Keine negative Feststellung eines verrechenbaren Verlusts durch Stillschweigen: Wird in der Anlage "ESt 1,2,3 B" zum einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid die Spalte zum Korrekturbetrag nach § 15 a Abs. 1, 2 oder 3 EStG von der Finanzbehörde nicht ausgefüllt, so kann ohne zusätzliche Anhaltspunkte der Empfänger des Gewinnfeststellungsbescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht von einer zugleich getroffenen - negativen - einheitlichen und gesonderten Feststellung auch über die Höhe des verrechenbaren Verlustes dieses Feststellungszeitraums ausgehen. - Urt.; BFH 11.7.2006, VIII R 10/05; SIS 06 37 93
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der am 21.7.2005
verstorbenen Frau S, die seit 1987 atypisch still an der Z-GmbH
beteiligt war.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) stellte mit einheitlichen und gesonderten
Gewinnfeststellungsbescheiden für die Z-GmbH & atypisch
Still für die Streitjahre 1997 und 1998 endgültig und
bestandskräftig Verluste in Höhe von 254.236 DM und
155.390 DM fest und verteilte sie auf die Z-GmbH und die atypisch
stille Gesellschafterin (vgl. Vordruck Anlage „ESt 1,2,3
B“).
Im Rahmen der Bearbeitung der
Feststellungserklärung für 1999 forderte das FA die
Erblasserin auf, Erklärungen zur Feststellung der
verrechenbaren Verluste nach § 15a des Einkommensteuergesetzes
(EStG) für die Jahre 1997 bis 1999 einzureichen. Die
Erblasserin entsprach dieser Aufforderung für die Jahre 1997
und 1998 nicht, weil sie die Berechtigung des FA für
entsprechende nachträgliche Feststellungen verneinte.
Unter dem 12.6.2002 erließ das FA
gegenüber der Erblasserin als atypisch still Beteiligter
Bescheide über die gesonderte Feststellung der verrechenbaren
Verluste, in denen es die verrechenbaren Verluste zum 31.12.1997
auf 66.985 DM und zum 31.12.1998 auf 178.767 DM
feststellte.
Nach erfolglosem Einspruch gab das
Finanzgericht (FG) der Klage statt und hob die Bescheide über
die gesonderte Feststellung verrechenbarer Verluste für 1997
und 1998 auf (vgl. SIS 04 03 89).
Mit der - vom Senat mit Beschluss vom
1.2.2005 VIII B 306/03 zugelassenen - Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
Auf den Hinweis der Senatsvorsitzenden an
das FA, dass die Revisionsbegründung verspätet
eingegangen sei, hat das FA Wiedereinsetzung in die versäumte
Revisionsbegründungsfrist beantragt.
Der Schriftsatz vom 7.3.2005 sei der
Poststelle im FA noch am selben Tag übergeben worden. Er sei
dort kuvertiert und mit Freistempler frankiert und sodann in den
zur Abholung durch die Deutsche Post AG bereitgestellten
Postbehälter gelegt worden (vgl. Absendevermerk vom
7.3.2005).
Seit April 2004 bestehe mit der Deutschen
Post AG eine Vereinbarung, dass diese täglich die
Postsendungen beim FA abhole, ohne dass sich ausweislich der
Bescheinigung der Deutschen Post AG hieraus eine Verlängerung
der gewöhnlichen Brieflaufzeit von einem Tag
ergäbe.
II. Die Revision ist begründet und
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage als unbegründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Die Revision ist nicht rechtzeitig
begründet worden.
Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO
beträgt die Revisionsbegründungsfrist im Falle des §
116 Abs. 7 FGO für den Beschwerdeführer einen Monat nach
Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der
Revision.
Der Beschluss des Senats vom 1.2.2005 VIII B
306/03, mit dem der Senat auf die Beschwerde des FA die Revision
zugelassen hat, ist dem FA nach der Postzustellungsurkunde am
8.2.2005 zugestellt worden. Im Streitfall ist die
Revisionsbegründungsfrist am Dienstag, den 8.3.2005,
abgelaufen gewesen (§ 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung - ZPO - und §§ 187, 188 Abs. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ). Die
Revisionsbegründung ist indes ausweislich des Eingangsstempels
erst am Mittwoch, den 9.3.2005, beim Bundesfinanzhof (BFH)
eingegangen.
2. Dem FA wird wegen Versäumung dieser
Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 Abs. 1
FGO gewährt.
a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist
auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der
Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert war (§ 56 Abs. 1
FGO). In formeller Hinsicht setzt die Wiedereinsetzung voraus, dass
innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses
die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird (§ 56 Abs. 2
Satz 3 FGO), und diejenigen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen
sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll.
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dürfen Verzögerungen
bei der Briefbeförderung oder -zustellung, die der
Rechtsmittelführer nicht zu vertreten hat und auf die er auch
keinen Einfluss besitzt, nicht als dessen Verschulden gewertet
werden. In Fällen der Postlaufzeiten bei
Inlandsbeförderung kann darauf vertraut werden, dass die von
der Deutschen Post AG nach ihren organisatorischen und
betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten
Postlaufzeiten auch eingehalten werden.
In der Verantwortung des Beteiligten liegt es
nur, das zu befördernde Schriftstück den postalischen
Bestimmungen entsprechend und so rechtzeitig zur Post zu geben,
dass es nach diesen organisatorischen und betrieblichen
Vorkehrungen der Deutschen Post AG bei regelmäßigem
Dienstablauf den Empfänger fristgerecht erreicht.
Die Dauer einer Inlandsbeförderung ist
nach den amtlichen Verlautbarungen der Deutschen Post AG und dem
Erfahrungswissen der Gerichte grundsätzlich gerichtsbekannt
(vgl. BFH-Urteil vom 7.5.1996 VIII R 60/95, BFH/NV 1997, 34,
m.w.N.; BFH-Beschluss vom 9.2.1998 VIII B 20/97, BFH/NV 1998,
988).
Die Beteiligten können grundsätzlich
Rechtsmittelfristen bis zum letzten Tag ausschöpfen, ohne sich
insoweit rechtfertigen zu müssen. Sie sind im Rahmen der von
der Deutschen Post AG verlautbarten Regellaufzeiten auch nicht
gehalten, zusätzliche Vorkehrungen zur Fristwahrung zu
treffen.
Gegen Ende der Rechtsmittelfrist obliegt es
ihnen lediglich, bei Inanspruchnahme der Post eine
Beförderungsart zu wählen, die - unter
Berücksichtigung der normalen Postlaufzeiten - die Einhaltung
der Frist gewährleistet.
Ist die übliche Postlaufzeit
überschritten, so kommt es nicht mehr darauf an, auf welchen
Gründen die Verzögerung beruht.
Insbesondere trifft den Prozessbeteiligten in
diesem Rahmen weder eine zusätzliche Erkundigungspflicht bei
der Empfangsbehörde noch ist er verpflichtet, alternative
Beförderungsmittel zu nutzen.
Schließlich sind nach der ständigen
Rechtsprechung des BFH zur FGO bei der Überschreitung von
Postlaufzeiten an die Sorgfaltspflichten bei einer Behörde
dieselben Anforderungen zu stellen, wie bei einem
Prozessbevollmächtigten (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 34,
m.w.N.).
c) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze
ist dem FA Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen
Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu
gewähren.
Das FA hat auf das ihm am 15.3.2005
zugestellte Hinweisschreiben der Senatsvorsitzenden vom 14.3.2005
wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist am
24.3.2005 Wiedereinsetzung in die versäumte
Begründungsfrist fristgerecht beantragt (§ 56 Abs. 2 Satz
1 FGO).
Ausweislich des Poststempels vom 7.3.2005 auf
dem zu den Akten genommenen Briefumschlag ist das Schriftstück
zur Weiterbeförderung versandfertig gewesen. Nach der
Bestätigung vom 24.3.2005 führt die Deutsche Post AG bei
dem FA einen Abholservice durch. An Werktagen werden die Sendungen
gegen ca. 17.00 Uhr abgeholt und unter normalen Voraussetzungen
erreichen diese Sendungen den Empfänger am folgenden
Werktag.
Unter diesen Umständen hat das FA seinen
Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Wahrung der
Rechtsmittelbegründungsfrist entsprochen.
3. Das FG ist zu Unrecht von negativen
Feststellungen des FA bezüglich nur verrechenbarer Verluste
der atypisch stillen Gesellschafterin nach § 15a Abs. 2 EStG
in Verbindung mit den einheitlichen und gesonderten
Gewinnfeststellungen für die Z-GmbH & atypisch Still in
den Streitjahren 1997 und 1998 ausgegangen.
a) Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1
EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust
der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch
mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden,
soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder
sich erhöht. Soweit der Verlust nach Abs. 1 nicht ausgeglichen
oder abgezogen werden darf, mindert er nach § 15a Abs. 2 EStG
die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren
Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen
sind.
Der nach Abs. 1 nicht ausgleichs- oder
abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die
nach Abs. 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Abs. 3
hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust) ist
jährlich gesondert festzustellen (§ 15a Abs. 4 Satz 1
EStG). Dabei ist von dem verrechenbaren Verlust des vorangegangenen
Wirtschaftsjahres auszugehen. Zuständig ist das für die
gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft
zuständige Finanzamt. Der Feststellungsbescheid kann nur
insoweit angegriffen werden, als der verrechenbare Verlust
gegenüber dem verrechenbaren Verlust des vorangegangenen
Wirtschaftsjahres sich verändert hat (§ 15a Abs. 4 Satz 1
bis 4 EStG).
Die geänderten Feststellungen nach Satz 1
können mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der
einkommensteuerpflichtigen Einkünfte verbunden werden. In
diesen Fällen sind die gesonderten Feststellungen des
verrechenbaren Verlustes einheitlich durchzuführen (§ 15a
Abs. 4 Sätze 5 und 6 EStG).
Gemäß § 15a Abs. 5 EStG sind
die Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1, 2 und 4 sowie Abs.
4 sinngemäß für andere Unternehmer anzuwenden,
soweit deren Haftung der eines Kommanditisten vergleichbar ist,
insbesondere für nach Nr. 1 stille Gesellschafter einer
stillen Gesellschaft i.S. des § 230 des Handelsgesetzbuchs
(HGB), bei der der stille Gesellschafter als Unternehmer
(Mitunternehmer) anzusehen ist (BFH-Urteil vom 11.3.2003 VIII R
33/01, BFHE 202, 152, BStBl II 2003, 705 = SIS 03 33 87).
b) Das FA hat im Zusammenhang mit den
einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheiden
für 1997 vom 31.5.1999 und für 1998 vom 21.2.2000
entgegen der Annahme des FG nicht zugleich gesonderte und
einheitliche negative Feststellungen über die Höhe der
verrechenbaren Verluste in diesen Jahren getroffen.
aa) Ob eine als Verwaltungsakt i.S. von §
118 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zu qualifizierende Regelung
vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 2.7.1997 I R 32/95, BFHE 183, 496,
BStBl II 1998, 176 = SIS 98 02 89) und welchen Regelungsinhalt ein
Verwaltungsakt hat, ist über den bloßen Wortlaut hinaus
im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157
BGB auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen
geltende Auslegungsregeln enthalten.
Entscheidend ist danach, wie der Betroffene
nach den ihm bekannten Umständen - nach seinem
„objektiven Verständnishorizont“ (vgl.
BFH-Urteil vom 8.11.1995 V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996,
256 = SIS 96 10 30) - den materiellen Gehalt der Erklärung
unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte
(vgl. BFH-Urteile vom 18.4.1991 IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl
II 1991, 675 = SIS 91 16 60; vom 18.7.1994 X R 33/91, BFHE 175,
294, BStBl II 1995, 4 = SIS 94 24 17; vom 16.12.1997 VIII R 32/90,
BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480 = SIS 98 12 16).
Bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes kommt
es somit nicht darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer
Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil vom 11.5.1999 IX R 72/96,
BFH/NV 1999, 1446 = SIS 99 53 02). Es kommt auch nicht darauf an,
wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der
Behörde auffassen konnte bzw. musste (BFH-Urteil vom 30.9.1988
III R 218/84, BFH/NV 1989, 749 = SIS 89 08 44). Kommt es bei der
Auslegung des Feststellungsbescheides auf die Sicht des
Steuerpflichtigen an, so ist es unerheblich, ob die notwendige
Feststellung unbewusst unterblieben ist oder ob das FA auch dann
eine Feststellung in einem Ergänzungsbescheid nach § 179
Abs. 3 AO 1977 treffen kann, wenn es zuvor bewusst auf diese
Feststellung verzichtet hat (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 1446
= SIS 99 53 02; vom 18.11.1997 VIII R 65/95, BFH/NV 1998, 573 = SIS 98 08 30, mit umfangreichen Nachweisen; vom 18.2.1997 VII R 96/95,
BFHE 182, 282, BStBl II 1997, 339 = SIS 97 12 29).
Weil der Verwaltungsakt nur mit dem bekannt
gegebenen Inhalt wirksam wird (vgl. § 124 Abs. 1 Satz 2 AO
1977), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der
bekannt gegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteile vom 28.11.1985
IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293 = SIS 86 06 48; in
BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4 = SIS 94 24 17; BFH-Beschluss vom
16.3.2001 IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103 = SIS 01 72 04).
Maßgebend sind deshalb auch nicht die erst nach Bekanntgabe
des Verwaltungsaktes zutage tretenden Umstände (BFH-Urteil vom
4.10.1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758).
Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger
belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger
einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der
Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht
benachteiligt werden darf (BFH-Urteile vom 27.11.1996 X R 20/95,
BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791 = SIS 97 14 63, mit umfangreichen
Nachweisen; in BFH/NV 1999, 1446 = SIS 99 53 02).
Bei der Auslegung ist nicht allein auf den
Tenor des Bescheides abzustellen, sondern auch auf den materiellen
Regelungsgehalt einschließlich der Begründung des
Bescheides (BFH-Beschluss vom 9.3.1995 X B 242/94, BFH/NV 1995,
858).
Zur Auslegung ist auch das Revisionsgericht
befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG
hierfür ausreichen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 348, BStBl II
1997, 791 = SIS 97 14 63). Der BFH ist nicht an die Auslegung eines
Feststellungsbescheides durch das FG gebunden. Die Frage, welchen
Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht vielmehr in
eigener Zuständigkeit zu beantworten und ggf. zu korrigieren
(BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 1446 = SIS 99 53 02, m.w.N.; in BFHE
175, 294, BStBl II 1995, 4 = SIS 94 24 17).
bb) Nach diesen Auslegungsmaßstäben
und nach den gesamten Umständen des Streitfalles konnte der
Empfänger der Gewinnfeststellungsbescheide für 1997 und
1998 - der steuerlich beratene Geschäftsführer der Z-GmbH
- die Feststellungsbescheide nicht dahin gehend verstehen, dass
für die atypisch stille Gesellschafterin durch die
unausgefüllte Rubrik zu § 15a EStG in der Anlage ESt
1,2,3 B zugleich eine gesonderte negative Feststellung dahin gehend
getroffen sei, dass für die Streitjahre 1997 und 1998 keine
verrechenbaren, sondern im Ergebnis in vollem Umfang
ausgleichsfähige Verluste vorlägen.
Zwar ist die Höhe der verrechenbaren
Verluste von Amts wegen jährlich gesondert festzustellen.
In den vom Geschäftsführer der
Z-GmbH unter Mitwirkung des Prozessvertreters gefertigten
Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 1997 und
1998 hatte er indes keine Angaben zu nur verrechenbaren Verlusten
und zu deren Entwicklung gemacht. Insbesondere handelt es sich
nicht um eine notwendige Feststellung im Rahmen der gesonderten und
einheitlichen Feststellung.
Notwendige Feststellungen sind solche, die im
Einzelfall in einem Feststellungsverfahren getroffen werden
müssen und nicht erst in einem Folgeverfahren (der
Steuerfestsetzung oder einem weiteren gesonderten
Feststellungsverfahren) getroffen werden dürfen (BFH-Urteil
vom 6.12.2005 VIII R 99/02, BFH/NV 2006, 1041 = SIS 06 20 77,
m.w.N.).
Steuerverwaltung und Rechtsprechung sind
insoweit nicht berechtigt, das Feststellungsverfahren jeweils nach
Zweckmäßigkeitserwägungen zu gestalten (BFH-Urteil
vom 19.4.1994 VIII R 48/93, BFH/NV 1995, 84, 86).
Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes
ist stets ein selbständiger Verwaltungsakt, für den die
gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung Bindungswirkung als
Grundlagenbescheid entfaltet (§ 182 Abs. 1 AO 1977;
BFH-Urteile vom 13.10.1998 VIII R 78/97, BFHE 187, 227, BStBl II
1999, 163 = SIS 99 02 34; vom 23.2.1999 VIII R 29/98, BFHE 188,
146, BStBl II 1999, 592 = SIS 99 18 92; vom 23.1.2001 VIII R 30/99,
BFHE 194, 403, BStBl II 2001, 621 = SIS 01 07 62; vom 8.4.1998 VIII
R 40/95, BFH/NV 1998, 1363).
Ist streitig, ob der einem atypisch stillen
Gesellschafter - insoweit unstreitig - zugeteilte Verlustanteil
ausgleichsfähig oder nur verrechenbar ist, so ist darüber
ausschließlich im Verfahren zur Feststellung des
verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG zu entscheiden
(BFH-Urteil vom 14.12.1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II
1996, 226 = SIS 96 09 37).
Ob die Feststellung des verrechenbaren
Verlustes gesondert durch einen Bescheid oder in Verbindung mit dem
einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid in einem
zusammengefassten Bescheid erfolgt, liegt im
pflichtgemäßen Ermessen des FA.
Diese wesentlich verschiedenartige
verfahrensrechtliche Ausgangslage erlaubt es nicht, die
Rechtsfolgen aus einer fehlenden Feststellung in den
unterschiedlichen Feststellungsverfahren ohne weiteres in gleicher
Weise zu ziehen.
In einem einheitlichen und gesonderten
Gewinnfeststellungsbescheid kann eine fehlende ausdrücklich
notwendige gesonderte Feststellung, zumal wenn sie eine
zwangsläufige Folge aus einer anderen Feststellung bildet,
stillschweigend getroffen sein. So kann etwa die Beteiligung oder
Nichtbeteiligung an der Gewinnverteilung die Feststellung einer
Mitunternehmerstellung oder ihres Fehlens enthalten (vgl. auch
BFH-Urteil in BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480 = SIS 98 12 16,
unter II.2. der Gründe, ferner auch die Rechtsprechung zum
rechtlichen Stufenverhältnis von gesonderten Feststellungen,
BFH-Beschluss vom 14.1.2003 VIII B 108/01, BFHE 201, 6, BStBl II
2003, 335 = SIS 03 13 52; BFH-Urteil vom 6.12.2000 VIII R 21/00,
BFHE 194, 97, BStBl II 2003, 194 = SIS 01 05 21, m.w.N.).
In diesem Sinne hat der BFH im Urteil vom
26.6.2002 IV R 3/01 (BFHE 199, 482, BStBl II 2003, 112 = SIS 03 07 22), welches einen Fall der Anteilsübertragung betraf, aus dem
Fehlen einer entsprechenden Feststellung den Schluss auf eine
negative Feststellung hinsichtlich eines
Veräußerungsverlustes gezogen.
Wiederholt hat der BFH allerdings bei sog.
Null-Feststellungen im Rahmen einheitlicher und gesonderter
Gewinnfeststellungsbescheide entsprechende Feststellungen als
auslegungsbedürftig und auslegungsfähig beurteilt. Im
Einzelfall kann es sich dabei um positive oder auch um negative
Feststellungen handeln (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 573 = SIS 98 08 30, und in BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293 = SIS 86 06 48).
Im Streitfall ist indes keine notwendige
gesonderte Feststellung als Regelungsgegenstand einer einheitlichen
und gesonderten Gewinnfeststellung zu beurteilen, sondern die
grundsätzlich davon verfahrensrechtlich unabhängige
gesonderte Feststellung eines nur verrechenbaren Verlustes.
Allein die im Vordruck enthaltene
Möglichkeit, auch hierzu in Verbindung mit der
Gewinnfeststellung eine entsprechende Feststellung zu treffen,
bietet keinerlei Anhaltspunkt für eine entsprechende
Ermessensentscheidung des FA (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 1998,
1363).
Auch kommt es entgegen der Auffassung des FG
nicht entscheidend darauf an, ob in der Veranlagungspraxis der
Finanzverwaltung in der Regel von der Möglichkeit einer
verfahrensmäßigen Verbindung Gebrauch gemacht wird.
Abgesehen davon, dass das FG zu der behaupteten Praxis keine
nachvollziehbaren Feststellungen getroffen hat, ist die Sicht des
Empfängers maßgebend. Es müsste also
zusätzlich festgestellt worden sein, dass eine solche Praxis
dem konkreten Empfänger auch tatsächlich bekannt gewesen
ist. Anderenfalls würde es sich um Schlussfolgerungen aus der
Sicht Dritter handeln.
Es kann jedoch nur im Einzelfall entschieden
werden, ob der betroffene Empfänger ernstlich nicht erkennen
konnte, was die Behörde wollte. Die Frage lässt sich
nicht generell entscheiden (BFH-Beschluss vom 22.5.1997 I B 114/96,
BFH/NV 1997, 826).
Zwar kommt es für die Auslegung, da die
Sicht des Steuerpflichtigen maßgebend ist, nicht auf den
Regelungswillen der Finanzbehörde an. Umgekehrt kann indes
aber auch nicht ohne ausreichende konkrete Umstände fiktiv auf
einen Verwaltungsakt geschlossen werden.
4. Da eine gesonderte Feststellung über
nur verrechenbare Verluste vom FA im Rahmen der einheitlichen und
gesonderten Gewinnfeststellungsbescheide noch nicht getroffen
worden ist, war das FA nicht nur berechtigt, sondern sogar
verpflichtet, die gesetzlich zwingend vorgeschriebenen
Feststellungsbescheide für die Streitjahre 1997 und 1998
erstmals zu erlassen.
Gegen die Höhe der festgestellten
verrechenbaren Verluste hat die Klägerin bzw. ihre
Rechtsnachfolgerin keine Einwendungen erhoben. Nach Aktenlage sind
insoweit auch keine Fehler ersichtlich.