Nahe stehende Kapitalgesellschaft, vGA, formnichtiger Jahresabschluss, Wahlrecht: 1. Eine vGA an eine dem Gesellschafter nahe stehende Kapitalgesellschaft setzt nicht voraus, dass der Gesellschafter in der vorteilsgewährenden oder der empfangenden Kapitalgesellschaft eine beherrschende Stellung innehat. - 2. Wurde eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste, nicht vollwertige Darlehensforderung im Jahr der Darlehensgewährung fehlerhaft nicht wertberichtigt und wird die Wertberichtigung aufgrund des Grundsatzes des formellen Bilanzzusammenhangs in einem nachfolgenden Veranlagungszeitraum nachgeholt, so kann die Nachholung in dem nachfolgenden Veranlagungszeitraum zu einer vGA führen. - 3. Reicht der Steuerpflichtige mit der Steuererklärung zunächst einen formnichtigen Jahresabschluss ein und ersetzt er diesen später durch einen wirksamen Jahresabschluss, ist für die Übereinstimmung der steuerlichen mit der handelsrechtlichen Wahlrechtsausübung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG auf den wirksamen Jahresabschluss abzustellen. - Urt.; BFH 8.10.2008, I R 61/07; SIS 09 03 36
A. Streitpunkte sind, ob Wertberichtigungen
auf Darlehensforderungen der Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) als verdeckte
Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln sind und ob im Rahmen
der Ersetzung einer nichtigen durch eine wirksame Handelsbilanz ein
auf der Grundlage der ursprünglichen Bilanz ausgeübtes
steuerbilanzielles Wahlrecht nunmehr abweichend ausgeübt
werden kann.
Die Klägerin, eine GmbH, ist seit
August 2003 Rechtsnachfolgerin der 1990 gegründeten X-GmbH,
die in den Streitjahren (1995 bis 1999) im Bereich der Entsorgung
von Bau- und Industrieabfällen tätig war. Gesellschafter
der X-GmbH waren zunächst A mit einem Anteil von 30 %, B mit
35 %, C mit 25 % und D mit 10 %. Nachdem der Gesellschaftsanteil
des C im Jahr 1996 eingezogen worden war, änderte sich die
Beteiligungsquote des A auf 40 %, die des B auf 46,7 % und die des
D auf 13,3 %. Geschäftsführer der X-GmbH waren in den
Streitjahren A und B. A, B und C waren außerdem mit
Beteiligungsquoten von jeweils 25 % Gesellschafter der 1991
gegründeten Y-GmbH; A und B waren bis April 1998
Geschäftsführer auch der Y-GmbH.
Die X-GmbH gewährte der Y-GmbH seit
1992 fortlaufend Kredite, für die teilweise weder Laufzeiten
noch Rückzahlungsmodalitäten vereinbart waren; von 1995
bis 1997 übernahm die X-GmbH auch laufende Verbindlichkeiten
der Y-GmbH. An Kreditzinsen berechnete die X-GmbH der Y-GmbH 8 %
p.a., auch soweit ein Zinssatz von 10 % p.a. vereinbart war. Ein im
September 1998 gestellter Antrag auf Eröffnung des
Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der
Y-GmbH wurde im April 1999 mangels Masse abgelehnt. In ihren
Bilanzen auf den 31.12.1995 und auf den 31.12.1998 nahm die X-GmbH
in Höhe der zu diesen Zeitpunkten offenen Darlehensforderungen
Teilwertabschreibungen (1995: 280.000 DM; 1998: 198.767 DM)
vor.
Im Rahmen einer Außenprüfung
reichte die X-GmbH Ende 2000/Anfang 2001 beim Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) neue Jahresabschlüsse
betreffend die Streitjahre 1995 bis 1998 ein, weil die
ursprünglich mit den Steuererklärungen vorgelegten
Jahresabschlüsse mangels nach § 316 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) erforderlicher Abschlussprüfungen
nichtig gewesen seien. In den neu vorgelegten Bilanzen machte sie
Sonderabschreibungen nach dem Gesetz über Sonderabschreibungen
und Abzugsbeträge im Fördergebiet
(Fördergebietsgesetz - FördG - ), die in den
ursprünglichen Bilanzen berücksichtigt waren, nicht mehr
geltend. Das FA legte der ertragsteuerlichen Behandlung der
Streitjahre die ursprünglich eingereichten Bilanzen zu Grunde;
außerdem rechnete es dem Gewinn der Klägerin für
1995 und 1998 die abgeschriebenen Darlehensforderungen gegen die
Y-GmbH als vGA hinzu.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das
Sächsische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 19.12.2006 2 K
1763/03 abgewiesen.
Gegen das FG-Urteil richtet sich die
Revision der Klägerin, die auf die Verletzung materiellen
Rechts gestützt wird.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und die angefochtenen Bescheide dahin zu ändern,
dass
1.
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kein Ansatz einer vGA für die
Wertberichtigung der Darlehensforderungen gegen die Y-GmbH für
1995 in Höhe von 280.000 DM und für die Ausbuchung des
Restbetrages 1998 in Höhe von 198.767 DM erfolgt,
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|
|
2.
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die anlässlich der
Betriebsprüfung vom 16.11.2000 eingereichten geprüften
Jahresabschlüsse für 1995, 1996, 1997 und 1998 zugrunde
gelegt werden.
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
B. Die Revision hat teilweise Erfolg und
führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache; im
Übrigen ist sie unbegründet.
I. Im Hinblick auf die angefochtenen
Bescheide für das Streitjahr 1999 ist die Revision
unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Klage ist insoweit mangels
Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO) unzulässig.
Das Streitjahr 1999 wird vom
Rechtsschutzbegehren der Klägerin nicht unmittelbar
berührt. Sie wendet sich gegen die vom FA vorgenommene
Hinzurechnung von vGA in den Streitjahren 1995 und 1998;
außerdem betrifft die Klage Sonderabschreibungen nach dem
Fördergebietsgesetz für die Streitjahre 1995 bis 1998.
Von diesen Streitgegenständen kann die Besteuerung der
Klägerin im Streitjahr 1999 nur insoweit betroffen sein, als
möglicherweise auf den 31.12.1998 ein verbleibender
Verlustabzug festzustellen ist, der die Bemessungsgrundlage
für die Körperschaftsteuer 1999 reduzieren könnte.
Da jedoch der gegebenenfalls zu erlassende Feststellungsbescheid
über den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1998
Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 der Abgabenordnung - AO - )
für die Festsetzung von Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag 1999 wäre, würde sein Erlass
bzw. seine Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 AO dazu führen, dass das FA die Folgebescheide von Amts
wegen zu ändern hätte, auch wenn sie bereits in
Bestandskraft erwachsen wären. Für die Erhebung einer
Klage besteht aus Sicht der Klägerin demnach gegenwärtig
kein Rechtsschutzbedürfnis.
II. Im Hinblick auf die übrigen Bescheide
ist die Revision begründet und führt sie gemäß
§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Zwar hat das FG die
Teilwertabschreibungen auf die der Y-GmbH gewährten Darlehen
ohne Rechtsfehler als vGA gewertet. Jedoch hat die Vorinstanz die
Bindung der X-GmbH an die ursprüngliche Ausübung der
Wahlrechte nach dem Fördergebietsgesetz mit unzutreffender
Begründung bejaht; ob und inwieweit die Klage insoweit
erfolgreich ist, bedarf indes noch weiterer tatrichterlicher
Feststellungen.
1. Die Annahme des FG, die in den Streitjahren
1995 und 1998 von der X-GmbH vorgenommenen Teilwertabschreibungen
auf die gegen die Y-GmbH gerichteten Darlehensforderungen seien
vGA, hält den Revisionsangriffen stand.
a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3
Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer
Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte
Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe
des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1
des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG
auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen
Ausschüttung steht. Für den größten Teil der
entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die
Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen
Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt
eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem
Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige
Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 16.3.1967 I 261/63,
BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626 = SIS 67 03 93; vom 3.5.2006 I R
124/04, BFHE 214, 80 = SIS 06 33 59). Außerdem muss der
Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter
einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
auszulösen (Senatsurteil vom 7.8.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197,
BStBl II 2004, 131 = SIS 03 06 05); diese Einschränkung spielt
jedoch im Streitfall keine Rolle.
Eine vGA kann auch dann in Betracht kommen,
wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern
an eine ihm nahe stehende Person bewirkt wird. Entscheidend ist in
diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen
Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der
Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden
Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte
(Senatsurteil vom 18.12.1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II
1997, 301 = SIS 97 08 23, m.w.N.). Da das
„Nahestehen“ lediglich ein Indiz für eine
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zu
dessen Begründung jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter
und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die
Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten
beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher,
gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein
tatsächlicher Art sein (Senatsurteil in BFHE 182, 184, BStBl
II 1997, 301 = SIS 97 08 23).
Ist der begünstigte Gesellschafter ein
beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn
die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe
stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im
Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich
durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 17.12.1997 I R 70/97,
BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545 = SIS 98 12 21; vom 27.3.2001 I R
27/99, BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111 = SIS 01 08 72, jeweils
m.w.N.).
b) Das FG ist von diesen Grundsätzen
ausgegangen und hat die Wertberichtigungen der Darlehensforderungen
gegenüber der Y-GmbH als vGA angesehen. Das bleibt
revisionsrechtlich unbeanstandet.
aa) Bei der Y-GmbH als
Darlehensempfängerin hat es sich auf der Grundlage der vom FG
getroffenen Feststellungen um eine den Gesellschaftern A und B nahe
stehende Person gehandelt. Als solche kommen auch
Kapitalgesellschaften in Betracht, an denen ein oder mehrere
Gesellschafter der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft
beteiligt sind (vgl. Senatsurteil vom 23.10.1985 I R 247/81, BFHE
145, 165, BStBl II 1986, 195 = SIS 86 06 18; Wilk in
Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz,
Körperschaftsteuergesetz, § 8 KStG Rz 125, m.w.N.). Das
war hier im Hinblick auf A und B der Fall, die sowohl
Gesellschafter der X-GmbH als auch Gesellschafter der Y-GmbH
gewesen sind.
Soweit die Klägerin meint, Voraussetzung
für das Nahestehen sei eine beherrschende Stellung der
betreffenden Gesellschafter sowohl in der vorteilsgewährenden
als auch in der empfangenden Kapitalgesellschaft, trifft das nicht
zu. Eine beherrschende Stellung in der vorteilsgewährenden
Kapitalgesellschaft ist nur erforderlich, wenn die vGA allein auf
das Fehlen einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich
wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung
gestützt wird. Ergibt sich hingegen die vGA - wie das FG im
Streitfall angenommen hat - schon aus dem Vergleich mit dem Handeln
eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, so
reicht auch eine Beteiligung unterhalb der Schwelle der
beherrschenden Stellung zur Annahme der vGA aus; es gilt insoweit
nichts anderes als bei einer direkten Vorteilsgewährung an
einen Gesellschafter, bei der die Beteiligungsquote für den
allgemeinen vGA-Tatbestand ebenfalls nicht von Bedeutung ist (dazu
z.B. Gosch, Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rz 212). Die
Beteiligungsquote an der empfangenden Kapitalgesellschaft besagt
allenfalls etwas über die Intensität des wirtschaftlichen
Interesses der Gesellschafter an der Vorteilsgewährung. Eine
geringe Beteiligungshöhe - von der im Streitfall in Anbetracht
der jeweils 25 %igen Beteiligung von A und B an der Y-GmbH nicht
die Rede sein kann - mag deshalb gegebenenfalls die Indizwirkung
des Nahestehens für die Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis abschwächen; den Tatbestand des
Nahestehens beseitigt sie jedoch nicht. Auf die zwischen den
Beteiligten erörterte Frage, ob im Hinblick auf die
Darlehensgewährung bei A und B gleichgerichtete finanzielle
Interessen vorgelegen haben, was bei der Prüfung auf eine
beherrschende Stellung eine Zusammenrechnung der beiden
Beteiligungen erlauben würde (vgl. z.B. Senatsurteil vom
9.4.1997 I R 52/96, BFH/NV 1997, 808, m.w.N.), kommt es somit nicht
an.
Etwas anderes folgt nicht aus dem Senatsurteil
vom 18.2.1999 I R 62/98 (BFH/NV 1999, 1515 = SIS 99 52 51). In
dieser Entscheidung hat der Senat die Ausführungen der
dortigen Vorinstanz als schlüssig und zumindest vertretbar
bezeichnet, wonach die im Urteilsfall in Rede stehende
Vorteilsgewährung an der fremden Kapitalgesellschaft nur mit
der beherrschenden Stellung des betreffenden Gesellschafters in
beiden Gesellschaften zu erklären sei; dem lässt sich
nicht entnehmen, dass die beherrschende Stellung des
Gesellschafters in beiden Kapitalgesellschaften Voraussetzung
für die Annahme des Nahestehens ist.
bb) Nach den Darlegungen im angefochtenen
Urteil hätte ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter der X-GmbH die später wertberichtigten,
unzureichend abgesicherten Darlehen an eine nicht mit den
Gesellschaftern verbundene fremde Kapitalgesellschaft in der
prekären wirtschaftlichen Lage der Y-GmbH nicht ausgereicht.
An diese Feststellungen, die nicht gegen Denkgesetze oder
allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, ist der Senat
gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Die Klägerin
hat keine revisionsrechtlich beachtlichen Einwendungen dagegen
vorgebracht.
In Bezug auf die nach Auffassung der
Klägerin gegebenen wirtschaftlichen Vorteile der
Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen mit der Y-GmbH
wegen deren Deponiekontingente in der Region Leipzig hat das FG
festgestellt, dass es im Sachvortrag der Klägerin an einer
auch nur annähernd konkreten Quantifizierung der Vorteile
gefehlt hat; mit ihrem ergänzenden Vorbringen kann die
Klägerin in der Revisionsinstanz nicht gehört werden.
Soweit die Klägerin sich im Hinblick auf die vom FG als
unzureichend eingeschätzten Sicherungsmittel auf die
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stützt, nach der in
Konzernverhältnissen unter Umständen auch ungesicherte
Darlehensverträge anerkannt werden könnten, wenn die
Konzernbeziehungen selbst eine Sicherheit darstellen (vgl.
Senatsurteile vom 21.12.1994 I R 65/94, BFHE 176, 571 = SIS 95 12 25; vom 29.10.1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573 =
SIS 98 08 34), so betrifft diese Rechtsprechung Darlehen, die ein
beherrschender Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gewährt
hat; sie ist nicht übertragbar auf die Darlehensgewährung
der Kapitalgesellschaft an eine Gesellschaft, an der sie selbst
nicht beteiligt ist (vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 1999, 1515 =
SIS 99 52 51).
cc) Die Schlussfolgerung des FG, die
Wertberichtigungen auf die sonach durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlassten Darlehensforderungen
führten zu vGA, steht im Einklang mit der
Senatsrechtsprechung; danach kann eine vGA vorliegen, wenn eine
Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe
stehenden Person aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden
Gründen ein ungesichertes Darlehen gegeben hat und sie die
Darlehensforderung in der Folge auf einen niedrigeren Teilwert
abschreiben muss (Senatsurteile vom 14.7.2004 I R 16/03, BFHE 207,
147, BStBl II 2004, 1010 = SIS 04 38 11; vom 7.3.2007 I R 45/06,
BFH/NV 2007, 1710 = SIS 07 28 06; vgl. auch Gosch, a.a.O., § 8
Rz 694). Dass die Beteiligten die Darlehensausreichung bilanziell -
zu Recht (vgl. Senatsurteil in BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573 =
SIS 98 08 34) - entsprechend ihrem zivilrechtlichen Charakter als
Gewährung von Fremdkapital erfasst haben, steht dazu nicht in
Widerspruch.
Allerdings kann aufgrund der Feststellungen
des FG nicht ausgeschlossen werden, dass die den Wertberichtigungen
zugrunde liegenden Darlehensforderungen - auch soweit sie im
Zeitraum 1992 bis 1994 begründet worden sind - wegen der
kritischen Finanzsituation der Y-GmbH bereits von Beginn an nicht
werthaltig gewesen sind. In diesem Fall wären bei korrekter
Bilanzierung die Forderungen sogleich auszubuchen und die
Ausbuchungen in den betreffenden Veranlagungszeiträumen als
vGA zu neutralisieren gewesen. Da indes davon ausgegangen werden
muss, dass die die Veranlagungszeiträume 1992 bis 1994
betreffenden Ertragssteuerbescheide auf der Grundlage
vollumfänglich aktivierter Darlehensforderungen inzwischen in
Bestandskraft erwachsen sind, wären versäumte
Teilwertabschreibungen nach den Grundsätzen des formellen
Bilanzzusammenhangs (vgl. Senatsurteil vom 13.2.2008 I R 44/07,
BStBl II 2008, 673 = SIS 08 24 14, m.w.N.) im nächsten noch
offenen Veranlagungszeitraum - mithin im Streitjahr 1995 -
nachzuholen. Auch in diesem Fall hätten mithin in 1995
entsprechende Teilwertabschreibungen vorgenommen werden
müssen, die dann dem Gewinn der Klägerin als vGA
hinzuzurechnen wären; denn die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3
Satz 2 KStG erfordert insoweit keine Zeitkongruenz (vgl. Gosch,
a.a.O., § 8 Rz 460; a.A. Frotscher, FR 2002, 859, 862;
Reiß, Steuer und Wirtschaft 2003, 21, 32 f.).
2. Begründet ist die Revision indes,
soweit das FG angenommen hat, die X-GmbH sei an die in den
ursprünglich mit den Steuererklärungen eingereichten
Bilanzen ausgeübten Wahlrechte nach dem
Fördergebietsgesetz gebunden. Die vom FG hierfür gegebene
Begründung hält der rechtlichen Prüfung nicht
stand.
a) Das FG hat keine Feststellungen dazu
getroffen, ob die mit den Steuererklärungen von der X-GmbH
ursprünglich eingereichten Jahresabschlüsse
gemäß § 316 HGB prüfungspflichtig waren und ob
sie geprüft worden sind. Seiner Auffassung nach wären die
ursprünglich in Ausübung der
Sonderabschreibungsmöglichkeit nach dem
Fördergebietsgesetz gewählten Wertansätze auch bei
Nichtigkeit der Jahresabschlüsse für die Steuerbilanz
weiterhin maßgeblich; sie könnten auch bei Vorlage neuer
- erstmals wirksamer - Jahresabschlüsse nur unter den
Voraussetzungen der Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG
geändert werden, für deren Vorliegen im Streitfall nichts
ersichtlich sei. Die neu zu erstellenden Jahresabschlüsse
müssten insoweit den Steuerbilanzen angepasst werden, um den
Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG gerecht werden zu
können.
b) Dem ist nicht in allen Punkten zu
folgen.
aa) Würde das Vorbringen der
Klägerin zutreffen, wonach die Klägerin in den
Streitjahren als mittelgroße Kapitalgesellschaft nach §
316 HGB prüfungspflichtig gewesen wäre, wären ihre
festgestellten Jahresabschlüsse, wenn die Prüfung
unterblieben wäre, in entsprechender Anwendung von § 256
Abs. 1 Nr. 2 des Aktiengesetzes nichtig (vgl. Senatsbeschluss vom
22.8.2006 I R 40/05, BFHE 215, 98, BStBl II 2007, 728 = SIS 07 04 44, m.w.N.).
bb) Das FG ist im Ansatz zutreffend davon
ausgegangen, dass die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nicht zur
Nichtigkeit einer daraus abgeleiteten Steuerbilanz führt. Zwar
ist die buchführende Klägerin gemäß § 8
Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch steuerrechtlich
verpflichtet, in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen
anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen
ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Daraus
folgt aber nicht, dass die Wirksamkeit der Steuerbilanz die
zivilrechtliche Wirksamkeit der Handelsbilanz voraussetzt; denn
steuerrechtlich sind formelle Anforderungen an die Bilanz - wie
eine Abschlussprüfung nach § 316 HGB - nicht vorgesehen
(vgl. Senatsurteil vom 28.5.2008 I R 98/06, BStBl II 2008, 916 =
SIS 08 33 11, zur unterlassenen Genehmigung des Jahresabschlusses
durch die Gesellschafterversammlung; Stapperfend in
Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 4 EStG Rz 401; Weber-Grellet
in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 4
Rz C 52; a.A. Blümich/Wied, Einkommensteuergesetz,
Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 4 EStG
Rz 973; Wacker, BB 1998, Beilage 8, S. 8; Knobbe-Keuk, Bilanz- und
Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 3 V 1). Das gilt auch,
wenn der Steuerpflichtige keine eigene Steuerbilanz aufstellt,
sondern die Handelsbilanz für steuerrechtliche Zwecke
unverändert übernimmt (Senatsurteil in BStBl II 2008, 916
= SIS 08 33 11).
cc) Jedoch muss die Klägerin im Rahmen
ihrer Gewinnermittlung steuerrechtliche Wahlrechte in
Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz
ausüben (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1
Satz 1 KStG). Daraus folgt, dass auch für die steuerliche
Wahlrechtsausübung die später eingereichten,
zivilrechtlich wirksamen Handelsbilanzen als maßgeblich
anzusehen wären. Es bedarf dabei keiner Entscheidung, ob es -
wie die Klägerin meint - zur Wirksamkeit der steuerlichen
Wahlrechtsausübung grundsätzlich einer zivilrechtlich
existenten Handelsbilanz bedarf und deshalb auf der Grundlage einer
nichtigen Handelsbilanz ein steuerliches Wahlrecht nicht wirksam
ausgeübt werden kann, oder ob die Ausübung des
steuerlichen Wahlrechts - weil kein Widerspruch zu einer
handelsrechtlichen Wahlrechtsausübung gegeben ist - auch bei
Fehlen einer Handelsbilanz möglich ist. Denn auf der Grundlage
der letztgenannten Auffassung würde die Steuerbilanz wegen
Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG nachträglich
unrichtig, wenn der Steuerpflichtige später eine (wirksame)
Handelsbilanz aufstellt, in der das betreffende Wahlrecht
abweichend ausgeübt wird; die Steuerbilanz wäre dann
gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG entsprechend zu
berichtigen.
dd) Der Auffassung des FG, die Klägerin
sei bei Aufstellung der späteren - formwirksamen -
Handelsbilanzen an die in den nichtigen Ursprungsbilanzen
vorgenommene Wahlrechtsausübung gebunden, kann nicht
beigepflichtet werden. Zivilrechtlich können die nichtigen und
damit nicht existenten Ursprungsbilanzen keine Bindungswirkungen
erzeugt haben; und bei dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 2
EStG handelt es sich um eine steuerbilanzrechtliche Regelung, die
den Steuerpflichtigen nicht zu bestimmten handelsrechtlichen
Wertansätzen verpflichten kann.
Auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben
lässt sich - entgegen der Auffassung des FA - im Streitfall
eine Bindung an die ursprünglichen Wertansätze nicht
herleiten. Zwar binden dieser Grundsatz und das daraus abzuleitende
Verbot widersprüchlichen Verhaltens im
Steuerrechtsverhältnis auch den Steuerpflichtigen (vgl.
Senatsurteil vom 24.4.2007 I R 16/06, BFHE 218, 102, BStBl II 2007,
707 = SIS 07 24 92, m.w.N.). Voraussetzung für das Eingreifen
des Grundsatzes wäre aber, dass die andere Seite - hier das FA
- im Vertrauen auf das ursprüngliche Verhalten des Beteiligten
unwiderrufliche Dispositionen getroffen hat (vgl. z.B. Senatsurteil
vom 9.8.1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, BStBl II 1989, 990 = SIS 89 22 56). Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich. Die
streitgegenständlichen Steuerfestsetzungen durch das FA
können nicht als Dispositionen im oben beschriebenen Sinne
aufgefasst werden, was schon daraus folgt, dass sie noch nicht in
Bestandskraft erwachsen sind. Es ist auch nichts dafür
vorgetragen oder ersichtlich, dass die Klägerin die
ursprünglichen Jahresabschlüsse ihren
Steuerklärungen in Kenntnis der Nichtigkeit beigefügt
hat, um sich die Möglichkeit offen zu halten, die
Bewertungswahlrechte später gegebenenfalls noch abweichend
ausüben zu können.
c) Auf der Grundlage der vom FG getroffenen
Feststellungen kann die Begründetheit der Klage nicht
abschließend beurteilt werden. Das betrifft vor allem die
Frage, ob und in welchem Umfang die ursprünglich eingereichten
Jahresabschlüsse prüfungspflichtig und geprüft waren
und ob sie gegebenenfalls durch geänderte - formwirksame -
Jahresabschlüsse ersetzt worden sind. Das FA hat im
Revisionsverfahren unwidersprochen vorgetragen, dass für 1998
nur eine Bilanz eingereicht worden sei und dass im Hinblick auf die
Jahre 1996 und 1997 die ursprünglich eingereichten, nicht aber
die später eingereichten geänderten Jahresabschlüsse
geprüft gewesen seien. Außerdem wird die Klägerin
im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, ihr Rechtsschutzinteresse
im Hinblick darauf zu erläutern, dass sie den Wegfall der
Sonderabschreibungen und insoweit für die Streitjahre im
Ergebnis die Anerkennung höherer Gewinne bzw. niedrigerer
Verluste, nicht aber die Festsetzung niedrigerer Steuern
erstrebt.