Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts des Saarlandes vom 17.11.2020 - 3 K 1069/17 wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten über die
„Nacherhebung“ von Schaumweinsteuer
durch einen Schaumweinsteuerbescheid nach Durchführung einer
Außenprüfung, wenn die für den betreffenden
Zeitraum abgegebenen Steueranmeldungen von der Finanzbehörde
nicht ausdrücklich geändert wurden.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), die eine Sektkellerei betreibt, ist eine GmbH &
Co. KG und wurde 2014 durch den mittlerweile verstorbenen A
gegründet. A hatte sein zuvor bestehendes Einzelunternehmen,
dessen Gegenstand ebenfalls der Betrieb einer Sektkellerei war, in
die Klägerin eingebracht und war zunächst Kommanditist
mit einer Haftungseinlage von 1.000 EUR. Im zeitlichen Zusammenhang
mit der Eintragung der Klägerin in das Handelsregister schied
A 2015 als Kommanditist aus. Neue Kommanditisten wurden B und C mit
einer Haftungseinlage von je 500 EUR. Weitere Gesellschafterin der
Klägerin ist die D Beteiligungs GmbH als Komplementärin,
die zuvor unter dem Namen E GmbH firmiert hatte und deren Firma
sowie deren Unternehmensgegenstand 2014 im Zuge der
Umstrukturierung geändert worden waren. Das Erlöschen der
Firma des Einzelunternehmens wurde 2014 zur Eintragung in das
Handelsregister angemeldet und dort 2015 eingetragen.
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A war für sein Einzelunternehmen die
Erlaubnis erteilt worden, ein Schaumweinsteuerlager zu führen.
Das Steuerlager wurde nach der Einbringung von der Klägerin
ohne tatsächliche Änderungen fortgeführt. Eine
gesonderte Anzeige gegenüber dem Beklagten und
Revisionskläger (Hauptzollamt - HZA - ) erfolgte
nicht.
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Für die Monate Januar bis Juni 2015
gab die Klägerin Schaumweinsteuer-Anmeldungen unter ihrer
Firma, jedoch unter Verwendung der dem Einzelunternehmen A
erteilten Verbrauchsteuernummer ab. Die angemeldeten Steuern
beliefen sich auf insgesamt 145.968,73 EUR. Die Steueranmeldungen
wurden vom HZA, mit Ausnahme der Steueranmeldung für Mai 2015,
nicht beanstandet. Die von der Klägerin vorgelegten
Steueranmeldungsvordrucke enthalten im Feld „sachlich
richtig“ jeweils eine handschriftlich
angebrachte Kennzeichnung. Das HZA hatte nicht beanstandet, dass
die Steueranmeldungen unter einem neuen Namen, der Firma der
Klägerin, eingereicht wurden.
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Auf Antrag der Klägerin vom 30.07.2015
erteilte das HZA am 10.08.2015 eine - zunächst befristete -
Erlaubnis zum Betrieb eines Steuerlagers mit Wirkung vom
30.07.2015, die mit Verfügung vom 19.08.2016 entfristet
wurde.
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Nach einer Außenprüfung
erließ das HZA am 04.08.2016 gegenüber der Klägerin
einen Schaumweinsteuerbescheid, dessen Verfügungssatz
wörtlich lautete: „Ich setze die Schaumweinsteuer in
Höhe von 10.016,67 EUR (Zehntausendsechzehn EUR)
fest“. Unter „II.
Berechnung“ enthielt der Steuerbescheid eine
Steuerberechnung in Tabellenform, die sich im Einzelnen auf
Textziffern des Berichts über die Außenprüfung
bezog. Hierbei stellte das HZA eine bereits gezahlte
Schaumweinsteuer in Höhe von 102.735,33 EUR und eine zu
gewährende Steuerentlastung in Höhe von 108.678,76 EUR
den nach seiner Auffassung tatsächlich geschuldeten
Steuerbeträgen (insgesamt 221.430,76 EUR) gegenüber und
wies den Differenzbetrag von 10.016,67 EUR mit der Bezeichnung
„Nacherhebung“ aus. Zusätzlich
enthielt der Steuerbescheid unter „III.
Begründung“ die Formulierung: „Zu
den Steuerbeträgen/Entlastungsbeträgen/Zahlungen der
vorstehenden Tabelle erkläre ich nach § 226 AO die
Aufrechnung“.
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Nach erfolglosem Einspruch hatte die Klage
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Steuerbescheid sei
wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig und aus
Gründen der Rechtssicherheit aufzuheben. Der Steuerbescheid
gebe in seinem Verfügungssatz (Tenor) entgegen § 157 Abs.
1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) nicht die gesamte, nach dem Willen
des HZA für die im Zeitraum 14.04.2015 bis 29.07.2015 erfolgte
Schaumweinherstellung festzusetzende Schaumweinsteuer dem Betrag
nach an, sondern trete neben die Steuerfestsetzungen in Form der
Steueranmeldungen. Der erklärte Wille des HZA habe darin
bestanden, letztlich den insgesamt entstandenen
Schaumweinsteuerbetrag von der Klägerin zu erheben, was sich
aus der in dem angefochtenen Steuerbescheid vorgenommenen
Berechnung ergebe. Allerdings habe es dazu wegen der zuvor von der
Klägerin abgegebenen Schaumweinsteueranmeldungen eines
Änderungsbescheids bedurft. Aus objektiver Empfängersicht
sei eine Schaumweinsteuerfestsetzung in Höhe von lediglich
10.016,67 EUR erfolgt. Aufgrund dieses Auslegungsergebnisses sei
der Schaumweinsteuerbescheid nicht hinreichend bestimmt. Ein
Steuerbescheid sei wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit
nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergehe,
für den bereits ein - wirksamer - Steuerbescheid
gegenüber demselben Adressaten erlassen worden sei, ohne dass
sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung
ergebe, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem
zuvor ergangenen Bescheid stehe. Dem Bestimmtheitserfordernis sei
nicht durch die Bezugnahme auf den Außenprüfungsbericht
Genüge getan. Der Steuerbescheid sei nicht als
Änderungsbescheid gekennzeichnet und lasse das Verhältnis
zu den ergangenen Steuerfestsetzungen offen.
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Hiergegen richtet sich die Revision des
HZA.
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Die Klägerin habe keine wirksamen
Steueranmeldungen abgegeben, weil dies unter der
Verbrauchsteuernummer des A erfolgte und weil die Klägerin
für den Zeitraum vom 14.04.2015 bis zum 29.07.2015 nicht im
Besitz einer Steuerlagererlaubnis gewesen sei. Die
Steueranmeldungen der Klägerin seien nicht zuordenbar gewesen
und wegen widersprüchlicher Angaben nicht wirksam.
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Demzufolge handele es sich bei dem
angefochtenen Steuerbescheid um eine Steuerneufestsetzung und nicht
um einen Steueränderungsbescheid. Dieser sei hinreichend
bestimmt. Insbesondere verweise er nicht pauschal auf den
Prüfungsbericht, sondern bezeichne konkrete Textstellen.
Deshalb sei der Prüfungsbericht bei der Auslegung des
Steuerbescheids heranzuziehen. Das FG irre, wenn es meine, dass der
Steuerbescheid vom 04.08.2016 die vorangegangenen
Steuerfestsetzungen offen lasse und neben den bereits festgesetzten
Schaumweinsteuerforderungen für denselben Lebenssachverhalt
eine weitere Schaumweinsteuer festsetze. Es handele sich um
unterschiedliche Lebenssachverhalte, die jeweils durch eine
Steuerneufestsetzung mit dem angefochtenen Steuerbescheid
gewürdigt worden seien.
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Das HZA beantragt
sinngemäß,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen,
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hilfsweise, die Sache an das FG des
Saarlandes zur erneuten Entscheidung
zurückzuverweisen.
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Sie hält die Steueranmeldungen
für wirksam und meint, der angefochtene Steuerbescheid
hätte sich mit den als Steuerfestsetzungen geltenden
Steueranmeldungen auseinandersetzen müssen. Dies gelte
insbesondere, weil die Steueranmeldungen - anders als der
Steuerbescheid - von einer Fortführung des Steuerlagers
ausgingen. Im Übrigen habe das HZA mit Schreiben vom
03.08.2016 den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben, sodass
die Steueranmeldungen bestandskräftig geworden seien.
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Selbst wenn der Steuerbescheid nicht
nichtig sein sollte, so sei er doch rechtswidrig und deshalb
aufzuheben.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend
erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung einverstanden sind.
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II. Die Revision ist zurückzuweisen
(§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die
Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1
FGO).
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1. Der Senat entscheidet gemäß
§§ 121 Satz 1, 90 Abs. 2 FGO mit Zustimmung der
Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
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2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der
streitgegenständliche Steuerbescheid nicht hinreichend
bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO) und deshalb nichtig ist.
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a) Nach § 119 Abs. 1 AO muss ein
Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. ihm muss
der Regelungsinhalt eindeutig zu entnehmen sein.
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aa) Der Verwaltungsakt ist nichtig und damit
nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam, soweit er an einem besonders
schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger
Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände
offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). Ein Verwaltungsakt leidet
an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig,
wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend
sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird (vgl.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.10.2016 - IV R 20/14,
BFH/NV 2017, 475 = SIS 17 03 59, Rz 42, m.w.N.).
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bb) Erforderlich ist u.a. die Bezeichnung der
festgesetzten Steuer nach Art und Betrag (§ 157 Abs. 1 Satz 2
AO). Ein Änderungsbescheid muss zudem grundsätzlich den
geänderten Bescheid erkennen lassen (vgl. BFH-Urteile vom
06.07.1994 - II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; vom 24.04.2013 - II R
53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755 = SIS 13 18 01, Rz 34, und
vom 17.12.2014 - II R 2/13, BFHE 248, 238, BStBl II 2015, 557 = SIS 15 05 91, Rz 13). Hierzu genügt es, dass aus dem gesamten
Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der
Behörde gegebenen Begründung oder aus den den Beteiligten
bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am
Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende
Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteil in BFHE 241, 63, BStBl II
2013, 755 = SIS 13 18 01, Rz 34, m.w.N.).
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cc) Ob diese Voraussetzungen erfüllt
sind, ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der
Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für
öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende
Auslegungsregeln enthalten (BFH-Urteil vom 10.05.2012 - IV R 34/09,
BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471 = SIS 13 10 40).
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Entscheidend ist danach, wie der Betroffene
nach den ihm bekannten Umständen - seinem „objektiven
Verständnishorizont“ (vgl. BFH-Urteil
vom 08.11.1995 - V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256 = SIS 96 10 30) - den materiellen Gehalt der Erklärung unter
Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte
(BFH-Urteile vom 18.04.1991 - IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II
1991, 675 = SIS 91 16 60 und vom 11.07.2006 - VIII R 10/05, BFHE
214, 18, BStBl II 2007, 96 = SIS 06 37 93). Bei der Auslegung ist
nicht allein auf den Tenor des Bescheids abzustellen, sondern auch
auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der
für den Bescheid gegebenen Begründung (ständige
Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 214, 18, BStBl II
2007, 96 = SIS 06 37 93, unter II.3.b aa und vom 26.11.2009 - III R
87/07, BFHE 227, 466, BStBl II 2010, 429 = SIS 10 04 91, unter
II.2.a.; jeweils m.w.N.). Es kommt somit weder darauf an, was die
Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil
vom 11.05.1999 - IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446 = SIS 99 53 02),
noch darauf, wie ein außenstehender Dritter die
Erklärung der Behörde auffassen konnte bzw. musste
(BFH-Urteil vom 30.09.1988 - III R 218/84, BFH/NV 1989, 749 = SIS 89 08 44). Da der Verwaltungsakt nur mit dem bekanntgegebenen
Inhalt wirksam wird, muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt
in der bekanntgegebenen Regelung haben (BFH-Urteil vom 28.11.1985 -
IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293 = SIS 86 06 48,
m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 16.03.2001 - IV B 17/00, BFH/NV
2001, 1103 = SIS 01 72 04 und vom 12.05.2022 - V R 31/20, BFH/NV
2022, 1153 = SIS 22 14 58, Rz 29, jeweils m.w.N.). Im Zweifel ist
das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis
vorzuziehen, da er als Empfänger einer
auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung
durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht
benachteiligt werden darf (BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II
2007, 96 = SIS 06 37 93).
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dd) An die Auslegung des FG ist der Senat
nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Denn die
Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom
Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit zu beantworten und
ggf. zu korrigieren, wenn die tatsächlichen Feststellungen des
FG hierzu ausreichen (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile in BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471 = SIS 13 10 40, Rz
38, m.w.N.; in BFH/NV 2017, 475 = SIS 17 03 59, Rz 50; vom
21.06.2017 - V R 3/17, BFHE 259, 140, BStBl II 2018, 372 = SIS 17 20 08, Rz 18 und vom 11.11.2020 - XI R 11/18, BFHE 271, 41, BStBl
II 2021, 415 = SIS 21 05 35, Rz 26, m.w.N.).
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b) Der angefochtene Steuerbescheid vom
04.08.2016 ist nach diesen Grundsätzen inhaltlich nicht
hinreichend bestimmt, weil er nicht deutlich erkennen lässt,
in welchem Verhältnis er zu den genannten Steueranmeldungen
der Klägerin für die Monate Januar bis Juni 2015
steht.
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aa) Nach § 15 Abs. 1 (und § 29 Abs.
3) des Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetzes hat der
Steuerschuldner in der Regel am zehnten Tag des auf die Entstehung
der Steuer folgenden Monats eine Steueranmeldung abzugeben und die
Steuerschuld spätestens am fünften Tag des zweiten auf
die Steuerentstehung folgenden Monats zu entrichten. Die
Einzelheiten der Steueranmeldung ergeben sich aus § 30 der
Verordnung zur Durchführung des Schaumwein- und
Zwischenerzeugnissteuergesetzes. Eine Steueranmeldung steht nach
§ 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung gleich.
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Die Steueranmeldungen der Klägerin
für die Monate Januar bis Juni 2015 stellen nach §§
167, 168, 164 AO wirksame Verwaltungsakte dar. Anders als das HZA
meint, sind die Steueranmeldungen nicht unwirksam, weil sie unter
der Verbrauchsteuernummer des A abgegeben wurden und deshalb nicht
zuordenbar und widersprüchlich gewesen seien oder weil die
Klägerin für den Zeitraum vom 14.04.2015 bis 29.07.2015
nicht im Besitz einer Steuerlagererlaubnis gewesen sein soll.
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(1) Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein
Verwaltungsakt, dem die in der Anmeldung liegende Festsetzung der
Schaumweinsteuer gleichzuachten ist, nur dann nichtig, wenn er an
einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei
verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden
Umstände offenkundig ist. Ist der Inhaltsadressat im
Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt angegeben, ist der
Verwaltungsakt nichtig, ohne dass er in der Einspruchsentscheidung
geheilt werden könnte (vgl. BFH-Urteil vom 06.05.2021 - II R
34/18, BFHE 272, 521, BStBl II 2022, 712 = SIS 21 13 08, Rz 31,
m.w.N.).
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(2) Im Streitfall lässt sich den
Steueranmeldungen zweifelsfrei entnehmen, wer Inhaltsadressat sein
soll, denn als Steuerschuldner/Antragsteller ist in den Formularen
die Klägerin angegeben. Dass die Verbrauchsteuernummer des A
angegeben wurde, ist dagegen unschädlich.
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(3) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die
Klägerin in dem vom HZA benannten Zeitraum über eine
Steuerlagererlaubnis verfügte, denn auch ein Fehlen derselben
hätte keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der
Steueranmeldungen, sondern allenfalls auf deren
Rechtmäßigkeit.
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bb) Der Steuerbescheid vom 04.08.2016
lässt nicht deutlich erkennen, in welchem Verhältnis er
zu den genannten Steueranmeldungen der Klägerin für die
Monate Januar bis Juni 2015 steht. Dieser wesentliche Mangel
führt zur Nichtigkeit des Steuerbescheids (vgl. BFH-Urteil vom
23.08.2000 - X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662 = SIS 01 04 71, unter II.2.a, m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, § 125 AO Rz
7 und § 119 AO Rz 8; Rozek in Hübschmann/Hepp/Spitaler,
§ 125 AO Rz 58).
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(1) Die im Tenor zum Ausdruck kommende
Festsetzung eines bestimmten Steuerbetrags und die unter II. hierzu
aufgeführte Berechnung widersprechen sich. Diese
offensichtliche Widersprüchlichkeit ist aus Sicht des Senats
der wesentlichste Gesichtspunkt für die Annahme der
Nichtigkeit des angefochtenen Bescheids. Das HZA beabsichtigte
möglicherweise eine Steuer in Höhe von 221.430,76 EUR
festzusetzen, hat allerdings im Tenor eine Steuerfestsetzung in
Höhe von lediglich 10.016,67 EUR ausgesprochen.
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Zudem deutet die Verwendung der Formulierung
„Nacherhebung“ darauf hin, dass
es sich aus Sicht des HZA um einen Ergänzungs- oder
Nachforderungsbescheid handeln sollte. Einen solchen
Nachforderungsbescheid kennt die AO - im Gegensatz zum Zollkodex
(ZK) und zum Unionszollkodex - jedoch nicht. Vielmehr hat die
Finanzbehörde die jeweilige Steuer für einen
Besteuerungszeitraum in einem einzigen Bescheid festzusetzen. Eine
entsprechende Anwendung von Art. 105 Abs. 4 des Unionszollkodex
(vorher Art. 220 ZK) kommt nicht in Betracht, weil im
Verbrauchsteuerrecht die AO anzuwenden ist und diese die
Steuerfestsetzung abschließend regelt.
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(2) Neben dem aufgezeigten Mangel ist die
Berechnung im Steuerbescheid unter II. nicht nachvollziehbar. Das
HZA hat unter Ziffer 2.c Zahlungen in Höhe von 102.735,33 EUR
aufgeführt, ohne die Steueranmeldungen der Klägerin
für die Monate Januar bis Juni 2015 ausdrücklich zu
erwähnen. Die Summe der angemeldeten Steuern beträgt
ausweislich der in den Akten des FG befindlichen Steueranmeldungen
jedoch insgesamt 145.968,73 EUR und nicht 102.735,33 EUR.
Schließlich wird durch den Verweis auf die Textziffer 3.6 des
Prüfungsberichts der Zeitraum vom 14.04.2015 bis zum
29.07.2015 in Bezug genommen, wohingegen die Steueranmeldungen die
Monate Januar bis Juni 2015 betreffen. Aus dem Steuerbescheid wird
nicht deutlich, ob das HZA die als Steuerfestsetzungen geltenden
Steueranmeldungen aufzuheben beabsichtigte. Hieraus resultiert
insbesondere auch die Gefahr, dass aus verschiedenen Bescheiden
vollstreckt wird.
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(3) Schließlich hat das HZA in seine
Berechnung unter Ziffer 3.a auch einen Entlastungsbetrag in
Höhe von 108.678,76 EUR aufgenommen. Diesbezüglich ist
nicht klar, ob auch darüber entschieden worden ist. In dem
streitgegenständlichen Steuerbescheid hatte das HZA
ausgeführt, es sei kein Entlastungsantrag gestellt, sondern
die Entlastung von Amts wegen gewährt und entsprechend
berücksichtigt worden (S. 4 am Ende). Der im Steuerbescheid in
Bezug genommene Prüfungsbericht (unter 3.7.) enthält
jedoch die Angabe, dass während der Prüfung formlos ein
Antrag gestellt worden sei. In der Revisionsbegründung spricht
das HZA nunmehr davon, dieser Betrag sei durch die Klägerin
entrichtet und gegengerechnet worden. Das ist für den Senat
nicht nachvollziehbar.
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(4) Der Tenor enthält letztlich nur den
Endbetrag aus der in der Begründung vorgenommenen
umfangreichen Berechnung. Das erklärt sich möglicherweise
daraus, dass das HZA im Steuerbescheid Festsetzung und Abrechnung
vermischt. Die im Abrechnungsteil des Steuerbescheids erklärte
Aufrechnung nach § 226 AO (S. 4) betrifft das im Fünften
Teil der AO geregelte Erhebungsverfahren, wohingegen der
Steuerbescheid das Steuerfestsetzungsverfahren betrifft. Zudem wird
aus der Formulierung „Zu den
Steuerbeträgen/Entlastungsbeträgen/Zahlungen der
vorstehenden Tabelle erkläre ich nach § 226 AO die
Aufrechnung“ nicht hinreichend deutlich,
mit welchen Ansprüchen aufgerechnet werden sollte.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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