2018, S. 5, 8: „unzureichende
Vorzeichnung des Abbaupfads“; derselbe,
StuW 2022, 3, 4).
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(d) Zwar war der Gesetzgeber zunächst
davon ausgegangen, dass die Wiedervereinigung in
finanzverfassungsrechtlicher Sicht im Jahr 2020 bewältigt sein
wird (vgl. BMF (Hg.), Finanzbericht 2001, S. 49; Bauer in
Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, 3. Aufl. 2003,
§ 14 Rz 23). Diese Prognose hat sich nicht bestätigt. Die
Fehleinschätzung ist allerdings vom Beurteilungs- und
Prognosespielraum des Gesetzgebers gedeckt. Die Entscheidung
darüber, welche Aufgaben in Angriff genommen und wie sie
finanziert werden sollen, gehört zur Gestaltungsfreiheit des
Gesetzgebers, die sich grundsätzlich der
(bundesverfassungs-)gerichtlichen Nachprüfung entzieht
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.c). Dabei teilt der erkennende Senat die Ansicht
der Vorinstanz, dass dem Gesetzgeber - vor allem im Hinblick auf
die Laufzeit der Ergänzungsabgabe - ein sehr weiter
Gestaltungsspielraum zusteht (ebenso Tappe, Stellungnahme zum
öffentlichen Fachgespräch beim Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 27.06.2018, Wortprotokoll der 14. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/14, Anlage 7, S. 6 [= S. 100 von 118 des
Protokolls]).
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(3) Allein der eingetretene Zeitablauf seit
Einführung des Solidaritätszuschlags 1995 von 26 (2020)
bzw. 27 (2021) Jahren führt zu keinem anderen Ergebnis.
Vielmehr hat das BVerfG festgestellt, es sei bei den Beratungen zum
Finanzverfassungsgesetz bedacht worden, dass sich aus der
Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern auch
für längere Zeit ein Mehrbedarf - allein - des Bundes
ergeben könne, dessen Deckung durch eine Erhöhung der
Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer die
Steuerpflichtigen unnötig belasten und konjunkturpolitisch
unerwünscht sein könne, wenn eine Erhöhung der
steuerlichen Gesamtbelastung vom Standpunkt der Länder nicht
erforderlich sei (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 32, 333,
BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.c; in BFH/NV 2010,
2217 = SIS 10 30 99, Rz 17). Dieser Erwägung läuft es
zuwider, die Erhebung einer Ergänzungsabgabe über mehr
als 25 Jahre von vornherein auszuschließen (tendenziell a.A.
Bartone in Festschrift Rudolf Wendt, 2015, S. 739, 760; Frank,
a.a.O., S. 90: Höchsterhebungsdauer von fünf Jahren).
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Dies wird untermauert durch den Umstand, dass
es sich bei der finanzverfassungsrechtlichen Integration der neuen
Bundesländer um eine
„Generationenaufgabe“ handelt
(vgl. Bauer in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. I,
3. Aufl. 2003, § 14 Rz 24; s.a. den Entschließungsantrag
zu der dritten Beratung des Entwurfs des
Maßstäbegesetzes, BT-Drucks. 14/6577, S. 2). Zwischen
zwei Generationen liegt - demografisch betrachtet - ein Zeitraum
von etwa 30 Jahren (sog. Generationenabstand, vgl. Bundesinstitut
für Bevölkerungsforschung, Bevölkerungsentwicklung
2016, S. 12). Dies deckt sich mit dem allgemeinen Sprachgebrauch.
Vor diesem Hintergrund ist die Erhebung einer Ergänzungsabgabe
über einen Zeitraum von 26 bzw. 27 Jahren (noch) nicht zu
beanstanden.
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56
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Wenn das BVerfG herausstellt, dass sich
umfangreiche Projekte und Reformvorhaben wie z.B. der Aufbau der
Bundeswehr und der Ausbau des Bildungswesens über viele Jahre
erstrecken und dementsprechend auch ihre Finanzierung für
mehrere Haushaltsperioden geplant werden müsse (vgl.
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.c; kritisch dazu Wissenschaftlicher Beirat Steuern
der Ernst & Young GmbH, DStR 2014, 1309, 1313), erscheint ein
Zeitraum von bis zu 30 Jahren zwar nicht zu lang, aber jedenfalls
als ausreichend für die Bewältigung der - ungleich
größeren (historischen) Aufgabe der - Wiedervereinigung.
Wenngleich der Finanzbedarf, der einer Ergänzungsabgabe
zugrunde liegt, nur vorübergehender Natur sein darf, besteht
im Hinblick auf den Begriff
„vorübergehend“ ein weiter
zeitlicher Spielraum (gleicher Ansicht Gutachten des
Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung
über den Abbau des Solidaritätszuschlags, S. 15). Ein
vorübergehender Mehrbedarf des Bundes kann sich auf sehr lange
Zeiträume erstrecken (Wernsmann, ZG 2020, 181, 186). Dies kann
bei einer „Generationenaufgabe“
wie der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den
alten und neuen Bundesländern ein Zeitraum von bis zu 30
Jahren sein.
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57
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Mit Ablauf dieses Zeitraums kann der
Gesetzgeber verfassungsrechtlich gehalten sein, zu
überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung
für die Erhebung der Ergänzungsabgabe auch unter nunmehr
geänderten Umständen aufrechtzuerhalten oder die
Ergänzungsabgabe aufzuheben ist (zur Prüfungspflicht bei
einer Änderung der Verhältnisse bezogen auf eine
Änderung des Zinsniveaus vgl. auch Senatsbeschluss vom
25.04.2018 - IX B 21/18, BFHE 260, 431, BStBl II 2018, 415 = SIS 18 06 23, Rz 37). Die Grenze zur Daueraufgabe bzw. zur
Schließung einer dauerhaften Finanzierungslücke
(Dauerfinanzierungsinstrument), die mit einer Zweckverfehlung der
Ergänzungsabgabe verbunden wäre (Hidien/Tehler, StBW
2010, 458, 461), ist daher in den beiden Streitjahren noch nicht
überschritten.
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(4) In Übereinstimmung mit der Vorinstanz
geht der erkennende Senat - entgegen der wohl herrschenden
Auffassung im Schrifttum (Papier in Festschrift Lehner, 2019, S.
511; derselbe, ZRP 2018, 186; Wernsmann, ZG 2020, 181;
Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DStR
2014, 1309; Hoch, DStR 2018, 2410; Drüen in:
Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art. 106 Rz 178 [213.
Aktualisierung September 2021]; wohl auch Selmer/Hummel in
Junkernheinrich/Korioth/Lenk/Scheller/Woisin, Jahrbuch für
öffentliche Finanzen 2013, S. 365) - nicht davon aus, dass der
- unbefristet erhobene - Solidaritätszuschlag bereits mit dem
Auslaufen des Solidarpakts II (durch Außerkrafttreten des
Maßstäbegesetzes - MaßstG - vom 09.09.2001, BGBl I
2001, 2302, § 15 MaßstG, und des
Finanzausgleichsgesetzes - FAG - [s. Art. 5 des
Solidarpaktfortführungsgesetzes vom 20.12.2001, BGBl I 2001,
3955], § 20 FAG) am 31.12.2019 sowie der Neuregelung des
Länderfinanzausgleichs seine Rechtfertigung verloren hat
(gleicher Ansicht Loritz, Stellungnahme zum öffentlichen
Fachgespräch beim Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am
27.06.2018, Wortprotokoll der 14. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/14,
Anlage 4, S. 3 [= S. 63 von 118 des Protokolls]; Frank, a.a.O., S.
92 ff.). Denn eine zwingende rechtliche oder gar rechtstechnische
Bindung besteht nicht (vgl. Ausarbeitung der Wissenschaftlichen
Dienste des Deutschen Bundestags zur
Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags - WD
4 - 3000 - 099/19, S. 16; Tappe, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 9, S. 6 [= S. 171 von 183 des
Protokolls]; a.A. Hoch, DStR 2018, 2410, 2413; Papier,
Rechtswissenschaftliches Gutachten zur verfassungsrechtlichen
Beurteilung der Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020, S.
7; vgl. auch Drüen in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art.
106 Rz 178:
„Zweckverknüpfung“ [213.
Aktualisierung September 2021]). Der Solidaritätszuschlag
stellt keine Zwecksteuer dar. Die Verknüpfung mit den
finanziellen Lasten der Wiedervereinigung ist lediglich ideeller
Art (Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DStR
2014, 1309, 1310) bzw. politischer Natur (Waldhoff in
Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, 3. Aufl.,
§ 116 Rz 139: „politische
Verwendungsabsicht“; Tappe, Stellungnahme
zum öffentlichen Fachgespräch beim Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 27.06.2018, Wortprotokoll der 14. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/14, Anlage 7, S. 5 [= S. 99 von 118 des
Protokolls]; Bartone in Festschrift Rudolf Wendt, 2015, S. 739,
760; Wernsmann, ZG 2020, 181, 184; s.a. Hechtner, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 7, S. 2 (= S. 143 von 183 des
Protokolls): „ökonomischer
Themenzusammenhang“; Rohde/Geschwandtner,
NJW 2006, 3332, 3334). Mit der Neuordnung der bundesstaatlichen
Finanzbeziehungen ist damit auch keine unumstößliche
Vorentscheidung über das Fehlen eines ungedeckten finanziellen
Mehrbedarfs des Bundes getroffen worden (Selmer/Hummel in
Junkernheinrich/Korioth/Lenk/Scheller/Woisin, Jahrbuch für
öffentliche Finanzen 2013, S. 365, 379; Wissenschaftlicher
Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DStR 2014, 1309, 1312; a.A.
Drüen in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art. 106 Rz 178
[213. Aktualisierung September 2021]: (neues) FAG dokumentiert den
Entfall des ursprünglichen Erhebungsanlasses).
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(5) Da der ursprüngliche Gesetzeszweck
für die Einführung des Solidaritätszuschlags auch in
den Jahren 2020 und 2021 noch nicht entfallen ist, weil in diesem
Zeitraum ein Mehrbedarf des Bundes zur Finanzierung der Ausgaben im
Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit noch
besteht, kommt es auf eine mögliche
„Umwidmung“ des
Solidaritätszuschlags für andere Zwecke nicht an (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43 = SIS 11 25 93, Rz
28; zur Umwidmung in eine Ergänzungsabgabe zur
Bewältigung der COVID-19-Pandemie vgl. Woitok, StuW 2021, 17;
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2022 - 10 K 1693/21,
EFG 2022, 1397 = SIS 22 11 11, Rz 82 ff., Revision unter IX R 9/22
anhängig). Die Frage der Zulässigkeit sowie die
Voraussetzungen und Grenzen einer solchen
„Umwidmung“ können daher
offenbleiben.
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b) Das SolZG 1995 i.d.F. durch Art. 4 des 2.
FamEntlastG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1,
Art. 6 Abs. 1 oder Art. 14 GG.
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aa) Wenngleich rund 90 % der Steuerpflichtigen
seit dem Veranlagungszeitraum 2021 vom Solidaritätszuschlag
freigestellt sind (BT-Drucks. 19/14103, S. 2, 11; vgl. auch Hey,
NJW 2021, 2777, 2779:
„SolZ-Stumpf“), ergibt sich
daraus kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
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62
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aaa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3
Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für
ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche
Begünstigungen. Dabei ist es grundsätzlich Sache des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, die er mit
gleichen Rechtsfolgen belegt und damit als „wesentlich
gleich“ qualifiziert. Diese Auswahl muss
jedoch sachgerecht in Bezug auf die jeweils betroffenen
unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche erfolgen (vgl. z.B.
BVerfG-Beschlüsse vom 12.02.2003 - 2 BvL 3/00, BVerfGE 107,
218; vom 23.05.2006 - 1 BvR 1484/99, BVerfGE 115, 381; vom
08.12.2021 - 2 BvL 1/13, HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz 51). Je
nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich
aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen
für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot
bis zu einer strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen.
Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch
Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß
der Ungleichbehandlung angemessen sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 29.03.2017 - 2
BvL 6/11, BVerfGE 145, 106, BStBl II 2017, 1082 = SIS 17 08 86; vom
19.11.2019 - 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2
BvL 26/14, 2 BvL 27/14, BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, m.w.N.; in
HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz 52; s. zum Ganzen
BFH-Vorlagebeschluss vom 17.11.2020 - VIII R 11/18, BFHE 271, 399,
BStBl II 2021, 562 = SIS 21 08 94, Rz 34).
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63
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Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt,
wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache
ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für
eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden
lässt (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 05.10.1993 - 1 BvL
34/81, BVerfGE 89, 132, und vom 18.07.2005 - 2 BvF 2/01, BVerfGE
113, 167, unter C.IV.2.). Willkür des Gesetzgebers liegt zwar
nicht schon dann vor, wenn er unter mehreren Lösungen nicht
die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste
gewählt hat. Es genügt aber Willkür im objektiven
Sinn, d.h. die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit
der Regelung in Bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand.
Der Spielraum des Gesetzgebers endet dort, wo die ungleiche
Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am
Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar
ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche
Differenzierung fehlt (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE
89, 132, unter C.I.; in BVerfGE 145, 106, BStBl II 2017, 1082 = SIS 17 08 86, Rz 101, m.w.N.; in HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz 53;
s. zum Ganzen BFH-Vorlagebeschluss in BFHE 271, 399, BStBl II 2021,
562 = SIS 21 08 94, Rz 36).
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64
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Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann
sich insbesondere ergeben, wenn und soweit sich die
Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die
Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken
kann (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 98). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen
Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche
Differenzierung anknüpft, für Einzelne verfügbar
sind (vgl. nur BVerfG-Beschluss in HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz
54, m.w.N.).
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bbb) Dem Steuergesetzgeber belässt Art. 3
Abs. 1 GG bei der Auswahl des Steuergegenstands ebenso wie bei der
Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden
Entscheidungsspielraum. Der Gleichheitssatz bindet ihn an den
Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die Belastung mit
Finanzzwecksteuern an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
auszurichten (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 152, 274 = SIS 20 01 16, Rz 99 f.). Das gilt insbesondere im Einkommensteuerrecht,
das auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen
Steuerpflichtigen hin angelegt ist (vgl. nur BVerfG-Beschluss in
HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz 55, m.w.N.).
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66
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Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener
steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden,
Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich
hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während
(in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im
Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem
Gerechtigkeitsgebot genügen muss (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom
09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08,
BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42; BVerfG-Beschluss vom 15.12.2015 -
2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 = SIS 16 06 95). Unter dem Gebot
möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen
Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen
Ausgangstatbestands folgerichtig im Sinne von belastungsgleich
erfolgen (BVerfG-Beschlüsse vom 11.11.1998 - 2 BvL 10/95,
BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502 = SIS 99 08 48; in BVerfGE 152,
274 = SIS 20 01 16, Rz 100). Ausnahmen von einer belastungsgleichen
Ausgestaltung der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen
gesetzgeberischen Entscheidung (folgerichtigen Umsetzung des
steuerrechtlichen Ausgangstatbestands) bedürfen eines
besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art
und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG-Beschluss in
HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz 56, m.w.N.).
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67
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Der rein fiskalische Zweck staatlicher
Einnahmenerhöhung ist nicht als besonderer sachlicher Grund im
vorgenannten Sinne anzuerkennen (BVerfG-Beschluss in HFR 2022, 269
= SIS 22 00 36, Rz 59, m.w.N.; s. zum Ganzen BFH-Vorlagebeschluss
in BFHE 271, 399, BStBl II 2021, 562 = SIS 21 08 94, Rz 37). Ein
solcher Grund kann dagegen in der Verfolgung von Förderungs-
oder Lenkungszwecken liegen. Denn der Gesetzgeber ist
grundsätzlich nicht gehindert, mit Hilfe des Steuerrechts aus
Gründen des Gemeinwohls außerfiskalische Förder-
und Lenkungsziele zu verfolgen. Er darf nicht nur durch Ge- und
Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf
Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der
Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten
Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung
eines unerwünschten Verhaltens oder durch steuerliche
Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein
finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder
Unterlassen zu entscheiden. In der Entscheidung darüber,
welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert
werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (vgl. z.B.
BVerfG-Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, BStBl
II 2015, 50 = SIS 15 00 45, Rz 125). Insbesondere verfügt er
über einen großen Spielraum bei der Einschätzung,
welche Ziele er für förderungswürdig hält. Er
darf Verschonungen von der Steuer vorsehen, sofern er ansonsten
unerwünschte, dem Gemeinwohl unzuträgliche Effekte einer
uneingeschränkten Steuererhebung befürchtet
(BVerfG-Beschluss in HFR 2022, 269 = SIS 22 00 36, Rz 60 bis 62,
m.w.N.).
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Förderungs- und Lenkungsziele sind
allerdings nur dann geeignet, rechtfertigende Gründe für
steuerliche Be- oder Entlastungen zu liefern, wenn entweder Ziel
und Grenze der Lenkung mit hinreichender Bestimmtheit
tatbestandlich vorgezeichnet sind oder das angestrebte
Förderungs- oder Lenkungsziel jedenfalls von einer erkennbaren
gesetzgeberischen Entscheidung getragen wird (vgl. z.B.
BVerfG-Beschluss vom 22.06.1995 - 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121,
BStBl II 1995, 655 = SIS 95 17 08).
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ccc) In Anwendung dieser Grundsätze
erweist sich die in der Staffelung des Solidaritätszuschlags
ab 2021 liegende Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen als
gerechtfertigt.
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(1) Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer
an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet
sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte
zulässig und geboten. Deshalb kann der Gesetzgeber auch bei
der Ergänzungsabgabe, die im wirtschaftlichen Ergebnis eine
Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, solchen
Erwägungen Rechnung tragen (vgl. BVerfG-Beschlüsse in
BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.a;
vom 02.10.1973 - 1 BvR 345/73, BVerfGE 36, 66, BStBl II 1973, 878 =
SIS 73 04 85, unter II.2.d, zum Stabilitätszuschlag als
Einkommensteuer). Der Finanzierungszweck als Hauptzweck der
Abgabenerhebung schließt es nicht aus, dass der Gesetzgeber
zugleich Lenkungszwecke und/oder sozialpolitische Zwecke verfolgt
(Hidien/Tehler, StBW 2010, 458, 459; Hidien in:
Kahl/Waldhoff/Walter (Hg.), BK, Art. 106 Rz 1433 [103.
Aktualisierung Dezember 2002]; Papier, Rechtswissenschaftliches
Gutachten zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Erhebung des
Solidaritätszuschlags ab 2020, S. 25; Frank, a.a.O., S. 70,
111). Dies gilt für die Einkommensteuer und die
Körperschaftsteuer gleichermaßen wie für die
Ergänzungsabgabe. Dabei können die Maßstäbe
und Kriterien durchaus differieren (Papier,
Rechtswissenschaftliches Gutachten zur verfassungsrechtlichen
Beurteilung der Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020, S.
26).
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Vor diesem Hintergrund ist die ab 2021
bestehende Staffelung des Solidaritätszuschlags (Freigrenze
mit Gleitzone) gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist
im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG)
gerechtfertigt (vgl. auch BVerfG-Beschluss in BVerfGE 29, 402,
BStBl II 1971, 39 = SIS 71 00 24, unter B.III.2.a, zum
Konjunkturzuschlag als Abgabe nichtsteuerlicher Art). Es liegen -
im Hinblick auf Differenzierungsziel und Ausmaß der
Ungleichbehandlung - angemessene sachliche Gründe vor, die
eine willkürliche Differenzierung ausschließen (ebenso
Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen
Bundestags zur Verfassungsmäßigkeit des
Solidaritätszuschlags - WD 4 - 3000 - 099/19, S. 20;
Brandis/Heuermann/Lindberg, § 1 SolZG Rz 1a; Tappe,
Stellungnahme zum öffentlichen Fachgespräch beim
Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 27.06.2018,
Wortprotokoll der 14. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/14, Anlage 7, S. 9
[= S. 103 von 118 des Protokolls]; derselbe, NVwZ 2020, 517, 519;
a.A. Hoch, DStR 2018, 2410, 2414; Papier in Festschrift Lehner,
2019, S. 511, 515; G. Kirchhof, DB 2021, 1039, 1040; Loritz,
Stellungnahme zum öffentlichen Fachgespräch beim
Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 27.06.2018,
Wortprotokoll der 14. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/14, Anlage 4, S. 4
[= S. 64 von 118 des Protokolls]; kritisch auch Kube, DStR 2017,
1792, 1800; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, Kommentar zum
Grundgesetz, 15. Aufl., Art. 106 Rz 33; Heintzen in von
Münch/Kunig, GGK, 7. Aufl., Rz 21 zu Art. 106).
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(2) Der sog. Abschmelzung kann nicht mit
Erfolg entgegengehalten werden, dass sich die Staffelung nicht
unmittelbar aus dem Erhebungszweck der Abgabe (Finanzierung der
deutschen Wiedervereinigung) ergebe (vgl. Kube,
Verfassungsrechtliche Problematik der fortgesetzten Erhebung des
Solidaritätszuschlags, Rechtsgutachten im Auftrag der
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, 2017, S. 20; derselbe,
Verfassungsrechtliche Würdigung der koalitionsvertraglichen
Aussagen zum Solidaritätszuschlag, Kurzgutachten im Auftrag
der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, 2018, S. 5; derselbe,
DStR 2017, 1792, 1800 und StuW 2022, 3, 3; G. Kirchhof, DB 2021,
1039, 1040). Warum eine entsprechende soziale Staffelung bei der
Einkommensteuer verfassungskonform sein soll (vgl. Tappe in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 32a Rz A 138), beim
Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe hingegen nicht,
erschließt sich dem Senat nicht. Denn letztlich dient jede
Steuer einem Finanzierungszweck und dieser steht einer
entsprechenden Staffelung nicht entgegen (Tappe, Stellungnahme zum
öffentlichen Fachgespräch beim Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 27.06.2018, Wortprotokoll der 14. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/14, Anlage 7, S. 9 [= S. 103 von 118 des
Protokolls]).
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(3) Auch ein verfassungswidriger,
intransparenter Formenmissbrauch ist nicht gegeben (so aber Papier,
Rechtswissenschaftliches Gutachten zur verfassungsrechtlichen
Beurteilung der Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020, S.
27; Hoch, DStR 2018, 2410, 2414). Denn der Tarifverlauf des
Solidaritätszuschlags muss für sich betrachtet werden. Es
handelt sich um eine selbständige Steuer (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 32, 333, BStBl II 1972, 408 = SIS 72 02 39, unter C.I.3.a;
Frank, a.a.O., S. 21, 36, 110; Brandis/Heuermann/Lindberg, § 1
SolZG Rz 1a; Tappe, NVwZ 2020, 517, 520; Tappe, StuW 2022, 6, 8).
Eine Änderung des Tarifverlaufs des Solidaritätszuschlags
bewirkt nicht zugleich eine Korrektur der einkommensteuerlichen
Belastungen (Tappe, Stellungnahme zur öffentlichen
Anhörung durch den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am
04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/57,
Anlage 9, S. 14 [= S. 179 von 183 des Protokolls]).
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bb) Soweit die Kläger geltend machen, die
Erhebung des Solidaritätszuschlags auf die Kapitalertragsteuer
(§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG 1995) verstoße gegen Art. 3 Abs.
1 GG, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die
Kläger insofern nicht auf eine Ungleichbehandlung berufen
können, da alle ihre Einkünfte der Einkommensteuer und
damit dem Solidaritätszuschlag unterliegen. Ebenso wenig
können sie sich mit Erfolg auf die Nichtanwendbarkeit der
Freigrenze auf die Einkommensteuer nach § 32d Abs. 3 und 4
EStG (§ 3 Abs. 3 Satz 2 SolZG 1995) berufen. In diesem
Zusammenhang ist im Verfahren zu Recht darauf hingewiesen worden,
dass der Solidaritätszuschlag nur an die im
Einkommensteuerrecht vorgefundene Differenzierung anknüpft und
§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG 1995 den Abgeltungsteuertarif
aufgreift. Zudem sind die Zuschlagsteuern auch in die
Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG
einzubeziehen (vgl. dazu Hechtner, Stellungnahme zur
öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuss des
Deutschen Bundestags am 04.11.2019, Kurzprotokoll der 57. Sitzung,
Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 7, S. 9 [= S. 150 von 183 des
Protokolls]).
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75
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cc) Ferner kann der Senat keinen Verstoß
gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Zwar mag
sich aus der Ausgestaltung des Solidaritätszuschlags ab 2021
ergeben, dass in bestimmten Fällen die Einzelveranlagung -
aufgrund besserer Ausnutzung der Freigrenze (§ 3 Abs. 3 Satz 1
SolZG 1995) - günstiger ist als die Zusammenveranlagung (dazu
Broer, Wirtschaftsdienst 2019, 697, 700). Derartige Reflexwirkungen
sind jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie stellen
eine Folge der Wirkungsweise des Ehegattensplittings (§ 32a
Abs. 5 EStG) dar. Ihnen kann durch (Nicht-)Ausübung des
Wahlrechts nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG begegnet werden (vgl.
Tappe, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung durch den
Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 04.11.2019,
Kurzprotokoll der 57. Sitzung, Protokoll-Nr. 19/57, Anlage 9, S. 13
[= S. 178 von 183 des Protokolls]; s.a. Stöwhase/Teuber,
Wirtschaftsdienst 2019, 871, zur vergleichbaren Problematik bei dem
bis einschließlich 2020 geltenden Solidaritätszuschlag).
Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Zusammenveranlagung
stets günstiger als die Einzelveranlagung auszugestalten (vgl.
zur Wahlrechtsausübung im Fall von Zuschlagsteuern
BVerfG-Beschluss vom 20.04.1966 - 1 BvR 16/66, BVerfGE 20, 40; FG
Münster, Urteil vom 08.02.2019 - 4 K 3907/16 Ki, juris = SIS 19 03 55, zum besonderen Kirchgeld).
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dd) Schließlich liegt kein Verstoß
gegen Art. 14 GG vor. Die Steuerbelastung fällt zwar in den
Schutzbereich der Eigentumsgarantie. Der Zugriff auf das durch Art.
14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum ist jedoch
verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil die Regelungen des SolZG
1995 als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S. von Art. 14 Abs. 1
Satz 2 GG die Belastung mit einem Solidaritätszuschlag
ermöglichen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1685 = SIS 11 29 45, Rz 45). Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist
nicht verletzt (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 18.01.2006 - 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 =
SIS 06 16 42). Eine
übermäßige Belastung geht mit einem Zuschlag von
5,5 % der Bemessungsgrundlage bei den hier betroffenen höheren
Einkommen nicht einher.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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